صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

er mit den Päpsten und den italienischen Städten zu bestehen. Der Ruhm seiner Tapferkeit, Bildung, Weisheit und Pracht erscholl in alle Welt und erfüllte die Deutschen mit stolzer Vaterlandsfreude und neuem Thatenmute.

(Vergleicht, was in der Geschichte über Papst Innocenz III. und Kaiser Friedrich II. dagewesen ist!)

Der Nerv des Volkslebens war das Christentum. Es hatte sich innig mit der deutschen Art vermählt und alle Verhältnisse durchdrungen. Selbst die sich einschleichenden Mißbräuche in der Kirche, wie Herrschsucht und Habgier des römischen Hofes, Simonie, Mißbrauch von Bann und Interdikt, das verweltlichte Leben der Geistlichen u. a., konnten das Volk im Glauben, in der Lehre und Ordnung der Kirche nicht irre machen, sondern erfüllten nur mit Schmerz und Zorn gegen die entarteten Glieder des geistlichen Standes. Mit sicherem Herzenstakte wußten sie das Christentum als Lebensmacht von den jeweiligen Trägern des Kirchenregiments zu unterscheiden. Ein frommer Glaube war und blieb in unerschütterlicher Treue die gewaltigste Triebkraft des Lebens und der Thaten. Das beweisen am besten die Kreuzzüge. Nach dem heiligen Lande, der Wiege des Christentums, stand jeder Sinn und Gedanke. Durch Befreiung des heiligen Grabes wollte man dem Heilande ein Dankopfer für die Erlösung darbringen. Wie das Atmen zum leiblichen Leben, so gehörte ein kindlicher Gottesglaube zum geistigen Leben und Glück unserer Väter.

(Vergl. Gudrun S. 113, Parzival S. 128-136, S. 160-167, [Parzivals Belehrung bei Trevrezent), S. 196-197 [Wolframs religiöser Charakter), S. 206-215 [Deutung der symbolischen Vorgänge im Parzival], S. 229 [Das kirchliche Leben im Parzival].)

In dieser Zeit, auf diesem Boden und in dieser Luft erwuchs und entwickelte sich als glänzendster Vertreter seiner Zeit und seiner Volksart Walther von der Vogelweide. Er sang mit gleicher Meisterschaft die Wonnen der Natur und der Liebe, wie die Ehre des Vaterlandes und die selige Gottesminne. In Form und Gehalt erreichte er den Gipfel der hösischen Lyrik im Mittelalter.

Über Walthers Entwicklungs- und Lebensgang haben wir keine andere Kunde als einzelne Andeutungen in seinen Liedern. Als Geburtsstätte bezeichnen viele die „Vogelweide" auf dem Laiener Ried im Eisackthale in Tirol. Seine Geburt muß in die Jahre zwischen 1160 bis 1170 fallen. Nach allem zu schließen, war er bayerischen Stammes und ritterlichen Standes, aber arm. Und Armut begleitete ihn Zeit seines Lebens; nur der Lebensabend war durch ein freundlicheres Geschick verschönt. Nach der naiven Sitte der Zeit heischte er als Sangeslohn auch „Sold", schalt, wenn derselbe versagt blieb, gestand offen, daß „Kargheit" oder „Milde" der Fürsten seine Parteinahme bestimme, wobei er aber niemals seine Grundsäge verleugnete, nahm dankbar von einem reisenden Bischofe eine Summe Geldes zu einem Pelzrock, versicherte aber, „daß Lyrische Dichtungen. 3. Aufl.

2

"

er getragene Kleider nie genommen". Die Zeit seiner Entwicklung, in der er Singen und Sagen lernte“, scheint er in Österreich verlebt zu haben, wo das Babenbergische Haus regierte und die Sangeskunst pflegte. In Chr und Herz des Jünglings fiel die Kunde von Barbarossas Römerzügen, von Abfall und Bestrafung Heinrichs des Löwen, von dem glänzenden Turnier und Volksfest in Mainz, an dem 40000 edle Gäste teilnahmen, von dem herrlichen Kreuzzuge des greisen Kaisers nach dem heiligen Lande und von dem erschütternden Tode des edlen Helden.

"

Nach französischen Mustern dichtete damals Heinrich von Veldecke seine Aneide" und „pflanzte damit das erste Reis in deutscher Zunge". Der Minnesang erblühte als Liederfrühling des deutschen Volkes, und ein froher Wetteifer erwachte unter den edlen Sängern.

In dieser glanzvollen, innerlich glückgesättigten Zeit entwickelte sich der talentvolle Jüngling und stimmte ein in den Chor der Minnesänger, der Frauenschönheit pries und um Gnade" warb.

"

Am Hofe Leopolds VI. zu Wien lernte Walther wohl unter Anleitung Reinmars des Alten von Hagenau singen und sagen. Ob er vorher in einer Klosterschule regelmäßigen gelehrten Unterricht empfangen hat, ist zweifelhaft. In seinen Liedern kommt kein lateinisches Citat vor, doch erinnern einzelne an lateinische Vorbilder. Sicher ist, daß er dichterische Sprache und Form mit allem Fleiße an vorhandenen Mustern geübt hat, denn selbst das Genie kann des Fleißes nicht entbehren. Auch die musikalische Ausbildung gehörte zum Minnesange, denn die Sänger mußten Weisen erfinden, die sie dann unter Begleitung von Harfe oder Fiedel im Kreise der Gäste vortrugen.

Die volle Wirkung der Minnelieder können wir heute nicht mehr an uns erproben, da die Weisen verloren gegangen sind, die den Worten Klang und Farbe gaben. Gottfried von Straßburg preist an Walther besonders die Kunst des musikalischen Vortrags. (Vergl. S. 23!) Danach scheint es, als ob Reinmar und Walther in der melodischen Entwicklung des Minnegesanges das Höchste geleistet hätten.

Einzelne Jugendversuche des Dichters sind erhalten und zeigen ein Ringen und Streben nach Besserem, aber durchaus keine Originalität. Erst die Liebe scheint dem Jüngling die Zunge gelöst und die Harfe gestimmt zu haben. Lucae will aus einer Reihe schöner, natürlicher Liebeslieder, die dieser Zeit entstammen, einen kleinen Roman des Dichters mit einem niedrig gebornen Mägdlein lesen. „Was sie auch sagen, ich bin dir hold und nehme dein gläsern Ringlein lieber als einer Königin Gold", beteuert er. Da sie sich aber spröde erweist und ihn hinhalten will, „bis er alt und grau sei,“ da droht er, „sich zu rächen und die Verblühte mit Sommerlatten, d. h. einjährigen Schößlingen, zu schlagen".

Nach dieser Jugendepisode scheint sich Walther gemäß der damaligen Mode des Frauendienstes einer Dame höheren Standes in Pflicht und Dienst gestellt zu haben.

Die Wertschäzung des Weibes ist ein uralter Zug des germanischen
Volkscharakters, der durch das Christentum vertieft wurde. Die Ent-
wicklung des Marienkultus steigerte diese Verehrung; die französischen
Troubadoure aber schraubten den Frauendienst in unnatürliche Höhe, ja
entstellten ihn bis zur Widerwärtigkeit.

Walther bewahrte in den Liedern, die er seiner Frau" zu Ehren
fang, Würde, Überlegung und ehrenhafte Gesinnung. Sie gehören nach
Inhalt und Form zu den schönsten Minneliedern höheren Stils.

Walther ist in seinen Liedern dann am fesselndsten, wenn ihn ein
bestimmtes inneres oder äußeres Erlebnis unmittelbar berührt und zum
dichterischen Aussprechen drängt. Dann sind seine Gedichte im schönsten
Sinne Gelegenheitsgedichte, und ihre Wahrheit packt und überzeugt. Denkt
er sich künstlich in eine Lage, dann sind seine Dichtungen häufig matt,
denn sie entspringen nicht dem Urquell seines Wesens, sondern der Reflexion.
Chne Kunstlehre in unserem Sinne studiert zu haben, leitete ihn ein
sicherer, künstlerischer Takt.

In Österreich folgte 1194 auf Herzog Leopold VI. dessen Sohn

Friedrich, der Katholische, welcher ein Gönner und Freund Walthers

war. Doch die schönen Verhältnisse änderten sich, als Herzog Friedrich

1196 einen Kreuzzug nach Palästina unternahm. Sein Bruder Leopold

war dem Dichter unfreundlich gesinnt. Gehässige Merker oder Auf-

passer trübten durch Verleumdung und Verhebung sein Verhältnis zum

Hofe und zu seiner Dame. Die Abwesenheit des Fürsten und der meisten

Ritter sowie ein Erbfolgekrieg in dem benachbarten Ungarn zwischen den

Brüdern des verstorbenen Königs Bela hatte den Wiener Hof sehr still

gemacht. In einem Liede läßt Walther den Hof" die traurigen Ver-

änderungen beklagen. Über seine Armut und öftere Verlegenheit tröstet

er sich in einem Liede mit guter Laune. Das Glück kleide eben seine

Leute sonderbar." Tief schmerzt ihn die Ungnade" seiner Dame. Er

gesteht, daß er nicht durch Schönheit, deren er entbehre, bestechen könne,

daß aber wahre Männerschönheit in der Kühnheit, Milde

und Treue bestehe.

"

[ocr errors]

Als 1198 nach Herzog Friedrichs Tode im heiligen Lande dem

Dichter der Aufenthalt am Wiener Hofe immer unbehaglicher wurde und
allerlei Mißverhältnisse seinen stolzen Kranichgang zur Erde drückten
und ihn gleich dem Pfau leise auftreten und geduckt gehen hießen“, da
griff er als fahrender Sänger zum Wanderstabe, flehte in einem innigen
Liede Gott und Christus um starkes Reisegeleit an und verließ Wien
ohne Abschiedsgruß an seine „Herrin“.

Der Abschluß dieses Lebensabschnittes bedeutet zugleich eine ent-
scheidende Wendung seiner Kunst. Hatte bis jezt das eigene Geschick
seine Harfe gestimmt, so gab ihr fortan die Vaterlandsliebe reineren
und helleren Klang. Das traurige Geschick des Vaterlandes ergriff sein
Herz und zeigte seiner Kunst neue Stoffe und höhere Ziele. Der Tod
Heinrichs VI. hatte Deutschland gespalten und mit Krieg und Unruhe

erfüllt. Die von seiner starken, ja harten Hand bislang zusammen gehaltenen Kräfte schweiften jezt frei und los ihre eigenen Bahnen. Der Einzelvorteil wurde von den meisten Fürsten über das Wohl des Ganzen gesezt. Gewalt, Roheit und Zwietracht traten an die Stelle von Recht, Sitte und Eintracht und zerfleischten das Vaterland. Walthers Sympathie gehörte dem Staufer Philipp, der im Besiß der Reichskleinodien war und dem Hause angehörte, das den nationalen Gedanken hoch hielt. Als gereifter Mann von tiefer Einsicht, in voller Entschiedenheit und inniger Vaterlandsliebe trat der Sänger mit seinem Liede in die Reihen der Kämpfer für des Vaterlandes Ehre und Gedeihen. Und er wurde gehört vom Strande der Nordsee bis über die Alpen hinweg nach Italien. Weder Fürsten noch Herren, weder Papst noch Geistlichkeit schonte er; ja er ging in seinem heiligen Zorn nicht selten über die Grenzen des Zulässigen. Seine Liederklänge schlugen oft tiefere Wunden als scharfe Schwertklingen. Der Italiener Thomasin von Zirkläre, der in schlechtem Deutsch den „Welschen Gast" schrieb, schalt den Dichter ob seiner freien, bösen Zunge, bezeugte aber, daß ein Lied von Walther Tausende zum Abfall von Papst Innocenz III. verführt habe.

Von gewaltiger Wirkung war sein männlicher, ergreifender Mahnruf „Wahlstreit", worin er die deutsche Zerrissenheit in beschämenden Gegensatz zu der Ordnung in der unvernünftigen Tierwelt sezte und alle aufforderte, Philipp die strahlende Königskrone aufzusehen. Nachdem der Welfe Otto IV., zum König gesalbt und gekrönt, in Aachen den Stuhl Karls des Großen eingenommen, ließ sich auch Philipp im Herbst 1198 in Mainz krönen. Der feierlichen Krönung wohnte Walther bei und pries in einem Jubelgesange, wie die alte Krone dem jungen Haupte gerade passe, wie beide leuchteten und eine liebliche Augenweide der Fürsten seien.

Ein solcher Bundesgenosse, dessen Lieder die fahrenden Spielleute in alle Gaue trugen, war dem König Philipp hocherwünscht, und er gewährte ihm Schuß und Gunst. Auf dem glänzenden Hoftage, den Philipp Weihnachten 1199 in Magdeburg hielt, begegnen wir auch dem Dichter, der äußerst lebendig und anschaulich in einem Spruche den königlichen Festzug Unter Krone" schildert.

[ocr errors]

Ob jedoch dem Dichter das unruhige Leben nicht behagte, ob ihn Philipps Kargheit verleßte, oder ob ihn die Sehnsucht nach der Heimat 30g, Pfingsten 1200 finden wir Walther als ungeladenen Gast in Wien, wo Herzog Leopold VII. das prunkvolle Fest der Schwertleite feierte. Er rühmte des Herzogs außerordentliche Freigebigkeit gegen alle Welt, bat um ein freundliches Willkommen und pries in einem herrlichen Liede „Deutschlands Ehre". (Vergl. Bd. II, S. 632!)

Aber die alten Feinde erneuerten das alte Spiel; der Herzog konnte seinen alten Groll nicht verwinden und weigerte dem Dichter Gunst und Gabe. Da griff dieser abermals zum Wanderstabe und gelangte endlich an den Hof des kunstsinnigen und freigebigen, wenn auch politisch wankel

mütigen Landgrafen Hermann von Thüringen, wo er mit seinem großen Zeitgenossen Wolfram von Eschenbach zusammentraf. Über das unruhige, üppige Leben am Hofe dieses Fürsten auf der herrlichen Wartburg vergleiche Walthers Urteil in der I. Abt. S. 191!

Zehn Jahre hindurch (1200-1211) scheint Walther an Hermanns Hofe geweilt zu haben. Aus einer Anzahl pädagogischer Sprüche haben manche den Schluß gemacht, daß ihm die Erziehung eines unbändigen Knaben anvertraut gewesen sei. Auf die ihm eingeräumte Macht, den Buben ganz nach eigenem Ermessen mit der Rute zu züchtigen, verzichtete er anfänglich und wollte nur durch das Wort wirken; später aber klagte er, daß des Lehrers Macht nur so weit wie der Stock reiche. Mit dem Stoßseufzer, daß „ein allzu krummes Bäumchen nicht wieder in die Richte zu bringen sei", gab er die fruchtlose Arbeit auf.

Fortgesezt begleitete der Dichter mit vollster Teilnahme die öffentlichen Angelegenheiten. Mit allen Schrecken tobte der Bürgerkrieg 1203 ganz in der Nähe um Erfurt. Der Papst hatte Philipp und seine Anhänger in den Bann gethan und den Böhmenkönig zum Abfall von dem Staufer bewogen. Mit allerlei fremdem Volke zog der lettere nach Thüringen, um dem bedrängten Landgrafen Hermann beizustehen, der sich ebenfalls von Philipp gewandt hatte. Auf dem Wege zerstörten die wilden Scharen 16 Klöster und 350 Pfarreien und hausten in Freundesund Feindesland grauenhaft.

Walther klagte in seinen Liedern und Sprüchen über den Verfall der guten, alten Sitten: die Stühle der Weisheit stünden leer oder wären. von reichen Thoren eingenommen, das Recht hinke, die Zucht traure, die Scham kranke, die Gewalt gelte, die Untreue lauere, die Jugend verwildere, die Geistlichkeit übe Lug und Trug u. f. w. Die Trauer über das verwandelte Vaterland entsprang seiner Vaterlandsliebe und seine Klage dem Drange, zu helfen, zu bessern und zu behüten. Doch wußte er sich und andere auch in den trüben Zeitläuften zu trösten:

Verzagte Zweifler sprechen: Alles sei nun tot
Und niemand mehr, der Schönes singe!

Sie sollten doch bedenken die gemeine Not,

Wie alle Welt mit Sorgen ringe.

Kommt Sangestag, so hört man Singen wohl und Sagen;

Man kann noch Lieder!

[blocks in formation]

Sein ganzer Unmut und Zorn richtete sich gegen den Papst, in dem er den eigentlichen Urheber all dieser Wirrnis sah. Hageldicht flogen seine Geschosse gegen Rom, wo man lüge und zwei Könige betrüge, wo man banne, nur nicht den, der es verdiene“.

Nach Philipps Ermordung 1208 sah Walther in Otto IV. den rechtmäßigen Kaiser und begab sich nach kurzem Aufenthalte in Meißen. 1211 an seinen Hof. Kurz nach der Kaiserkrönung in der Peterskirche

« السابقةمتابعة »