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meist nur als eine heimliche Religion in Häusern und Conventikeln. Als aber im vierten Jahrhundert das Christentum zur römischen Staatsreligion erhoben wurde, erblühten diese kleinen Vereinigungen rasch zu großen, über Stadt und Land sich verbreitenden Christengemeinden; im fünften Jahrhundert bestand schon fast das ganze romanisierte linke Rheinufer aus christlichen Provinzen, und diese leisteten, obschon unter blutigen Kämpfen, den nunmehr eindringenden wilden deutschen Eroberern kräftigen Widerstand, ja, sie zwangen die Sieger, sich der höheren Macht des christlichen Glaubens wie der römischen Kultur zu unterwerfen. So kam es, daß das Christentum in diesen Landen sein römisches Gepräge auch dann nicht verlor, als im sechsten und siebenten Jahrhundert die mächtigen Bischofssite (Trier, Köln, Mainz) an eingeborne Franken übergingen. Die römische Kirche entfaltete unter diesen Bischöfen, welche von den Frankenkönigen mit der größten Machtfülle, Reichtum und Ehre ausgestattet wurden, ihre ganze Herrlichkeit, wie es die prächtigen romanischen Kirchen der nächstfolgenden Jahrhunderte noch heute bekunden, während freilich das gemeine Volk in großer Unwissenheit und Unmündigkeit erhalten wurde und das mehr innerliche Christentum nur vereinzelt und unter hartem Drucke sich erhielt.

Auch zur Bekehrung der ringsumher wohnenden heidnischen Deutschen erwies sich diese immer mehr verweltlichende Kirche unfähig; die fränkischen Könige mußten sich an den frommen König der Britten, Egbert, wenden, und so kamen, nicht von jenseits des Rheins, sondern von jenseits des Meeres, nament= lich aus den durch Frömmigkeit und Wissenschaft gleich ausgezeichneten irischen Klöstern die „Soldaten Christi“, welche den Völkerschaften des rechten Rheinufers die Botschaft des Heiles

bringen sollten. Vielleicht wurden Manche dieser Sendboten von der Absicht geleitet, die ursprünglich nicht römisch, sondern selbständig gestaltete britische (culdeische) Kirche vor dem auch in England immer mächtiger werdenden römischen Einflusse auf das Festland zu retten; vielleicht verließen Andere ihre blühenden Klöster wegen Überfüllung derselben und in der Absicht, durch neue Niederlassungen auf deutschem Boden das Ansehen und die Macht ihrer Orden zu verstärken. Jedenfalls aber waren sie von dem brennendsten Bekehrungseifer erfüllt. Unter ihnen ragt Willibrordus, königlichen Geschlechtes, der Gründer des Bistums zu Ütrecht, der von hier aus in Westund Ost-Friesland und Westfalen missionierte und dessen Andenken die prachtvolle Willibrordikirche zu Wesel gemidmet ist, hervor. Neben ihm steht Suidbertus, ein Nachkomme des Sachsenfürsten Hengist, der um 700 von Utrecht und Kaiserswerth aus den Friesen und dem bergischen Lande das Evangelium verkündigte und dessen Andenken daher namentlich an die letztgedachte Stadt sich knüpft. Die beiden Ewalde (der schwarze und der rote), welche ebenfalls von Ütrecht ausgingen, wurden die Apostel und Märtyrer Westfalens, besonders der Grafschaft Mark, wo noch heute (in der Nähe von Apler= bec) die angebliche Stätte ihres Märtyrtums mit dem Namen Grüggelfiepen (Greuelthal) bezeichnet wird. Dem Alle überragenden Bonifacius (Winfried, 682-755) war die zweifelhafte Ehre vorbehalten, diese neugegründete rechtsrheinische Kirche nicht nur mit Rom, sondern auch mit der älteren linksrheinischen (fränkischen) Kirche zu verbinden, deren Bischofsstuhl zu Mainz er selbst bestieg, und hierdurch den mächtigen Einfluß zu begründen, welchen namentlich Köln in späterer Zeit auch über Westfalen ausübte. Als dann Karl der Große die Sachsen

in Westfalen unterwarf, wurde der in Ütrecht, England und Rom ausgebildete Friese Liudger der Hauptmissionar Frieslands und Westfalens, gründete als solcher die berühmte Abtei zu Werden a. d. Ruhr und wurde 800 als Bischof von Münster das geistliche Oberhaupt der sogenannten friesischsächsischen Kirche. Zahlreiche Klostergründungen, namentlich des Benediktinerordens, wurden die ersten Bildungsstätten der wilden Sachsen und die Anfänge der unter ihnen erst sehr allmählich aufblühenden Städte. Im Übrigen war die Bekehrung dieser urwüchsigen Germanen meist eine mehr äußerliche, aufgedrungene römische Form, unter welcher der heidnische Sinn noch Jahrhunderte lang mächtig fortwucherte.

Die römische Kirche vor der Reformation.

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Die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln errangen sich bald die Stellung der ersten Kurfürsten des deutschen Reichs; der Rheinstrom wurde der bedeutsamste Ausgangs- und Mittelpunkt nicht nur der deutschen Macht und Bildung, sondern auch der Herrlichkeit der römischen Kirche, die „Pfaffengasse des deutschen Reichs". Namentlich Köln, der römischen Kirche treueste Tochter", wie es sich selbst in seinem Stadtsiegel nannte, erlangte durch seine freie bürgerliche Verfassung, seinen stets wachsenden Reichtum, seine unzähligen Reliquien, unter welchen die Häupter der heiligen drei Könige als die hervorragendsten durch Gründung des über ihrem Sarge erbauten herrlichen Domes verherrlicht wurden, sowie durch Errichtung der Universität im Jahre 1388 (der vierten im deutschen Reiche und der ersten im nördlichen Deutschland), an welcher so berühmte Lehrer wie die Mystiker Albertus Magnus und sein noch größerer Schüler Thomas von Aquino glänzten, sehr bald

den Rang einer Metropole der ganzen niederrheinischen Provinz, schloß sich aber auch in seinem starren Romanismus immer schroffer gegen jede freiere Richtung, namentlich den Humanismus ab, erlangte durch den Kampf seiner Lehrer gegen den Vorkämpfer des letteren, Reuchlin, eine traurige Berühmtheit und reiste so mehr und mehr zu der traurigen Bestimmung heran, das reformatorische Christentum mit blutiger Gewalt zu verfolgen und für Nord- und Westdeutschland das mächtigste Bollwerk der römisch-katholischen Kirche zu werden.

Troß dieser Übermacht des strengsten Romanismus erhielt sich auch in diesen Landen eine gewisse Selbständigkeit des po= litischen und religiösen Lebens, welche für den Unabhängigkeitssinn derselben das ehrendste Zeugnis ablegte.

In politischer Hinsicht gelang es namentlich dem Herzoge Wilhelm von Berg, nach langwierigen Streitigkeiten mit dem Erzbischof von Köln, durch eine Bulle des Papstes Bonifacius IX. vom 15. Dezember 1401 in allen weltlichen Civilund Kriminalsachen von den geistlichen Gerichten unabhängig erklärt zu werden. Als Graf Adolf von Cleve-Mark, an den vielleicht eine ähnliche päpstliche Verfügung ergangen war, demzufolge im Jahre 1402 den Befehl erteilte, die kirchliche Jurisdiktion auch in seinen Landen nur in Nachlaß-, Send-, Ehe-Sachen und hinsichtlich der geistlichen Einkünfte anzurufen, wurde sein Land zwar vom Erzbischof Friedrich mit dem Interditt belegt; allein Adolf, dem der Papst Eugen IV. für seine Hülfe im Streite wider das Basler Koncil verpflichtet war, erlangte durch die an den Bischof von Ütrecht gerichtete Bulle Pastoralis officii vom 16. Januar 1444 sogar noch Größeres: die Befreiung von aller geistlichen Jurisdiktion und noch andere Freiheiten, und diese wurden unter den nachfolgenden

Päpsten auch auf Jülich, Ravensberg und die Herrschaften Heinsberg und Löwenberg ausgedehnt. So konnte sich das Sprichwort bilden: „Dux Cliviae est papa in terris suis“,*) und eine Reihe von Verordnungen der Clevischen Herzöge gegen die hierarchischen Übergriffe des Erzbischofs legen Zeugnis dafür ab, daß sich dieselben ihre schwer errungenen Rechte nicht entreißen lassen wollten.

Ein selbständigeres religiöses Leben ward am Niederrhein vorzüglich durch die zahlreich aus dem südlichen Frankreich_einwandernden Waldenser geweckt. Diese tissérands (Weber), wie sie auch wohl wegen ihres bedeutendsten Gewerbes genannt wurden, ließen sich an manchen Orten sogar massenhaft nieder, erregten z. B. in Köln 1370 einen Aufstand gegen die Patricier, der freilich zu ihrem Nachteil ausschlug, und machten durch die biblische Begründung ihrer Lehren und die Reinheit ihres Wandels nicht geringen Eindruck auf die Menge.

Gleichzeitig tauchten zahlreiche Begharden und Beghinen auf, freiwillige Männer- und Frauen-Gesellschaften, welche sich ganz dem Umgange mit Gott und dem gemeinschaftlichen Leben weihten, die Klostergelübde aber verwarfen und hier und da sogar von einem pantheistischen Geiste (wie die Schwestriones in Köln) ergriffen wurden. Bis tief in Westfalen (Marsberg, Brilon 2c.) hinein verbreiteten sich diese Gemeinschaften und scheinen erst gegen Anfang und Mitte des vierzehnten Jahrhunderts durch die Erzbischöfe beseitigt zu sein.

Auch die deutsche Mystik, wie sie anfangs durch den pan= theistisch gerichteten Meister Ecart, dann durch seinen tiefsin= nigen Schüler, den Dominikaner Johannes Tauler († 1361)

* Der Herzog von Cleve ist Papst in seinen Landen.

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