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mäßige, die Hinweisung auf den Frieden, der vom Himmel ist, wird sofort in Beziehung zu des Menschen und des Dichters Sehnsucht nach ihm gesezt („ach, ich bin des Treibens müde“) und geht ganz in den Gefühlsklang auf mit dem Grundton: „Komm, ach komm in meine Brust". Die Gefühlsbewegung ist also hier im Gegensatz zu Nr. 6 ein leises Anschwellen (3. 1-4 Str. 1) und Ausbrechen (3. 5 bis 8 Str. 2) der Empfindung ohne beruhigenden Abschluß.*)

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Grundlegende Folgerungen über das Wesen der lyrischen Gattung. Das Charakteristische (differentia specifica) ist Empfindungs-, Gefühls-, Stimmungsleben, innere Bewegung des Gemütes, dessen Schwingungen sich unserm eignen Gefühlsleben mitteilen, s. oben S. 292 die Worte Klopstocks: „Die tiefsten Geheimnisse der Poesie liegen in der Aktion (Bewegung), in welche sie unsere Seele sezt". Vgl. auch das Epigramm Klopstocks oben S. 292. Diese Töne sind nun sehr verschieden, je nach der mannigfaltigen Anlehnung des Empfindungslebens an die konkrete Welt und je nach der Mischung des Gefühlsklanges mit anderen Elementen (Anschauungselementen, Gedankenmäßigem, Willensäußerungen); sie wirken am tiefsten und bringen das Wesen des Lyrischen am vollkommensten immer dann zum Ausdruck, wenn der Gefühlsklang das Herrschende ist. Die Bewegung hat oft eine Entwicklung und diese nach der natürlichen Dreiheit von Anfang, Mitte und Ende den Verlauf eines Anschwellens, Ausbrechens und Sichberuhigens, aber in freiester, mannigfaltigster Weise. Indessen pflegt ein Grundton und eine Grundstimmung sich durch das ganze Lied hindurch zu ziehen oder doch schließlich aus demselben herauszutreten. Im übrigen ist die Vorbemerkung oben S. 302 und das über Klopstock zum Schluß S. 291 ff. Gesagte heranzuziehen.**)

II. Naturgefühl und Liebe.

Hier unterscheiden sich leicht wiederum zwei Arten von Gedichten, je nachdem sie a) Liebesglück oder b) Liebesleid zum Ausdruck bringen.

a. Liebesglück.

1. Mailied (Sesenheim 1771).

Wie herrlich leuchtet u. s. w.

1. Das Naturleben umfaßt die ganze Natur: Sonne, Feld und Flur; Blütenzweige und Blütendampf, Vogelsang aus dem Gesträuch: Höhen und Morgenwolken auf ihnen und (Str. 7 im Gleichnis) Lerchensang, Morgenblumen und Himmelsduft.

*) Vgl. im übrigen die Bemerkungen Bd. II, S. 511 u. 538.

**) Vgl. zu dem Ganzen die feinsinnigen Bemerkungen Th. Vischers über

das Wesen der Lyrik, Ästhetik, Bd. III, S. 1336 ff.

2. Das Gefühlsleben des Dichters ist Naturgefühl im Sinne von Lebenslust, aber auch eines geweihten Naturgefühls, das die Natur als Offenbarung einer dieselbe durchwaltenden, „segnenden“ Liebe (Str. 4 und 5) anschaut (Gottesgefühl, s. oben Klopstock S. 247). Diese Anschauung ist dem Dichter eingegeben von seiner Liebe, welche ihn selbst neu belebt (Str. 8 und 9), aber auch Natur und Welt in seinen Augen verklärt (vgl. die Stelle aus Werthers Leiden, am Schluß dieser ganzen Gruppe, und Max in Schillers Piccolomini Aft II, Sc. 4).

3. Der Verlauf: eine Reihe vom Naturgefühl zum Gottesgefühl und Liebesglück, das als Geständnis der eigenen Liebe, wie als Gewißheit der Gegenliebe sich äußert (Gefühlsausbruch Str. 5-8) und mit dem Wunsche ewigen Glücks für die Geliebte abschließt. Grundstimmung: Freude und Wonne (Str. 3). Das Gedicht gleicht jubelndem Lerchensang; ist es aber an Friederike in Sesenheim gerichtet, so drängt sich für uns in den Schluß unwillkürlich ein Ton der Wehmut.

4. Das ausbrechende Gefühlsleben wird unwillkürlich zu Ausrufungen. Rhythmus bewegt und beschwingt. Metrum: jambisch mit Reimen in freier Verwendung. Im übrigen vgl. Bd. II, S. 447.

2. Frühzeitiger Frühling (1801).

Ergänzungsstoff. 1. Das Naturleben ausgeführter und mehr beschreibend als im vorigen Liede. Zuwachs an neuen Zügen:*) Hügel und Thal, Wald (Hain) und Wiese, Bächlein und See; das Leben der Vögel, Bienen, Fische. Die Bewegung in Lüften (Windeshauch) und Düften.

2. Naturgefühl, erst zum Schluß sich verbindend mit dem Gefühl beglückender Liebe. 3. Entwicklung: Zweimalige Erfüllung eines unerwarteten Glückes a) bei dem frühzeitigen Nahen des Frühlings; b) bei der unverhofften Ankunft der Geliebten (Steigerung). Dazwischen der Genuß des einen Glückes, das wie eine Vorbereitung erscheint auf das zweite. Grundstimmung: Wonne und Glück. Str. 1 und 8. — 4. Anschauliche Schilderung mit Vorliebe für bezeichnende Einzelzüge; Rhythmus ruhig sich wiegende Bewegung. Metrum: logaödisch mit vollen Reimen. Im übrigen vgl. Bd. II, S. 435 ff.

3. Nähe des Geliebten (1795).

1. Der Hintergrund ein Naturbild von weitem Rahmen nach Raum und Zeit, sowie in großen Zügen und scharfen Kontrasten: das Meer und Sonnenaufgang, Quellen und Mondesflimmer in ihrem Wasser sich malend, die große Heerstraße im Tagesglanze, der schmale, einsame Steg in tiefer Nacht, Rauschen des Baches oder eines Wasserfalles, der stille Hain, die sinkende Sonne und die aufgehenden Sterne. (Rückkehr zum Ausgang). Vgl. oben die gleichartigen Elemente in I, 4 und 5.

2. und 3. Naturgefühl, aber nur als Medium für die Sehnsucht nach dem Geliebten und für das Gefühl seelischer Gemeinschaft mit ihm. Verlauf des Empfindungslebens in steigender Reihe:

*) Eine vergleichende Zusammenstellung solcher Züge ist vorzugsweise geeignet, den Schüler zur Beobachtung und zum inneren Sehen zu bilden.

„Ich denke dein, sehe dich, höre dich, gehe oft zu lauschen, bis zu der Höhe der Vereinigung: „Ich bin bei dir, du bist mir nahe" (geistig), überboten durch das wärst du da" (leiblich). O wärst du da“ (leiblich). Grundstimmung:

Sehnsucht.

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4. Reihenbildung und Kontraste. Höchste Anschaulichkeit in der vollendeten malerischen Schilderung. Rhythmus sehnsüchtig getragen und von musikalischer Beseelung. Metrum: 3. 1 Auftakt und katalektische Trochäen, dann Jamben; 3. 2 Jamben; außerdem strenge Reimpaare.

4. Jägers Abendlied (1775).

Ergänzungsstoff und zugleich Übergang zur folgenden Gruppe. 1. Doppelhintergrund: die Landschaft (Feld und Thal), durch welche die Geliebte wandelt, und diejenige, durch welche der Jäger schleicht. Das Gemeinsame: der Abend. frieden. 2. und 3. Anfangs unruhig, leidenschaftlich erregte Stimmung des Jägers (wild Str. 1, voll Unmut und Verdruß Str. 3), weil er die Geliebte hat lassen müssen; dann besänftigt durch die friedvolle geistige Nähe derselben. Höhe und Ausgang: Beruhigung und Einkehr des Friedens in sein leidenschaftlich erregtes Gemüt. - 4. Str. 1 und 2 stellen jedesmal in ihren Hälften a und b einen Kontrast (Str. 1 a. Unruhe, b. Ruhe; Str. 2 a. Ruhe, b. Unruhe), Str. 3 und 4 denselben Kontrast unter sich dar. (Str. 3 Unruhe, Str. 4 Ruhe.) *)

b. Liebesleid.

1. Herbstgefühl (1775).

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1. Stillleben (Goethehaus in Frankfurt) aus der Natur (3. 1—6), ergänzt durch Züge aus dem Vollleben derselben (3. 7-12; der Sonne Scheideblick, des holden Himmels fruchtende Fülle, des Mondes freundlicher Zauberhauch). — 2. und 3. Naturgefühl; erst der Schluß trägt Stimmungsleben mit dem Grundton des Liebesleids hinein s. oben S. 242. Mit ihm und ohne Beruhigung entläßt uns das Gedicht. — 4. Bewegung in der Naturschilderung, anfangs durch die auffordernden Imperative (grüne, quellet, reifet, glänzet), sodann durch den Ausdruck einer Thätigkeit in den Worten: euch brütet, umsäuselt, kühlet, betauen.**) Metrum: freies Versmaß; Grundcharakter: trochäisch-logaödisch.

Ein Ergänzungsstoff und zum Übergang auf die folgende Gruppe geeignet, würde auch sein das einfache, leicht verständliche, doch überaus innige und sinnige Gedicht: Das Blümlein Wunderschön (1798).

**),,Man staunt beim Genusse des kleinen Liedes über den sinnlichen Reichtum der gealterten, welken, abstrakt verblasenen deutschen Sprache in dem trockenen verständigen 18. Jahrhundert und über die Macht des Genius, der diese Schäße zu finden und zu verwerten wußte! Drängen, quellen, schwellen, grünen, reifen, glänzen, brüten, scheiden, säuseln, fruchten, kühlen, tauen diese schönen, wirklichen, nicht zusammengefeßten Verba innerhalb des kurzen, wie ein Seufzer der Brust sich entwindenden Gedichtchens! Dazu die Substantiva: Sonne, Mond, Laub, und Himmel, Mutter, Hauch, Blick, Zauber, Thräne, Fülle, Rabe, Auge, Liebe die Adjektiva: hold, voll, fett, freundlich, schnell, ewig!" V. Hahn, Gedanken über Goethe, S. 304, Anm.

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2. Schäfers Klagelied (1801).

1. Wechsel landschaftlicher Bilder mit dem Verlauf einer Handlung, welche hier zur Hauptsache wird (Berg, das Thal, die Wiese, das verlassene Haus der Geliebten vom Regenbogen überwölbt; Ausblick in die Ferne, in das Land über die See).

2. und 3. Empfindungsleben des Schäfers. Das Naturgefühl wird verschlungen vom Liebesleid und von der Sehnsucht nach der Geliebten; sie äußert sich (darin liegt das Charakteristische dieses Gedichts in einer Reihe von Handlungen: er steht auf dem Berge in Gedanken versunken, schaut voll Sehnsucht hinab in das Thal, steigt ihr nachgehend hernieder, bricht unbewußt die Blumen in Gedanken an sie, sucht ihre Hütte und harrt vor ihrer Thür, sucht endlich die Verschwundene mit geistigem Auge auch in der weiten Ferne. Aber alle diese Anschauungsbilder dienen nur dazu, einen Zustand tiefster Versenkung des Gemütslebens zu enthüllen“. (Vischer a. a. D. S. 1326.) Auch zuletzt noch, wo an Stelle der Schilderung des innern Zustandes ein äußerer Zug zu treten scheint, vorüber, ihr Schafe, vorüber", wird sofort zum Stimmungsleben, das Inhalt des Ganzen ist, zurückgegriffen mit den Worten: „dem Schäfer ist gar so weh“. Die Grundstimmung in dem Verlauf: tiefe, sich nicht beruhigende Wehmut eines in Liebesweh gebrochenen Herzens.

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4. Der Rahmen: Anschauungsbilder, fast episch gehalten; episch auch im Volkston und anklingend an das Volkslied (Str. 1, 1 und 2; Str. 5, 1 und 2, vgl. die Anfänge der Volkslieder oben S. 125 und des anderen: „Ich stund auf hohen Bergen und sah ins tiefe Thal". Epische Breite Str. 2, 2: „mein Hündchen bewahret mir fie"). Plastisches: der Schäfer an seinem Stabe gebogen, hinabschauend in das Thal; sinnig: es steht ein Regenbogen wohl über jenem Haus“. übrigen vgl. Bd. III, S. 14 ff.

3. An den Mond (Weimar 1778).

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1. Landschaftliches: Motiv aus dem Park in Weimar und aus der Umgebung von Goethes Gartenhaus vgl. oben S. 305. Mittelpunkt: der rauschende Fluß der Jlm; Züge zu Einzelbildern in Str. 7; darüber Mondnacht, mit vollem Mondeslichte und stillem Nebelglanz. „Der Mond beherrscht das ganze Gedicht: das Thal, der Fluß empfangen. Glanz und Leben nur von ihm; ihr Preis im Gedichte gilt auch ihm; die Nacht ist eine Mondnacht" (v. Löper).

2. Naturgefühl: persönliches Verhältnis des Dichters zum Monde als zu einem Freunde, s. oben Klopstock S. 244. Lindernde, sänftigende Wirkung der Mondnacht s. oben I, S. 306. Lösung der Seele, Weihe der Erinnerung und Weben in einem Gefühlsklang, in dem Freude und Leid zusammenklingen, das Leid jedoch überwiegt bei dem Gedanken an das entschwundene Glück, das vorrüberrauschte wie die Wellen des Flusses; aber auch Erhebung im Bewußtsein schöpferischer, ewiger

Dichterkraft, die auch weiterhin Leid und Lust in Melodien verwandeln wird, sowie in der Gewißheit, daß Treue und Liebe ihm noch geblieben sind, denen er in Melodien den ganzen Reichtum dessen offenbaren kann, was in der Stille solcher Mondesnacht durch die Tiefen seines Gemütes zieht.

3. Also stetige Entwickelung eines Gefühlslebens; reinster, stetigster Empfindungsgang“ (Schöll), in dem jedes Stadium (Anfang, Mitte und Ende; Anschwellen Str. 1-3, Ausbrechen Str. 4-5 und Beruhigung Str. 6—9) Bewegung und neue Stimmung ist. Die Mitte liegt in Str. 6; der rauschende Fluß hat vorher die Stimmung der Schwermut gebracht und bringt nun auch die Erhebung aus derselben. Die Melodien, welche der wütend überschwellende Fluß ihm zurauschen wird, werden zu Liedern von Sturm und Leidenschaft, die andern, die der „um die Frühlingspracht junger Knospen" quellende Fluß ihm zuflüstern wird, werden Lieder von Glück und Frieden sein. Grundton: beflort, wie im Nebel verzitternd entsprechend der stillen Mondnacht, ein Helldunkel dämmernder Gefühle (Vischer). Das Motiv der Liebe wird nur im allgemeinen angedeutet; es verklingt in dem sonstigen Reichtum des Gefühlslebens. Vgl. die verwandten Stoffe oben S. 245.

4. Kürze des Ausdrucks, wie sie der Natur des sich gern mit Andeutungen begnügenden Gefühls und dem Helldunkel dieser Stimmungswelt entspricht. Auslassung der Pronomina (füllest, lösest, breitest, wandle). Stimmungsvolle Verba (lösen, lindern, rauschen, flüstern), durch welche die äußeren Vorgänge in die innere Welt des Gemüts hineingespielt werden (Gude). Musikalische Beziehungen: Nachklang, Sang, Melodien. Rhythmus: träumerisch sich wiegend auf den Wogen des Gedankens und der Empfindungen. Metrum: Trochäen und Reime.

c. Die Natur selbst als Geliebte angeschaut.

Wie das Vaterland als Geliebte aufgefaßt werden kann, zeigte Klopstock oben S. 258. Es ist offenbar eine Steigerung des Naturgefühls, wenn es sich nicht nur mit dem Liebesgefühl verbindet, sondern selbst zum Liebesgefühl dadurch wird, daß der Dichter die Natur als Geliebte anschaut. Dahin stellen wir folgende beiden Gedichte:

1. Der Fischer (1778).

Ausführlich behandelt Bd. III, S. 429. Deshalb hier nur einige Zusäße. Die anziehende und dämonisch bestrickende Macht des Wassers, insofern als es das Naturgefühl übermächtig weckt, wird zu eines Weibes Bild gemacht; das Naturelement, an welchem Sonne, Mond, das „feucht verklärte Blau“ des tiefen Himmels, d. h. die ganze Natur, sich spiegelnd gleichsam teil haben (Naturbild), wird persönlich als Geliebte gedacht und damit auch das Empfindungsleben, das eine allgemein menschliche Erfahrung wiedergiebt, aus der allgemeinen in eine bestimmte Sphäre gehoben. Der Verlauf: von kühler Ruhe (Str. 1) zu erwachender und wachsender Sehnsucht, bis zum Untergange in der Befriedigung. Grundstimmung: Naturgefühl als Sehnsucht, die der Sehnsucht nach der Geliebten gleicht. — Zur Form vgl. Th. Vischer Ästhetik III, S. 1340: Der Fischer ist durchaus anti

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