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manchen Stücken über seiner Zeit stehend, in andern von ihren Einseitigkeiten nicht frei, bietet sein Leben für unsre Tage reichen Stoff zur Erhebung und zur Belehrung.

Bis jezt hatte man von ihm eigentlich nur zwei nennenswerthe Biographien, die von Josias Simler, im Jahre 1562 geschrieben, und die welche F. C. Schlosser seinem Leben Beza's beigefügt hat (Heidelberg, 1809). Beide sind jedoch nicht ausführlich und vollständig genug, um eine neue Bearbeitung überflüssig zu machen. Zur Vervollständigung von Simler's Werk, das dem meinigen zum Grunde liegt, und das ich deshalb nirgends besonders anführe, sowie zur Darstellung des innern Lebens Vermigli's habe ich mich vorzüglich der Correspondenzen bedient, welche für die Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts von so großer Bedeutung sind. Manche Briefe Vermigli's und seiner Freunde finden sich gedruckt in den Ausgaben seiner Loci communes (ich habe die Ausgabe von Heidelberg, 1613, fo. benugt), und in einigen andern ältern und neuern Sammelwerken; viele liegen noch ungedruckt zu Gotha, zu Zofingen, zu Genf, und besonders in der Simler'schen Sammlung zu Zürich; ich habe daraus manches Neue und Wichtige geschöpft, wofür ich den geehrten Freunden, die mir dabei behilflich waren, öffentlich hier meinen besten Dank ausspreche. Auch das Archiv des hiesigen protestantischen Seminars bot mir reiche handschriftliche Quellen, zunächst über Vermigli's Aufenthalt zu Straßburg.

In einem Punkte bin ich von dem allgemeinen Plane von Hrn. Friderichs' Unternehmen abgewichen; ich habe nemlich die nöthigen Auszüge aus Vermigli's Schriften nicht an den Schluß der Biographie verwiesen, sondern in diese selbst aufgenommen. Seine groBentheils eregetischen Werke sind nicht der Art, daß man Stellen daraus absondern kann, wie etwa aus denen Zwingli's, Calvin's und Andrer. Zudem schien es mir nicht zweckmäßig, eine vollständige Darstellung seines theologischen Systems zu geben; es wäre hieraus nur eine Wiederholung der calvinischen Lehre entstanden. Es durfte genügen, bloß diejenigen Lehrstücke mit einiger Ausführlichkeit zu behandeln, zu deren Begründung und Entwickelung Vermigli besonders viel beigetragen hat. Daß dabei auch von Streit und Zank die Rede sein mußte, konnte nicht vermieden werden; es gehört nicht nur zur Charakteristik der Zeit, sondern gerade in diesen Kämpfen zeigt sich Vermigli meist als acht evangelischen, versöhnlichen Theologen, der, wenn er auch die Hoffnung auf völlige Einigung der Bekenntnisse aufgeben mußte, doch das Vertrauen nie aufgab, Lutherische und Reformirte könnten in Frieden und Liebe neben einander bestehn und gemeinsam das Werk Gottes in und an der Kirche verrichten. In diesem Sinne habe ich sein Leben zu erzählen gesucht. Ob es mir dabei gelungen ist, zu gleicher Zeit den Anforderungen der Wissenschaft und den Bedürfnissen des größern gebildeten Publikums zu entsprechen, dies möge von Andern beurtheilt werden, mit billiger Rücksicht auf den eigenthümlichen Zweck des ganzen Unternehmens.

December 1857.

C. Schmidt.

Erstes Buch.

Italien. 1500-1542.

Erstes Kapitel.

Peter Martyr Vermigli's Geburt und Erziehung. — Sein erftes Auftreten als Prediger und als Abt.

Pietro Martyre Vermigli wurde geboren, den 8. September 1500, zu Florenz. Die herrliche Vaterstadt des Dichters Dante, des Geschichtschreibers Maccchiavelli, des Philosophen Marfilio Ficino, dürfte stolz darauf sein, auch einen der größten Theologen des sechzehnten Jahrhunderts hervorgebracht zu haben, einen Mann den Calvin ein Wunder Italiens genannt hat. Er gehörte einer reichen, angesehnen Familie an; mehrere der Vorfahren seines Vaters, Steffano Vermigli, hatten öffentliche Aemter bekleidet oder wa ren im Dienste der Könige von Frankreich gestanden; seine Mutter hieß Maria Fumantina. Mehrere Kinder waren ihnen früh gestorben; es blieben ihnen nur Pietro Martyre und dessen Zwillingsschwester Felicita. Jener hatte seinen Namen erhalten in Folge eines Gelübdes, das die Mutter dem heiligen Peter dem Märtyrer gethan, dessen Kapelle in der Nähe ihres Hauses stand. Es war dieser Heilige ein Dominikaner und strenger Inquisitor gewesen, der im Jahre 1252 von katharischen Edelleuten getödtet und deßhalb canonisirt worden war. Auf den jungen Vermigli ging aber nicht der Geist seines Schuppatrons, des Keßerrichters, über, sondern der eines andern Predigermönchs, der selbst als Kezer verurtheilt worden war; Vermigli wurde, wie Beza sich ausdrückt, der aus der Asche Girolamo Savonarola's erstandene Phönix *). Zwei Jahre vor Pietro Martyre's Geburt war Savonarola zu Florenz verbrannt worden, nachdem er durch seine gewaltigen Predigten bei

*) Icones. Genf, 1580, 4o. Art. P. Martyr. Schmidt, Vermigli.

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Vielen ein neues Leben angeregt hatte. Nach seiner Hinrichtung aber hatte sich der Triumph seiner Feinde in erneuter Zügellosigkeit des Lebens kund gegeben; „je mehr seine Anhänger niedergeschlagen waren, sagt ein gleichzeitiger Schriftsteller *), desto höher stieg der Uebermuth der Gegner, desto frecher wurde gesündigt, in allen Ständen, bei Weltlichen und Geistlichen; ja es schien als sei recht zu thun durch das Gesez verboten gewesen; kein Laster wurde für eine größere Schande gehalten, als den Worten Savonarola's geglaubt und eine Verbesserung des römischen Hofes gewünscht zu haben.“ Und nicht nur in sittlicher Hinsicht war Florenz tief heruntergekommen, auch von der Höhe geistiger Bildung, zu der es sich unter den Medizäern emporgeschwungen hatte, begann es zu sinken. Nach der Vertreibung der Medici, 1494, hatte sich die platonische Akademie aufgelöst, deren Mitglieder sich kühnen, obgleich ungeregelten und verworrenen philosophischen Speculationen hingegeben hatten, während gelehrte Männer, wie Angelo Poliziano, bemüht gewesen waren, ihre Begeisterung für klassische Dichtkunst und Beredsamkeit zahlreichen Schülern mitzutheilen. Zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts war dieß rege Leben großentheils ertödtet; nur Einzelne hatten das Andenken an die schöneren Zeiten bewahrt. Zu diesen gehörte Steffano Vermigli; die Eindrücke, die er von Savonarola's Predigten erhalten, waren ihm geblieben; die Art, wie er sich später gegen seine Kinder benahm, beweist, daß die damaligen kirchlichen Anstalten wenig Werth in seinen Augen hatten. Seine Gattin dagegen war still und fromm, obwohl in katholischem Sinne, dabei aber hoch gebildet, mit der lateinischen Sprache und Literatur vertraut, eine der damals so zahlreichen klassisch gelehrten italienischen Frauen. Sie war es, die ihrem Sohne den ersten Unterricht gab; sie lèhrte ihn lateinisch und übersezte mit ihm die Werke eines Schriftstellers, die wir heutzutage nicht mehr so früh einem Kinde in die Hände geben würden, die Komödien des Terenz. Damals aber, in den Zeiten des Enthusiasmus für die wiederauflebenden klassischen Studien, und den größten Theil des sechzehnten Jahrhunderts hindurch, bildete dieses Buch die erste Grundlage des lateinischen Unterrichts; man sah eben die alte Literatur nicht bloß als ein mächtiges Bildungsmittel des Geistes an, sondern auch an das Sprechen einer kräftigern und elegantern Sprache wollte man frühzeitig die Jugend gewöhnen; Terenz hielt man für das beste Muster der lateinischen Umgangssprache. Es war dieß allerdings, von dem Standpunkte unsrer Zeit betrachtet, ein Verkennen sowohl des Werths der neuern Sprachen als der wahren Bestimmung des klassischen Unterrichts; allein Gott bediente fich dieses Mittels zu dem großen Zwecke, den er im sechzehnten Jahrhundert verwirklichen wollte; bei der Verfolgung der Protestanten, die die Gelehrten aus ihrer Heimath in

Jac. Nardi, Historie della città di Fiorenza. Lyon, 1582, 4o; Lib. 2, fo. 50.

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