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das Leben in sich hegende, aber von Gott nehmende Welt, in der nicht nur die Menschen leben, weben und sind (Apostelgeschichte 17, 28), sondern auch die geheimnisvollen, überall Seine Kraft und Seinen Geist bezeugenden Kräfte und Mächte der Natur. „In den Erzeugnissen dieser Kräfte und Geseße haben zugleich göttliche Eigenschaften sich versichtbart und göttliche Gedanken verwirklicht“. . . „Alles Sichtbare birgt ein unsichtbares Geheimnis; das leßte Geheimnis von allen ist Gott" (Luthardt, Apologetische Vorträge über die Grundwahrheiten des Christentums, Leipzig 1870, S. 78). Der ewige Gott ist in seiner Schöpfung. allgegenwärtig. In den Tiefen des ewigen Gottes ist die Schöpfung als Möglichkeit; in dem Allgegenwärtigen regt sich die wirkliche Schöpfung, die zu einem von Gott verschiedenen Dasein entlassen ist. Alles wird von Gott erfüllt, aber dasjenige, welches erfüllt wird, ist von dem verschieden, der da erfüllt. Der allgegenwärtige Gott ist das innerste Grundsein in allem Daseienden, das Leben in allem Lebendigen, der Geist in allen Geistern. Und wie Er Alles in Allem ist, so ist Alles in Jhm. Wie der Vogel in der Luft, wie der Fisch im Meer, so leben und weben alle Geschöpfe in Gott. Die Welt der Zeit und des Raumes, der Natur und der Geschichte ist in ihm beschlossen“ (Martensen, Christliche Dogmatik S. 86).

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a. Str. 1. Anrede. Der Gottesbegriff als eines schaffenden Wesens, also einer Person: „der sich selbst erschuf", von Ewigkeit her des schaffenden Berufes" waltet in schöpferischer Einwirkung auf die erhaltenden Kräfte des Alls, ebenso aber auch die Welt der sittlichen großen Lebensmächte (Glaube, Liebe, Vertrauen Hoffnung) schafft, und alles in allem Schöpfer ist jeder anderen Thätigkeit und Kraft, dessen Wesen selbst aber unergründlich bleibt, weil er wohnet in einem Licht, da niemand zukommen kann. (1. Tim. 6, 16.) Str. 2. Bekenntnis. Verhältnis des begreifenden Geistes zu Gott. Wie die gesamte Natur nur eine einzige Gottesoffenbarung ist (Theophanie), so ist alles Erkennen der sinnlichen Erscheinungen („soweit das Ohr, soweit des Auge reicht") nur ein Wiedererkennen schöpferischer Gottesgedanken; und erhebt sich des Menschengeistes Feuerflug in die höchsten Gebiete (wissenschaftlicher Wahrheit), so muß er sich geuügen lassen, diese im Gleichnis und Bild zu erfassen und auszudrücken. Aber das Nachdenken dieser höchsten Gedanken (5. oben Metamorphose der Tiere, Schluß) wird ein Wandel im Ewigen sein, emporgehoben über Raum und Zeit („Und jeder Schritt ist Unermeßlichkeit") zu höchstem, unerschöpflichem Genuß und zu sich steigernder Erhöhung des Lebensgefühls (f. oben Klopstock S. 253).

c. Dem äußeren Universum des sinnlichen Kosmos entspricht die Innenwelt der Menschen, der Mikrokosmus in des Menschen Bruft. Die Geheimnisse und Rätsel dieses inneren Universums lehren ihn Gott nennen (nicht etwa schaffen als ein subjektives Produkt seiner eignen Gedanken) und weisen ihn darauf hin, ihn zu fürchten, zu lieben und zu vertrauen (Anspielung auf die Erklärung im Lutherischen Katechismus) vgl. Luthardt a. a. D.: „Ist die Welt auf den Menschen hin geschaffen, so ist sie nicht etwas uns Fremdes, sondern ein uns verwandtes Leben tritt uns in ihr entgegen und berührt uns sympathisch. Wir fühlen es: hier wogt ein Leben, welches uns meint; wir sind das Wort seines Rätsels; darum klingen alle die Stimmen der Natur in der Menschenbrust wieder, und der Mensch ist die Zunge der Schöpfung. In seinem Geiste spiegelt sich das Universum, und er spricht das Geheimnis derselben aus. Das Wort der Erkenntnis seines Geistes aber soll in seinem Munde zum Lobpreis werden, welcher den Schöpfer dieser Welt verherrlicht.“

Anhang.

Wenn an der Lyrik Klopstocks und Goethes zugleich die verschiedenen Seiten des Naturgefühls den Schülern in einiger Vollständigkeit vorgeführt werden sollten, so darf zum Abschluß diejenige Anschauung nicht fehlen, welche, hinter die Erscheinung zurückgehend, die Naturbildungen bis in die Geheimnisse ihres Werdens verfolgt, das Naturschöne als eine Sprache geheimnisvoll wirkender Kräfte und Mächte auffaßt und zu verstehen wünscht, kurz das gleichsam geschichtliche Leben der Natur teilnehmend mit zu durchleben sucht. Auch hier ist es Goethe, der diese Auffassung und dem darauf gegründeten Naturgefühl zuerst Ausdruck gegeben hat, wenn auch nicht in der Lyrik, so doch in Werthers Leiden. Wir meinen folgende fast lyrisch gehaltene Stellen von erhabenster Schönheit und außerordentlicher Tiefe:

Am 18. August. „Das volle, warme Gefühl meines Herzens an der lebendigen Natur, das mich mit so vieler Wonne überströmte, das ringsherum die Welt mir zu einem Paradiese schuf, wird mir jezt zu einem unerträglichen Peiniger, zu einem quälenden Geist, der mich auf allen Wegen verfolgt. Wenn ich sonst vom Felsen über den Fluß bis zu jenen Hügeln das fruchtbare Thal überschaute, und alles um mich her keimen und quellen sah; wenn ich jene Berge vom Fuße bis zum Gipfel mit hohen dichten Bäumen bekleidet, jene Thäler in ihren mannigfaltigsten Krümmungen von den lieblichsten Wäldern beschattet sah und der sanfte Fluß zwischen den lispelnden Rohren dahin gleitete und die lieben Wolken abspiegelte, die der sanfte Abendwind am Himmel herüberwiegte; wenn ich dann die Vögel um mich den Wald beleben hörte, und die Millionen Mückenschwärme im leßten, roten Strahle der Sonne mutig tanzten und ihr leßter zuckender Blick den summenden Käfer aus seinem Grase befreite; und das Schwirren und Weben um mich her mich auf den Boden aufmerksam machte, und das Moos, das meinem harten Felsen seine Nahrung abzwingt, und das Geniste, das den dürren Sandhügel hinunter wächst, mir das innere, glühende, heilige Leben der Natur eröffnete: wie faßte ich das alles in mein warmes Herz, fühlte mich in der überfließenden Fülle wie vergöttert, und die herrlichen Gestalten der unendlichen Welt bewegten sich allbelebend in meiner Seele. Ungeheure Berge umgaben mich, Abgründe lagen vor mir, und Wetterbäche stürzten herunter, die Flüsse strömten unter mir, und Wald und Gebirg erklang, und ich sah sie wirken und schaffen ineinander in den Tiefen der Erde, alle die unergründlichen Kräfte;*)

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*) Hierzu vgl. Vischer, Ästhetik, II, 2, S. 67: „Die kühne und wilde Wirkung der jähen und zackigen Formen (gewisser Gesteine) erinnert ganz an das unruhige Element des Feuers, aus dem sie hervorgegangen sind, und man meint das dumpfe Tosen und Brüllen zu hören, unter welchem die furchtbaren Massen glühend emporgetrieben wurden, um dann zum harten und rauhen Fels zu erstarren". Ebendas. S. 78: Die unorganische Welt giebt sich, wenn wir das Rauschen des Wassers, das Sausen der Luft, den Donner des Gewitters mit den Klängen der festeren Körper zusammenfassen, eine allgemeine Sprache, als vernähmen wir das aus der Werkstätte des Demiurgen (Weltbaumeisters) ertönende Tosen und Klingen seiner Arbeit. In der Landschaft ist immer ein Weben von Tönen, das nicht nur von tierischen und menschlichen Stimmen rührt; man fragt eben nicht, woher es kommt, man hat ein Gefühl, die geschäftige Natur erzähle sich selbst von ihren Werken." (Naturgefühl)

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und nun über der Erde und unter dem Himmel wimmeln die Geschlechter der mannigfaltigen Geschöpfe. Alles, alles bevölkert mit tausendfachen Gestalten; und die Menschen dann sich in Häuslein zusammen sichern und sich annisten und herrschen in ihrem Sinne über die weite Welt! Armer Thor, der Du alles so gering achtest, weil Du so klein bist. Vom unzugänglichen Gebirge über die Einöde, die kein Fuß betrat, bis ans Ende des unbekannten Ozeans weht der Geist des Ewigschaffenden und freut sich jedes Staubes, der ihn vernimmt und lebt. — Ach damals, wie oft habe ich mich mit Fittichen eines Kranichs, der über mich hinwegflog, zu dem Ufer des ungemessenen Meeres gesehnt, aus dem schäumenden Becher des Unendlichen jene schwellende Lebenswonne zu trinken und nur einen Augenblick, in der eingeschränkten Kraft meines Busens, einen Tropfen der Seligkeit des Wesens zu fühlen, das alles in sich und durch sich hervorbringt." „Es hat sich vor meiner Seele, wie ein Vorhang, weggezogen, und der Schauplaz des unendlichen Lebens verwandelt sich vor mir in den Abgrund des ewig offenen Grabes. Kannst Du sagen: Das ist! da alles vorüber geht? da alles mit der Wetterschnelle vorüber rollt, so selten die ganze Kraft seines Daseins ausdauert, ach! in den Strom fortgerissen, untergetaucht und an Felsen zerschmettert wird? Da ist kein Augenblick, der nicht dich verzehrte und die Deinigen um dich her, kein Augenblick, da du nicht ein Zerstörer bist, sein mußt; der harmloseste Spaziergang kostet tausend armen Würmchen das Leben; es zerrüttet Ein Fußtritt die mühseligen Gebäude der Ameisen und stampft eine kleine Welt in ein schmähliches Grab. Ha! nicht die große, seltene Not der Welt, diese Fluten, diese Erdbeben, die eure Städte verschlingen, rühren mich; mir untergräbt das Herz die verzehrende Kraft, die in dem All der Natur verborgen liegt, die nichts gebildet hat, das nicht seinen Nachbar, nicht sich selbst zerstörte. Und so taumle ich beängstigt, Himmel und Erde und ihre webenden Kräfte um mich her: ich sehe nichts, als ein ewig verschlingendes, ewig wiederkäuendes Ungeheuer."

Der Dichter geht vom Überschauen, Sehen, Hören aus, vernimmt das Weben der Natur ringsum, alles auch mit innerlich teilnehmendem, liebendem Sinne („die lieben Wolken“), mit vollem, warmem Gefühl des Herzens an der Natur. Er dringt hinein in das „innere, glühende, heilige“, vor seinem seherischen Blick sich öffnende Leben derselben, faßt das alles in das warme Herz und gelangt nun zu dem höchsten Schauen, daß „die herrlichen Gestalten der unendlichen Welt fich allbelebend in seiner Seele bewegen", wie sie einst aus dem Urschoß durch Wirken und Schaffen unergründlicher Kräfte hervorgingen als Offenbarungen des ewig schaffenden Geistes. Weil dieser aber persönlich ist, so kann er sich jedes Staubes freuen, wie anderseits die Kreatur ein persönliches Verhältnis zu ihm eingehen. Und weil er endlich das Wesen ist, das „alles in sich und durch sich hervorbringt", so wird er auch zum Inbegriff der höchsten Fülle aller Seligkeit.

Hier sind alle früher vorgeführten Seiten des Naturgefühls, im besonderen auch des Goetheschen, vereinigt: scharfe Erfassung der Welt der Formen, tiefes Verständnis für ihre Sprache, ein Herausfühlen und Herauslesen der in der Natur vorhandenen Gedanken und Stimmungswelt, ein Hineinfühlen und Hineintragen der eignen Stimmungs

welt in dieselbe, Verbindung von Naturgefühl und Gottesgefühl, ja etwas von einer mystischen Naturandacht.

Sein Liebesglück hat die erste der beiden Anschauungen geboren (f. oben S. 307 ff.); sein Liebesleid und die dadurch erzeugte Schwermut seiner Seele ruft als Kehrseite dazu die zweite Auffassung hervor. Auch in dieser Kehrseite liegt eine Wahrheit, welche die heilige Schrift mit einem Hinweis auf das ängstliche Harren und Sehnen der Kreatur (Röm. 8. 19) und auf die zu erwartende neue, vollkommene Erde (Offenb. c. 21) bezeichnet. Aber eine künstlerische und poetische Auffassung mit ihrer Aufgabe, uns die verklärte Welt des Schönen zu zeigen, schließt ebenso wenig wie eine gläubige Weltanschauung mit einer schrillen Dissonanz. Deshalb beenden wir diese gesamte Betrachtung mit der schönen Dichtung E. Geibels, welche, ebenfalls die früher aufgezeigten Stufen zusammenfassend diese Dissonanz versöhnend auflöst und eines besonderen Kommentars nicht bedarf.*)

Die Erde.

Von E. Geibel.

1. Wohl hast du einst mit hoher Wonne
Mein junges Herz getränkt, Natur,
Wenn mich der Glanz der Frühlingssonne
Zur Ferne zog durch Wald und Flur;
Bertieft ich mich, mit halbem Lauschen
An deinen Wundern streift' ich hin

Und wob in all' dein Blühn und Rauschen
Der eignen Brust geheimsten Sinn.

2. Doch heilig ernster ist die Feier,

Damit du jezt mein Herz umwebst,
Wenn du den falt'gen Isisschleier
Vom hohen Antlig lüftend hebst;
Wenn du vom Reiz der bunten Schale
Mein Auge still zur Tiefe lenkst,
Und aus des heut'gen Tages Strahle
Jns Dämmerlicht der Urzeit senkst.
3. Da offenbart im Schwung der Auen,
In schwarzer Grotten Säulenschoß
Sich mir der Welle leises Bauen,
Des Feuers jacher Zornesstoß;

Da singt der Gurt geborstner Schichten
Ein heilig Lied mir vom Entstehn,
Und läßt in wandelnden Gesichten
Die Schöpfung mir vorübergehn.
4. Und wieder schau' ich's, wie mit Toben,
Vom unterird'schen Dunst gedrängt,
Der flüss'ge Kern des Erdballs droben
Die meergebornen Krusten sprengt;
Wie er, ein Strom von zähen Gluten,
Bis in die Wolken rauchend stürmt,
Und über Thälern dann und Fluten
Zergipfelt zum Gebirg sich türmt.

*) Damit würde die S. 246 in Aussicht gestellte Ergänzung gegeben sein.

5. Riesenkampf der Urgewalten,

Drin eine Welt sich gährend rührt,
Der von Gestalten zu Gestalten
Mich auf ein lezt' Geheimnis führt!
Denn wie ich raftlos rückwärts dringe
Von Form zu Form, erlischt die Spur;
Ich steh' am Abgrund, draus die Dinge
Der erste Lebenspuls durchfuhr.

6. Da fällt ins zagende Gemüte
Ein Glanz aus tiefsten Tiefen mir:
Im Anfang war die ew'ge Güte,
Und tausend Engel dienen ihr!"
Und wie sie licht in Flammen wallen,
In Fluten brausen allerorts,

Empfind' ich schauernd über allen
Den Hauch des unerschaffnen Worts.*)

B. Menschenleben.

I. Gruppe.

(Enge Anlehnung an das Naturleben.)

Den Übergang von der Abteilung A zu dieser zu machen, dürfte am geeignetsten sein das Gedicht

Mahomets Gesang (1773 u. 88).

Wir stellen die allegorische Bedeutung zunächst zurück, betrachten das aus dem Gedicht zuerst uns entgegentretende Natur- und Landschaftsbild und suchen den Stoff für die Anschauung durchsichtig zu machen durch Herausstellung folgender Reihen: 1. der Hauptelemente, 2. der Örtlichkeiten, 3. der für beides bezeichnenden Züge, 4. der gedankenmäßigen (gnomischen) und ethischen Beziehungen in dem Gehalt:

I. 1. Quelle. 2. Felsenklippen im Gebirge. 3. „Wie ein Sternenblick über Wolken." 4. Gute Geister nährten seine Jugend."

II. 1. Wasserfall. 2. Felswand. 3. Hinabtanzen aus der Wolke; emporsprühen (= jauchzen) zum Himmel. 4. Überschäumende Lebenslust. III. 1. Bach. 2. Waldthal. 3. Gipfelgänge, bunte Kiesel. 4. Früher Führertritt.

IV. 1. Fluß, 2. Wiesenthal. 3. Mit Blumen bedeckte Wiesen. 4. Lebenspendend.

V. a) 1. Strom. 2. Thalebene. 3. Schlangenwandelnd. 4. Beruhigtes, aber zielbewußtes Fortschreiten.

V. b. 1. Strom. 2. Tiefebene. 3. Silberprangend, die ohne ihn verschmachtenden Flüsse und Bäche an sich ziehend. 4. Führend und herrschend.

*) Vgl. Psalm 104, 1 ff., namentlich V. 8.

Lyrische Dichtungen. 3. Aufl.

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