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deutet dagegen in nichts auf Ravenna_als_Abfassungsort und ebensowenig alle die Notizen, welche das Exc. Sang. von 495 an bis zum Jahre 573 bringt, Ravenna wird in ihnen gar nicht, Rom zweimal genannt. Also halten wir für wahrscheinlich, dass der Sangallener Mönch bis 493 wenigstens zwei Fastenexemplare benutzte.

Seine Excerpte von diesem Jahre an zeigen indess auch einige Abweichungen von B der Wiener Handschrift. Er bringt zu den Jahren 501 und 502 Notizen, welche in B fehlen. Unter der Jahrbezeichnung: 'P. c. Bilisarii IIII. et Stratici IIII.' hat Exc. Sang. die Notiz Tenebrae factae sunt ab hora diei III usque in horam IIII die Saturnis'. Belisar war Consul im Jahre 535, das vierte Jahr nach seinem Consulat ist also 539; den zweiten Namen Straticius weist De Rossi (p. 21) als gleichbedeutend nach mit Appio, dem Consul des Jahres 539, welcher auf einer Inschrift von Oviedo als Fl. Strategius Apion erscheint. Die gemeldete Finsterniss ist wahrscheinlich die vom 1. Juli 539, welche aber, wie De Rossi berechnet, auf einen Freitag fiel, während sie nach dem Excerpt am Sonnabend stattgefunden haben soll. Das hier gemeinte Jahr 539 hat also zwei Consulatsbezeichnungen, von denen die eine 'p. c. Belisari IIII.', die andere etwa 'Strategio Appione cons.' gelautet haben muss; missverständlich hat dafür der Epitomator, oder schon ein älterer Schreiber analog mit der ersten Consulatsangabe ein p. c. Strategi IIII. gemacht. Fast deutet diese Angabe des Excerpts auf den Gebrauch zweier Listen. Die Liste von Anon. Cusp. B schliesst gerade mit dem Jahre 519, aber deren letzte Consulate sind nun vollkommen in Unordnung gerathen. Die beiden letzten Zeilen lauten:

Paulino et Johanne

p. c. Paulini et Apione.

Paulinus war 534 Consul, p. c. Paulini also gleich 535, Johannes war 538, Apion 539 Consul. Hier ist also die Liste durch Nebeneinanderschreiben in zwei Columnen verdorben. Die Jahre 536, 537 mit den Consulaten p. c. Belisari v. c. und iterum p. c. Belisari sind ausgefallen. Also keinen der beiden Namen, welche Exc. Sang. zu 539 hat, finden wir im Anon. Cusp. B. Aber man kann darauf nichts bauen, denn es ist keineswegs nothwendig, dass die Liste B der Wiener Handschrift auch in der Vorlage hier schloss; es ist sehr möglich und sogar sehr wahrscheinlich, dass, wie so vieles andere, auch der Schluss der Liste B in der Wiener Handschrift ausgefallen ist. Da aber diese hier einmal verdorben war, SO kann auch die Consulatsangabe des Exc, Sang. hier noch gefolgt sein. Dazu finden wir beim Jahre 528 der Liste B eine ganz ähnliche Erscheinung in der Consulatsangabe, wie beim Jahre 539 des Exc. Sang. Das Jahr 528 heist dort nämlich

p. c. Maburti et Justiniano II. Das sind doppelte Bezeichnungen für dasselbe Jahr, von denen die zweite, der oströmische Consul des Jahres 528, später beigefügt sein muss 1). Sonst finden wir, dass die Consulate, welche Exc. Sang. bringt, gerade in dem Abschnitte von 493 bis 539 genau mit denen der Liste B übereinstimmen: z. B. die Jahre

501. Abieno et Pompejo conss.

502. Abieno jun. et Probo conss.

lauten genau so in der Liste B, während die in diesem Abschnitt ausserordentlich nahe verwandten Listen des Auct. Prosp. und der Chronik von 641 beidemal den orientalischen Consul weglassen. Auf die Differenzen zwischen Anon. Cusp. B und Exc. Sang. in diesem Abschnitte müssen wir in anderem Zusammenhange zurückkommen.

Haben wir aber in B eine Ableitung römischer Fasten zu erkennen, so muss doch sogleich bemerkt werden, dass diese dann mit den ravennatischen in Form und Charakter vollständig übereinstimmten, ebenso wie diese mit denen von Constantinopel. Römische und ravennatische Fasten müssen aber noch viel näher mit einander verwandt gewesen sein, als ravennatische und constantinopolitanische, denn jene beiden hatten denselben Gesichtskreis, der sich im wesentlichen nicht über die Grenzen Italiens hinauserstreckte; sie müssen im Ganzen dieselben Nachrichten, in Form und Inhalt gleich gebracht haben, nur durch lokale Notizen können sie sich von einander unterscheiden. Die Scheidung auch in unserer Ueberlieferung festzuhalten, wird eben deshalb schwer, ja fast unmöglich sein. Für den praktischen Gebrauch ist es auch gleichgültig, ob eine Notiz in den Fasten von Ravenna oder Rom gestanden hat, ihre Angaben sind gleichwerthig.

Fast alle Notizen des Exc. Sang. bis 493 sind den ravennatischen Annalen zuzuschreiben, da wir sie fast sämmtlich in anderen ravennatischen Ableitungen wiederfinden. zunehmen sind davon höchstens die besprochenen Notizen zu 455 und 443, ferner die schwer erklärlichen Worte zu 428: 'Romam Mauri intraverunt' 2). Endlich hat das Excerpt zum Jahre 467 (Puseo et Johanne conss.) die Notiz 'Fuit boum

1) Mavortius oder Mabortius war Consul von 527, Justinian zum zweiten Mal im Jahre 528. 2) De Rossi meint, entweder ist die Notiz ein Missverständniss des Abbreviators und es hätte in der Quelle gestanden: 'Vandali Romanum imperium per Mauritanias intraverunt' oder unter den Mauri seien afrikanische Flüchtlinge zu verstehen, welche vor den eindringenden Vandalen wichen. Beide Erklärungen sind durchaus unzureichend, man kann nur sagen, die Notiz bezieht sich auf ein uns unbekanntes Ereigniss. Vielleicht hat man an Gesandte maurischer Stämme zu denken, welche nach Rom kamen, um in Betreff der vandalischen Invasion zu unterhandeln.

nimia mortalitas', welche sich weder im Anon. Cusp. noch sonst in einer ravennatischen Ableitung findet. Nimmt man an, dass überhaupt hier römische Fasten benutzt sind, so wird man eher diesen, als den ravennatischen die Notiz zuschreiben, im andern Falle lehrt es wenigstens, dass der Anon. Cusp. seine Quelle auch in dem Abschnitt von 455 bis 493 nicht vollständig wiedergiebt. Wie dem aber auch sei, jedenfalls ist das Exc. Sang. eine reine Fastenableitung, es findet sich nichts anderes darin, als was die ravennatischen oder auch die römischen Consularannalen gaben.

Form, Charakter und Entstehung der Consultafelannalen.

Oben konnten wir nicht genau bestimmen, von wann an die einzelnen Fastenexemplare auseinandergehen und selbständig werden, ebensowenig lässt sich auch der Endpunkt derer von Ravenna bestimmt fixiren. Der Chronist von 641 benutzte ein Exemplar, das 523 abschloss, eine Recension bis 493 benutzte um 519 Cassiodor, ja wir werden sehen, dass schon um die Mitte des fünften Jahrhunderts frühere Theile der Fasten beuutzt sind. Bevor wir weiter gehen, werden wir uns diese Erscheinung zu erklären und überhaupt über diese eigenthümliche Art von Annalen zu klarer Anschauung zu kommen suchen müssen. Wie eigenthümlich ist schon die Form, in welche die Nachrichten dieser Annalen gekleidet sind! Für jedes Ereigniss existirt gewissermassen ein Schema des Ausdrucks, welches in dem einzelnen Falle nur mit Namen, Datum u. s. w. ausgefüllt wird. Die Satzbildung und Ausdrucksform ist die einfachste, welche man sich denken kann: stets kurze Sätze, fast durchgängig in passiver Construction 1), werden coordinirt neben einander gestellt, sie werden mit einander entweder gar nicht verbunden, oder nur durch das einfach anknüpfende 'et'. Causal-, Conditional-, Consecutivund sonstige einfache Satzverbindungen, durch Conjunctionen oder Participialconstructionen oder Relativsätze 2), selbst Temporalverbindungen und Antithesen kommen niemals vor; wo sich dergleichen in Ableitungen findet, kann man mit fast völliger Gewissheit annehmen, dass hier nicht mehr die ursprüngliche Form der Fasten erhalten ist. Das involvirt schon, dass in ihnen von fortlaufender, zusammenhängender Erzählung keine Rede sein kann. Blosse trockene Facta in

1) 'Honorius levatus est a patre Theodosio'. Dieses 'levatus est' ist stehender technischer Ausdruck; 'Beorgor occisus est a Ricimere; pugna facta est; bellum civile gestum est' etc. 2) Nicht etwa 'pugna facta est, in qua multi ceciderunt', sondern 'pugna facta est et multi ceciderunt.'

der nüchternsten Form nebeneinandergestellt, ohne irgend welche Rücksicht auf ihren historischen Zusammenhang, so klar dieser auch zu Tage liegen mag, das ist das charakteristische Merkmal unserer Consultafelannalen. Diese Anschauung steht freilich schon im Widerspruch mit sonst ausgesprochenen Ansichten über die Fasten. Man hat sich weit übertriebene Vorstellungen von der Reichhaltigkeit und Ausführlichkeit ihrer Nachrichten gemacht, wenn z. B. Hille1) meint, wir würden eine vollständige Geschichte des fünften Jahrhunderts haben, wenn wir ein vollständiges Exemplar der Ravennater Annalen besässen. Wenn Binding 2) eingehende Nachrichten über die Ansiedelung der Burgunden in Gallien, über deren Kämpfe und Bündnisse in ihnen sucht, wenn Kaufmann 3) früher annahm, sie hätten einen ausführlichen Bericht über die Hunenschlacht des Jahres 451 enthalten, und meinte, Gregor von Tours und Jordanis hätten daraus die Erzählung genommen von der List, mit welcher Aëtius Gothen und Hunen nach der Schlacht nach Hause zu schicken wusste. Hier das Schema des ausführlichsten Schlachtberichtes, der sich in den Ravennater Fasten findet: His conss. pugna facta est inter . . . (es folgen die Namen der beiderseitigen Heeres

befehlshaber) loco . . die ..., et multi (populi) ceciderunt ab utraque parte (wenn der Kampf blutig und hart bestritten war), et occisus est. . . (es folgt der Name oder die Namen der beiderseitigen höheren Anführer, welche fielen. Oder auch et captivus (captus) est . . .), et fugatus est. (wenn der Kampf überhaupt für eine Partei entscheidenden Sieg brachte). Der Satz, welchen Kaufmann construirt 4), um die Nachrichten, welche, auf die Hunenschlacht bezüglich, seiner Meinung nach aus den Fasten genommen sind, herzustellen, könnte schon der Form wegen nicht in den Fasten gestanden haben. Wir dürfen natürlich, um die Form der Fastennachrichten zu ermitteln, uns nur an die Fastenableitungen halten, welche selbst noch Fasten geblieben sind, an die reinen Ableitungen, das sind also die beiden Recensionen des Anon. Cusp. und das Exc. Sangallense. Zwischen ihnen und den Chroniken, sowie sonstigen Quellen, welche die Ravennater Annalen benutzt haben, ist streng zu scheiden; jene sind Fragmente der alten Quelle selbst, diese haben nur aus ihr geschöpft. Aber auch von den letzteren haben sich einige so treu an die ursprüngliche Form gehalten, wie Marius v. Avenches, Anon. Valesianus, Agnellus, dass eben an der Form allein die Fasten

1) Cont. Havn. p. 12: Plenam haberemus huius temporis historiam. 2) Burgundisch-rom. Königreich I, 54 f. n. 209. 3) Forschungen VIII, 120, ff. 4) Forschungen VIII, 123: Chunni repedantes in campos Catalaunicos pugnaverunt contra Aëtium patritium etc.

nachrichten bei ihnen mit Leichtigkeit zu erkennen sind. Die Nachrichten der ravennatischen Annalen zeichnen sich ferner aus durch ausserordentliche Genauigkeit der Zeit- und Ortsbestimmungen; fast durchweg jedes Ereigniss erhält sein bestimmtes Datum: auch dieses ist ein wichtiges Merkmal der Fasten, welches auch ihre Fragmente von den sonstigen Ableitungen unterscheidet, denn die letzteren lassen die Daten fast regelmässig weg. Endlich ist den Fasten besonders eigenthümlich die vollkommene Objectivität und Affectlosigkeit den Ereignissen gegenüber. Sie ist schon mit durch die Form bedingt: so starr und bestimmt fixirt wie diese ist auch der Inhalt und Charakter der Nachrichten. Es fehlt nicht nur jede, auch die leiseste Andeutung über irgend eine Vorliebe oder Abneigung gegen eine Persönlichkeit der vielfach wechselnden Herrscher, über irgend einen politischen oder kirchlichen Standpunkt, es lässt sich auch nicht das geringste persönliche Moment darin wahrnehmen: diese Fasten gehören gar nicht mehr in das Gebiet der Historiographie, sondern sie sind nur Register historischer und unhistorischer Daten, die Erhebung eines Königs oder Kaisers wird mit derselben Regelmässigkeit einregistrirt, wie eine Sonnenfinsterniss oder eine grosse Feuersbrunst in Ravenna. Dass diese Annalen von einem Verfasser herrühren, der mit ihnen ein historiographisches Product hat geben wollen, ist vollkommen undenkbar. Auf den Gedanken, in dieser Form Geschichte, oder doch geschichtliche Dinge zu schreiben, hat Niemand kommen können, am wenigstens in der Zeit, da der schwülstige Styl blühte. Zu welcher Zeit sollte der Verfasser auch gelebt und geschrieben haben, da die Annalen um die Mitte des fünften Jahrhunderts benutzt sind und über die Mitte des sechsten Jahrhunderts hinausreichen. Dächte man sich diese Consularannalen als ein historiographisches Product im gewöhnlichen Sinne, von einem bestimmten Verfasser herrührend, so wäre man gezwungen, immer neue Fortsetzer anzunehmen, die sich stets vollkommen in die Form und die ganz sonderbare Weise ihres Vorgängers gefügt hätten, an demselben Orte lebten, denselben räumlichen und sachlichen Gesichtskreis hatten 1). Wie merkwürdig auch, dass diese Quelle, entstanden in einer Zeit, wo die heftigsten kirchlich-dogmatischen Kämpfe die ganze Welt bewegten, in der jeder Chronist in eifernden Worten seinen Standpunkt dokumentirt 2), den entgegengesetzten verfolgt,

1) Kaufmann, Fasten, S. 274 freilich hält das für möglich. 2) Natürlich abgesehen von Cassiodors Chronik, welche der katholische, gothische Minister für den arianischen, gothischen Fürsten schreibt, aber dennoch bezieht sich bei ihm vieles auf die Kirche und ihre hervorragenden Männer.

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