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Aber ebenso oft begnügt er sich auch mit dem Gleichlaute des letzten Vocals, bei verschiedenen Consonanten, und die Vocale sind sich oft nur ähnlich oder von verschiedener Quantität; daher man von Otfriedischen Reimen noch nicht sagen kann, ihr Zweck sei das Ohr zu kitzeln, sie sollen nur, wie gesagt, je zwei zusammengehörige Halbzeilen von den andern unterscheiden. Gleichwol haben Otfried seine höchst ungenauen Reime, als eine damals noch neue Kunst, offenbar grofse Noth gemacht, und ihn zu einer unerträglichen Menge von Flickwörtern, oft auch zur Weitläufigkeit in seinem sonst freien und gewandten Periodenbaue, verleitet. Weniger lästig scheint ihm die Abtheilung in Strophen von je zwei langen Versen gewesen zu sein, die wir zwar früher als in seinem Werke nicht sicher nachweisen können, aber diese nachher fast allgemeine Form ist gewiss nicht von ihm erfunden, sondern sie zeigt uns, wie die fränkische Kunst, der vereinzelnden Allitteration überdrüssig, nach etwas gröfsern abgesonderten Massen strebte.

Wie sorgfältig oder wie frei Otfried im Baue der Verse gewesen sei, darüber weifs ich hier mit wenigen Worten nichts Genügendes zu sagen; ich habe aber die altdeutsche Verskunst zum Gegenstand einer eigenen Untersuchung gewählt, deren erste Abtheilung in den Abhandlungen der königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin vom J. 1832 erscheinen wird. Obgleich Otfried wol mit dem Verse zu malen versteht, wobei er jedoch mehr auf den Ausdruck des Sanften als des Kräftigen auszugehen pflegt, hat er doch auf den Wohlklang keine sichtbare Sorgfalt verwandt, aber sie war auch in der fränkischen Sprache weniger nöthig, die in glücklichem Verhältnisse der Laute nicht nur alle deutschen Sprachen weit übertrifft, sondern auch wol keiner irgend eines andern Volkes oder Zeitalters nachsteht. Auf Genauigkeit in den grammatischen Formen und auf bestimmte Schreibung zeigt er sich überall aufmerksam, wie man aus seinen Äufserungen in der Vorrede ", aus seinen Ac- 282 a

11 Er macht auf die auch in der gemeinen Rede übliche Synalöphe aufmerksam, nicht nur der Vocale, sondern auch anderer Buchstaben, womit er wol das th des Artikels meint. Er bemerkt, i vor Vocalen sei bald diphthongisch, bald Consonant, er erklärt die Schreibung uuu, wenn wu gemeint ist, für genauer als das in den Handschriften seines Werkes doch auch vorkommende uu. Wunderbar ist das y, welches er gesetzt habe, sagt er, wo er den Laut keines der

centen, aus den Puncten zur Bezeichnung der Synalöphe, schon vor der Beobachtung zu schliefsen geneigt sein wird. Darauf hatte ihn ohne Zweifel sein Meister Hrabanus merken gelehrt, der aber selbst das Gesetzmäfsige nur dem gebildeten deutschen Vortrage, zumal der Sänger, abgehört haben kann. Im Syntaktischen hat Otfried viel Wunderbares und, wie es scheint, manches Eigenthümliche, darüber indess in das Einzelne zu gehen, ist mir, gestehe ich, bei einem nicht interpungirten Text unmöglich.

1. Nov. 1833.

Lachmann

fünf Vocale habe können beschaffen ('praecavere' nicht praccanere): Nach dem Gebrauch in den Handschriften (Graff S. xxv) könnte man wol an ein verkümmertes und an ein umgelautetes u denken, aber für diesen Umlaut in so früher Zeit wage ich nicht mich auf muillen im Gedicht auf den h. Georg zu berufen, welches vielleicht mulljen heifsen soll. Den siebenten Vocallaut, welchem auch y nicht genügen soll, weifs ich nicht zu errathen. Dass er die unlateinischen Buchstaben k und z als ein nothwendiges Übel ansieht, und es mit der Unvollkommenheit der Sprache entschuldigt, wenn er durch zwei Negationen verneint und Genus oder Numerus mancher lateinischen Wörter nicht beobachtet habe, ist ihm oft als Beschränktheit vorgeworfen; ich finde darin nur denselben Irrthum wie bei Rosenkranz (Geschichte der deutschen Poesie im Mittelalter. S. 173), der Otfried eine bis zur Härte gehende Kürze' zuschreibt, womit er nur etwa die häufig fehlende Conjunction 'thaz', oder 'ni' für 'quo minus', oder mînên wortun' für mit meinen Worten u. dgl. meinen kann.

Über Singen und Sagen.

[Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 26. November 1833.] Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1833. Berlin 1835. Historisch -philologische Klasse.

Die zwiefache Thätigkeit des Dichters, Singen und Sagen, 105 (1)

ist in den älteren Zeiten der deutschen Poesie als so wesentlich verbunden betrachtet worden, dass die sprichwörtliche Zusammenstellung beider Ausdrücke noch jetzt dauert, da doch von dem Singen der Dichter selten noch die Rede sein kann. Ja man darf sagen, die Begriffe haben sich erst allmählig gesondert. In der sächsischen Poesie des neunten Jahrhunderts (Heljand 7, 17) heifst es von Zacharias, als er die Sprache wieder bekam, Er hatte seiner Sprache Gewalt, des Verstandes und der Weise: (1,23) die Evangelisten schrieben, setzten (nämlich in Schrift), sangen und sagten. Sogar dem Gedanken wird (9, 5) Wort und Weise zugeschrieben: Maria sagt Mein Gedanke ist nicht zweifelhaft, weder Wort noch Weise. Dem späteren Sprachgebrauch mehr gemäfs ist der Ausdruck Otfrieds (5, 23, 19. 22), etwas sagen in seinem Sange. Im Ganzen aber scheinen in den Zeiten des lebendigeren Gesanges die Dichter mehr auf das Sagen als auf den Gesang gegeben zu haben, wohl darum weil sie den bestimmteren Ausdruck des Gedankens für schwieriger und wichtiger hielten, und weil schön zu singen nicht so in jedes Gewalt steht: wenigstens findet man in allen Gattungen von Gedichten zehn Mahl Ich sage, ehe man einmahl liest Ich singe; recht im Gegensatze der neueren Epiker, die sich immer den Schein geben als singen sie. Indess wird doch auch nicht selten das Sagen dem Singen entgegengesetzt. In der Kirche wird das Amt gesungen, die Predigt gesagt oder gelesen. So finden wir in einer Sammlung von Predigten (Hoffmanns Fundgruben 1, 70 ff.) die im dreizehnten Jahrhundert ein Geistlicher zum Muster für

106 (2) andre geschrieben (S. 112, 16-20. 119, 26-28 [vgl. Haupts Zeitschr. 1, 292, 15] und, wenn man so viel aus den S. 114, 19 vorkommenden Namen verstorbener Gemeindeglieder schliefsen darf, auch würklich gehalten hat, in dem Eingang einer Predigt am Palmsonntage, nachdem der lateinische Text gelesen ist, (S. 108, 5) min vil lieben, want daz ambehte hiute lang ist, als iz disem vil heiligen tage wol zimt, sone muge wir in hiute so niht gisagen so wir von rehte scolten unt ouch disem heiligen tage wol zame: iedoch ne muge wir noch ne geturre wir, von unserm ambähte, daz niht verlâzen, wirne sagen iu ettelicher mâze von disem trôstlichen tage, want er gar beidiu an dem lesen unt an dem singin uns heizet gehügen der heiligen unt der frônen gotis marter. In einer andern wird erklärt woher der Name des Advents komme (110, 40), want wir in disen tagen lesen unde singen daz uns die heiligen wissagen von siner zuokunft gescriben habent. In derselben Beziehung heifst es in der Kaiserchronik (124), keine Sünde sei so heifs als der Mord, so man singit unde lisit, und diese Zeile wiederholt sich (52) wo von der Auferweckung der Tochter des Jairus geredet wird, wie auch im Herzog Ernst (7) in Beziehung auf den Spruch swer bitet mich, der wirt gewert von mir swes er mit flize gert. Nicht anders wird in der Poesie Singen und Sagen oder Lesen, als die zwei Arten des Vortrags, einander entgegengesetzt; wie in der Kaiserchronik (17) nicheinis mennisken zunge ne mac ú die micheln wunne nimmer vür bringen, gesagen noch gesingen, die sie under in habeten. Weit seltener ist vom Lesen, sofern es nicht Vorlesen ist, die Rede. Ein Geistlicher des zwölften Jahrhunderts, Hartmann, beruft sich in seinem Gedichte vom Glauben auf ein früheres (Mafsmanns Denkmäler 1, 6), wande wir hie vore haben geredet, vil bescheidenliche gesagit: iz ist alliz gescriben ze gehörenne unde ze gesihte in dútischer scrifte. Heinrich von Freiberg redet in seinem Tristan (2644) den Leser an, leser dises buochs, vernim. Wolfram rechnet (Parz. 337, 1) auf Leserinnen, swelch

1 S. 119, 27 lese man ante für annum.

2

2 So ist auch zu verstehen was in einer Predigt vom heiligen Laurentius aus dem zwölften Jahrhundert gesagt wird (v. Aufsess Anzeiger für Kunde des deutschen Mittelalters 1833 S. 233), als man von ime liset unde singet Et in medio ignis non sum estuatus, und alsô von ime geschriben ist Sicut aurum probavit me dominus.

sinnec wip

diz mære geschriben siht; und mit Recht, weil die Frauen häufiger als die Männer lesen konnten sie lernten es aus dem Psalter. Nicht selten findet man dass die Dichter ge- 107 (3) schriebene Liebeslieder an die Geliebte sandten, damit sie sie läse. Von seinem Leich sagt Ulrich von Lichtenstein (Frauendienst S. 207) Der leich vil guot ze singen was: manc schoniu frowe in gerne las. Meistens aber heifst lesen vorlesen, und der Ausdruck als ich in las bedeutet als ich é sprach oder als ich in gesaget hân. Eine Fabel (altdeutsche Wälder 3, S. 214) schliefst mit der Zeile als ichz an dem bispelle las, wie ich euch eben in dieser Fabel erzählt habe. In dem Märe von der Heidin (Kolocz. Codex S. 201) heifst es sie kamen zu der Burg, auf der die Frau war, von der man seite unde las, von der vorher erzählt worden ist, wie vreuden rich si wære.' Nur Dichter die nicht lesen konnten und daher nur sangen oder sprachen, konnten den Unterschied zwischen lesen und sagen so hervorheben wie Wolfram von Eschenbach im Parzival (224, 12), daz munt von wibe nie gelas noch sus (anders, ohne zu lesen) gesagte mære, diu schonr und bezzer wære.

Welche Gedichte nun für den Gesang bestimmt waren und welche gesagt wurden, kann man schwerlich genauer mit Einem Wort ausdrücken, als es Reinbot von Dorn gethan hat, der in seinem heiligen Georg (355) Bücher und Lieder wie Singen und Sagen gegen einander stellt, in buochen noch in lieden wirt geseit noch gesungen nie von keiner zungen von alsô starken leiden als von ir drier scheiden; nur dass man freilich dabei noch ein Paar theils zufälliger Ausnahmen berücksichtigen und den Ausdruck liet in der engsten Bedeutung fassen muss.

Daraus dass die Historiker sehr oft vom Singen und Sagen oder vom Singen allein sprechen, aber weit seltner vom Sagen, das ich vor dem zwölften Jahrhundert niemals dem Singen entgegengesetzt finde, wird man schliefsen dürfen dass in den ältesten uns bekannten Zeiten nicht leicht blofs gesagt sondern meistens gesungen oder, was ganz dasselbe heifst, gesagt und gesungen ist. Die ältesten erhaltenen Gedichte führen jedoch zu keiner Überzeugung. Den unregelmässigen allitterierenden Versen des sächsischen Evangeliums wird cantilena und modulatio zugeschrieben, sie heifsen metrica carmina: aber, wie gesagt, bei den alten Sachsen scheint der Begriff des Gesanges weiter gewesen

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