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Über Kinderspielzeuge und eine Münchner Spielzeug

ausstellung.

Von Karl Schimpf in München.

Es ist einige Tage nach Neujahr auf der Eisbahn! Mein junger Freund, angehender Gymnasiast und Sprößling einer wohlhabenden Familie, schraubt unter den beneidenden Blicken seiner Mitschüler die silberglänzenden „Revals“ an seine Füße. Ich weiß, daß er ob dieser funkelnden Eisschuhe dem letzten Weihnachtsfest mit ganz besonders freundlichen Gefühlen gegenübersteht. ,,Was seine kleinen Brüder 'kriegt haben?" frage ich ihn jetzt. ,,Hauptsächlich Spielsach', aber das meist ist scho' kaput!" ,,Was war es denn?" ,,Eine Eisenbahn mit Schienen und richtig geheizter Lokomotive und ein aufziehbares Schiff waren dabei!" ,,So?" sage ich laut;,,ganz wie in Berlin", denke ich für mich. Ich hatte nämlich etwa acht Tage früher Richard Nordhausens ,,Weihnachtslied in Prosa" gelesen. Wie hieß es doch in seiner ironischen Schilderung?,,Außer den elektrischen Lokomotiven stehen welche mit Uhrwerk und Dampf bereit. Die Züge verschwinden in Tunnels, rauschen über Brücken, nehmen elegant die gefährlichsten Weichen und Kreuzungen; paßt man nicht auf, so können sie sogar richtig zusammenstoßen. Die gebildeten Jungen haben nur nötig zuzuschauen." Wie in München, werden hoffentlich auch in Berlin die Weihnachtssünden der Väter und Mütter sichtbar gerächt. Die zerstörten Uhr- und Maschinentriebwerke und die Trümmer der aufgerissenen blechernen Wagenleiber sollten nur den,,guten Eltern" Tränen in die Augen pressen. Und sie hatten's doch so gut gemeint! Nein, diese Kinder verdienen doch wirklich nichts Schönes und Teures! Das Maschinenzeitalter in der Kinderstube war aber bald zu Ende. Die diesmal wirklich Unschuldigen sitzen wieder bei ihrem alten Baukasten, stellen ihre Soldaten auf und fahren mit dem Wagen wie vordem. Sollten uns derartige allgemeine Erfahrungen nicht wieder einmal zum Nachdenken zwingen? Eine Vertiefung in die Frage: Welche Stellung habe ich als Pädagog dem Spielzeug des Kindes gegenüber einzunehmen? scheint mir da sehr am Platze.

Mit den Schlagworten: einfach, haltbar, zerlegbar und nicht zu kostspielig, die man für Kinderspielzeug prägte, ist sie jedenfalls nicht gelöst. Wer sich mit dieser Materie beschäftigt, wird leicht in das weitere Gebiet des Kinderspiels überhaupt geführt, das sich als ein interessantes Spezialgebiet der Psychologie und der Pädagogik darstellt. Manchen Münchner Kollegen hat erst um die letzte Weihnachtszeit die Sache tiefer gepackt. Der äußere Anlaß dazu war die vom Münchner Lehrerinnenverein ver

anstaltete Spielzeugausstellung vom 8. bis 15. Dezember. Zeit, Ort (der bekannte alte Rathaussaal), Veranstalter und Durchführung des Unternehmens verliehen ihm von vornherein eine gewisse Bedeutung. München ist der Boden, wo sich die Kunst gar leicht und gerne mit anderen Lebensgebieten verschwistert. Sie hat schon oft einer Sache den Stempel des Reiz- und Eindrucksvollen, wie des Persönlichen und Originellen aufgedrückt. So war es auch diesmal sehr erfreulich zu sehen, wie rührige Künstler und Kunsthandwerker ihre Kräfte in den Dienst der Pädagogik stellten. Was war nun das Ergebnis? Ist hier unzweifelhafte Höchstleistung, eine mustergültige Schule für Auswahl von Spielzeugen vorgeführt worden? Ich werde diese Fragen später zu beantworten suchen. Zuvor möchte ich aber die Stellung kennzeichnen, welche einer derartigen Kinderspielausstellung im Rahmen des gesamten Spiellebens unserer Jugend zuzuweisen ist.

Die Illusionsfähigkeit des Kindes ist bekanntlich unendlich und unberechenbar. Seinem großen Reichtum an Vorstellungs-, Gefühls- und Phantasiekräften verdankt es die tausendfache Möglichkeit, den ihm innewohnenden naturgemäßen Spieltrieb zu befriedigen. Wir würden kaum erschöpfend sein können, wenn wir nur im Hause alles aufzählen wollten, was das Kind zum Spielen reizt, oder, wie sich Kollege L. Schretzenmayr in seinem tiefgründigen Vortrage ,,Psychologie des Kinderspiels" ausdrückte, alles nennen wollten, was dem Kinde zur „Puppe" für sein Spiel werden kann. Es überträgt auf unzählige Dinge die Funktionen eines anderen, worin ja das Wesen der Spielillusion besteht. Knöpfe, Fadenspulen, Kugeln, Glasperlen, Holzstückchen, Sandkörner, Flaschenkorke, Stanniolkapseln, Stoffreste, Schlingen und Haken, Schnüre und Fäden, Tücher und Lappen, Fußschemel, Tische, Stühle, Schränke, Lineal, Spazierstock, Besen, Schaufel, Kleiderausklopfer, Schachteln und viele andere Gegenstände müssen abwechslungsweise die genannte Rolle übernehmen. Alles Aufgeführte hat aber doch mit den Spielzeugen unserer Münchner Ausstellung gar nichts zu tun. Und doch nimmt jene Gruppe einfachster und nächstliegender Objekte im Spielausleben der jungen Menschenseele einen größeren Raum ein als die eigentlichen Kinderspielzeuge. Diese sind in der Tat nur als eine Ergänzung und dazu vielleicht nicht einmal als eine notwendige zu betrachten. Verkennung der kindlichen Natur und spekulierender Geschäftssinn haben im Laufe der Zeit die Grenzen einer richtigen pädagogischen Wertung der spezifischen Kinderspielzeuge zu verrücken gesucht. Demgegenüber gilt es festzustellen, daß ein Kind durchaus nicht ohne weiteres arm zu nennen ist, wenn ihm die fabrikmäßig hergestellten Waren zum Spielen vorenthalten bleiben. Ich kann deswegen nicht so sehr in das Mitleid einstimmen, das eine Lehrerin in einem Vortrage während der Ausstellungszeit bei den meisten Zuhörern erweckte, als sie erzählte, von ihren Mädchen in einer Vorstadtschule hätten eine Anzahl nicht einmal eine Puppe. Ich glaube, daß doch jedes von diesen Mädchen seine Puppe hat; für uns Erwachsene mag sie nicht die gewohnten Eigenschaften besitzen. Und wenn die Kinder den Stiefelknecht des Vaters zur Puppe machen, so liegt in dieser absonderlichen Identifizierung mit einem Kinder

leib immer noch mehr natürlicher Reiz und gesunde Phantasiebetätigung, als wenn die berühmte ,,Schlafpuppe" ohne Rücksicht auf Willen und Absicht des illusionierten Kindes bei jeder Abweichung von der vertikalen Stellung zu schlafen anfängt. Die soziale Rangordnung hat Gott sei Dank im Ausleben des Spieldranges der Jugend keine Bedeutung; auch das nichtbegüterte, Zweckspielzeuge entbehrende Kind lebt seine Spiellust voll aus, wenn es nur nicht durch äußere Umstände daran gehindert wird. Hiermit haben wir die Bedeutung festgestellt, welche einerseits dem Spielzeug im weitesten Sinne, nämlich den vielen Illusion erregenden Gegenständen des täglichen Lebens zukommt, anderseits den handwerksund fabrikmäßig hergestellten Spielgegenständen beizumessen ist. Wenn wir die beiden Gattungen nach ihrem tatsächlichen Eingreifen in die millionfachen Spielakte der Kinderwelt würdigen, so ist der letzgenannten nur eine bescheidene Rolle zuzuweisen. Mit diesem Gedanken stimmt das überein, was Dr. Kerschensteiner an einem Ausstellungsabend über Kinderspiel und Kinderspielzeug sagte. Mit offensichtlicher Freude und geflissentlicher Betonung pries er den versammelten Eltern die vielen Nichtspielzeuge, die aber vom kleinsten bis zum größten zum wirklichen Spielzeug gemacht werden. Auch wies er darauf hin, wie wenig in der Spielzeugsache die Kunst im Leben des Kindes" zu tun habe. Das gibt um so mehr Anlaß, hiervon einiges zu sagen, als ja bei der Ausstellung Künstler mitwirkten und so für jeden Nichteingeweihten eine Ideenassoziation entstehen könnte, die dem Urteil unsers Schulrates ungelöst gegenübersteht. Eine Brüskierung der beteiligten Künstler war wohl nicht die Tendenz dieser Worte. Stand ja auch der Redner dem ganzen Unternehmen freundlich gegenüber. Was könnte aber doch von der Kunst in diesem Zusammenhang zu sagen sein?. Die freie, selbstständige Kunst kann bei einer Spielzeugausstellung nicht in Frage kommen. Hingegen war der Kunst im Handwerk und speziell der dekorativen Kunst ein gewisses Feld freigegeben. Die ,,Vereinigten Werkstätten für Handwerkskunst", dann die ,,Werkstätten für deutschen Hausrat" in Dresden zeigten mit Erfolg, wie ihr Grundsatz: Verbinde das Materialechte, Zweckmäßige mit schöner Form! auf dem Spielwarenmarkt zur Geltung kommen kann. Es war z. B. für mich ein hoher Genuß, nur die Holzeisenbahn von einer dieser Werkstätten zu sehen. Da war der so viel imitierte Wagenpark nebst Lokomotive in wahrhaft künstlerischer Weise gesehen und unter Beobachtung der dem Material innewohnenden Gesetze kindertümlich ins Holzige übertragen. Das Stück allein war ein stiller Lobredner jener Bestrebungen, die auch für Kinderspielzeuge Reform verlangen. Wer damit einverstanden ist, daß die spezifischen Spielzeuge aus Holz, Papier, Eisen und anderm Material eine berechtigte Stellung im Kinderleben besitzen, muß in der kunsthandwerklichen Beeinflussung einen zweifellosen Fortschritt erblicken. Kunst hat ferner auf dem Gebiete der Spielwarenindustrie einen Sinn als dekoratives Element. Das demonstrierten mehrere Künstler aufs eindringlichste durch eigne Arbeiten und Entwürfe. Ein weites Feld öffnet sich hier für diesen Zweig. Das geht schon aus der kurzen Überlegung hervor, welche Fülle von zierbaren Flächen die verschiedenen Spielgeräte bieten. Freilich ver

bietet der besondere Gebrauch mancher Spieldinge eine zu reichliche dekorative Schmückung von selbst.

Kunst nach diesen beiden Seiten hin kann in Verbindung mit dem Streben nach pädagogischer Verbesserung der Spielsachen nur begrüßt werden. Sofern aber die Kunst darauf ausgehen sollte, zu,,künsteln“, also mit raffinierter Technik arbeiten und die spielerischen Bedürfnisse der Jugend verkennen würde, brauchte sie sich dem Spielzeuggebiete, nicht zu nahen. Zu einer solchen Besorgnis ist jedoch auch vorläufig gar kein Anlaß gegeben. Weit mehr dürften sogar die bisherigen Fabrikanten zu fürchten sein. Von ihnen wissen wir wenigstens, daß sie schon oft die Kindesnatur verkannten und vernünftiger Spielerziehung entgegenarbeiteten. Sie versündigten sich schon viel an dem lebhaften Tätigkeitstrieb des Kindes und sorgten nicht immer genügend für eine zweckmäßige Gebrauchsfähigkeit der Spielobjekte. Zu komplizierte mechanische Einrichtungen, falsche Größenverhältnisse, schlechtes Material und andere Mängel müssen wir hier besonders rügen.

In diesem Zusammenhang darf ich auch auf die kleinen und kleinsten Sächelchen der Ausstellung zu sprechen kommen, die aus alten Münchner Patrizierhäusern stammten und aristokratisch-herablassend zu der gröberen Holzgesellschaft hinüberblickten. Zuerst näherte ich mich ganz verwundert dem niedlichen Elfenbeinzeuge, das aus Puppen- und Wohnzimmern hell herausschimmerte. Dann aber kam sofort der Verstandesprotest.,,Haben wir schon etwas, wie es nicht sein soll", wollte ich herausplatzen. Aber meine liebenswürdige Führerin, ein echtes Münchner Kind, wußte gar viel Schönes und Gutes von diesen zierlichen Miniaturmöbeln zu erzählen. Zuletzt sah ich im Geiste eine wohlhabende Altmünchner Bürgerfamilie am Sonntag festlich gestimmt in der schönsten Stube. Die Mädchen waren während der Woche recht manierlich gewesen und hatten der Mutter eitel Freude bereitet. Heute soll der große Lohn kommen.,,Weil's so brav wart's, derft's heint das scheene Puppenzimmer von der Tant' außi tean!" läßt sich die Mutter hören, und selig entzückt wird das selten enthüllte Heiligtum vorsichtig geholt. Es wird in seinen, Einzelheiten höchstens ein wenig umgestellt oder vielleicht gar nur angeschaut, bis man endlich das „Rühr mich nicht an" wieder den Blicken der Sterblichen entzieht. Und doch wird das sei betont lebnis als Glück, als volles Glück empfunden.

das Er

Wie stellen wir uns solcher Auffassung und Verwendung des Spielzeuges gegenüber? Antwort: den normalen Fall kann und darf das nie darstellen. Buben ließen sich eine ähnliche Behandlung schon gar nicht gefallen. Unter den Mädchen mag es wohl stillere Naturen geben, die sich aus Pietät Eltern- und Tantenwünschen obiger Art unterwerfen und sich an ruhigem, tatenlosen Betrachten einer wertvollen Sache genügen lassen. Aber eine Tortur bleibt es auch in diesem Falle; denn gesunder jugendlicher Spieltrieb kann gar nicht genug antasten, begreifen, herumdrehen, beklopfen und in die Hand nehmen, kurz das Gegenteil tun, was von den genannten Bürgerskindern aus Rücksicht auf die zerbrechlichen, geschnitzten Figürchen gefordert wurde. Vielleicht war die damalige Generation musterhafter; so wie ich heute unsere Kinder beiderlei

Geschlechts kenne, würde man sich mit derartigen Altmünchner Zumutungen eine derbe Abfuhr holen.

Was die Pädagogik aus dieser Reaktion des Kindes gegen zu kleines und zu feines Spielzeug gelernt hat, faßte Schulrat Dr. Kerschensteiner in die guten Worte zusammen: „Alle Spielsachen, die das Kind nicht auf den Boden fallen lassen oder zerbrechen darf, sind zu vermeiden. Es gibt andere Gelegenheiten, das Kind zur Achtsamkeit zu erziehen als das reine Kinderspiel.“

In den Tagen der Spielzeugausstellung fehlte es auch nicht an radikalen Stimmen, welche die ganze Sache als überflüssig und zwecklos erklärten. Manche Erfahrung des Lebens gibt ihnen recht. Es lebten genug hervorragende Männer, namentlich Söhne des Landes, die ihre Kinderspielzeit als eine außerordentlich glückliche betrachteten, ohne sich jemals mit andern als den natürlichsten Spieldingen beschäftigt zu haben. Gewiß! Wir haben ja selbst schon gesagt, daß die Anregung zur Spielbetätigung durch Zweckspielzeuge, wie sie unsere Ausstellung zeigte, biologisch und psychologisch gar nicht so wichtig ist. Anderseits darf auch nicht übersehen werden, daß für den reifenden Knaben die Bewegungsspiele wie die gemeinsamen Spiele mit ihren festen Regeln und Gesetzen von großer erzieherischer Bedeutung sind. Aber wenn von den Gegnern der Hinweis gebracht wird, daß sich ein Kind unter allen Umständen sein Spielzeug selbst zu fertigen habe, so liegt in dieser Forderung zugleich etwas Richtiges wie etwas Unerfüllbares. Ich kann nicht ohne weiteres der Spielwarenindustrie den Krieg erklären. Es darf nicht vergessen werden, daß sich das Kind entwickelt. Die Äußerung des Spieltriebes in den ersten Kindheitsjahren charakterisiert sich durch das Übergewicht des rein Gefühlsmäßigen und äußerst Phantastischen ohne das Gegengewicht wertvoller Erfahrungen und einigermaßen sicherer Vorstellungen; das Typische daran ist das leichte fließende Hinübergleiten der noch wenig durchgebildeten Gedankenkomplexe von einem Gegenstand zum andern. Dieser Zustand, wo alles für alles eine „Puppe" abzugeben hat, ändert sich allmählich mit der Durchsetzung von realen Vorstellungs- und Erkenntnisschätzen. Das Kind verlangt gemäß seinem deutlicheren Bilde von den Objekten der Außenwelt naturgetreuere Nachbildungen der Wirklichkeit, als sie seine oft sehr merkwürdigen und an Anziehungskraft abnehmenden „,Puppen“ zu geben vermögen. Es fordern also die sachlichen Begriffe trotz aller Spielillusion ihre Rechte. Und hier setzt dies Zweckspielzeug ein. Freilich posselt ein geschickter Vater mit den geschäftigen Buben gar manches hübsche Spielgerät zusammen, das dem entwickelteren Geiste der Kinder voll entspricht. Das verdient zweifellos mehr Anerkennung und Lob und wirkt erzieherisch weit intensiver, als wenn er seinen Geldbeutel öffnet und in wenigen Minuten einen Spielgegenstand fremder Herkunft nach Hause schleppt. Aber wir müssen mit der Wirklichkeit rechnen. In wie viel Familien finden wir die technische Fähigkeit und damit überhaupt die Lust, das zu tun, was das pädagogisch Beste wäre? Die Väter vieler Stadtfamilien finden oft nicht einmal eine Stunde Zeit zum Einkauf, geschweige zum wochen- oder monatelangen Sägen, Hobeln, Schnitzen, Bemalen usw. Schließlich ist

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