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auch nicht mit einem Worte der Kirche, ihrer Diener und Gegner gedenkt, da man schwerlich in diese Kategorie die Bemerkungen bringen kann, dass zwei Kaiser, nachdem sie abgesetzt worden, zu Bischöfen gesalbt wurden. Es kann ja kein Zweifel sein, dass diese Fasten nicht Privatarbeit sind, sondern offiziell und zwar von Zeit zu Zeit und immer von neuem redigirt wurden. Alles was wir über ihre Beschaffenheit gesagt, führt mit Nothwendigkeit zu dieser Annahme. Auch eine Aeusserlichkeit zeigt das auf das entschiedenste: die Kaiser Majorian, Severus, Anthemius, Leo, Julius Nepos, Anastasius, namentlich aber König Theoderich erhalten sämmtlich das Prädikat 'Dominus noster' in der Recension des Anon. Cusp., welche mit 493 abbricht1). Man kann der Argumente noch viele anführen, wie immer, wenn man etwas beweisen will, das zweifellos ist, so die ungeheure Verbreitung der Fasten, die vom fünften bis zum neunten Jahrhundert in den verschiedensten Ländern, in Süd- und Nordfrankreich, vielleicht in Spanien, Constantinopel, Burgund, so gut wie in Ravenna benutzt wurden. Es ist deshalb auch nicht passend, die Ravennater Consultafelannalen als eine Chronik zu bezeichnen und von ihrem Verfasser als einem Chronisten zu sprechen. Unzweifelhaft beweist die offizielle Redaction auch der Umstand, dass wir in Constantinopel den unserigen durchaus gleichartige Consultafelannalen finden, dieselbe kurze und schematische Ausdrucksweise so dass sogar die formelhaft gewordenen Ausdrücke in beiden durchaus die gleichen sind. Dieselbe Zusammenhangslosigkeit der Nachrichten, dasselbe Prinzip bei dem Inhalt der Nachrichten, dieselbe Genauigkeit der Daten finden wir in beiden Fastenexemplaren. Ueber das Fragment der alexandrinischen Fasten im Anon. Scal., welche auf den weströmischen Fasten beruhen, haben wir schon gesprochen, auch sie haben ähnlichen Charakter; Reste ähnlicher Fasten von Antiochien wird man, wie mir scheint, bei Joannes Malalas finden. Es kann kaum zweifelhaft sein, dass auch in Rom solche redigirt wurden, und einige Spuren haben sich, wie wir sahen, auch in unserem Quellenmaterial erhalten.

1) Es scheint, dass nur die von Ostrom als legitim anerkannten Herrscher dieses Prädikat erhalten: Maximus, Olybrius, Glycerius, Augustulus, welche vom oströmischen Kaiser nicht anerkannt wurden, erhalten es nicht, dagegen Avitus ist wahrscheinlich noch von Marcian anerkannt worden, ist aber sehr bald danach abgesetzt, und Odovachar wurde eigentlich stets, namentlich später von den gothischen Königen als Usurpator betrachtet, auch bei ihrem Namen fehlt darum das Prädikat. Doch gar viel Gewicht ist im Einzelnen darauf nicht zu legen, denn z. B. Zeno erhält im Anon. Cusp. nicht das 'Dominus noster', und in der ursprünglichen Quelle wird es doch gestanden haben.

Ebenso lassen sich in einigen Quellen auch dürftige Bruchstücke von Consularannalen nachweisen, welche in Arles in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts abgefasst sein müssen1). Also in mehreren Hauptstädten des Reiches, namentlich aber in den beiden Residenzstädten sind so gleichartige Consularannalen redigirt worden, deren Nachrichten sich einmal auf den Mittelpunkt des Reiches, den kaiserlichen Hof, beziehen, dann aber stark lokalen Charakters sind. Durch mehr als zwei Jahrhunderte sind sie für uns Quelle von höchstem Werth, und ihr Werth wird steigen, je mehr man sieht, in wie hohem Grade unsere Ueberlieferung auf ihnen beruht. Welchen Zweck diese Annalen hatten und wie man dazu kam, sie offiziell zu redigieren, kann nicht unschwer angegeben werden. Der nächste Zweck muss gewesen sein, die Fasten zu publiciren. Das musste von Amtswegen geschehen und die neue Publikation von Zeit zu Zeit war durchaus nothwendig: die Behörden, dann aber jeder private Geschäftsmann, namentlich aber die Juristen mussten die Consularfasten haben. Schon mit dem ältesten Rechtsbuche des Cn. Flavius war der Kalender und vielleicht auch das Consulnverzeichniss verbunden 2), mit Exemplaren des Codex Theodosianus verband man die Consultafel und die Kaiserliste3). In der offiziellen Sammlung von 3544) stehen am Anfange der Kalender und die Consultafel (Anon. Noris.). Dass man mit ihr später die ravennatischen Annalen verband, ist nicht blosser Zufall, sondern weil sie gleichen Charakter und gleichen Zweck haben, wie sämmtliche Stücke dieser Sammlung, nämlich dem praktischen Bedürfniss zu genügen, hatte man Grund, sie ihnen anzufügen. Mit diesen Consultafeln verband man nun hier und da einige Notizen. Indem man bei einem Consuljahr das Hauptereigniss bemerkte, hatte man zugleich einen Anhalt für das Gedächtniss. Allmählich nehmen diese Notizen an Reichthum zu und so entwickelt sich ein eigentümlicher Zweig geschichtlicher Aufzeichnung. Wir können diese Entwicklung an dem geringen uns gebliebenen Material noch ziemlich verfolgen. Der Anon. Noris. hat nur einige wenige vorzüglich wichtige Notizen über Christi Geburt und Passion, der Apostel Peter und Paul Ankunft in Rom und ihren Mätyrertod. Diese Notizen sind in alle uns erhaltenen späteren Exemplare übergegangen; je weiter dann aber ein Fastenexemplar reicht, desto ausführlicher und wichtiger sind seine Nachrichten, bis es dann dahin kommt, dass wir die Geschichte Odovachars, namentlich seine

1) Vgl. meine Dissertation S. 47 ff. 2) Mommsen, Römische Chronologie S 210 f. 3) Baudi a Vesme in Memorie dell academia reale serie IIa., VIII, 180; vgl. de Rossi, Inscript. Rom. 4) Mommsen, Chronograph S. 608.

delle scienze di Torino, I, prol., p. LVIII.

Kämpfe mit Theoderich um Ravenna fast allein aus den ravennatischen Annalen kennen1) und doch nicht schlecht unterrichtet sind. Diese Fastenlitteratur trägt von vorn herein christlichen Charakter und es ist kaum ein Zufall, dass sie bald nach dem Siege des Christenthums hervortritt. Das Christenthum begünstigte Chronologie und Annalistik, während die eigentliche römische Profangeschichtschreibung durch dasselbe eher ertödtet, als befördert wurde. So hat die römische Geschichtschreibung einen Kreislauf vollbracht: mit dürftigen Pontificalfasten beginnt sie, mit christlich gefärbten offiziellen Consular - Fasten schliesst sie im sechsten Jahrhundert ab. Was darüber hinaus liegt, darf kaum noch römisch genannt werden.

Es ist eine eigenthümliche Erscheinung, dass in den Fasten die Naturereignisse so viel berücksichtigt werden, man könnte fast meinen, das beruhe auf Tradition aus altrepublikanischer Zeit her. Indess ist doch auch zu bemerken, dass die christliche Chronographie von Anfang an auf solche Ereignisse Rücksicht nimmt.

In einem Punkte übereinstimmend, weichen Pallmanns Ansichten über diese Annalen von den unserigen gänzlich ab, sind ihnen meist entgegengesetzt. Sie wurden bis dahin nicht berücksichtigt, um die Darlegung nicht zu unterbrechen. Pallmann) kommt auch zu dem Resultat, freilich aus ganz andern Gründen, dass die ravennatischen Annalen von den Fasti Idatiani sprechen wir hier nicht- offiziell, oder doch halboffiziell sind. Das versteht er aber so: ein Geistlicher hat zu Honorius' Zeit, ebenfalls ein Geistlicher zu Odovachars Zeit im Interesse des jedesmaligen Herrschers höfisch gefärbte Aufzeichnungen gemacht, der Erste aus Dankbarkeit, weil die 'christlich bigotte Hofpartei) die Oberhand gewonnen', der Zweite, weil Odovachar den Bischof von Ravenna 'zu einem selbständigen Auftreten veranlasste, um dem römischen Bischof ein Gegengewicht entgegenzustellen'4). Zunächst weiss ich nicht, wie P. beweisen will, dass der erste Theil der Fasten unter Honorius abgeschlossen ist. Dass mit 403 im Anon. Cusp. A eine Lücke eintritt, welche P. (p. 228) selbst für zufällig zu halten scheint, kann unmöglich der Grund sein, namentlich da ja dieser dankbare Geistliche erst nach dem Sturze Stilico's (408) geschrieben haben soll. Ich nehme auch kein besonderes Interesse für Honorius wahr. Der Anon. Cusp. bemerkt, dass Honorius geboren wurde und zwar

1) Waitz, in Gött. Nachr. 1865, p. 113. 2) Gesch. der Völkerwanderung II, p. 213, 229-31, 245. 3) Deren Treiben Pallmann, Bd. I, S. 281 ff. nachgewiesen zu haben glaubt. 4) Das behauptet Pallmann II, 342 ff. Die Behauptung und Ausführung schwebt aber in der Luft.

zu einem falschen Jahre bemerkt er das dass Theodosius ihn mit nach Rom nahm und dass er zum Kaiser gemacht wurde, alles unläugbare Thatsachen; wie aber darin ein Act der Dankbarkeit oder Freundschaft sich zeigen soll, dass Jemand diese Thatsachen neben vielen Anderen einregistrirte, ist nicht ersichtlich. Ferner finde ich nicht das leiseste Anzeichen dafür, dass ein Geistlicher ) die Fasten geschrieben hat, geschweige denn zwei, und einer von ihnen dazu ein sehr bigotter. Auch für Odovachar finde ich gar kein besonderes Interesse. Es dürfte sich eher das Gegentheil 2) darin aussprechen, dass Odovachars kaiserliche Vorgänger zumeist, namentlich aber sein Ueberwinder und Nachfolger Theoderich im Anon. Cusp. 'Dominus noster' genannt werden, Odovachar3) selbst aber nicht. Endlich nehme ich überhaupt kein besonderes Interesse für Jemand wahr. Nach P. zeigt sich die offizielle Redaction der Fasten in dem Verschweigen, Beschönigen, Bemänteln unrühmlicher Dinge bei den zu feiernden Persönlichkeiten, in dem Hervorheben ihrer anerkennenswerthen Thaten, kurz höfische Färbung sollen die Fasten haben. Eine solche Tendenz ist aber durchaus nicht vorhanden, weder getadelt, noch gelobt, noch besonders hervorgehoben oder verschwiegen wird etwas mit geheimer Absicht. P. hat Dinge mit einander verwechselt, wie heute zu Tage etwa ein offiziöses Kriegsbulletin oder Zeitungsartikel mit dem offiziellen Bericht eines statistischen Bureaus. Er zieht nämlich ganz mit Recht den Kalender der Sammlung von 345, der nach Mommsen 4) offiziell redigirt ist, zur Vergleichung mit den Fasten heran, aber er sieht auch diesen wiederum in ganz falschem Lichte, wenn er sagts): 'Der Kalender lehrt, dass überhaupt von Kreisen aus, welche den christlichen Hof ehrten, eigenthümliche Aufzeichnungen seit Constantin gemacht wurden'. Ein offizielles Actenstück ist doch wol ein solches, das von Amtswegen und sonst von keinen Kreisen aus gemacht ist und wenn man einen Kalender publicirt, so verstehe ich nicht, welche besondere Ehre damit einem Hofe erwiesen und welcher geheime Zweck im Interesse eines Hofes damit verfolgt werden soll. Ganz selbst

1) Pallmann II, 230: 'Das geht unzweifelhaft aus dem Charakter einzelner Angaben hervor' ich kann das nicht einsehen. 2) P's. Ansicht ist diese: Das Stück von 455 (?) bis 493 im Anon. Cusp. hat ein ravennatischer Geistlicher 'im Hinblick auf den Hof Odovachars, geschrieben, aus Dankbarkeit, weil dieser den Bischof Johannes von Ravenna gegen den Papst Simplicius aufgehetzt hätte. Der Geistliche hätte bei Odovachars Untergange die Feder niedergelegt. 3) Anon. Cusp. ad a. 493: Hoc cons. facta est pax inter Dm. Theodericum regem et Odoacrem regem III. Kl. Martias. 4) Chronograph p. 565 n. 1. 5) II, p. 411 ff..

verständlich ist, dass in einem Dokument, welches von einer kaiserlichen Behörde ausgeht, der Kaiser als 'Dominus noster' bezeichnet wird. Dass man aber Kalender und Jahrtafel dem Publikum zugänglich macht, ist ganz erklärlich und verständlich und bedarf keiner weiteren Erklärung. 1)

Nach dem Gesagten muss ich es als Täuschung bezeichnen, wenn Pallmann 2) in diesen Fasten dieselben Züge wiederzufinden glaubt, nach welchen Ranke die sogenannten Annales Laurissenses majores für Reichsannalen erklären konnte 3). Einen Zug haben sie beide gemein, das ist die ruhige, objective Haltung den Ereignissen gegenüber, und doch auch diese Objectivität ist eine sehr verschiedene. Will man in späterer Zeit eine Analogie für unsere Fasten aufstellen, so würde ein Vergleich mit den ältesten Karolingerannalen von St. Amand, Lorsch, Lobbes etc. am Platze sein 4). Hier giebt eine Paschal-, dort eine Consultafel Gelegenheit zu kurzen historischen Aufzeichnungen, allmählich werden sie reicher und wachsen, bis das, was vorher Hauptsache war, nur noch chronologischer Rahmen bleibt. Auch der Charakter der Annalistik ist in beiden Aufzeichnungen derselbe: hier wie dort die hauptsächlichsten staatlichen Begebenheiten, einige lokale Vorkommnisse und Naturereignisse 5), alle hier wie dort in möglichst kurzer Form, ohne Zusammenhang. So wenig wie bei den ältesten karolingischen Annalen wird man bei den Fasten nach dem Verfasser fragen können, man kann hier nur von verschiedenen Absätzen und Recensionen sprechen, in denen die Annalen abgefasst sind. Die unserigen sind seit dem Anfange des fünften Jahrhunderts in Ravenna abgefasst, wie sich das an einzelnen Notizen später zeigen wird, und das hängt vielleicht mit dem Umstande zusammen, dass der kaiserliche Hof seit 404 seinen ständigen Aufenthalt in Ravenna nahm. Die einzelnen Redactionen können wir nur aus den Ableitungen kennen lernen.

Bevor wir in die Specialuntersuchung eintreten, ist es

1) Nach Pallmann II, 245 sollen die ravennatischen Fasten andere Schriftstücke, wie den Kalender, erklärlicher und verständlicher machen. 2) II, 217 n. 3. Er spricht dort von den Fasti Idatiani, doch gilt dasselbe auch nach seiner Auffassung von den ravennatischen. 3) Kaufmann erklärt sich mit Recht gegen Pallmanns Auffassung und namentlich auch gegen die Benennung 'Reichsannalen', aber eben so unrichtig hält er den Anon. Cusp. nur wieder für eine Chronik in gewöhnlichem Sinne, welche in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts, und zwar von einem Autor abgefasst wurde, der von 457 an Zeitgenosse der Ereignisse war. 4) So Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. 3. Aufl. I, 49 f. 5) So namentlich die Sonnen finsternisse in den Annales Laubacenses, wie in den Fasti. Die eine Gruppe: 'Hoc anno aquae inundaverunt valde', die andere: 'His coss. maris accessa et actessa fuit'.

Neues Archiv etc. I.

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