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Oder du bist

Ob allem, was da ist

Jm Weltvereine,

Der durch dich Bestand gewinnt, 11)
Verleih mir, Christ,

Daß ich in kurzer Frist
Dich lieb' und meine 12)
Wie dein auserwähltes Kind.

1. Zur Erläuterung.

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Ich war mit seh'nden Augen blind 13);
Thörichter als ein Thor gesinnt,
Barg sich der Welt auch meiner Sünden
Zahl. 14)
Mach eh mich reine 15),
Eh mein Gebeine

Sich senken muß in das verlorne Thal, 16)

1) Natur- und Minnelieder schließt dies Lied ab und klingt ernst hinüber in die „Gottesminne“. Der süße Wahn" der Naturfreunde und Minnelust ist ohne Gottesminne ein verhängnisvoller Irrtum, der ins ewige Verderben führt, wenn nicht noch späte Reue" rettet. Schon aus früheren Liedern Walthers klang ein Ton des Weltüberdrusses, so aus Wettstreit" S. 34 und aus Entsagung":

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„Ich will mich länger nicht auf ihre Gnade freun!

Mir ist mein Singen in der Mitte durchgeschlagen.
Die eine Hälft' ist mir verboten ganz und gar,

Die müssen andre Leute singen jezt und sagen.

Doch will ich reiner Zucht noch ferner nehmen wahr

Und wonniglichen Maßes pflegen:

Um eines, das da heißet Ehre, lass' ich viel andres unterwegen:

Mag ich auch das nicht mehr genießen,

Steht es so übel auf der Straße, so will ich meine Thür verschließen.

Hievor, da man noch minniglich um Minne warb,

Da war mein Sang auch lieb- und luftdurchdrungen;
Nun, da die minnigliche Minne so verdarb,

Da hab auch ich unminniglich gesungen.

Ähnlich klagt Konrad von Würzburg († 1287):

Wieder soll ich singen

Von der Rosen Rot

und des Maien Güte,

Der mit reicher Blüte

Schmückt den wilden Hag;

Aber mich bezwingen
Leider Sorg' und Not,
Daß ich mit Getöne
Leichter Blumen Schöne
Nicht mehr preisen mag.

2) In dem Meist er sicht Wackernagel Wolfram von Eschenbach und eine Anspielung auf die Einleitung des Parzival, wo Spiegel und der Blinden Traum als Wahngebilde bezeichnet werden. Beide gleichen an Unbeständigkeit dem Winde. 3) Doch auch die Herrlichkeit der Natur, die immer Walthers Freude war, welkt dahin und betrügt den, der darin allein seine Freude suchte. 4) Der Thorenmut flammert sich an die Güter und Freuden der Welt und bedenkt nicht das Ende. 5) Er verbaut das Thor der Seligkeit, indem er durch vergängliche Lust über den Ernst des Todes und Gerichts hinwegtäuschen will. Matth. 7, 13: Gehet ein durch die enge Pforte." 6) Heut lebst du, heut bekehre dich, eh morgen kommt, kann's ändern sich. Pi. 95, 7. 8: „Heute, so ihr seine Stimme höret, so verstocket eure Herzen nicht." 7) Parzival S. 170: Ich bin ein Mann, der Sünde that." Mein Leben war ein beständiges Jrren, ein Wählen gegen bessere Überzeugung. 8) Jch griff

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zur Linken mitten in die Glut" erinnert an eine Talmudsage: Pharao wollte den kleinen Moses töten, weil er ihm die Krone vom Haupte geUm jedoch seine Zurechnungsfähigkeit zu prüfen, ließ er dem Kinde ein Becken mit glühenden Kohlen und eins mit Münzen vorseßen, und das urteilslose Kind griff in die Glut. Das Bild kann auch Matth. 25 entnommen sein, wo die zur Linken in das ewige Feuer gehen. 9) Der Teufel bildet den Mittelpunkt der lustig lärmenden Gesellschaft. Mephistopheles in Auerbachs Keller. Wie im Himmel Freude über einen bußfertigen, so herrscht in der Hölle Jubel über einen verstockten Sünder. 10) Nur Jesus, der Sünderheiland, kann die Folgen meines Falles mildern und mir wieder aufhelfen. 11) Hebr. 1, 3: Er trägt alle Dinge mit seinem kräftigen Wort. Spervogel:

Die Würze des Waldes, die Erze des Goldes
Und alle Abgründe sind dir, o Herr, kunde,
Die stehn in deinen Händen,

Alles himmlische Heer,

Es sänge nimmermehr dein Lob zu Ende.

12) Lehre mich, in der kurzen Gnadenzeit dich lieben und meinen, d. h. im Sinne haben, im Sinn und Herzen tragen. 13) Matth. 13, 13: Mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren hören sie nicht. 14) Pf. 19, 23: „Wer kann merken, wie oft er fehle? Verzeihe mir die verborgenen Fehler." 1. Sam. 16, 7: 1. Sam. 16, 7: „Ein Mensch siehet, was vor Augen ist, der Herr aber siehet das Herz an.“ Wie viel Sünde verbirgt sich unter scheinbarer Ehrenhaftigkeit! Jesus nennt deshalb die Pharisäer übertünchte Gräber". 15) Reinige mich von Sünden, ehe mich der Tod ereilt. 1. Joh. 1, 7: Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde. 16) Benhinnom, ein Thal bei Jerusalem, durch Menschenopfer verunreinigt und von Josia 2. Kön. 23, 10 zu einem Ort des Abscheus gemacht, zu Jesu Zeit als Gehenna ein Bild der Hölle und Verdammnis.

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2. Gedankengang. Str. 1. Die Herrlichkeit der Natur ist ein schnell verwelkter Kranz, und die Freude daran klingt bald in Trauer aus. Str. 2. Der Thor freut sich der vergänglichen Weltlust, vergißt Gott und Seligkeit und zittert dann vor dem Tode. Str. 3. Der Dichter erkennt den Jrrwahn seines Lebens, der ihn vom Wege des Heils abgelockt, und fleht den Heiland um Rettung an. Str. 4. Er, der Himmel und Erde trägt, wolle den erst verblendeten, aber nun bußfertigen Thoren um seiner Liebe willen vor der Verdammnis retten.

3. Eigentümlichkeiten. Jede der 4 Strophen hat 14 kurze Zeilen, aber nur 4 Reimklänge. Es reimen männlich 1. 2. 5. 6, 4. 8. 9. 10, 11. 14 und weiblich 3. 7. 12. 13. Wackernagel zweifelt die Echtheit des Liedes an, a) weil das Spiel der Reimkünste nicht so durchgeführt sei, wie es Walther vermocht hätte, b) weil derselbe überhaupt solche Spielereien nicht liebe, c) weil der Stoff für solches Reimspiel zu ernst sei, d) weil unwaltherische Ausdrücke vorkämen, und

e) das Lied sich nur in zwei, nicht gerade verläßlichen Handschriften finde. In jedem Falle ist das Lied sehr wirkungsvoll, spricht Walthersche Gedanken aus und zeugt von tiefer religiöser Einsicht und Innigkeit.

B. Baterland und Bolkstum.

Walther war ein deutscher Mann vom Scheitel bis zur Sohle, ein vaterländischer Sänger von Gottes Gnaden, ganz ein Kind seiner Zeit, ein treuer Sohn seines Volkes und ein genauer Kenner deutscher Eigenart. Deutsch war sein Empfinden, deutsch seine Sprache, deutsch seine Gesinnung, deutsch sein Singen und darum sein Lied ein treues Spiegelbild deutschen Volkstums und Volkslebens. Deutsch war seine WanderIust neben einer innigen Heimatliebe und Sehnsucht nach eigenem Herde und häuslichem Behagen. Warme Worte spricht er von der Würde des Weibes, das da waltet als Fürstin des Hauses. Gastlichkeit soll des Hauses Zierde, Milde gegen Heischende seine Ehre sein. Ernst und weise rät er zur rechten Erziehung der Kinder. Frisch und froh, wie ihm das eigene Herz schlug, aber in Zucht und Sitte soll die Jugend leben und streben, denn ein freudiges Gemüt ist nie der Güte bar. Hoch rühmt er die Freundschaft und stellt sie weit über die Verwandtschaft. „Selbstgewonnene Freunde sind besser als angeborene Magen." ,Gewissen Freund, versuchtes Schwert soll man in Nöten sehen." Nicht Geburt, sondern Gesinnung, ein freier, würdiger Sinn, adelt den Menschen. „Von der Geburt kommt uns weder Frommen noch Ehre." Männerschönheit besteht nicht in lichten Farben und schönen Zügen, sondern in Kühnheit, Milde und Treue. „Des Mannes Mut soll fest sein wie ein Stein, an Treue grad' und eben wie der Stab am Pfeil." Zucht und Sitte sind das Ehrenkleid von jung und alt. In Wahrheit und Klarheit sei des Mannes Wesen getaucht. Mit Zartgefühl schone er Unschuldige und gebe niemand ein Ärgernis. Versöhnlich urteile er über Feinde und Neider und fluche ihnen nicht. Sein wahrstes Leben lebe er in der Heimlichkeit des Gemüts und dem trauten Frieden des Hauses. Die Freuden der Ge selligkeit fliehe der Mann nicht, aber nie vergesse er die Mäßigkeit. Hohen Beruf hat der Sänger, und himmlischen Ursprungs ist die Kunst. Bitter beklagt Walther den Verfall von Kunst und Sitte und den Niedergang der vaterländischen Ehre. Dem Vaterlande singt er sein schönstes Loblied. Hoch steht die Würde des Kaisers, und hell leuchtet der Glanz der Krone. Milde und Freigebigkeit soll der Fürsten Schmuck und Vorrecht sein. Nach Sultan Saladins Wort müssen Königs Hände durchlöchert sein. Karge, unmilde Herren sollen sich nicht wundern, wenn ihnen Sänger mit ihrem Liede „einen Stein in den Garten und eine Klette in den Bart

werfen". Tugendlicher Sinn ist der wahre Edelstein der Fürstenkronen; drum mahnt Walther: Ihr Fürsten, tugnet euern Sinn!" Drei gute Räte sollen ihnen zur Rechten stehen: Frommen, Gottes Huld und Ehre! Die drei bösen zur Linken sollen sie meiden, nämlich Schade, Sünde und Schande. Heftig schilt Walther den höfischen Schalk, der seinen Herrn lügen und Gelobtes versagen lehre und so den Biedern schamlos mache. Ihn grauset, wenn er die Lächler ansieht, deren Zunge Honig und deren Herz Galle hegt. „Freundes Lächeln soll sein ohne Missethat, lauter wie das Abendrot, das liebe Märe kündet."

In dem Papste sieht Walther unbestritten das Haupt der Christenheit, aber in schneidigen Tönen tadelt er den Mißbrauch der kirchlichen. Gewalt und das römische Streben, die weltliche Gewalt unter die geistliche zu beugen. Er eifert gegen Herrschsucht, Habsucht und Verschwendung des römischen Hofes, gegen Simonie und Ablaßhandel und gegen den Mißbrauch des Bannes. Hohen Beruf gesteht er den Geistlichen zu, aber zorngemut geißelt er ihr verweltlichtes, anstößiges Leben und ihr politisches Machtstreben. Ein frommer, lauterer Sinn gerade nimmt den meisten Anstoß, wenn das Heilige zu weltlichem, eigensüchtigem Zweck mißbraucht wird.

Die folgenden Gedichte kennzeichnen Walthers Wertschäzung der Heiligtümer in Heimat und Haus, seine Vaterlandsliebe, sein reines Gefühl für deutsche Sitte und Sittlichkeit, seine Ansichten über Fürstenberuf, sein Verhältnis zu Kaiser und Papst, seine Stellungnahme im Kampfe zwischen der einheimischen weltlichen und der auswärtigen geistlichen Gewalt, sein Urteil über den Mißbrauch des geistlichen Berufes und seine Trauer über den Verfall der Kunst und Sitte.

Gaft und Schach. 1)

Seid mir gegrüßt, Herr Wirt!" Dem Gruße muß ich schweigen. 2)
Seid mir gegrüßt, Herr Gast!" Da muß ich sprechen und mich neigen.3)
Heimat und Wirt, die Namen sind ohn' alle Schmach 4);

Herberge, Gast, den beiden tritt oft Schande nach. 5)

Gern erlebt' ich's noch, daß mir auch Gäste kämen

Und müßten mir zu danken sich bequemen. 6)

"

Seid heute hier, seid morgen dort," welch' tolle Gaukelfahrt!7)

"Ich bin daheim, ich will nun heim," ist bess’rer Art. 8)

Gast, Schach, die werden selten gern gewahrt 9):

Nun nehmet mir den Gast, so mag euch Gott das Schach benehmen! 10)

Erläuterung. 1) Das Lied spricht das Mißliche des Wanderund Herberglebens und die Sehnsucht nach einem heimischen Herde aus. Er ist an den Kaiser Otto IV. gerichtet. Wie sich der Sänger als wandernder Gast unbehaglich fühlte, so war Kaiser Otto in mißlicher Lage, da ihm sein Gegner Friedrich II. mit wachsender Macht

„Schach dem Könige!" bot. Die lezte Zeile will sagen: „Nimm, o Kaiser, den Fluch der Heimatlosigkeit von mir, dann möge Gott die Gefahr (Schach) von deiner Krone wenden!"

2) Wer mit „Herr Wirt" gegrüßt wird, der braucht in seiner Hausherrnwürde nichts weiter zu thun, um sich wert zu machen. 3) Wer „Herr Gast“ gegrüßt wird, der muß durch ein gutes Wort und bescheidenes Verneigen sich dankbar und wert erweisen. 4) „Heimat und Wirt“ sind ehrenvoll. 5) Der Gegensaß davon, nämlich: "Herberge und Gast" wird oft geringschäßig behandelt. 6) Der Sänger wünscht als Wirt auch Gäste zu beherbergen und ihren Dank zu empfangen. 7) Das ruhe und heimatlose Wanderleben vergleicht der Dichter mit dem Leben und Treiben eines Gauklers. 8) Wer sagen kann: „Ich bin daheim“ oder „Ich will jezt mein Heim aufsuchen", ist besser daran als der heimatlose Dichter. 9) Niemand wünscht, immer Gast zu bleiben oder sich beständig Schach bieten zu lassen. 10) Wenn der Sänger Heimat und häuslichen Herd erhält, den Kaiser aber kein Gegenkaiser mehr bedroht, dann ist beiden geholfen. —

Sehnsucht nach einem häuslichen Herde am heimischen Bache klingt aus nachstehenden Zeilen Neidharts von Rauenthal:

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Schirmvogt von Rom, Apuliens König, habt Erbarmen,
Daß man mich bei reicher Kunst so läßt verarmen!
Gerne möcht' ich, könnt' es sein, am eignen Herd erwarmen.

Hei, wie lustig wollt' ich von den Vöglein singen,
Von den Blumen auf der Heide, wie vor Jahren schon!
Gäb' mir ein schönes Weib dann süßen Minnelohn,

Ließ ich ihr Lilien und Rosen aus den Wangen dringen.

Nun komm' ich spät und reite früh. „Gast, weh dir, weh!“
Da mag der Wirt wohl singen von dem grünen Klee!
Die Not bedenket, milder Herr, daß eure Not zergeh!

Erläuterung. Wahrscheinlich 1220 trug Walther dem hoch. gemuten Staufer Friedrich II. die Bitte um Gewährung eines Lehens vor. Der mächtige Schirmherr der Weltstadt Rom und der reiche König Apuliens (Siciliens) soll dem liederreichen, aber goldarmen Sänger eine Heimat und Ruhestatt nach rastloser Sängerfahrt geben. Vom eignen Heim, dem warmen Herde, der heimatlichen Natur, einem lieben Weibe

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