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nämlich, welche Paulus bringt, finden sich sonst nur noch in Cassiodors Chronik, die Paulus benutzte, doch kann er diese Nachrichten nicht allein aus Cassiodor entnommen haben, denn, wenn Letzterer sagt: 'His coss. Romanus patricius affectans imperium capitaliter est punitus' fügt Paulus hinzu 'praecipiente Anthemio capite caesus est', wobei es jedoch möglich wäre, dass er diesen Zusatz, wie ähnliches so häufig bei ihm vorkommt, vermittelst freier Combination hinzugefügt hätte 1). Dass aber Paulus hier noch einer andern Quelle folgt, zeigt sich, wenn er den Process des Arvandus und dessen Verbannung wie Cassiodor (zum Jahre 469) meldet, dem Arvandus aber den richtigen Titel 'praefectus Galliarum' giebt 2), den Cassiodor weglässt. Wir sprachen oben die Vermuthung aus, welche wir durch eine Beweisstelle begründen konnten, dass Letzterer diese Notizen aus römischen Consularannalen genommen hätte; die gleiche Quelle wäre auch hier für Paulus in Anspruch zu nehmen. Diese Annahme wird fast zur Gewissheit, wenn wir dann kurz darauf bei Paulus genaue Nachrichten über den Kampf zwischen Ricimer und Anthemius finden, welcher im Jahre 472 in und um Rom sich vollzog. Was die ravennatischen Annalen über diese Ereignisse geben, lässt sich mit voller Sicherheit namentlich aus Anon. Cusp. und Auct. Prosp. vollständig herstellen, Paulus' Bericht über die Dinge ist viel ausführlicher als der ihre. Der Anfang desselben ist aus Ennodius' Vita Epiphanii genommen; aus unbekannter Quelle stammt dann folgender Passus: Ricimer . . . cum manu mox valida ad urbem contendit atque apud Anienis pontem castra posuit. Divisa itaque Roma est et quidam favebant Anthemio, quidam vero Ricimeris perfidiam sequebantur. Inter haec Olimbrius a Leone Augusto missus ad urbem venit, vivoque adhuc Antemio regiam adeptus est potestatem. Billimer Galliarum rector, cognita adversus Antemium conspiratione Ricimeris Antemio ferre praesidio cupiens, Romam properavit. Is cum Ricimere apud Adriani pontem praelium committens, continuo

1) Cass. ad a. 470; Paul. lib. XVI. Die Richtigkeit seines Zusatzes wird bestätigt durch Joan. Ant. fr. 207 bei Müller IV, 617. Hierüber und über das folgende vgl. Bauch, S. 50-52. 2) Cass. ad a. 469: 'His conss. Arabundus imperium temptans iussu Anthemii exilio deportatur'. Paulus lib. XVI: 'Sequenti anno Servandus Galliarum praefectus, imperium tentans invadere, iussu Antemii principis in exilium trusus est'. Die Abhängigkeit von Cassiodor zeigt die Stelle deutlich, dass aber Paulus dem Arvandus den richtigen Titel giebt, zeigt Ap. Sid. ep. 7 ed. Sirmond, Opp. I, 855. Dass Paulus hier annalistischer Quelle folgt, zeigen die Anfangsworte der einzelnen Nachrichten: 'Sequenti anno' 'Rursus annali emenso spatio'. An dieser Stelle erklärt sich das jedoch genügend durch Benutzung von Cassiodors Chronik.

ab eo superatus atque occisus est. Extincto Billimere mox Victor Ricimer urbem invadens, IIII iam annos agentem iura imperii Antemium gladio trucidavit. Praeter famis denique morbique penuriam, quibus eo tempore Roma affligebatur, insuper etiam gravissime depraedata est et exceptis duabus regionibus, in quibus Ricimer cum suis manebat, caetera omnia sunt praedatorum aviditate vastata'. Es folgen Nachrichten, welche theils aus Cassiodor stammen, theils aus den ravennatischen Annalen entnommen sind oder doch sein können. Paulus' Bericht ist gerade über die Vorgänge in Rom so genau, dass man mit Bauch1) die Quelle nach Rom setzen wird; namentlich wenn die schwere Heimsuchung der Stadt durch Krankheit, Hungersnoth und Plünderung sehr hervorgehoben wird, denkt man zunächst an eine römische Quelle. Und Cassiodor, von dem wir voraussetzen durften, dass er römische Annalen benutzte, hat wenigstens einige Worte, welche auf eine Quelle, wie die des Paulus deuten, wenn er sagt: 'Ricimer Anthemium cum gravi clade civitatis extinguit', wofür wir in den ravennatischen Annalen keinen Beleg finden. Bauch denkt sich die Quelle in Form der Fastennachrichten, und in der That weisst darauf manches hin, so die genauen Ortsbestimmungen; es vergleicht sich dem Anfangssatz in dem angeführten Passus 'Ricimer castra posuit ad pontem Anienis' manche ähnliche Stelle in den ravennatischen Annalen, so beginnen die Nachrichten derselben über die Belagerung von Ravenna durch Theoderich mit den Worten Theodericus rex fixit fossatum in Pineta [in campo. Candiani ?', ähnlich wie bei Paulus die Nachrichten über die Belagerung Roms eingeleitet werden, dann wird hier wie dort eigentlich nichts über den Verlauf der Belagerung berichtet, sondern nur die während derselben vorfallenden Kämpfe gemeldet. Man kann die Vergleichung noch sehr bis ins Einzelne fortsetzen, aber es wird die Bemerkung genügen, dass hier nothwendig eine annalistische Quelle vorliegen muss, weil, wie Bauch nachgewiesen hat, eine uns unbekannte Quelle in zusammenhängender Darstellung bei Paulus nicht benutzt ist. Der ganze Bericht zeigt, dass die Quelle gut war. Bauch2) hegt wol zu starkes Misstrauen gegen Paulus, wenn er die Stelle für nicht benutzbar hält. Seine Vermuthung, dass Billimer gar nicht auf Seiten des Anthemius gestanden, sondern mit Ricimer gegen ihn gefochten habe, dass hier wiederum Paulus sich eines Missverständnisses schuldig gemacht habe, ist nicht begründet. Einzelne Züge des Berichtes werden durch andere Quellen bestätigt3): einzelne Dinge wird man

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1) S. 50 ff., S. 63. 2) S. 55. 3) Meist aus Joan. Ant. fr. 209 Dass Hungersnoth und Seuchen in Rom geherrscht haben, bezeugt Gelasii papae epist. adversus Andromachum bei Migne, Patrol. LIX, 115.

ihm mit voller Sicherheit entnehmen dürfen, er enthält nichts, was den Angaben anderer Quellen widerspricht. Er giebt nur äusserlich zusammenhängende Erzählung; sieht man genauer zu, so scheint der sachliche Inhalt desselben aus unverbunden neben einander gestellten Nachrichten zu bestehen. Paulus hat den Zusammenhang zwischen ihnen auf die einfache Weise herzustellen gesucht, wie es auch Ableitungen der ravennatischen Fasten, namentlich der Chronist von 641, thun.

In den Nachrichten, welche auf diesen Bericht folgen und welche im Allgemeinen auf Cassiodor und die Ravennater Annalen zurückgehen, hebt Bauch wiederum einige Zusätze hervor, welche sich in Paulus' bekannten Quellen nicht finden. Da wird Gundobad, der Burgunde, übereinstimmend mit einer anderweitigen Angabe 1), als Neffe Ricimers bezeichnet. Glycerius erhält vor seiner Erhebung auf den Kaiserthron ebenfalls richtig den Titel 'domesticus (sc. comes)'2). Die beiden Zusätze finden sich noch in den Nachrichten zum Jahre 472, in welchem der Kampf zwischen dem Kaiser Anthemius und Ricimer stattfand, wir dürfen sie deshalb ebenfalls mit gutem Grunde auf die römische annalistische Quelle zurückführen. Bei Paulus allein findet sich die Nachricht, zum Jahre 476 gehörig: 'Annali deinceps circulo evoluto, cum rege Wandaforum Genserico foedus initum est ab Oreste patritio'3), welche durch ihre Eingangsworte anzeigt, dass sie einer annalistischen Quelle entnommen ist. Da es für Rom von dem grössten Interesse war, ob mit den Vandalen Frieden oder Krieg bestand, so wird man auch für diese Notiz die römischen Fasten als Quelle in Anspruch nehmen dürfen. Vielleicht gehört ihnen noch eine Notiz an, welche einen Seesieg des oströmischen Patricius Basiliscus über Genserich meldet, doch ist das weniger glaublich, da sie mit oströmischen Nachrichten im Zusammenhange steht 4). Eine Notiz über König Theoderichs

1) Joan. Ant. fr. 209 (Müller IV, 618) Tv de τov 'Pexiμegos ὑπεισελθὼν Γουνδουβάλης, ἀνεψιὸς ὢν αὐτόν. 2) Joan. Ant. 1. c. ‘Γλυκέριον, τὴν του Κόμητος τῶν δομεστίκων ἀξίαν ἔχοντα. 3) Papencordt, Gesch. der vandal. Herrschaft S. 106 acceptirt die Nachricht, Bauch S. 56 f. erhebt Zweifel gegen ihre Glaubwürdigkeit und denkt an Verwechslung mit dem Frieden, welchen Zeno im Jahre 475 mit Genserich durch den Patricius Severus abschliessen liess. Indess setzen Papencordt und Bauch die Notiz unrichtig in das Jahr 475, nach Paulus fällt sie in das Jahr 476. Vorhergeht bei ihm: Augustulus imperii regimen invasit (=475). Annali deinceps circulo evoluto = 476. Schon darum ist die Verwechslung mit dem Frieden von 475 nicht gut annehmbar. Sachliche Bedenken erheben sich gegen die Nachricht nicht, sie ist im Gegentheil durchaus wahrscheinlich. 4) Vgl. Bauch S. 62 f.

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Einzug und Anwesenheit in Rom im Jahre 500 dürfte mit mehr Recht jener. Quelle zuzuschreiben sein1).

Wir müssen also für Paulus Benutzung der ravennatischen und römischen Consulannalen annehmen und es wird nun manche Notiz, welche wir sonst auf die ersteren zurückführen würden, den letzteren angehören. Nur in dem 14. Buch liefert er uns für die ravennatischen Annalen einige bisher noch unbekannte Notizen; desto wichtiger ist es, dass er uns ermöglicht, die Existenz der römischen Annalen mit fast voller Sicherheit zu erweisen. Die Benutzung der Exemplare von Ravenna und Rom neben einander ist bei der grossen Verbreitung derselben nicht unwahrscheinlich und sogar ganz natürlich, wenn unsere Vermuthung richtig ist, dass ein alter Codex beide Exemplare enthielt.

15. Agnellus.

Im dritten Kapitel) der Vita S. Johannis im Liber pontificalis Ravennatensis des Agnellus hat Pallmann3) Ueberreste der ravennatischen Annalen nachgewiesen, doch meinte er, nicht Agnellus selbst, sondern eine ältere Vita S. Johannis habe die Fasten benutzt, die so in die Bischofsgeschichte des Ravennaters übergegangen seien. Die dort erhaltenen Fastenfragmente schrieb er einer Chronik des Ravennater Erzbischofs Maximian zu, welche Agnellus citirt. So glaubte Pallmann diesen Maximian als letzten Fastenredactor statuiren zu können. Das hat Waitz 4) alles wiederlegt und gezeigt, dass Agnellus selbst unmittelbar aus einem vollständigen Exemplar der Annalen schöpfte. Die Uebernahme der Fastennachrichten aus einer älteren Vita glaubte Pallmann annehmen zu müssen, weil Agnellus dieselben mit den Worten einleitet): Quae ex grandaevis viris narrantibus audivi, si verba meminero, hodie explicabo'. Agnellus hätte ja gelogen, meint Pallmann, wenn er die Chronik benutzt und dennoch jene Worte geschrieben hätte. Aber log er darum weniger, wenn ihm eine andere Aufzeichnung vorlag, in der jene Worte schon standen, und er nun auch von sich behauptete, er hätte das alles von alten Leuten gehört? Von der Lüge ist Agnellus nicht zu befreien er hat eben seinen Mitklerikern imponiren wollen durch seine aus greiser, weiser Leute Mund geschöpfte Wissenschaft. Mehrfach beruft er sich auf solche

1) Sie zeigt wiederum auffallende Uebereinstimmung mit Anon. Vales. §§. 65-67, vgl. Bauch S. 56. 2) Bei Muratori II, 1 p. 66 f. 3) Gesch. der Völkerwanderung II, 206-210. 4) Nachrichten S. 108 ff. 5) Das, glaube ich, ist der Sinn des zweiten Abschnittes auf S. 210. Neues Archiv I. etc. 21

Mittheilungen alter Leute1) und zwar immer an Stellen, wo er offenbar gute, alte Aufzeichnungen benutzte 2). Das ist für die ganze Kritik des Agnellus sehr interessant, wir dürfen daraus mit Sicherheit entnehmen, dass die Stellen gewiss nicht aus Maximians Chronik genommen sind, die er ja an zwei Stellen citirt") und die in seinem Kloster wahrscheinlich allgemein bekannt war.

Nicht nur in dem dritten Kapitel der Vita S. Johannis nämlich, sondern auch an anderen Stellen findet sich bei Agnellus Benutzung alter, guter Aufzeichnung. Sie tritt an keiner Stelle mehr in so reichem Masse hervor, aber auch kleinere Abschnitte, ja kurze Sätze kennzeichnen sich leicht durch ihre eigenthümliche, sich stets gleichbleibende Form als solche, welche auf alter Ueberlieferung beruhen. Durch die Identificirung zweier Bischöfe Namens Johannes 4), deren einer zur Zeit Valentinians III, der andere während der Kämpfe zwischen Odovachar und Theodorich lebte, ist grosse chronologische Verwirrung in diesem Abschnitt bei Agnellus eingetreten. So kommt es, dass erst im 4, 5. und 6. Kapitel der Vita S. Johannis über Valentinian III. und dessen Mutter Galla Placidia gehandelt wird. Im fünften Kapitel verweist Agnellus auf die Chronik des Erzbischofs Maximian 5) und

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1) Es ist namentlich der Schluss des zweiten Kapitels der Vita S. Johannis zu beachten, in welchem er ausführlich Attilas Einnahme von Ravenna beschrieben hat, wobei Bischof Johannes dieselbe Rolle spielt, wie in der Sage Papst Leo I. Attila gegenüber, und dann sagt: 'Wenn mich aber ein Neugieriger fragt, woher ich dieses alles genommen habe, so werde ich nach drei Tagen, wenn ich nicht zu schwach sein werde, mit Gottes Hilfe alte Worte, welche einst in meine Ohren tönten, gleichwie verschiedene wohlriechende Kräuter in Blumenkörbchen gesammelt, in grossen Schriftzügen euren Augen unterbreiten'. Es folgen dann eben die Fastennachrichten des dritten Kapitels. Die Geschichte von Attilas Einzug in Ravenna mag er wol der mündlichen Ueberlieferung entnommen haben, denn sie ist vollkommen sagenhaft Attila ist nie bis Ravenna gekommen aber die Fastennachrichten hat er ziemlich wörtlich abgeschrieben. 2) Vita S. Exuperantii capp. 1 und 2 bei Muratori II, 1 p. 62; Vita S. Maximiani cap. 1 p. 105; vgl. Waitz, Nachrichten S. 111 n. 2 3) Vita S. Johannis cap. 5 p. 68; Vita S. Maximiani 5 cap. p. 107. Auch sonst beruft sich Agnellus und das ist zu beachten mehrfach auf schriftliche Quellen, z. B. V. S. Exuperantii cap. 2 p. 62; V. b. Petri Chrysologi cap. p. 79; V. S. Aureliani p. 84. Ueber seine Quellen und überhaupt über das ganze Werk vgl. Piper Einleitung in die monumentale Theologie S. 349-363 (Gotha 1867) Die 'Seniores' des Agnellus fasst er S. 354 falsch auf. 4) Bacchini diss. hist. - chronol. III bei Muratori II, 1 p. 52; cf. Waitz S. 109 n. 1.’ 5) p. 68: 'Et si vultis inquirere Annologiam, Maximiani archiepiscopi cronicam legite. Ibi plura de ea et de multis imperatoribus et regibus invenietis'. So muss wol interpungirt werden, nicht wie Bacchini, der das Komma hinter archiepiscopi setzt. Es geht daraus hervor, dass Maximians Werk annalistisch geordnet war.

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