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gerade gewisse Kreise. Es liegt in dieser Erscheinung keineswegs der Ausfluß persönlicher Sympathie oder Antipathie, sondern das Bedenken gegen Zustände, wie sie bei uns der Vergangenheit angehören, anderswo aber noch zur Tat bestehen. Und zu alledem kommt man nicht über die Tatsache weg, daß der Lehrer ja selber von den Schulbehörden ausgeschlossen ist.

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Alles in allem scheint der kritisierten Arbeit, so gut sie gemeint sein mag, das Fundament der eigenen Erfahrung abzugehen, gesteht doch der Verfasser am Schlusse in rührender Naivität ein: Wir wissen nicht, wie der Religionsunterricht erteilt wird. Es weiß es wohl niemand." So muß er aus dem Brunnen seiner eigenen Schulzeit geschöpft haben. Dann möchte ich ihn wegen der trüben Erfahrungen, die er ins reifere Leben hinüber gerettet hat, nur lebhaft bedauern, da er es so schlimm getroffen. Aus Ausnahmen aber dürfen nie Regeln geschmiedet werden.

Aus einem „Pfarrerroman“.

Mit was für Mitteln man die moderne und liberale Theologie umbringen will und was man in dieser Hinsicht noch alles der „Crême der Gesellschaft“ zu bieten sich unterfangen darf, zeigt folgende kurz wiedergegebene Szene aus dem Roman Meerumschlungen" von K. v. d. Eider in den Wester= mann'schen Monatsheften, einem Blatt, dem man sonst mehr Taktgefühl zugetraut hätte.

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Der Held ist ein mit sich kämpfender Pfarrer auf dem Land. Er ist mit der alten Theologie zerfallen und fühlt sich durch den kirchenregimentlichen Druck im Gewissen beschwert. Endlich ringt er sich durch, steigt auf die Kanzel und rückt mit seinen pantheistischen Ideen heraus.

Merkwürdig, die Leute schlafen und dämmern dahin wie sonst und haben keine Ahnung, mit was für kezerischen Gedanken sie heute gespiesen werden. Nur im Hintergrund blickt einer mürrischer als sonst.

Aber eine ist, die in Flammen der Entrüstung gerät, das ist die Frau Pfarrer, ein schlichtgläubiges Gemüt". Mit starren Augen sißt sie da und möchte am liebsten in die Erde versinken.

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Der Pfarrer geht hochgemut nach Hause. Er fühlt sich als Held. Aber kaum hat er die Studierstube hinter sich geschlossen, da geht sie wieder auf. Funkelnden Blicks steht die Gattin mitten im Zimmer.

„Welches Verbrechen hast du begangen ?"

Er: Ich habe meine Pflicht getan."

Sie: Den Armen hast du ihren Stab geraubt."

Er steht perplex.

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Sie: Mit einem solchen Kirchenschänder kann ich nicht mehr länger unter einem Dache leben, ich trenne mich von dir."

Er: Um Gotteswillen, was fällt dir ein ?"

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Sie! „Wenn du nicht feierlich gelobst, daß du nie mehr so predigen willst, so ist es aus zwischen uns beiden."

Er: Ist das dein lehtes Wort ?"

Sie (mit dem Türdrücker in der Hand): „Mein leßtes."

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Da fällt er vor ihr auf die Knie und verspricht alles, was sie will. Sie

aber wendet sich gütig zurück und spricht:

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Es ziemt sich nicht, daß du vor mir kniest. Gemeinsam wollen wir beten, daß dir Gott den rechten Glauben schenke." Und nun knien sie zusammen nieder und beten.

Vorhang fällt.

Der

Schamloser kann man das Rezept: „Cherchez la femme!" auf die Theologie und das kirchliche Parteileben nicht anwenden.

An den „Kirchenfreund“.

Ich habe nun sämtliche Jahresberichte durchgangen und mich überzeugt, daß, was ich in Nr. 21 behauptete, nicht darin steht. Das gebe ich, wie es meine Pflicht ist, offen zu. Hingegen bieten die Berichte, troß dem guten Eindruck, den mir ihre offene und bescheidene Art macht, eben doch den stärksten Beweis, wie schroff ablehnend und stellenweise feindselig der Geist ist, der bei der Anstaltsleitung gegen unsere freisinnige Richtung von Anfang an und mit der Zeit immer deutlicher herrschte - übrigens sehr natürlich, wenn man die entschiedene Parteistellung der Leitenden kennt. Ehemalige Zöglinge haben mir, ohne mein Zutun, aus eigenem Antrieb geschrieben, was sie im Rebhaus erlebten, aber die Briefe kann ich nicht abdrucken, sondern nur konstatieren, daß sie einander total widersprechen. Zwei dieser Briefe rühmen die „starke Liebe" und die Freiheit im Predigtbesuch, die sie erfahren, während ein dritter Brief in den stärksten Ausdrücken die erfahrene Verständnislosigkeit und Lieblosigkeit gegenüber Andersgesinnten schildert. Ich behalte diese Briefe für mich, denn da ich selber sieben Jahre lang in Anstalten gelebt habe, weiß ich zu gut, wie außerordentlich schwer es ist, allen in allem gerecht zu werden. Altherr, Pfarrer.

Geißtesknechtung.

Im vergangenen Winter erhielt ich einen Brief von einem jungen Gelehrten, einem Naturforscher aus dem Inneren Deutschlands, durch den ich wieder einmal Einblick bekam in das System, das so manche Menschenseele ärger mißhandelt, als der Mörder im Gleichnis den Samariter mißhandelt, der ihm in die Hände gefallen ist. Die Wissenschaft, der der Gelehrte mit ganzer Seele sich hingegeben, hatte ihn weit weggeführt von dem Kirchenglauben, dessen Zwangsgeseße ihn in unlösbaren Widerspruch mit dem besten, was er sich selbst als Wahrheit erworben, gebracht hatten. Und weil er die Brücke nicht finden konnte, über die er mit ehrlichem Gewissen den Weg zur Kirche hätte gehen können, so nahm er das Recht, das das Staatsgesez selber ihm darbot, für sich in Anspruch: er trat aus aus einer Kirche, mit der er innerlich keine Gemeinschaft mehr fühlte. Da wird ihm durch seinen Vorgesezten amtlich eröffnet, daß er die erhoffte Beförderung an einem naturwissenschaftlichen Institut nie erlangen werde, wenn er nicht in die Kirche zurücktrete und seine inzwischen geschlossene bürgerliche Ehe auch kirchlich einsegnen lasse. Und der Mann steht nun vor der Wahl, entweder mit seiner Frau einer trostlosen, vielleicht unmöglichen Zukunft entgegenzugehen, oder das Opfer seiner Ueberzeugung zu bringen. Und was in diesem einen Falle einmal attenmäßig

zu meiner Kenntnis gelangt ist, das spielt sich ja Tag für Tag hinter den Kulissen des Lebens ab; aber wo sind die Richter, die solche Attentate auf das Heiligtum der Menschenseele vor ihr Forum ziehen, wo die Geseze, die solche Versuche, dem Volke die Religion zu erhalten, kennzeichnen als das was sie sind: als Bedrohung und Ueberfall, als versuchter Raub und Verbrechen am Leben! O, daß unser Auge nur schärfer würde für alles verbrecherische Tun und Treiben, das noch inmitten unserer Kultur und unter ihrer glänzenden Hülle sein Wesen treibt! daß wir das Verbrechen in jeder Gestalt, nicht nur das Verbrechen der Kleinen, sondern auch das der Großen, nicht nur das der einzelnen, sondern auch das der Gesamtheit, immer schärfer erkennen und beurteilen lernten! daß wir den Verbrechen nachspüren möchten bis in ihre entlegensten Schlupfwinkel, aus denen die Lüge und der Betrug ihre Neße auswerfen, um die Gimpel darin zu fangen, und von wo der Ruf dem arglos Wandernden ertönt: bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt! Wir urteilen noch allesamt viel zu milde über das Verbrechen, und das wird ein erstes Ziel unserer Kulturentwicklung sein, die verbrecherischen Instinkte der Zeit immer energischer zu verfolgen, sie zu entlarven, an den Pranger zu stellen, ihnen kräftig entgegen zu treten, und wer in diesem Sinne wirkt, der steht mitten in den höchsten Aufgaben, die das Leben der Zeit uns allen stellt. (Aus Kalthoff Zukunftsideale")

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Von Th. B.: für Ferienversorgung Fr. 10; für Krankenschwestern vom roten Kreuz Fr. 5; für Kirchenbau Königgräs Fr. 5, Summa Fr. 20. Den Empfang bescheinigt herzlich dankend

Gesucht

J. G. Birnstiel, Pfarrer.

nach Zürich in gutes Privathaus auf 1. September ein kräftiges Mädchen, wenn auch noch nicht selbständig, nur schon gedient. Reisevergütung und schöner Lohn nebst familiärer Behandlung.

Offerten mit Zeugnis, wenn möglich Photographie, an die Expedition d. Bl.

Druck und Erpedition von J. Frehner, Steinentorstraße 2, Basel.

Dreißigster Jahrgang.

No 34.

Samstag, 24. August 1907.

Schweizerisches Proteftantenblatt.

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr in Basel, Pfr. H. Andres in Bern, Pfr. H. Baur in Basel, Pfr. Dr. W. Bion in Zürich, Pfr. J. G. Birnstiel in Basel,

Pfr. Johs. Diem in Zürich-Unterstraß.

Wir sollen nur nicht in den Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden sei an
Jerusalem, Rom, Wittenberg oder Basel, an deine oder eine andere Person. In Christo
allein ist die Fülle der Gnade und Wahrheit.
Qecolompad an Enther.

Erscheint auf jeden Samstag. Man abonniert auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslanbes.
Preis halbjährlich franko zugesandt 2 Fr. für die Schweiz, nebst Postzuschlag für das Ausland.
Arme können das Blatt auf der Expedition, Steinentorstraße 2, abholen.
Inhalt: J. G. Birnstiel: Von Einem, der immer die Heimat gesucht hat.
dres: Aus den Walliser Bergen. III. H. Baur: Aus Sturm und Stille.
wort.

Büchertisch. Kirchliche Personalnachrichten. Quittung. Inserat.

H. AnEin Dankes

Von Einem, der immer die Heimat gesucht hat.

(An Segantinis Grab iu Maloja.)

Es war einmal ein Büblein in Mailand. Das hatte die Mutter im Grab und den Vater in unbekannter Fremde und wohnte in der Via San Simone, hoch oben in einer Dachkammer bei einer bösen Frau, die seine Stiefschwester war. Die meiste Zeit war es mutterseelen allein. Ganz allein mit ein paar bunten Dingen, die es im Koffer seiner Schwester ausgegraben hatte und mit ein paar schrecklichen Ratten. Einmal lag das Büblein auf dem Bauch und schaute vom schwindelnd hohen Fenster des Dachslurs hinunter in den tiefen Hof, auf dessen Boden es zum Zeitvertreib eine Wolke schneeweißer Papierschnißel fliegen ließ. Einen Augenblick meinte es in ein ersehntes Traumland zu schauen, dann aber erschien der Portier aus dem Erdgeschoß und schlug und rüttelte es, bis ihm das Traumland gründlich aus dem Kopfe war. Ein andermal schaute es nach tödlicher Langeweile einem Maler zu, der das Haus anstrich, und in die Flecken, die der erste Anstrich hervorrief, dichtete es Menschen, Tiere und Bäume hinein, ein ganzes Heimatland. Zulegt wurde sein Leiden und das Verlangen, seinen Vater zu suchen, so groß, daß es in wilder Flucht Haus und Stadt verließ und wanderte, wanderte in die Berge hinein, bis die Füße es nicht mehr trugen und zwei bärtige Männer sich über sein Gesicht bückten, es mitnahmen und zu einem Schweinehirten machten. Einmal sah es, wie eine Mutter auf dem Friedhof herzbrechend um ihre Tochter weinte und immer rief: „Mein Kind, mein Kind, wie warest du doch so schön! O, hätte ich nur ein Bild von dir!" Da weinte das Büblein mit und dachte: „Ach wenn ich nur ein Maler wäre, daß ich den Wunsch der Mutter erfüllen könnte!" Zuerst wurde aber der Knabe nicht Maler, sondern Schuhflicker in einer mailändischen Anstalt für verwahrloste Kinder, und dort war es so unheimatlich, daß er mehreremals ausriß und stets nur wiederkam, wenn ihn zwei derbe Fäuste brachtet. Das war wiederum keine Heimat. Um so mehr träumte der Knabe eine Heimat zu finden im Lande

der Kunst. Er fing zu zeichnen an, und ein paar Jahre nachher war er auf der Akademie. Auch diese aber fing den stürmischen Sehnsuchtsmenschen nicht ein. Er sprengte dort die Fesseln alter Methodik, mit denen man ihn binden wollte. Er schuf Bilder mit ganz neuen Farbeneffekten und Lichtwirkungen, und stürzte sich als ein wahrer Brausewind und Feuerkopf in den Kampf um die Wahrheit in der Malerei, versant als Stürmer in eine Flut von Leiden und blieb darin, bis ihn eine gute Woge heraufhob und an den Weg warf, an dem er im Geist eine Tafel sah: „Ins Heimatland." Freilich war es ein dorniger Weg mit Kampfstationen: Lecco, Pusiano, Brianza. Immer noch war ihm, wie er einmal sagte, die Luft zu schwül und zu schwer. Höher, höher hinauf mußte es gehen. Und weil er denn ein Weib hatte, das in alles hinein willig mit ihm ging und jenes Klagewort nicht kannte: „Drei Mal umgezogen, ist so viel wie einmal abgebrannt," so kam er eines Tages hoch in den Bergen an, in Savognin, mit nichts als einem ungeheuren Schaffensdrang. Hier steckte er den Stab in die Erde. Das war sein Land! Er arbeitete als ein einsamer Mann, aber bald sprach man in Paris und London, in Berlin und Chicago von ihm.

Doch noch war er dem Himmel und seinen Bergen nicht nah genug. Was ihm die Bergwelt von Savognin noch verschwiegen hatte, das mußte das Engadin ihm offenbaren, und das Engadin tat ihm seine strahlende Schaßkammer auf. Dafür gab er ihm sein Alles. Eine Seele, die den großen Gedanken der Schöpfung noch einmal denkt," eine Kunst, die nicht kopiert, sondern Wahrheit und Dichtung, Ideal und Wirklichkeit wunderbar verwebt und nie so im Elemente ist, wie wenn sie von der Mutterliebe Schmerz und Freude reden kann. Das Traumland, das das arme Büblein durch die Dach= lucke in der Via San Simone geschaut hatte, nahm Form und Farbe an unter des Künstlers Hand. Zuleht nahm er sich ein Riesenwerk vor, wobei seinen Freunden beinahe schwindelte, wie einst den Hausleuten, die ihn am offenen Fenster schauerlich hoch über wirbelnden Papierflocken gefunden hatten. Dann sagte das Mann gewordene Büblein: „Noch dieses Werk und ich will wieder einmal die Heimat sehen, aus der sie mich als vierjähriges Kind gerissen haben, das Dorf, wo ich eine bleiche, schöne Mutter und einen stolzen Vater hatte." Und an den Bürgermeister seines Heimatortes Arco schrieb er nach Empfang des Ehrenbürgerrechts: „Durch meine ganze traurige Kindheit hindurch hat mich die Sehnsucht nach der Heimat begleitet; sie war immer die innere Sonne, die meine Kunst angefacht und mit ihrem Licht begleitet hat."

Eines Morgens trugen zwei Männer einen langen Sarg aus einer Berghütte am Schafberg. Sie luden den Sarg auf einen Wagen. Auf dem Wagen saß eine weinende Frau, genau so, wie er es Jahre vorher in einem Bilde verewigt hatte, und der Wagen fuhr langsam hinein ins Engadin. Alles trauerte. Die Menschen; denn er hatte es ihnen schöner und ergreifender als Einer gesagt, daß ihre Bergheimat ein Buch voll Gottesoffenbarung sei. Und die Tiere: denn kein Maler hatte ihnen soviel Seele gegeben. Es trauerten die hungernden Vögel und zwitscherten einander zu, wie dieser Mann einst 150 von ihren Brüdern, die lang seine Stubengenossen gewesen waren, mit einem Schlag die Freiheit gab, weil einem einzigen die Stube zum Unglück geworden war. Am Weg standen arme Arbeiter, und einer flüsterte seinem Nebenmann in's Chr: Dieser Segantini, der sonst mit seiner Kunst in allen Himmeln war, hat einmal das Begehren um mehr Lohn und bessere Behandlung für einige der

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