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Es ist Hohn gewesen, was sie trieb, so zu handeln. Aber wer weiß, was geschehen wäre, wenn nicht die Kameraderie, die gegenseitige Furcht vor einander, sie abgehalten hätte, ihre wahren Gedanken zu verbergen. Gewiß hat schon hier jene geheimnisvolle Arbeit an der Seele des einen oder andern begonnen, die sich dann unterm Kreuz in die Worte des Hauptmanns auslöste: „Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn!" Es ist ein furchtbares Zeugnis von der Macht des bösen Beispiels, wie hier alle mitmachten bei der Verhöhnung Jesu. So geht es meistens zu im Leben. Aus lauter Angst, als Frömmler oder Spielverderber ausgescholten zu werden, hat keiner den Mut, seinen Zweifel zu äußern, ob man auch auf rechten Wegen sei, wenn ein Mensch unter dem Ungewitter der öffentlichen Verdammnis steht. Wie mancher. hat wohl mitgemacht unter diesen Kriegern, der später zu den Gliedern der ersten Gemeinde gehörte. Und er hat sich zeitlebens die furchtbarsten Vorwürfe darüber gemacht, daß er der inneren Stimme nicht nachgegeben hat in dem entscheidenden Augenblick. Wie mancher unter uns, wenn er seine Vergangenheit überschaut, muß in diesem Augenblick über und über erröten, wenn er sich besinnt, auch schon einen Ehrenmann aus lauter Nachäfferei mitverunglimpft zu haben und nicht für seine angefochtene Ehre eingestanden zu sein.

Gewiß hat mancher von diesen Kriegsgesellen mit einem scheuen Blick zu diesem geheimnisvoll Großen emporgeschaut, der so ganz anders war als alle andern. Ja in diesem Heuchelgebet hat für manchen unbewußt der Durchbruch eines neuen Lebens begonnen.

Wir aber werden uns bewußt, daß uns das Wort „und beteten ihn an“ etwas Wichtiges zu sagen hat.

Das Gebet zu Jesus ist viel umstritten. In der Liturgie der Kirche erkennt man die Gebote der verschiedenen Richtungen sofort daran, ob sie an Jesus oder an Gott den Vater gerichtet sind. Es gibt gewisse Kirchgänger, die nach dieser Anrede die Pfarrer einteilen in Gläubige und Ungläubige. Was sagen denn wir dazu?

Einmal, daß wir ein einfaches Gemüt, das von keiner Dogmatik etwas weiß, gut begreifen können, wenn es das Gebet zu Jesus fordert. Von den Kindertagen her, vom Familientisch her mit seinem Komm, Herr Jesus, sei unser Gast" ist dieses Gebet Unzähligen eine teure alte Gewohnheit, die sie nicht gern ohne weiteres fallen lassen. Ja ihre Begeisterung und Verehrung für den Erlöser ist so groß, daß sie glauben, ihm nicht genug Ehre und Lobpreis geben zu können. Sie wären jederzeit bereit, für den Herrn zu sterben. Was sollen sie denn nicht wenigstens zu ihm beten dürfen?

Auch das wissen wir gut genug, daß in dieser mystischen Versenkung in den Jesuskult große Kräfte verborgen liegen, die Wunderbares geschaffen haben in der Welt. Dies Gebet zu dem Erhöhten hat in Zeiten schwerer Verfolgung Todesmut und unwandelbare Treue in den Herzen entzündet. Dieses „Jesu juva“, das ein Johann Sebastian Bach an den Anfang seiner Partitur zu der Matthäuspassion geschrieben hat, sollte es uns nicht ehrwürdig sein als ein Zeichen, daß aus diesem persönlichen Gebetsverkehr heraus eine schöpferische Kraft fließt, die nicht hoch genug zu bewundern ist? Und wenn schon neuestens von gewisser Seite gegen die Jesuslieder" Sturm gelaufen wird, wir können uns nicht entschließen, bei dieser Entleerung unseres Kirchengesangs mitzumachen. Denn wir haben eine zu hohe Meinung von der innigen, herzlichen Liebe, dem echt religiösen Gemütsleben, dem sie entstammten.

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Dennoch kann das Gebet zu Jesus selbst, als überlegter Hilferuf an

seine Allmacht, niemals unsere Aufgabe sein. Dazu müßten wir alle jene kalten, an die Genealogien der Schriftgelehrten erinnernden Lehren von der übernatürlichen Geburt, der Existenz des Sohnes vor der Weltschöpfung, seinem Anteil an der Schöpfung, seiner Wesens- und Willensgleichheit mit dem Vater, dem Ausgehen des heiligen Geistes vom Vater und vom Sohne und wie die trockenen Säße, diese Keulenschläge wider die Vernunft, alle heißen, wir müßten die ganze mit vieler Mühe auf der ganzen Linie überwundene Orthodorie zu Hilfe nehmen. Das „simul adoratur" (mit dem Vater angebetet) des athanasianischen Glaubensbekenntnisses sagt uns nichts mehr. Es ist uns eine zu feste Ueberzeugung geworden, daß durch solches Gebet die Christenheit hinter das Judentum, ja hinter den Muhamedanismus zurücksinkt, die in großartiger Konsequenz an der Einheit Gottes festhalten.

Aber gerade diese entschiedene Stellung ermöglicht uns die Frage: Wäre es undenkbar, auch einem modernen Christen, der alles fremde Schriftgelehrtentum von seiner Frömmigkeit abgestreift hat, jene Innigkeit und Herzlichkeit der Jesusliebe wieder zu geben, die einst unter der alten Schale so Großes wirkte?

Ich sehe nicht ein, warum nicht? Die dogmatische Aengstlichkeit und Pedanterie wurde von uns so lange bekämpft als der Todfeind des religiösen Lebens. Wollen wir ihr von neuem verfallen? Das sei ferne.

Wenn es sich auch nie um ein Gebet zu Jesus handeln kann, so wollen wir uns doch nicht das Recht rauben lassen, mit unserm Führer und Meister persönlich zu verkehren. Jede vaterländische Rede ruft die Manen der Väter an und weiß sich in persönlichem Kontakt mit den Altvordern. Jede Jubiläumsgemeinde schart sich um die Person des Gefeierten, und wenn ein begeisterter Lehrer in einer Rede ausruft: „Vater Pestalozzi, bist du mit uns zufrieden ?" wenn bei einem Goethefest der Geist des Meisters beschworen wird, wer spricht da von Raub an Gottes Rechten?

So ist uns des Paul Gerhardt D Haupt voll Blut und Wunden, gegrüßest seist du mir", teine bloße Redensart. Wir rufen diese heiligernsten Worte nicht ins Blaue hinaus. Es ist uns Ernst damit, daß wir unsern Meister grüßen, und daß wir glauben, er höre unsern Ruf. Es gibt eine persönliche Gemeinschaft übers Grab hinaus. Ja sogar mit Menschen, die ich persönlich nie gesehen, deren Geistesleben mir aber über alles wert und teuer ist, weiß ich mich verbunden. Warum darf ich nicht die größte Persönlichkeit aller Zeiten in Liebe umfangen? Warum soll mir der reinste und tiefste Geist aller Jahrhunderte eine leere historische Größe sein? Warum darf ich nicht mit des Glaubens Flügeln die Zeiten und die Orte überfliegen und mit ihm reden auf Du und Du?

Wenn ich auf dem Lager der Schmerzen liege und die Nägel des Jammers mir durch Hände und Füße gehen, soll ich mir dann streng geschichtlich überlegen, daß ums Jahr 30 in Jerusalem ein fälschlich angeklagter Galiläer am Kreuz verschied, oder soll ich rufen und fragen: Herzliebster Jesu, was hast du derbrochen, daß man solch Urteil wider dich gesprochen?" Darf der sterbende Hutten es nicht mehr mit der Kraft des innigsten Erlebnisses empfinden: „Mein dorngekrönter Bruder steht mir bei ?"

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Wer es nicht fühlt, dem kann man es nicht sagen, was aus diesem persönlichen Verkehr mit dem Herzog unserer Seligkeit für Seligkeiten fließen. Das aber ist gewiß, daß die Beschäftigung mit dem Leben Jesu, die sich ja zusehends in so ungeahnter Weise entfaltet, nichts anderes ist als die Sehnsucht so vieler moderner Menschen nach dem verlorenen Gut der Seelen

gemeinschaft mit dem Besten aller Menschenkinder. Und diese Sehnsucht trägt manchem Gemüt, vor allem manchem Frauengemüt die Erfüllung schon im Schoß. Ist doch die Geistesgemeinschaft, dieses Reden auf Du und Du mit dem historischen Jesus, dem Blutwarmen Menschen viel eher denkbar und viel natürlicher als mit dem bleichen Märchenschemen der alten Orthodoxie. Laßt nur erst das wunderbare Bild des Menschensohns, der über Galiläas Fluren ging und als bleicher Mann auf Golgotha den Heldentod starb, einmal recht ins Volk hineindringen, und ihr werdet erfahren, daß dieser Jesus lebt und Leben schafft in all den Jüngern, die an seiner Brust liegen.

Leiden und Leidenschaft.

Jer. 20, 7-9.

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Passion" hat einen Doppelsinn! Es bedeutet: ein Leiden, und auch: eine Leidenschaft oder Liebhaberei. Sind diese beiden Bedeutungen von einander unabhängig oder nicht vielmehr deswegen in einem Worte vereinigt, weil das Leiden und die Leidenschaft innig miteinander verknüpft, wenn auch nicht dasselbe sind? Zunächst wird unbestritten bleiben, daß aus der Leidenschaft viel Leid entsteht. Daher ihr Name! Zumal jener Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft", wird dies leichtlich nachgewiesen. Sie ist die Quelle größter Leiden für die von ihr Besessenen wie für die von ihr Betroffenen und Verfolgten. Wer eifersüchtig ist, muß selbst darunter leiden und macht leiden, auf wen und gegen wen „er" oder „fie" es ist. Ja, diese Leidenschaft bringt schweres Leiden über sich und ihre Opfer! Und was man sonst alles als Leidenschaften kennt und nennt, hat Leiden zur Frucht und Folge, seien es mehr äußere Angewöhnungen, wie der Hang zu Betäubungsmitteln, der selber seine Ursache wieder oft in einem Leiden hat, wenn auch die hartherzigen und oberflächlichen Sittenrichter es nicht einsehen und anerkennen wollen, feien es eigentliche innere Charakteranlagen, wie der Jähzorn, der Neid, die Lüge. Dieses Leiden wird als natürliche Wirkung der Leidenschaft gerne zugleich ihre Strafe genannt. Aber woher nimmt diese ihr Recht, wenn die Leidenschaft selber einem unverschuldeten Leiden, vielleicht dem Verluste oder Verrate geliebter Menschen entspringt, oder wenn sie vererbtes und angeborenes Verhängnis ist, so gut wie das Blindgeborensein oder irgend eine Familienkrankheit? Und gibt es überhaupt nur böse Leidenschaften? Bringt Leidenschaft an sich nur immer schlimme Früchte hervor. Ist sie also selber ein Unglück oder gar ein Unrecht?

„Die Passion" oder das Leiden Jesu kann nicht als Strafe und verdiente Folge einer Leidenschaft erklärt werden. Und doch: gerade sie stammt aus Leidenschaft! Das größte Leiden, das die Menschheit kennt, ist von der stärksten Leidenschaft oder Passion geboren, die je ein Mensch gefühlt: „der Eifer um Gott ist's, der mich verzehrt", so durfte Jesus seines Schicksals Rätsel lösen und er war darin der echte Nachfolger der Propheten, die ihm vorangewandelt, vor allem eines Jeremia, der die Uebermacht Gottes und des von Gott ihm bestimmten Berufes, selbst das schwere Los der Verkennung, zu ertragen sich gezwungen fühlte. Einen großartigen Kampf mit Gott hat der Prophet des alten Bundes schon gekämpft um seine Seele. Und niemand ist näher gekommen Gott selbst und dem, in welchem sich die Gottessohnschaft

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des Menschen vollendete, als er. Denselben Kampf hat Jesus auch gekämpft und diesen Kampf nennt man nicht anders in der Weltgeschichte als die Passion. Also ja auch seine Passion und jedes großen Mannes Passion vereinigt Leiden und Leidenschaft und ließ aus dieser jenes hervorwachsen. Nicht von eigener Schuld" kann hier die Rede sein und doch ist Leidenschaft schuld daran, daß der Held leiden muß. Die Leidenschaft an sich ist nicht vom Bösen, troßdem sie Leiden bringt. Ohne sie geschieht nichts Großes in der Welt, weder in gutem noch in schlimmem Sinne. Darum verdammet sie nicht, und wenn ihr selber keiner starken Leidenschaft fähig seid, so prahlet nicht mit diesem Mangel, der euch zwar vor dunkeln und schweren Verhängnissen bewahrt, aber auch nie erfahren läßt, was für eine Kraft und Seligkeit verborgen ist in einem Leiden, das um großer Liebe willen ein leidenschaftlich warmes Herz erduldet. Die leidenschaftlichen Naturen sind es, in denen und durch die der ewige Kampf von Licht und Finsternis sich abspielt. Die andern sind Zuschauer nur.

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Man muß eine recht leidenschaftliche Liebe zu Gott und Menschen empfinden, um von ihr getrieben, die Taten zu vollbringen, die eben nur aus Begeisterung geschehen, die Großtaten der Selbstaufopferung für Wahrheit, Freiheit, Liebe. Denn alle Liebe ist eigentlich ein Leiden. Wer meint, das Begehren sei ihre Stärke, der hat ihre wahre Natur noch nicht erkannt. Wohl ist es ihr erster, jugendlicher und natürlicher Ausdruck und Ausbruch. Allein die Kraft- und Feuerprobe legt sie erst ab, wenn von ihr gefordert wird, daß sie entsage. Die treueste Liebe ist die unglückliche, der nicht der Lohn der Erwiderung zu teil wird, dafür aber die Aufgabe, sich selbst zum Opfer zu bringen. In solcher Gemütsverfassung war der Prophet Jeremia, als er wider Gott klagen mußte, daß er ihn betört habe und um seinetwillen leiden laffe. Und ob er versucht, sich zu befreien von der Leidenschaft für Gottes Wort, es gelingt ihm nicht: da war es in meinem Innern wie loderndes Feuer, das verschlossen war in meinen Gebeinen; ich mühte mich_ab, es auszuhalten, aber ich vermochte es nicht." Der Gott in ihm blieb stärker als er selbst, das heilige Feuer der Begeisterung für die Sache verzehrte den Gedanken an den persönlichen Erfolg. Das ist das Bild und Wesen wahrer Liebe, von der im hohen Lied" es heißt: Stark wie der Tod ist Liebe, fest wie die Hölle hält die Leidenschaft". Wie darum eine tiefe Leidenschaft da sein muß, um Leiden ertragen zu können, so wird im Leiden die wahre Liebe offenbar. „Still wie die Nacht, tief wie das Meer, o Mensch, muß deine Liebe sein, dann darfst du um den Himmel werben, dann fühlst du Seligkeit im Sterben!" Wer ohne Leid, der ist auch ohne Liebe, wer ohne Reu, der ist auch ohne Treu und dem nur wird die Sonne wolkenfrei, der aus dem Dunkel ringt mit heißem Triebe." In jenem seelenvollen Liede und in diesem lebenswahren Dichterworte ist die unlösliche Verbindung von Schmerz und Liebe, Leiden und Leidenschaft zur schönsten Darstellung gelangt. In der Leidenschaft liegt die Ursache, aber auch die Kraft zum Leiden; aus Leiden geht die Vertiefung und Veredlung der Leidenschaft, die Umschmelzung dieser Naturgewalt in eine menschlich-schöne Charaktereigenschaft hervor.

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In jedem kunstgerechten Trauerspiele geht der Held an der sogenannten ,,tragischen Schuld" zu grunde. Ein Konflikt als Zwiespalt zwischen Pflicht und Neigung oder zwischen Pflichten verschiedener Art und Stärke bringt das Gleichgewicht seiner Seele ins Schwanken und ihn selbst damit zu Falle. Der gute Zweck, das Ideal, sogar dem er dient, wird für ihn zur dämonischen Macht, der er erliegt. Er überschreitet die Grenze seiner sittlich bedingten

Willensfreiheit und wie dem Schüler in Goethes „Faust“ wird ihm dann „bei seiner Gottähnlichkeit bange". So geht aus seiner Leidenschaft naturnotwendig sein Leiden hervor. Was ihn als Menschen groß gemacht, daran muß zugleich sein Schicksal scheitern. Aber ist's auch im Leben so, oder nur in der Dichtung? - Ja, es geht im Leben so, aber erst die Dichtung stellt es deutlich dar und was sie Schuld" oder in einer schwächlicheren Auffassung auch nur „Schicksal“ nennt, das ist in der Lebens- und Leidensgeschichte der Propheten und Märtyrer alter und neuer Zeit als göttliche Bestimmung aufgehellt und über die Tatsache: „der Gerechte muß viel leiden", hat der größte unter ihnen seinen Segen ausgegossen in dem Weiheworte: „Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich!"

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Darin ist eine andere, eine höhere Anschauung vom Heldentum des Leidens und Duldens enthalten, als in dem vom griechischen Altertum übernommenen Begriffe der tragischen Schuld. Denn dieser widerstreitet der Vaterliebe Gottes und ruft dem Sühnegedanken, der Schuld und Schicksal als einander entsprechende Hälften der vermeintlich göttlichen Gerechtigkeit zusammenbindet. Auch die Lehre vom Läuterungs- oder Prüfungsleiden, durch das ein Herakles sich den Eintritt in den Himmelssaal erkaufen muß, birgt einen Rest grausamer Vorstellung von Götter-Neid und Opfertod im äußerlichsten Sinn in sich. Wie ist dagegen viel natürlicher des Propheten Jeremja Klageruf zu und wider Gott, der ihn bezwungen, so daß er nicht anders kann, als für ihn predigen und eifern, obwohl er selber darunter mehr leidet als die von seinem Strafmorte unerweckten Volksgenossen. Denn Jeremja liebt sein Vaterland. Es ist ihm keine Wonne, dessen Untergang anzudrohen. Er empfindet, was Kassandra, die Seherin, in Troja ihrem „argen" Gotte flagt: „dein Drakel zu verkünden, warum warfest du mich hin in die Stadt der ewig Blinden mit dem aufgeschloffenen Sinn ?" (Schluß folgt.)

Die Predigt des Evangeliums für die Armen.

(Aus einer Rede von Dr. W. Channing.)

IV.

Die Armen bedürfen einer innerlich sie erhebenden Kraft, um den niederdrückenden Mächten ihres Aeußern wirksam zu widerstehen, sittliche und religiöse Bildung. Diese ist den Armen wie den Reichen gleichmäßig zugänglich und die Reichen können ihre köstlichsten Erwerbungen auch auf die Armen verbreiten. Es ist nichts in der Armut, um die edelsten Vervollkommnungen auszuschließen. Für das menschliche Wesen gibt es keine Bildung, die dieses Namens wert ist, als diejenige, welche bei der moralischen und religiösen Natur anfängt und endet. Die wahre Bildung eines menschlichen Wesens besteht in der Entwicklung großer moralischer Ideen, nämlich der Ideen von Gott, Pflicht, Recht, Gerechtigkeit, Liebe, Selbstaufopferung, sittliche Vollkommenheit, wie sie in Christo offenbar geworden, Glückseligkeit, Unsterblichkeit, Himmel. Die Elemente oder Keime dieser Ideen gehören jeder Seele an, bilden das Wesen derselben und sind angelegt für eine endlose Entfaltung. Sie zu entfalten ist das große Werk unseres Daseins. Nicht Kenntnis, die von außen her über uns ausgeschüttet wird, ist es, die deswegen Wachstum eines menschlichen Wesens bildet, sondern die Entfaltung der ursprünglichen Prinzipien der Seele selbst. Die große Idee, die von der menschlichen Bildung hauptsächlich abhängt, ist die von Gott; diese ist die Einheit alles Schönen, Großen,

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