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VORREDE.

Dass der vorrat der ältesten denkmäler unserer sprache und litteratur je noch durch neue funde beträchtlich vermehrt werde, ist kaum zu erwarten. es schien daher an der zeit, nachdem die grösseren werke in brauchbaren ausgaben vorlagen, die zerstreuten kleineren stücke in eine sammlung zu vereinigen und sie zugleich einer sorgfältigeren betrachtung zu unterwerfen als ihnen bisher, bis auf wenige bekannte ausnahmen, noch zu teil geworden ist. den plan hatte ich längst gefasst, `auch wohl einzelnes in die hand genommen und vorbereitet, die ausführung aber wäre wohl unterblieben, wenn sich mir nicht im verwichenen jahre (1862) in meinem freunde dr. Wilhelm Scherer aus Wien ein mitarbeiter angeboten hätte, wie ich ihn nur wünschen konnte. er übernahm die bearbeitung der prosaischen stücke und einen teil der poetischen, die ihn zu fruchtbaren studien der musik und theologie des mittelalters führten. dazu kam die teilnahme Haupts, deren sich das werk von anfang an erfreute und die es schritt für schritt begleitete, so dass sich nun daran die erinnerung an ein zusammenwirken knüpft, das für uns so nicht wiederkehren wird.

Die überreste der althochdeutschen und altsächsischen dichtung aufser dem Otfrid und Heliand findet man hier zum ersten male vollständig beisammen. aufserdem haben wir die kleineren lateinischen gedichte, die in einer so nahen beziehung zur deutschen poesie stehen dass sie in keiner darstellung ihrer geschichte übergangen werden können, aufgenommen. mit dem ende des elften jhs., wo eine reichere litteratur ansetzt, war eine beschränkung geboten und gedichte, wie die Wiener Genesis und der Anno, musten ausgeschlossen und einer besonderen bearbeitung aufbehalten bleiben. dagegen schien es angemessen, statt hier eine willkürliche grenze zu ziehen, die bisher noch wenig beachtete strophische dichtung der geistlichen, die die alte kunstübung fortsetzt und bis zur höfischen poesie hinüberleitet, ich erinnere nur an Walthers gesang für das abziehende kreuzheer Vil süeze wære minne, dessen seitenstück das für die ankunft im gelobten lande bestimmte Allerêrst leb ich mir werde ist durch das ganze

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zwölfte jh. zu verfolgen und ihr noch die segen und kleinen stücke von mehr volksma/sigem ursprunge anzuschliessen.

Auch der prosaische teil lässt die reihe der katechetischen und homiletischen denkmäler bis zum beginn der reicheren gebet- und predigtlitteratur des zwölften jhs. zum ersten male klar und vollständig übersehen. dazu kommen namentlich die urkunden und übrigen rechtsdenkmäler, von Vi denen nur die umfangreiche Freckenhorster rolle übergangen werden muste. interlinearversionen blieben aufser dem carmen ad deum, das sein besonderes interesse hat, ausgeschlossen und mit der glossen/itteratur auch die althochdeutschen gespräche, die die Casseler glossen und weiter den vocabularius SGalli nach sich gezogen hätten.

Ungedruckt waren bisher die lateinischen sprichwörter XXVII, 2 der hs. A und zum teil die von V, aufserdem der anhang des Münchener ausfahrtsegens XLVII, 3, ein paar kleine, nicht unmerkwürdige stücke im anhang von XLVII, 4 und LXXXVI, C3. nach newen handschriftlichen hilfsmitteln erscheint wenigstens der Tobiassegen XLVII, 4 in einer gestalt dass nun erst der wert des vortrefflichen gedichts einleuchtet. sonst sind die hss. oder, wo solche fehlen, die ersten drucke [zum teil erst für die zweite ausgabe] neu untersucht und benutzt für I—IV, 1. 2. 5 B. VI. IX-XIV. XIX-XXII, A. XXXII. XXXIII. XXXIX. XLIII. XLIV. L. LII. LIV, B. LV. LVI. LVIII– LXI. LXIII. LXIV. LXVI. LXVIII. LXXI. LXXVIII, B. LXXIX, B. LXXX-LXXXVII. XC. XCI. XCIII-C. allen die uns hiebei zu hilfe gekommen sind oder sonst diese arbeit gefördert haben, sei hier nochmals unser dank ausgesprochen. wehmütig gedenken wir namentlich Jaffés, der zunächst in rücksicht auf XVIII-XXV die Cambridger hs. vornahm, dann ihren ganzen inhalt vorlegte.

Wir haben es als unsre aufgabe betrachtet jedes denkmal nach seiner dufsern und innern beschaffenheit zu untersuchen, es in der gestalt die sich aus der überlieferung ergibt mit möglichster schonung dieser reinlich und klar darzustellen und zugleich die quellen des inhalts, wo diese erreichbar waren, nachzuweisen. was vor uns für die herstellung und erläuterung eines textes geschehen ist, haben wir gewissenhaft benutzt und in den jedem stücke beigegebenen litterarischen nachweisungen die namen derjenigen verzeichnet, denen wir ein verdienst um dasselbe glaubten zuschreiben zu müssen. [nach demselben grundsatze ist auch bei der zweiten auflage verfahren und daher mancher vorschlag und einfall, womit in sonderheit einzelne gedichte seit dem erscheinen unserer sammlung bedacht sind, mit stillschweigen übergangen worden, weil die widerlegung keinen erklecklichen nutzen hätte und für den nachprüfenden und methodisch denkenden überflüssig ist.] auf die strophischen gedichte des XI/XII jhs. bin ich schon vor jahren aufmerksam geworden und habe darüber bereits im herbst 1859 meinen zuhörern hier das nähere vorgetragen.

Die sammlung darf wohl auf einiges interesse auch aufserhalb des kreises der eigentlichen fachgenossen, namentlich bei theologen und historikern, rechnen. wir haben sie auch dem lernenden und ferner stehenden nutzbar zu machen gesucht und manche bemerkung oder verweisung nicht gespart, um ihnen behilflich zu sein. [demselben zwecke werden dienen und

jedem die übersicht erleichtern die aus zufälligen anlässen gleichzeitig entstandenen, die ergebnisse unserer untersuchungen zusammenfassenden aufsätze von Scherer ‘über den ursprung der deutschen litteratur' Berlin 1864, aus dem dreizehnten bande der preussischen jahrbücher besonders abgedruckt, und von mir in den jahrbüchern für deutsche theologie 10, 167 bis 179.] die anmerkungen und excurse werden über unsre auffassung des einzelnen wie des ganzen eines stückes nicht leicht einen zweifel übrig lassen und das erforderliche zu ihrer begründung und rechtfertigung enthalten. manche der angeregten fragen harren freilich noch ihrer lösung und erheischen fortgesetzte aufmerksamkeit. möchte ihnen diese zu teil werden, auch auf theologischer seite wo Rettbergs beispiel leider allzuwenig nachahmung findet.

Die alten katechetischen stücke haben eine höhere bedeutung gewonnen, da nachgewiesen werden konnte dass die ältesten unter ihnen unmittelbar mit den anordnungen Karls des grofsen zusammenhangen. es ist auch an einzelnen beispielen gezeigt welchen anteil die Angelsachsen an der ersten verdeutschung christlicher begriffe haben. doch wird die untersuchung einmal in einem grössern umfange wieder aufzunehmen und weiter zu führen sein. der anstofs der von Karl dem grofsen ausgieng würkte fort. noch im neunten jahrhundert beginnen die deutschen beichtformeln, deren uns erhaltene beispiele auf wichtige mittelpunkte des kirchlichen lebens zurückgeführt werden konnten. im elften sehen wir dann ausführlichere fassungen des glaubenbekenntnisses verbreitet und durch ihre ver- vii bindung mit der beichte, auch dem paternoster und einem allgemeinen gebet für die kirche im anschluss an die predigt eine art deutsches gottesdienstes hergestellt, die durch das ganze mittelalter und noch länger sich erhielt. lässt dies schon auf eine grössere regsamkeit des religiösen lebens in der laienwelt schliefsen, so noch mehr die ungefähr gleichzeitig neu anhebende geistliche dichtung in der volkssprache, die ganz und gar auf das bedürfnis der ungelehrten laienwelt berechnet war. sie blieb an neuen gedanken unfruchtbar und ihr ganzer anteil an der grofsen gleichzeitigen theologischspeculativen bewegung in Frankreich beschränkte sich auf die bearbeitung einiger schriften und die entlehnung einzelner gedanken und sätze. doch ist auch dies verhältnis von wichtigkeit. nachgewiesen ist bisher die übersetzung eines gebets Anselms von Canterbury (Diemer kleine beiträge 4, 24-26), die bearbeitung einer summa theologiae des XI jhs., von der freilich nicht mit sicherheit auszumachen ob sie in Deutschland oder in Frankreich entstanden [doch vgl. jetzt excurs zu XXXIV], dann wie bekannt des elucidariums des Honorius von Autun (Wackernagel litteraturgesch. s. 321f.); die benutzung der gebete und meditationen Anselms, sowie der gedichte Hildeberts von Mans de Maria Aegyptiaca und de sacra eucharistia in Heinrichs litanei, in 'des tôdes gehugede' und im pfaffenleben (Diemer aao. 4, 20-23. 26. 27, dessen annahmen jedoch einer nochmaligen prüfung bedürfen, da er zb. nicht erwogen hat dass die stellen über die aegyptische Maria einer predigt über sie im spec. eccles. des Honorius entnommen sein könnten) [vergl. jetzt Heinzel zu Heinrich von Melk s. 104f.), des Marbodus de lapidibus im gedicht vom himmlischen Je

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rusalem (Diemer deutsche ged. anm. s. 89), des offendiculum des Honorius im pfaffenleben und des tôdes gehuge de' (Diemer kl. beitr. 4, 30-34), des speculum ecclesiae des Honorius im Cgm. 39 (vgl. Haupts zs. 1,284, Kelle spec. eccl. s. vII und XCVI), [in andern predigten anm. zu XXXIV, 18] und im niederdeutschen glauben (zu XCVIII), des Hugo von SVictor de septem septenis im Cgm. 39 (zu XLIII); endlich die entlehnung der Abaelardschen formel für die trinität zuerst in der Vorauer Genesis (zu XLIII, 1, 1). es zeigt sich dass für die verbreitung französischer theologie in Deutschland niemand erfolgreicher tätig gewesen ist als Honorius von Autun [s. jetzt Scherer in der zs. für österreich. gymnas. 1868 s. 567 ff. aber auch excurs zu XXXIV_note]. niemand war auch geeigneter sie für das bedürfnis der deutschen geistlichkeit und laienwelt zuzurichten. wer ihn als verfasser des elucidariums bezweifelt, muss sich nach einer begründung seines zweifels nie umgesehen haben.

Die excurse zum Muspilli, dem gesang des Ezzo [jetzt anm. zu XXXI, 1, 18 ff) und den segen mögen den mythologen zur erwägung empfohlen sein.

Aber den grösten wert haben diese kleinen denkmäler für die allgemeine geschichte der sprache, ja für diese einen verhältnismäfsig grösseren als die übrigen ihnen an umfang weit überlegenen, aber wenig zahlreichen denkmäler unserer alten litteratur, sie erst lassen neben diesen die manigfaltigkeit der dialecte und der schreibung, ihre nach ort und zeit wechselnde gestaltung und den geschichtlichen verlauf deutlicher übersehen. alle fragen und untersuchungen die sich an sie anknüpfen lassen zu erledigen, konnte nicht unsre aufgabe sein. aber dass wir ihnen nicht aus dem wege gegangen, mögen auch noch die folgenden bemerkungen beweisen.

In der einleitung zu Athis und Prophilias s. 9 zeigte Wilhelm Grimm dass ein zurückweichen der plattdeutschen bestandteile' in der hessischen mundart in dem mafse stattgefunden hat als der gebrauch der schrift vordrang. spuren eines solchen zurückweichens werden auch noch am Mittelrhein sichtbar, ganz dasselbe verhältnis aber ist namentlich auch für Thüringen anzunehmen. wenn in der sprache, die hier und in Hessen vom zwölften bis zum funfzehnten jahrhundert in litterarischem gebrauche war und die natürlich die der höher gebildeten, besseren stände ist, noch das niederdeutsche erscheint, so muss dies gleichzeitig in der rede des gemeinen mannes und niederen volkes noch stärker hervorgetreten sein, und der schluss ist nicht abzuweisen dass es noch früher einmal vollständig das übergewicht hatte. das Hildebrandslied, in Fulda zu ende des VIII oder anfang des IX jhs. aus dem gedächtnis aufgezeichnet, glaube ich ist nun noch ein denkmal aus dieser zeit. ès wird früh im achten jh. in Hessen oder Thüringen entstanden sein. es ist weder sächsisch noch niederrheinisch (fränkisch), weil diese beiden dialekte v. 48 (wegen 25 s. anm.) wrekkio verlangt und damit den reim unmöglich gemacht hätten. vgl. Wrachari, Wracheri, Wrachard, Wracard in Lacomblets niederrhein. urkundenb. nr. 2. 38. 52. 55 a. 794. 820. 837. 841, wrechen, wrêd in Gottfrid

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