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4. Daß ich dort nicht länger schlief!
Aber eine Krähe rief
Mit unselgem Schalle.
Ach, Krähen, wärt ihr alle,
Wo ich's möchte leiden!
Mich so vom Glück zu scheiden!
Ich erschrat von ihrem Schrein:
Fand ich da nur einen Stein,
Traun, es mußt' ihr Ende sein!

5. Doch ein Weib, zum Wundern alt,
Tröstete mich Armen bald.
Was die Gute sagte,

(Als ich mein Leid ihr klagte)
Was der Traum bedeute,
Vernehmt es, lieben Leute:
Zwei und einer, das sind drei;
Ferner sagte sie dabei,

Daß mein Daum ein Finger sei.

1. Situationsbild: Ein Wald; singende Vögel auf den Zweigen; Nachtigall am Bache im Gebüsch; weites Gefilde; Gras und Blumen; ein Quell und darüber eine schattige Linde; im Schatten derselben ein Wanderer in Schlaf und Traum; auf langem Ast eine schreiende Krähe; der Schläfer auffahrend und nach einem Steine tastend; ein altes Weib am Stabe sich dem Träumer am Brunnen nähernd.

2. Gedankengang. Str. 1. Behagliches Schlendern in Wald und Feld. Str. 2. Schlaf im Lindenschatten am murmelnden Quell. Str. 3. Wonniger Traum. Str. 4. Ärgerliches Erwachen. Str. 5. Lustige Traumdeutung.

3. Eigentümliches. Ein einzigartiges Lied so recht in Walthers Art voll Natursinn und Humor! Was die Wirklichkeit dem Dichter versagt, das beschert ihm der Traum unbeschränktes Glück! Krähenruf zerbricht das Glück, denn Traumglück ist die zerbrechlichste Ware. Die Krähe galt immer als Störerin und Lügnerin. Der Unwille des Dichters über den Störenfried löst sich durch die Traumdeutung des wunderalten Weibes in heiteren Humor auf. Die Vöglein singen gleichsam die Blumen aus dem Grase, und die Nachtigall feuert den Bach zu munterem. Gange an. Die lebendige Darstellung läßt vermuten, daß das Lied eine Tanzweise war.

Dreimal spannt der Dichter die Erwartung und täuscht sie mit neckischem Spotte. Im Lindenschatten am Quell ruht er behaglich; welch Abenteuer wird nahen? Nur ein Traum! Der Traum schenkt ihm alle Herrlichkeiten von Himmel und Erde; wird er sie behalten? Ein Krähenruf verscheucht sie! Ein traumkundiges Weib naht; was wird sie verkünden? Eine Narrheit, eine komische Verspottung der Traumgläubigen!

Schöne Gegensäße: Vogelsang und Blumenglanz, Bachesmurmeln und Nachtigallenschlag, Sonnenglanz und Lindenschatten, Sorgen im Wachen und Glücksgenuß im Traum, der störende Krähenruf und der Unwille des geweckten Träumers, das wunderalte Weib und der lebensfrohe Dichter, der wonnige Traum und die lächerliche Deutung.

4. Verwandtes. Aus: Die verschwiegene Nachtigall.

„Vor dem Wald mit süßem Schall,
Tandaradei!

Sang im Thal die Nachtigall.
Und ein kleines Vögelein,

Tandaradei!

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Das wird wohl verschwiegen sein."

Aus der Tanzweise:

Ein Kränzlein gönnt' ich euch so herzlich gern.
Noch viele Blumen stehen, rot und weiße, fern,
Die weiß ich dort in jener Heide,

Wo sie gar hold entspringen
Bei der Vöglein Singen:

Da sollten wir sie brechen beide.

Maienwonne.

1. Wollt ihr schauen, was im Maien
Wunder man gewahrt?

Seht die Pfaffen, seht die Laien,
Wie das stolz gebart!
Ja, er hat Gewalt!

Ob er Zauberlist ersonnen?

Wo er naht mit seinen Wonnen,
Da ist niemand alt!

2. Uns wird alles wohlgelingen!
Laßt uns diese Zeit

Lustig tanzen, lachen, fingen,
Nur mit Höflichkeit!

Ei, wer wär' nicht froh?

Da die Vögelein nun alle

Singen mit dem schönsten Schalle,
Thäten wir nicht so?

3. Wohl dir, Mai, wie du beglücktest
Alles weit und breit:

Wie du schön die Bäume schmücktest,
Gabst der Heid' ein Kleid!

War sie bunter je?

Du bist kurzer, ich bin langer!"
Also streiten auf dem Anger
Blumen mit dem Klee.

1. Situationsbild: Der Sänger inmitten einer frohen Gesellschaft, wohl gar mit Gesang und Spiel zu Tanze ladend. Der Mai hat wie ein großer Zauberer alle Schönheit der Erde hervorgelockt. Vögel fingen mit Schall in Luft und Hain. Die Bäume stehen in Blüte und die Heide im buntesten Blumenschmucke. Blumen und Klee wetteifern im Wachsen und im Schmuck. Pfaffen und Laien, d. h. Geistliche und Weltliche, Alte und Junge, verlassen die dumpfen Mauern und strömen ins Freie. Hell ist der Blick und elastisch der Gang (das ist stolz Gebaren). Lebensfreude und Thatenmut leuchtet aus den Augen; alles scheint verjüngt und neugeboren. Lachen, Singen und Tanztritte schallen durch einander; aber die hösische Sitte (Höflichkeit) wird gewahrt und bei aller Fröhlichkeit nicht in die Bauernweise (Dörperkeit) verfallen.

2. Gedankengang. Str. 1. Der Mai verjüngt mit seiner Zaubermacht die Natur und die Menschen. Str. 2. Freudenschall ertönt, und Lebensmut erwacht. Str. 3. Ein froher Wetteifer des Lebens und des Strebens scheint überall zu herrschen.

3. Eigentümliche Schönheiten. Der Mai ist als wunderbarer Zauberer gedacht, der das Tote zum Leben erweckt, das Alte verjüngt, die Trauer in Freude umstimmt und einen frohen Wetteifer der Lebenslust anregt. Auch kann man ihn sich vorstellen als König, der sich auf seinem Blumenthrone niederläßt und das bunte, reiche Gemälde der Maienluft mit den frischen, farbigen Einzelzügen überschaut. Alles ist in Lyrische Dichtungen. 3. Aufl.

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freudiger Bewegung, und mitten inne steht der Dichter, lenkt den Strom der Freude ins rechte Bett und mahnt zur „Höflichkeit“, d. h. zum Bewahren guter Sitte. Plastisch schön dargestellt ist der Lebensdrang in der Natur, der sich im Wettkampf zu überbieten sucht, durch den Streit zwischen Blumen und Klee: „Du bist kurzer, ich bin langer!“

4. Verwandtes. Ganz ähnliche Züge, aber eine völlig verschiedene Beleuchtung zeigt das nachstehende Gedicht Walthers: Wettstreit. Ewig jung und schön ist die Natur, aber der Dichter ist alt geworden. In die allgemeine Freude klingt seine Wehmut. Um ihn Frühling, in ihm Winter; um ihn Freudenschall, in ihm wehmütige Klage! Doch er will nicht stören und neidisch mißgönnen. Er ist zufrieden mit der Erinnerung, mit der Teilnahme guter Leute und einem herzlichen Wunsche. Wie der Goethesche Sänger bittet er um ein freundliches Gedenken und wünscht dem jungen Geschlechte neidlos Heil und Segen von Gott.

1. Es that der Reif den kleinen Vögeln weh,

Sie sangen nicht vor Leide;

Doch wieder hör' ich sie so schön als eh',

Von neuem grünt die Heide:

Da sah ich Blumen streiten mit dem grünem Klee,
Welches länger wäre?

Meiner Herrin sagt' ich diese Märe.

2. Uns hat des Winters Frost und andre Not

Biel gethan zuleide:

Ich wähnte schon, nie wieder Blumen rot

Zu sehn auf grüner Heide.

Nun schmerzte gute Leute doch vielleicht mein Tod,

Die nach Freuden ringen

Und die gerne tanzen oder springen.

3. Versäum' ich diesen wonniglichen Tag,

Muß ich Tadel leiden,

Und niemand ist, der Glück mir gönnen mag.

Dennoch muß ich meiden

Meine Freuden alle, deren einst ich pflag.

Mag der Herr euch segnen!

Wünschet noch, mir möge Heil begegnen.

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Ja, ist's auch nur ein kleines Tröstelein,

So klein, erzähl' ich euch davon, ihr spottet mein:

Doch freut sich selten jemand, der nicht weiß, warum.

Mich macht' ein kleines Hälmchen froh:

Es sagt', mir solle Gnade kommen!

Ich maß dasselbe kleine Stroh,

Wie ich's bei Kindern wahrgenommen.

Nun höret all' und merket dann, ob sie es thu':
Sie thut, thut's nicht, sie thut, thut's nicht, sie thut!
Wie oft ich maß, so war doch stets das Ende gut.
Das ist mein Trost nun; da gehört auch Glaube zu!

"

1. Zur Erläuterung. Wie geschah das Messen des Halmes? Wohl ähnlich wie das Aufwerfen" beim Ballspiel. Wie hier Hand um Hand auf das Ballholz, so wurde wohl dort Fingerpaar um Fingerpaar der Halm mit Daumen und Zeigefinger gehalten auf den Halm gelegt, bis die Spize mit dem entscheidenden Worte erreicht war. Zu ähnlichen Blumenorakeln werden Gänseblümchen, Löwenzahn und andere Korbblüten benußt, auch wohl die Knöpfe des Rockes.

2. Gedankengang. Str. 1. In verzagter Stimmung will der Dichter den hoffnungslosen Dienst seiner „Herrin" lassen, da bringt ihm ein kleines Ungefähr, ein Spiel, ein Tröstelein. Str. 2. Beim Messen des Halms verheißt ihm das Orakel Erhörung, und der Glaube gegewährt Trost.

3. Schönheiten. Dies Liedlein Walthers gehört zu seinen besten. Es spannt die Erwartung, malt anschaulich und überrascht durch die sinnige Zuspißung. Trostquellen sind überall, wenn sie das Herz nur zu finden weiß! Eine dritte Strophe wendet den Trost des Orakels auf des Dichters persönliches Verhältnis an. Er will der Dame seines Herzens fest glauben und die Zurückseßung verschmerzen.

Immer neues Lob.

Wie schön die Heid' in ihrer bunten Farbe lacht!
Dem Wald doch muß ich zugestehn,

Daß er mit Wonnen noch viel reicher ward bedacht;

Am besten ist dem Feld geschehn.

So wohl dir, Sommer, aller deiner Lieblichkeit!

Sommer, daß ich immer lobe deine Tage,

So tröste, Troft, auch meine Klage!

Ich will dir sagen, was mir fehlt:

Der mir ist lieb, dem bin ich leid!

Ich kann der Guten nicht vergessen, soll auch nicht,
Die alle Sinne mir entführt.

So oft ich fingen soll, so findet mein Gedicht

Ein neues Lob, das ihr gebührt.

Für jest genüg' ihr dies, bis ich sie wiederseh':

In den Augen thut es wohl, daß man sie sieht.
Und zu der Schönen Preis ein Lied,

Das thut wohl in den Ohren.

So wohl ihr des! und weh mir, weh!

1. Gedankengang. Zwei getrennte Liebende geben der Sehnsucht Ausdruck. Sie preist die Pracht des Sommers im Walde und bittet, daß er ihr Trost in ihrer Klage gewähre: „Der mir ist lieb, dem bin ich leid!" Er singt von der fernen Lieben und findet immer neue Seiten ihrer Schönheit: „ wohl ihr des, o weh mir, weh!"

"

2. Eigenartige Schönheit. Der Schönheit des Sommers fehlt der geliebte Dichter, drum klingt das Preislied in eine Klage aus. Die Schönheit der Frau lebt nur in der Erinnerung des Dichters, drum klingt sein Loblied in den Klageruf aus: „Weh mir, weh!" Der Sommer soll für das ihm gespendete Lob als Gegengabe Trost in Klage gewähren. Das Lob der Guten klingt wohl in den Ohren, aber es zerreißt des Dichters Herz mit Sehnsuchtsweh. — Von höchster poetischer Schönheit und ergreifender Wirkung ist die Antithese am Schluß der ersten Strophe, die in ähnlicher Form am Ende der zweiten Strophe wiederkehrt:

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Wie kommt der Dichter zu der Steigerung der Schönheit in der Natur nach der Skala: Heide, Wald und Feld? Die Heide ist nur bunt; der Wald klingt wieder vom Gesange der Vögel; das Feld krönt die Blütenhoffnung mit Erfüllung. - Der Dichter kann der Guten nicht vergessen, soll auch nicht, der Gesang ist Bedürfnis des Herzens und auch Pflicht.

3. Verwandtes. Aus: Trost im Leide.

Hab' ich oft in schlimmen Tagen Not,

Nehm' ich mir ein Beispiel an der Heide,

Die sich schämt im Leide:

Sieht sie den Wald ergrünen, wird sie immer rot.

Aus: Die Augen des Herzens.

Wollt ihr wissen, was die Augen sind,

Die sie sehen über Berg und Land?
Die Gedanken, die mein Herz sich spinnt,
Sehen sie durch Mauern und durch Wand.

Der Marner (ein fahrender, schwäbischer Sänger in der Mitte des 13. Jahrhunderts, der sich an Walther von der Vogelweide anlehnte, in der Jugend von Minne und der Jungfrau Maria sang, im Alter aber verdüsterte, das Verderben der Zeit beklagte. Er soll erblindet und als alter Mann ermordet worden sein):

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Gottfried von Nifen (um 1250 auf seiner Stammburg Nifen bei dem schwäbischen Städtchen Neufen):

Nun steht die liebe Heide bar

Der wonniglichen Blumen und der lichten Rosen rot.

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