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Zunächst eine kurze Einstellung auf die Geschichte: Am Hafen. Fischerfrauen mit ihren Körben. Esel mit Apfelsinen, Datteln, Feigen. Schreien der Treiber. Anpreisen der Waren. Schieben und Drängen der Menschen. Jesus mit seinen Jüngern. Mitten drin. Wie langsam geht's vorwärts! Endlich die Anlegebrücke. Auf dicken Pfählen, weit ins Wasser hinausgebaut. Die Boote, die sich aneinander reiben, rund herum. Ein Blick rückwärts: die bunte Menschenmenge: die verschleierten Frauen, man sieht nur die schwarzen Augen; Männer in langen Mänteln, rot, gelb, blau; die seidenen Turbane. Wie die Farben wechseln! Die Häuserreihe im Hintergrund Zuschauer auf den platten Dächern. Und über

alles goldene Sonne. Ein Blick nach vorn: der tiefblaue See, spiegelglatt. Die Berge ringsum, durchbrochen von wandsteilen Schluchten. Wie sich alles im Wasser abmalt! Drüben am andern Ufer die weißen Häuser dunklen Grün. Wie geschützt hinter der Bergwand! Kommt, laßt uns hinaus aus dem Trubel hier, hinaus auf den See. Drüben ist Ruhe! Und nun zur Erzählung. Die „gute" Betonung, wie sie unser Allerweltsrezept: beim Komma die Stimme heben! garantiert, genügt allerdings nicht.

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Ich beginne im ruhigen Erzählton: Und er trat in das Schiff und seine Jünger folgten ihm. Und siehe! Pause. Und nun eine Entwicklung des Unwetters, aber schnell, kurz, skizzenhaft: die Taktschläge der Ruder. Ein Lied. Mitten auf dem See ein Wind. Das Boot schaukelt. Das gefüllte Segel. Hei, wie fliegt das Boot rückwärts! Es hängt über, nur eine Handbreit vom Wasser. Alle schnell auf die hohe Kante. Wie der Wind wächst, pfeift! Nun grade vor der Schlucht, dem Windloch heulender Sturm. Das Segel runter! Die weißen Köpfe, wie sie ins Boot lauern, von allen Seiten. Ein Wellenberg: das Boot hinauf, höher, immer höher hinab, begraben vom Wasser. Und die Leute? Alle da. Gott sei Dank. Schöpfen! Schnell, schnell! Und schon wieder hinauf, jetzt oben, rasend hinunter, tiefer, tiefer. Und wieder ein Wasserberg übers ganze Boot. Da hilft kein Schöpfen. Noch einmal hinauf, hinab und

Und nun geht die Erzählung weiter, immer in Gegensätzen: Ruhe Sturm.

Nachdem ich noch zum zweitenmal erzählt habe, beginnt nun das Einlesen. Die aufgeschlagene Bibel liegt vor jedem. Aber Chorlesen, denn der künstlerische Vortrag verlangt ein Bloßstellen der eigenen Person, ein völliges Herausgehen aus sich selbst. Das aber fällt dem einzelnen Kinde anfangs so schwer, ist ihm fast unmöglich; sei es, weil sich die natürliche Schüchternheit dem entgegenstemmt, sei es, weil nicht alle die von mir angeschlagenen Gefühlstöne in ihm nachklangen. Im Chor wird. der Einzelne durch die Menge gedeckt, und gerade das gemeinsame Sprechen löst bei jedem Kinde die intimsten Gefühle aus. Daß der gräuliche Schulton andrerseits vielfach durch das Chorsprechen großgezogen wird, ist mir wohlbekannt, aber der wird eben im Keim erstickt.

Wir beginnen: Jesus trat in das Schiff und seine Jünger folgten ihm. Das spricht dann schon einer im Brustton tiefster Überzeugung, und einem andern leuchtet die helle Freude vom Gesicht. Ja, Junge, du freust dich,

wenn du einmal Boot fahren kannst. Aber denk an die Jünger: was war denn das für sie besonderes, sie hatten ja als Fischer den ganzen Tag auf dem Wasser gelegen. Ganz schlicht, ruhig, ganz natürlich: Jesus trat in das Schiff. Aber Karl, dein ernstes Gesicht, ich weiß, du denkst schon an das, was folgen wird. Jesus und die Jünger ahnen es nicht. Endlich gelingt's.

Und als sie mitten auf dem Meere waren, da erhob sich ein so großes Ungestüm, also daß das Schiff ganz mit Wellen bedeckt war. Da heißt es nun, Anschauung hinein zu bringen. Ungestüm: ja, das klang so, als wenn ein Junge durch Knick und Zaun geht wild. Nein, wie Sturm, der ums Haus heult, daß die Läden klappen, die Fensterscheiben klirren. Und nun wirft er sich in den Schornstein, daß die Türen krachen, die Balken knacken, das ganze Haus zittert. Nun brüllt er im Birnbaum, drückt ihn auf und ab, schneller, immer schneller: krachchch! Er bricht und begräbt das ganze Haus. Ein so großes Ungestüm. Das,,so" bringt die ungeheure Schwellung. Und dann ein allmähliches Abflauen: daß das Schiff mit Wellen bedeckt war; nur das sehr kurze „e“ in „,bedeckt“ usf. Das Aufklatschen der Wasserdecke. Dabei eine entsprechende Geste, ein schnelles Hinauf - ein sausendes Hinab, vielleicht ein kurzes Aufstampfen, aber ungezwungen. Pause.

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Und er schlief. Diese wunderbare Ruhe! Man versuche nur den Ausdruck zu umschreiben, und seine Plastik steht unerreicht da. Niemand kann's besser sagen. Aber der Sturm steht ja noch auf euren Gesichtern. Denkt: er schläft, schläft, leise, wie das Kind im Bettchen, leise, leise, ein Lächeln auf den Lippen, mögt ihr rundherum noch so tollen. So ruhig, langsam, ganz langsam: Und er schlief Und nun wieder Well auf Welle, haushoch das Boot hinauf fliegend, hinab schießend ins Bodenlose. Die Wellenberge, steil wie die Wand. Mauern zu beiden Seiten. Jeden Augenblick können sie zusammenschlagen. Das sind Männer, die das Wasser kennen. Sie sehen den Tod, sehen, wie er naht, immer näher. Todesangst schreit: Herr, hilf! Und nun er. Er wacht, blickt um sich, sieht die Angst der Jünger, die Wassersnot und bleibt ruhig, ganz ruhig! Ein leises Lächeln: 0 ihr Kleingläubigen, warum so furchtsam?

Und nun steht er da, aufrecht, ganz allein, die Hand am Steuer, fest, unbeweglich, den scharfen Blick in die Ferne, ein Eisenmann: Hier herrsche ich, Wind!

Und die Jünger, wie sie scheu zu ihm aufblicken, dann nach den Rudern langen, Wasser schöpfen.

Er bedrohte den Wind und das Meer, durch Haltung, Blick, schweigend, unerschütterlich. Diese Hoheit aus seiner ganzen Persönlichkeit sprechen zu lassen, ist für den Lehrer eine hohe Aufgabe. Und doch muß sie gelöst werden; denn versagt hier seine Kraft, wird sein Auftreten zur Pose, ist der Höhepunkt der Geschichte verdorben und damit diese selbst.

Und nun der feine Schluß: Die Leute am Ufer. Wie sie scharf ausspähen. Jetzt ist das Schiff weg, da wieder! Aber nun! Wieder hoch! Aber die Leute! Niemand zu sehen? Doch einer, im wildflatternden Mantel, die Hand am Steuer, stolz aufrecht wie ein Eichbaum. Wie sicher

das Boot auf einmal geht; man sieht, wie es sich nähert, immer näher. Jetzt im Hafen, die Wellen ganz still. Was ist das für ein Mann! Die Kinder spielen das Publikum, schauen aus dem Fenster, zeigen mit den Fingern, stecken die Köpfe zusammen halblaut durcheinander, bewundernd: Was ist das für ein Mann!

Wohl weiß ich, daß nicht jede biblische Geschichte eine solche Behandlung zuläßt; nichts liegt mir auch ferner, als das Korsett der formalen Stufen durch ein ästhetisches Schema zu ersetzen. Aber, daß es eine Reihe von biblischen Geschichten gibt, denen man in ähnlicher Weise nahe kommen kann, wie ich's an der Stillung des Sturms versuchte, ist sicher. Die Anregung zu weiteren Versuchen wollten meine Ausführungen bezwecken. *)

Ein Schritt vorwärts im literaturkundlichen

Unterricht.

Von Rektor P. Staude in Altenburg.

1. Der Versuch. In einem 6. Schuljahr wurde jede letzte Deutschstunde in der Woche eine Zeitlang dazu verwendet, gemeinsam eine größere Erzählung, die nicht im Schullesebuch enthalten war, zu lesen. Es war Robert Reinicks „Waldmühle“, die in etwa 50 Exemplaren (je 10 Pfg., Verlag der Schweizer Volksschriften) beschafft worden war; nebenbei bemerkt eine allerliebste, für Knaben und für Mädchen passende Erzählung des bekannten Meisters der Jugendschriftstellerei. Diese Erzählung wurde kapitel bezw. abschnittweise gelesen. Eine Frage, die sich auf den Hauptinhalt des betreffenden Abschnittes oder Kapitels bezog, wurde dabei stets an die Spitze gestellt und dann das betreffende Stück gelesen. Darauf wurde Halt gemacht und die Frage in einigen Sätzen kurz beantwortet, wobei sich natürlich die nötigen Erläuterungen oder Erklärungen einfügten. Dann las der Lehrer den betreffenden Teil noch einmal möglichst schön vor, woran sich ein wiederholtes Lesen durch die Kinder schloß. In etwa zehn Stunden war man mit der „Waldmühle“ am Ende.

2. Der Erfolg. Die Kinder waren mit ganzer Seele dabei. Hatten sie doch Gelegenheit, sich einmal in ein größeres, zusammenhängendes Ganze einzuleben. Es herrschte allgemeine Freude, wenn die,,Lesestunde" wiederkam. Auch die schlechteren Leser bemühten sich. Diejenigen jedoch, welche sich im Laufe der Woche etwas hatten zuschulden kommen lassen, durften in dieser Stunde nicht mittun und empfanden diese Kaltstellung als verdiente Strafe. Die Lesestunde gefiel um so mehr, als das Schullesebuch unbenutzt blieb und etwas ganz Neues auftrat. Die Kinder konnten

*) Wohl ist es verdienstlich, den Verächtern der biblischen Stoffe zu zeigen, daß diese auch für den, der das Christentum ablehnt, noch Bildungswerte enthalten, die ihnen einen Platz in der Schule sichern; übersehen darf aber doch nicht werden, daß der Verfasser in dem oben gegebenen Beispiel seiner Behandlung die Hauptsache in unterrichtlicher Beziehung übersieht, nämlich daß das geschilderte Erlebnis das Vertrauen der Jüngerschar zu ihrem Meister kräftigte. Die biblische, wie alle Geschichte ist nun einmal kein Gegenstand, den man nur ästhetisch betrachten darf; hier muß auch die psychologische Analyse und die ethische Würdigung zu ihrem Rechte kommen. R.

auch den Inhalt nicht vorzeitig überfliegen, denn am Ende der Stunde wurden die Hefte hinter Schloß und Riegel verwahrt. So war der Gefahr des Schnellesens, des Überhinlesens, der Erregung der Lesewut vorgebeugt. Es wurde überdies auf besonnenes, lautes, langsames und deutliches Vorlesen gedrungen und beim wiederholten Lesen auch Einzel- und Chorlesen gepflegt. Mit hoher Befriedigung wurde dann das vollendete Heftchen aus der Hand gelegt.

3. Die Anregung. Die Lesestunden sollen fortgesetzt werden. Die Voraussetzung dazu sind natürlich eine reichere Auswahl guter, möglichst billiger Bücher, die die Anschaffung in größerer Zahl auf Kosten der Schule oder der Schüler ermöglichen. Es gibt ja eine ganze Anzahl passender Schriften. So z. B. Schatzgräbers Jugendbücher (Berlin, Vieweg): Hauff, Zwerg Nase (40 S. 10 Pfg.); Grimm, Märchen (10 Pig.); Nieritz, Die Kinder von Naumburg (63 S. 15 Pfg.); Ch. v. Schmid, stürmischen Tagen, Jugenderinnerungen großer Männer an die napoleonischen Kriege. Dann können wir aus Reihe der „,Schweizer Volksschriften" wählen: Meyer, Das Kind der Hexe; Hugi, Zwei Verdingkinder; Gotthelf, Der Besenbinder von Rychiswyl u. a., wenn auch hier und da der Schweizer Dialekt einige Schwierigkeiten bereiten sollte. Aus der Reihe der „Wiesbadener Volksbücher" wollen wir lesen: Gotthelf, Elsi, die seltsame Magd (10 Pfg.); M. Schmidt, Der vergangene Auditor (15 Pfg.); Rosegger, Das Ereignis in der Schrun (20 Pfg.); Voigt-Dieterichs, Zwischen Lipp und Kelchesrand (10 Pfg.); Fischer, Das Licht im Elendhause (15 Pfg.); Kopisch, Die Entdeckung der Blauen Grotte (15 Pfg.); Heyse, Der verlorene Sohn (60 S. 15 Pfg.) u. a. m. Die Regensburger Zehnpfennig-Bibliothek" bietet auch Brauchbares. Nur stört uns die Aufschrift,,Für das katholische Volk". In dem liebenswürdigen vom Dürerbund herausgegebenen Schriftchen „Hebe mich auf“ wird auf die Zehnpfennig-Miniaturbibliothek" (Paul in Leipzig) hingewiesen. Gewiß eignet sich hier auch dieses und jenes Heft, und zwar sind hier,,wissenschaftliche Themen" bearbeitet.

4. Praktische Vorschläge. Es werden aus der Reihe passender Schriften eine Anzahl auf Rechnung der Schule in 25 bis 30 oder mehr Exemplaren angeschafft. Nahe gelegene Schulen treten zu bestimmten Terminen in einen Austausch dieser Hefte ein. Jede letzte deutsche Stunde in der Woche wird zur Klassenlektüre verwendet. Nach jeder Stunde werden die Hefte wieder eingesammelt. Ein Verwalter" besorgt den Austausch und die Ausgabe. Die Kinder werden auch veranlaßt, sich diese Bücher selbst zu beschaffen. Der Aufsatzunterricht erhält dadurch mannigfache Anregung zu Themen. Die Diktate finden passenden Stoff, der orthographische und grammatische Unterricht hat eine Fundgrube seiner Arbeit mehr.

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5. Würdigung derartiger Lesestunden. Gewiß kommt diese Art,,Lesestunden" dem Ziele des Deutschunterrichts näher, unsere Jugend in den Sinn und Geist unserer schönen Muttersprache einzuführen. Ein gutes Ende hat der Fortschritt des Leseunterrichtes der einzelnen Stufen: wir sind beim Lesen von Schriftwerken angekommen, nachdem zuerst die Fibel und darauf das Lesebuch in der Hand der Schüler war.

Die Fibel legt den Grund zur Lesefertigkeit. Das Lesebuch ist „eine Brockensammlung deutscher Spracherzeugnisse" (Mittenzwey, Lehrplan). An diesen ,,Brosamen" muß die Kraft der Kinder erstarken. Dann aber soll eine kräftigere Kost dem Geiste geboten werden, das Kulturgut unsers völkischen Schrifttums. Diese Aufgabe haben die oberen Klassen zu lösen.

Es ist gewiß ein Schritt vorwärts, den wir hier tun. Wollen wir ihn nicht tun?

Umschau.

Berlin, den 7. September.

Nichts ist schwerer, als seine Zeit in ihrem innersten Wesen, nach ihren treibenden Kräften und ihren ferneren Zielen zu erkennen. Wie der Soldat, der im Kampfe steht und die Kameraden um sich niedersinken sieht, nichts von den Gesamtbewegungen des großen Heereskörpers weiß, so beobachtet der einzelne Lebende zwar das bunte, bewegte Leben in seiner Umgebung, er sieht die Menschen steigen und fallen, sieht geistige Bewegungen anschwellen und verebben, aber wohin der Strom der Zeit fließt, ist seinem Auge verborgen. Begebenheiten ohne jede größere Bedeutung stellen sich unserm kurzsichtigen Auge als epochemachende Ereignisse dar, und große Bewegungen lernen wir nur als die schwachen Wogenschläge im stillen Hafen kennen.

Von welchen Ideen, von welchen Wünschen und Strömungen wird unsere Zeit beherrscht? Was ist ihr eigentliches Kennzeichen? Sind es materielle Forderungen, politische Ideale, soziale Anliegen, das Verlangen nach schärferer Grenzregulierung der einzelnen Völker gegeneinander, religiöses Sehnen? Schwerlich vermag auf alle diese Fragen jemand eine bestimmte Antwort zu geben. Man lebt in seiner Zeit eingekeilt in die Realitäten eines engen Lebenskreises und wird von allen kleinen und kleinsten Äußerungen oft stärker berührt als von großen, umgestaltenden Bewegungen. Der Vergleich der eigenen Zeit mit früheren Epochen ist deswegen so schwierig, weil wir diese nur im Spiegel der historischen und dichterischen Darstellung kennen, aber nichts von ihren alltäglichen Kleinigkeiten wissen. Alles geschichtlich Aufgefaßte erscheint unserem Auge sowohl verklärt als abgeblaßt. Wer in der Gegenwart weit schauen will, muß auf die Berge steigen, und wer genau sehen will, zwischen den Dingen wandeln; man muß mit dem Fernrohr und mit dem Mikroskop gleichzeitig arbeiten. Ja, wer das könnte!

Zeitkundige Beobachter wollen ein besonders starkes Anschwellen des religiösen Lebens, ein Erwachen der religiösen Bedürfnisse feststellen. Die religiöse Frage wird als eine der bedeutsamsten unserer Tage bezeichnet. Und zweifellos ist, daß in dem inner- und außerkirchlichen Leben Altes zerfällt und Neues aufkommt. Der Streit der Theologen ist immer etwas laut gewesen, und von dem Unbeteiligten wurde oft verlangt, die Stimme der streitenden Gottesmänner für die Stimme einer gebietenden geheimnisvollen Macht zu nehmen, auch dann, wenn der Hader mit den großen Angelegenheiten der Menschheit nichts tun hatte. Aber heute ist das doch wohl anders.

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