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Dem Inhalte nach stimmen nun diese Gedichte mit den Leichen nicht sonderlich überein: der modus Florum ist auch scherzhaft: Gegenstände des Glaubens behandelt nur der modus Ca-433 (16) relmanninc. Dies darf uns aber nicht abhalten, in ihnen dennoch den Ursprung der Leiche zu finden: denn sie sind selbst offenbar nur eine weitere Ausbildung der kirchlichen Gattung, deren Erfinder der sangallische Notker Balbulus war. Seine 'Sequentiae', oder Texte zu den Modulationen des Alleluja, haben schon ganz denselben Bau: nur sind die Absätze kürzer und weniger häufig unter einander gleich. Mit den französischen farcierten Episteln haben weder Sequenzen noch jene lateinischen Gedichte noch die Leiche irgend eine Ähnlichkeit. Notkers Sequenz in natale S. Stephani protomartyris mag als Beispiel dienen.

Hanc concordi famulatu

colamus sollemnitatem,

Auctoris illius exemplo

docti benigno,

Pro persecutorum precantis

fraude suorum.

O Stephane, signifer regis

summe boni, nos exaudi,

Proficue quí es pro tuis

exauditus inimicis.

Paulus tuis precibus,

te quondam persecutus, Christo credit,

Et tecum tripudiat in regno,

cui nullus persecutor appropinquat.

Nos próinde, nos supplices

ad te clamantes et precibus te pulsantes, Oratio sanctissima

nos tua semper conciliet deo nostro.

Te Petrus Christi ministrum statuit: Tu Petro normam credendi astruis,

Ad dextram summi patris ostendendo quem plebs furens cruci fixit.

Te sibi Christus elegit, Stephane, per quem fideles suos corroboret, Se tibi inter rotatus saxorum solatio manifestans.

Nunc inter inclitas martyrum purpuras coruscas coronatus.

Eine Deutsche Sprachlehre.

Lehre der teutschen Sprache gründlich und neu gefasst sammt ausübender Tonund Sylbenmafslehre von Dr. Jos. MÜLLER, Director am königl. kathol. Gymnasium zu Conitz in Westpreussen. Berlin 1826. LVI u. 448 S. 8. Aus der Hallischen Allgemeinen Literatur-Zeitung August 1829. Num. 151.

Ein Schulbuch, welches zugleich einen wissenschaftlichen 561 Werth anspricht, fordert mehrseitige Betrachtung. Wir wollen sorgen, dass uns ja nicht etwas Gutes an diesem Buche entgehn könne, zumal da der erste Eindruck wenig vortheilhaft ist.

Der Titel ist bey einem Schulbuche gewiss nicht gleichgültig wenigstens dürfen die Hauptworte desselben auf keinen Fall lächerlich oder vieldeutig seyn. Eine Schrift, welche 'Lehre der teutschen Sprache' heifst, werden die meisten für ein Gedicht halten, in dem die deutsche Sprache redend .und lehrend eingeführt wird. Aber ein Blick in das vorliegende Buch zeigt, dass hier etwas andres gemeint ist, dass hier die deutsche Sprache nicht lehrt, sondern bey dem Vf. in die Lehre geht, um ein Deutsch zu lernen wie er es haben will. Das Buch wimmelt. von neu erfundenen niemand verständlichen Ausdrücken: man findet Schriftner und Abgänger (Abiturienten), urthümlich teutsches schönes Schriftthum und Schriftmale, eingesklavte Eigenthümlichkeit, Bemerke über die Fügung des Fügeworts und über Satzbegriffthum, Ableitlinge, Vorlinge, Nachlinge, Bindlinge, Zwekkfälle, Zeugfälle, Gegenstandsfälle: bald ist etwas staatlich, bald formlich, begrifflich, beiständig, abständig, aussaglich, ordnungszalig, hauptnamwörtlich; so dass man, umschwirrt von den dürren Schwingen solcher langbeinigen Abstracta, sich in einer übel berüchtigten Sprachfabrik zu befinden glaubt. Auch die Orthographie hat viel Auffallendes, z. B. Ausname, tauschenderem, saumen, Gebai, Klopstokk, zurükkkommen, Stund-enzal, Lehrgeg-enstand. Jungen Leuten, die das Neue reizt und das Auffallende geistreich dünkt,

wird dabey nicht so unheimlich als Erwachsenen: um so weniger dürfte es rathsam seyn, Schülern die Lesung so wunderlich geschriebener Bücher zu gestatten. Es hiefse, sie anleiten, sich den Geschmack und den graden Sinn zu verderben.

Kann nun aber das Buch, seines vieldeutigen und auffallenden Titels, wie der gezierten und pedantischen Schreibart 562 wegen, in Schulen nicht gebraucht werden; von wissenschaftlicher Seite angesehn, könnte diese deutsche Grammatik (denn das will die Lehre der teutschen Sprache' nun endlich sagen) gleichwohl bedeutend und für Gebildete brauchbar seyn, die sich bey einem guten Buche leicht über einige Grillen oder Schwächen hinweg setzen würden.

Nur ist doch bey der Neuerungssucht des Vfs. zweyerley auch in wissenschaftlicher Hinsicht sehr bedenklich. Erstens sind unter den neuen Wortbildungen viel fehlerhafte, die einem Grammatiker, der sie in aller Ruhe und ohne Begeisterung erfindet, nicht hätten entwischen sollen. So konnte er leicht wissen, dass an Präpositionen die Endung ling nicht gefügt wird, dass mithin Vorling und Nachling unerträgliche Wörter sind. So musste er wissen, dass, wenn urthümlich ein deutsches Wort wäre, es allenfalls verdammlich bedeuten könnte: wenn er es aber für ursprünglich gebraucht, so zeigt er nicht nur wenig Gefühl für lebendigen Ausdruck, indem er für den bildlichen Ursprung (das Erspringen des Quells) ein abstractes Urthum begehrt, sondern auch Unwissenheit, wenn er zu einigen nach missverstandener Analogie in neuerer Zeit gebildeten Zusammensetzungen der Präposition Ur (d. h. aus, er-) mit einem Substantivum, das nicht. Infinitivbedeutung hat (wie Urborn, Urkraft sich eingeschlichen haben), ähnliche fehlerhafte nüchtern und mit Überlegung hinzu erdenkt oder als preisenswerthe Erfindungen Andrer mit Wohlgefallen nachbetet. Zweytens beweist solche herrschende Lust zu neuern, dass bey dem Neuerer die Ehrfurcht vor der Sprache fehlt, die jeder Schriftsteller hegen, der Grammatiker aber sich klar machen soll als Ehrfurcht vor dem gemeinsamen Gewinn des Lebens eines Volkes durch eine Reihe von Jahrhunderten. Zur Bescheidenheit müsste den Einzelnen schon die Erfahrung aller Zeiten stimmen, dass alles, was jemals einer Sprache durch die Grammatiker aufgedrungen ist, nichts war als kurzsichtige Beschränkung und Verkehrtheit.

Also eine entweder despotische oder revolutionäre Ansicht vom Geschäft des Grammatikers und mangelhafte Kenntniss der Sprachgesetze werden schon hienach den wissenschaftlichen Werth des Buchs sehr verringern: möglich bliebe noch, dass der Vf. im Einzelnen Wichtiges mit Sorgfalt und Scharfsinn erörterte, selbst dass sich im Ganzen ein wissenschaftliches Streben zeigte, wenn auch zuweilen durch jene Anmafsung des Sprachmachens getrübt.

Ein wissenschaftliches Streben kann aus dem Grunde in 563 der Grammatik nur ein historisches seyn, weil eine Sprache keine Philosophie ist. Wie die Gedanken des Einzelnen, wenn er nicht eben im Speculiren begriffen ist, nicht mit Nothwendigkeit aus einander hergeleitet werden, so entwickelt sich auch eine Sprache nicht in streng consequenter Folge, und die Grammatik hat in der Bildung der Regeln nicht öfter die Gesetzmässigkeit als den blofsen Schein des gesetzmäfsigen Denkens zu verfolgen, eben so viel Halbrichtiges und Falsches als Consequentes. Mögen also die ersten nothwendigen Grundsätze der Bildung der Sprache auch noch so fest stehen; sobald von einer einzelnen Sprache geredet wird, ist nichts mehr a priori zu bestimmen, sondern alle Regeln beruhn auf Beobachtung der gesetzmäfsigen oder irrenden Thätigkeit des Sprachgeistes, bey der jeder Irrthum wieder Gesetz werden und wieder neues Abirren zulassen kann.

Je weiter der Gang einer Sprache sich nach den Denkmälern verschiedener Zeiten verfolgen lässt, je wichtiger und belehrender ist das Studium. Aber hier theilen sich nun die Forscher.

Einige werden sich mehr geneigt fühlen, die deutsche Sprache in ihrer Verwandtschaft mit älteren oder anders entwickelten zu betrachten, wobey die ältesten Mundarten und die am wenigsten eigenthümlich ausgebildeten als die wichtigsten erscheinen. Hr. Müller hat von diesem Studium keinen Begriff und redet S. 40 spöttisch von einer Gelehrsamkeit, bey der man zu guterletzt auf das Sanskrit komme, für die Wissenschaft aber nichts. sonderliches gewinne. Nach S. XVII soll seine Vergleichung von Sein, eivat und esse zu interessanten Aufschlüssen führen. Man findet sie S. 162, wo aber die Verwechselung von ein und eiuì gegen die Fehler in der Erklärung des Deutschen nur Kleinig

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