صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

Der preußische Staat muß, um für sämtliche Schüler einen Unterrichtsraum, der nicht stark überfüllt ist, zu schaffen, anstatt der vorhandenen 100 000 Schulzimmer mindestens 160 000 herstellen lassen, also 60000 mehr, und für jedes Schulhaus einen Spiel- und Turnplatz beschaffen. Anstelle der vorhandenen 115000 Schulklassen sind mindestens 160 000, also 45000 mehr erforderlich, und da auch für jede Klasse ein Lehrer notwendig ist, ist die Mehranstellung von mehr als 60 000 Lehrern notwendig. Da der unterrichtliche und erziehliche Erfolg durch eine zweckmäßige Organisation der Schule mehr verbürgt wird als durch wenigstufige Schulen, so ist die Zusammenlegung von Schulen ohne strenge Rücksicht auf die Grenzen der politischen Gemeinden anzustreben, insofern durch diese Zusammenlegung den Kindern nicht zu weite Schulwege zugemutet werden müßten. Alle konfessionelle Trennung, alle Trennung nach sozialen und sonstigen Rücksichten muß verschwinden. Die Verteilung der Schüler darf lediglich nach der erreichten Bildungsstufe erfolgen. Die Leitung und Aufsicht der Schule gebührt denjenigen, die in praktischer Arbeit ihre pädagogische Befähigung nachgewiesen haben, und es ist für den Volksschullehrerstand eine Ehrenfrage, daß er die leitenden Persönlichkeiten aus seinen eigenen Reihen stellt.

Die amtliche und soziale Stellung des Volksschullehrers regelt sich mit der veränderten Stellung der Volksschule von selbst. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Volksschullehrer heute nicht nach seinen unterrichtlichen und erziehlichen Aufgaben, sondern nach dem Herkommen bewertet wird. Daß ein Lehrer der Sexta und Quinta, der vielleicht zwei Dutzend neun- bis zehnjährige Knaben unterrichtet, nach einer Skala von 2700 bis 7200 M. besoldet wird, der Volksschullehrer, auch wenn er 13- bis 14 jährige Knaben und in der Fortbildungsschule 15 bis 18 jährige Jünglinge unterrichtet, aber nach einer Skala von 1350 bis 3150 M., entbehrt jeder sachlichen Begründung. Es ist einerseits das Herkommen, das hier entscheidet, andererseits nicht die Bewertung dessen, was der Betreffende mit seiner Arbeit leistet, sondern die Bewertung derjenigen, denen seine Arbeit zugute kommt. Der Volksschullehrer kann nur aufsteigen mit der Anerkennung der Bevölkerungsschichten, denen seine Arbeit gilt.

Die Schule ist ein Politikum, untrennbar verbunden mit den politischen Verhältnissen eines Landes. Die Volksschule bleibt die Armenschule in einem Volke, dessen untere Schichten rechtlos

und wirtschaftlich rückständig sind. Die Volksschule steigt nur auf mit dem Volke, das sie bildet und erzieht. Sie schafft sich das Fundament, auf dem sie steht, durch ihre Arbeit, und je tüchtiger und solider diese Arbeit ist, um so fester und breiter ist das Fundament. Darum ist das A und O unserer Schulpolitik die treue, unermüdliche Arbeit an denjenigen und für diejenigen, die uns und unserer Fürsorge anvertraut sind. Fehlte es hier, so könnte vielleicht eine Erfüllung von Standeswünschen mit Hilfe politischer Machtfaktoren eintreten, aber es wäre ein Kartenhaus, das von jedem politischen Wirbelsturm hinweggefegt werden könnte.

Aber in dem Kampfe der politischen und sozialen Mächte muß auch der Mann der Volksschule neben dem Pfluge, der den Acker furcht, das Schwert führen. Der Geist Diesterwegs muß mit dem Geiste Pestalozzis sich gatten. Arbeit in Pestalozziliebe und Pestalozzieifer und Kampf für das, was wahr und recht ist, mit Diesterwegscher Unbeugsamkeit, das sind auf dem Boden geeigneter Verhältnisse die Mittel, die Volksschule der Zukunft zu schaffen und dauernd zu erhalten.

Brauchen wir eine spezifische Jugendliteratur?

Eine Umfrage, veranstaltet von Emil Kundius in Berlin.

Heinrich Wolgast in Hamburg, der verdienstvolle Kämpfer und Pfadfinder auf dem Gebiete der Jugendschriftenkritik, hat sich als einen entschiedenen Gegner der sogenannten,,spezifischen Jugendliteratur" bekannt. Er hat einer besonderen, für die Jugend ausdrücklich berechneten Lektüre jegliche Berechtigung abgesprochen und will den Lesestoff für die Jugend ausschließlich aus den Werken unserer großen Dichter ausgewählt wissen. Nur das Beste sei für die Jugend gut genug.

Mit dieser einseitigen Betonung des Höhengutes auf dem Felde der Jugendliteratur ist bekanntlich ein Teil unserer Pädagogen nicht einverstanden, und auch in dieser Zeitschrift ist der Wolgast entgegengesetzte Standpunkt mehrfach zum Ausdruck gebracht worden, so auch von mir in einem Aufsatze:,,Wilhelm Tell und das Kinderpublikum" (Juli 1906).

Es wird von pädagogischer Seite eingewendet, daß das Kind Anspruch auf eine Lektüre habe, die gerade seinem Verständnis entgegenkomme und gerade seine ästhetische Genußfähigkeit berücksichtige. Voraussetzung ist natürlich, daß Form und Inhalt in jeder Beziehung künstlerisch einwandfrei sind.

Im Folgenden biete ich nun einige Urteile anderer, die deswegen interessant sein dürften, weil in ihnen die obenstehende Frage von den,,Schaffenden" selbst beantwortet wird. Beantwortet, nicht gelöst; denn auch unter den Schaffenden selbst sind genau so wie bei den Pädagogen die Meinungen geteilt.

Ernst von Wildenbruch,

der bekannte Dramatiker und Erzähler, der Verfasser der vielgelesenen Bücher: ,,Kindertränen" und ,,Das edle Blut", ist ein Gegner der,,sogenannten Jugendliteratur":

Man glaubt eine solche schaffen zu können, indem man wirkliche Dichter veranlaßt, Werke für die Jugend, d. h. für Kinder zu schreiben.

Dieses Verlangen entsteht aus dem an sich richtigen Gefühl, daß im Wesen

und Schaffen des wirklichen Dichters etwas dem Kinde und der Kindesnatur Verwandtes, etwas Ursprüngliches und Elementares ist, und darum glaubt man, er sei berufen, mit dem Kinde zu sprechen, ihm zu erzählen. Aber der Dichter spricht zu niemandem, er spricht lediglich mit sich selbst.

Nun sind in dem, was der echte Dichter mit sich selbst spricht, allerdings Elemente, die, weil er selbst ein kindhafter Mensch ist, kindhaften Seelen, darum auch den Kindern, wohl zugänglich sind. Sobald man ihn jedoch zwingen wollte, bewußtermaßen zu einer bestimmten, abgegrenzten Zuhörerschaft zu sprechen, würde man ihm das nehmen, was seine Kraft ausmacht: die unbewußte Unbefangenheit. Und noch aus einem andern Grunde ist der Dichter nicht der zur Unterhaltung mit dem Kinde Berufene: der tiefste Instinkt des wahren Dichters, sein drängendstes Bedürfnis ist, alles auszusprechen, was die Menschheit bewegt, an keinem Problem vorüberzugehen. Nun aber muß eine ausschließlich für das Kind bestimmte Literatur notwendigerweise all die Probleme bei Seite lassen, für welche erst ein gereifteres Alter Verständnis gewinnt.

Aus diesem letzten ergibt sich dann ohne weiteres, daß eine solche ausschließlich für das Kind bestimmte Literatur eine beschränkte werden müßte. Eine beschränkte Literatur ist eine minderwertige. Man würde also, indem man eine solche Literatur schafft, mit Bewußtsein etwas Minderwertiges hervorbringen. Das ist nicht nur literarisch zu verwerfen es wäre sittlich verwerflich. Wie alles sittlich Verwerfliche würde es sich strafen, dadurch strafen, daß die Kinder, deren Instinkt gar bald die Unwahrheit einer derartigen Literatur erkennen würde, nach Büchern griffen, die ihrem Verständnisse noch unzugänzlich sind und ihnen darum wirklich schädlich werden könnten.

Aus diesem Grunde, weil eine solche Jugendliteratur" nicht von wirklichen Dichtern ausgehen könnte, und weil sie, der Natur der Sache nach, etwas bewußt Minderwertiges werden müßte, sollte man von den Versuchen Abstand nehmen, sie ins Leben zu rufen. Und ich meine, man kann unbesorgt davon Abstand nehmen, denn ich meine, daß für unsere Kinder - ich verstehe darunter die deutschen guter Lesestoff zur Genüge vorhanden ist.

In meiner Kinderzeit gab es Bücher von Nieritz, Hoffmann, Horn, Dielitz usw. usw. und ich vermute, daß es solche auch heute noch geben wird. Nicht besonders wertvolle, aber auch nicht schädliche Bücher; ich wenigstens, der ich viel davon gelesen, habe keinen Schaden daran genommen. Man lasse diese Bücher leben, führe keinen Vernichtungskampf dagegen. Diese Bücher sind Lesefutter, und lesen müssen Kinder, so gut wie Erwachsene. Und Bücher, die nicht Lesefutter, sondern Lesestoff bieten, an denen die Kindesseele wachsen und gedeihen kann nun, haben wir deren nicht?

Haben wir nicht unsere deutschen Volksmärchen? I denn das ist doch hoffentlich schon wieder überwunden, daß man das Märchen für einen überwundenen Standpunkt hielt die Grimmschen, die Andersenschen Märchen? haben wir nicht unsere Germanische Mythologie? Unsere Heldensagen und das Nibelungenlied? Und endlich und vor allem, haben wir nicht unsere Dichter? Sollen denn unsere Kinder unsere Dichter nicht lesen? Aber die haben für Erwachsene geschrieben - ja aber ich habe schon gesagt, daß jedes echte Dichterwerk Elemente enthält, die dem Kinde zugänglich sind. Aber das Kind wird die Werke nicht vollinhaltlich verstehen nein, sicherlich nicht. Aber schadet denn das etwas? Das Kind ist klug genug, um zu fühlen, daß das Letzte und Tiefste, was

in dem großen Werke da vor ihm steht, ihm noch nicht gesagt ist. Schadet das etwas? Im Gegenteil. Das Kind wird fühlen, daß sein Geist den nämlichen Gang zu gehen hat, den sein Körper täglich geht, wenn er vom Morgen durch den Tag in den Abend geht. Eine bessere, schönere Methode, den kindlichen Geist zu bilden, kann ich mir nicht denken, als daß man das Kind langsam, langsam in ein großes Dichterwerk eindringen, es aus eigener Kraft dahin gelangen läßt, das zuerst nur halb Verstandene tiefer, reifer und immer voller zu verstehen, daß man es dazubringt, sein eigenes Unverständnis zu korrigieren. Denn was heißt Bildung anderes, als sich selbst korrigieren?"

Dem Urteile Wildenbruchs verwandt ist dasjenige des greisen, aber noch immer schaffensfrohen Erzählers

Paul Heyse:

„Ich bin der Meinung, daß ein Bedürfnis nach neuer Jugendliteratur nicht besteht, als höchstens bei Verlegern und Pädagogen, die neue Ware auf den Markt zu bringen wünschen. Wie von einem fühlbaren Mangel an Schriften, die für die Jugend begehrenswert erscheinen, die Rede sein kann, ist mir unbegreiflich. Die Menge der vorhandenen, die von allen einsichtigen Eltern und Erziehern als wertvoll anerkannt sind und, ob sie auch schon Jahrzehnte alt sind, das gleiche Entzücken der jungen Leser jedes Alters erregen, ist SO groß, daß man eher von der Verlegenheit der Wahl reden kann. Die ganze Frage scheint mir so gegenstandlos, als wenn man im Zweifel wäre, ob für die reifere Jugend die unsterblichen Werke alter und neuer Dichter noch genügten und statt des Homer, der griechischen, englischen und deutschen Tragiker neue Lektüre beschafft werden müßte. Fühlt ein Dichter sich getrieben, etwas zu verfassen, das er für jugendliche Gemüter eigens bestimmen möchte, so mag er es in Gottes Namen tun. Doch es auf eine moderne Jugendliteratur ausdrücklich anzulegen, scheint mir der Gipfel der Verkehrtheit. Die literarischen Stimmungen und Richtungen sind freilich dem Wandel unterworfen, doch am wenigsten merkbar in der Welt der heranwachsenden Geschlechter, deren Seele und Phantasie an den alten Geschichten und Sagen, Abenteuern und Fabeln immer die gleiche Freude und Anregung finden wird, wie vor hundert Jahren. Auf den reichen Schatz gesunder, künstlerisch bedeutender Jugendschriften, wie keine andere Nation sie besitzt, sollten wir stolz sein, statt die ohnehin bedenkliche Tendenz, die Kunst in die Schule einzuführen, auch in der Dichtung geltend zu machen.“

Dagegen schreibt der bekannte Novellist und Jugendschriftsteller

Viktor Blüthgen:

„Ich halte die ganze Hamburgerei für eine maßlose Übertreibung von einer an sich guten und nützlichen Tendenz aus: den von Unkraut verwucherten Garten der Jugendliteratur auszujäten und die Verantwortung zu betonen, die man übernimmt, indem man der Jugend Lektüre und Illustrationen in die Hand gibt. Aber statt, was so dringend erwünscht ist, zu veranlassen, daß die spezifische Jugendliteratur als besonderes Kapitel der allgemeinen Nationalliteratur gepflegt, von berufenen unter den echten Dichtern, kritisch behandelt und literaturhistorisch in Betracht gezogen wird, begeht man die Torheit, ihr die Berechtigung überhaupt abzusprechen, auf einen fragwürdigen Ausspruch Storms hin, der schließlich doch nur besagen will, daß gute Jugendliteratur auch vor ästhetischen Ansprüchen Erwach

« السابقةمتابعة »