صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

Der gleiche Taumel faßt das ganze Postgespann,
Kein Rufen hilft, kein Zügel hält es an,
Bis endlich zu der Wandrer Schrecken
Der Wagen, wohlgerüttelt und zerschellt,
Auf eines Berges steilem Gipfel hält.

„Das geht nicht zu mit rechten Dingen!“
Spricht Hans mit sehr bedenklichem Gesicht.
So wird es nimmermehr gelingen;
Laß sehn, ob wir den Tollwurm nicht
Durch magre Kost und Arbeit zwingen."

Die Probe wird gemacht. Bald ist das schöne Tier,

Eh' noch drei Tage hingeschwunden,

Zum Schatten abgezehrt. „Ich hab's, ich hab's gefunden!“ Ruft Hans.

Jest frisch, und spannt es mir

Gleich vor den Pflug mit meinem stärksten Stier!"

Gesagt, gethan. In lächerlichem Zuge

Erblickt man Ochs und Flügelpferd am Pfluge.
Unwillig steigt der Greif und strengt die lezte Macht
Der Sehnen an, den alten Flug zu nehmen.
Umsonst, der Nachbar schreitet mit Bedacht,

Und Phöbus' stolzes Roß muß sich dem Stier bequemen,
Bis nun, vom langen Widerstand verzehrt,
Die Kraft aus allen Gliedern schwindet,
Von Gram gebeugt, das edle Götterpferd
Zu Boden stürzt und sich im Staube windet.

„Verwünschtes Tier!“ bricht endlich Hansens Grimm

Laut scheltend aus, indem die Hiebe flogen.

„So bist du denn zum Ackern selbst zu schlimm! Mich hat ein Schelm mit dir betrogen."

Indem er noch in seines Zornes Wut

Die Peitsche schwingt, kommt flink und wohlgemut
Ein lustiger Gesell die Straße hergezogen.
Die Zither klingt in seiner leichten Hand,
Und durch den blonden Schmuck der Haare
Schlingt zierlich sich ein goldnes Band.

„Wohin, Freund, mit dem wunderlichen Paare?"
Ruft er den Bau'r von weitem an.

„Der Vogel und der Ochs an einem Seile, Ich bitte dich, welch ein Gespann!

Willst du auf eine kleine Weile

Dein Pferd zur Probe mir vertraun?

Gieb acht, du sollst dein Wunder schaun!"

Der Hippogryph wird ausgespannt,

Und lächelnd schwingt sich ihm der Jüngling auf den Rücken.

Kaum fühlt das Tier des Meisters sichre Hand,

So knirscht es in des Zügels Band,

Und steigt, und Blize sprühn aus den beseelten Blicken.

Nicht mehr das vor'ge Wesen, königlich,

Ein Geist, ein Gott, erhebt es sich,

Entrollt mit einemmal in Sturmes Wehen

Der Schwingen Pracht, schießt brausend himmelan,

Und eh' der Blick ihm folgen kann,

Entschwebt es zu den blauen Höhen.

I. Vorbereitung. Dieses heitere Gedicht gehört zu den ersten Dichtungen, mit denen der Dichter nach ernsten geschichtlichen und philosophischen Studien sein langes Schweigen brach und auf die Dichterlaufbahn zurückkehrte. Es behandelt wie in „Poesie des Lebens" den Gegensaß der wirklichen und idealen Welt, das traurige Geschick der Poesie und des Dichters zwischen den harten Notwendigkeiten des Lebens und die endliche siegreiche Überwindung dieser stumpfen Welt. Humboldt schrieb über das Gedicht: „Der Pegasus hat mich überrascht und ist Ihnen göttlich gelungen. Ich kannte Sie in dieser Gattung noch nicht. Aber die Erzählung eilt sehr leicht und unterhaltend weiter; die Schilderungen sind überaus lebendig und charakteristisch, und das Ende von den Worten an „Kaum fühlt das Tier" ist majestätisch und verrät unverkennbar Ihre Hand."

II. Vortrag, Wort- und Sacherklärung.

Vers 1: Haymarket, d. h. Heumarkt, war ein Flecken in England, wohin nach uraltem Brauch untreue Weiber an einem Strick geführt und verhandelt werden konnten. Die andern Dinge, die sich in Waren verwandeln, waren also die ungetreuen Weiber. Gewiß eine ebenso ungewöhnliche Verkaufsware wie das Musenroß!

4: Das Musenroß, der Pegasus, war ursprünglich das Flügelroß des griechischen Helden Perseus. Als Musenroß wurde es betrachtet, nachdem sein Hufschlag am Helikon die Musenquelle Hippokrene geöffnet hatte.

5: Auch Hippogryph wird es genannt, nicht ganz mit Recht. Der Hippogryph, ein Fabelwesen, halb Stute und halb Vogel Greif, kommt als Zauberroß im „Rasenden Roland“ von Ariosto und im „Oberon“ von Wieland vor.

6: In prächtiger Parade, d. h. in schönen Bewegungen und Stellungen.

10: Den Postzug (Vierer- oder Sechserzug der alten Posten) zieren, d. h. durch Schönheit und Schnelligkeit zum Postpferde geeignet sein. 18: Zwanzig Pfund (Sterling) oder 400 Mark.

19: Der Täuscher oder Roßhändler.

31: Die muntre Krabbe ist der spöttische Ausdruck für eine kleine, aber rührige Person. Hier soll der Ausdruck das Feuer und die Beweglichkeit des Tieres andeuten.

32: Roller ist sonst die Tobsucht der Pferde, hier nur die Wildheit. 34: Klepper sind minderwertige Rosse, die aber doch noch zu laufen verstehen.

48: Der Tollwurm im Gehirn oder unter der Zunge wurde für die Krankheitsursache bei der Tollwut von Hunden und bei der Tobsucht von Pferden gehalten.

57: Greif heißt das Pferd nach seinem Vater, dem Vogel Greif, von dem es den Zug und Flug nach oben geerbt hatte.

60: Phöbus' stolzes Roß ist das Roß Apollos, der die neun Musen anführte.

71: Der lustige Gesell ist Apollo selbst, der sein gequältes Roß den Mißhandlungen entziehen will.

III. Vertiefung. 1. Lagebilder: a) Das Musenroß auf dem Markte; b) am Wagen mit 2 Kleppern; c) am Pfluge mit dem Stier; d) unter Apollos Händen.

2. Gliederung und Gedankengang: a) Der Bauer Hans erhandelt das Flügelroß auf dem Markte. b) Einen Karren wirft es am Rande des Abgrunds um. c) Den Postzug reißt es im Fluge mit zwei Kleppern bis auf den Gipfel des Berges. d) Durch Hunger soll ihm der Koller ausgetrieben werden. e) Auf dem Acker muß es mit einem Ochsen den Pflug ziehen und sinkt endlich elend zu Boden. f) Hans verwünscht das Tier und seinen Kauf. g) Apollo naht als wandernder Sänger und bittet den Bauer um überlassung des Flügelrosses. h) Unter des Meisters sicherer Hand erhebt sich das Tier und fährt brausend himmelan.

3. Deutung der Allegorie. Unter einem launigen Bilde stellt der Dichter das Los mancher bedeutenden Geister und sein eigenes Geschick dar. Von schönen Gedanken und idealen Wolkenflügen kann auch der geniale Mensch nicht leben, denn er ist ein Mensch und muß essen und trinken. So ist er genötigt, seine Dichtergabe in den Dienst anderer zu stellen, um Brot zu erwerben. Man bewundert wohl seine geistige Kraft und Glut, aber man hat seine Bedenken, einen solchen Arbeiter anzustellen, denn die Flügel lassen auf allerlei ideale Mucken schließen. Ein nicht allzu welterfahrener Pachter erwirbt seine Kraft und will sie nur bei den gemeinsten Arbeiten nußbar machen. Aber der geniale Geist, mit dem Blick und Zug nach oben, ist untauglich zum Schneckengange und zum ewigen Einerlei solcher Arbeiten. Er stürmt drauf los, zerbricht alle Schranken und verdirbt mehr, als er nüßt. Der stete Ausblick nach oben macht ihn blind für die gemeine Arbeit unten. Sein Brotherr verliert den Mut nicht. „Geht's hier nicht, dann vielleicht da!" denkt er gutmütig. Das Alter wird ihn schon verständiger, die Anstrengung ruhiger, das verkürzte Futter zahmer machen. Auch fällt ihm ein, daß der Überschuß von Kraft, Feuer und Bewegung auf minder feurige Arbeiter anregend und förderlich wirken könne. So paart er ihn mit Gewohnheitsarbeitern, die sein Feuer und seine geistige Überlegenheit allerdings zu lebhafter Bewegung hinreißt, die er aber auch mit seinen kühnen Gedanken und Plänen auf allerlei Versuchsfelder lockt, ja in seine verderbliche Thätigkeit hinein zieht. Alles gerät zuletzt ins Stocken und droht mit völliger Vernichtung. Nun ist des geschwäßigen und kurzsichtigen Herrn Geduld mit dem unverstandenen Arbeiter und seinem dunkeln, gewaltigen Drange zu Ende. Der Hunger soll den Übermut vertreiben. Und manchen macht er wirklich zahm und gefügig; er sinkt zum TageLöhner und unglücklichen Alltagsmenschen herab. Wie viele geniale Köpfe

sind so untergegangen, wie viele herrliche Anlagen unentwickelt geblieben! Für manchen aber ist zur rechten Stunde der Retter erschienen und hat den verkannten Geist aus seiner drückenden Lage befreit. Mit wunderbarer Spannkraft erhob er sich aus Druck und Not, neu beflügelt, sobald er in die rechte Lage kam, und mit Erstaunen sah die Welt, welche Kräfte da unbekannt unter Schutt und Druck gelegen hatten, und welche Wirkungen dieselben fähig waren.

Daß Schiller in das Gedicht Züge seines eigenen Lebensschicksals gewebt, ist unschwer zu erkennen. Sein Jugendfreund und getreuer Helfer bei der Flucht aus Stuttgart, der Musikus Streicher, sagt: „Ohne eigene Erfahrung hätte Schiller in späterer Zeit seinen poetischen Lebenslauf in der herrlichen Dichtung Pegasus im Joche" unmöglich so natürlich darstellen können, daß derjenige, der mit seinen Verhältnissen vertraut ist, sich alles auf den Verfasser deuten kann."

Dem leichten Tone und dem gefälligen Humor des Gedichts merkt man allerdings keine Bitterkeit schmerzlicher Erinnerungen mehr an. Schiller erfüllte dabei (nach Viehoff) die Forderung, die er in der Beurteilung Bürgers an den Dichter stellte, es müsse dieser aus einer besänftigenden und beschwichtigenden Erinnerung dichten, indem das Idealschöne nur durch eine Geistesfreiheit, welche die Übermacht der Leidenschaft aufhebt, möglich werde.

IV. Verwertung in schriftlichen Aufgaben: 1. Welche Züge aus Schillers Lebensschicksalen finden eine poetische Darstellung in „Pegasus im Joche"? 2. Beispiele von lange unterdrückten oder verkannten bedeutenden Menschen, die sich mit Hilfe scharfsichtiger und wohlwollender Gönner zum rechten Berufe und auf den rechten Plaz empor gerungen haben! 3. Wie wird der Beruf des Dichters getrübt durch den Broterwerb? — 4. Warum ist die Not vielfach eine bessere Schule des Talents als der Überfluß?

[blocks in formation]

Zur Erläuterung: Augustisch Alter ist das sogen. goldene Zeitalter der römischen Litteratur unter dem Kaiser Augustus, dessen hoch

gebildeter Freund Mäcenas besonders Künste und Wissenschaften förderte. Die Mediceer waren die Herrscherfamilie in Florenz; als Schüßer und Förderer der Künste und der Künstler sind sie berühmt. Von Friedrich dem Großen ist bekannt, daß er kein Verständnis und keine förderliche That für die deutsche Litteratur hatte, obwohl das helle Fünfgestirn derselben: Klopstock, Lessing, Herder, Goethe und Schiller, schon aufgegangen war. Seine ganze Liebe gehörte der französischen Litteratur, und einen Voltaire zog er allen deutschen Künstlern und Gelehrten vor. Gellert nannte er den vernünftigsten deutschen Gelehrten. Das aufgefundene Nibelungenlied hielt er nicht für einen Schuß Pulver wert" und nannte es elendes Zeug. Ohne Fürstengunst, ohne den Schuß und Schirm ruhmvoller Fürsten, hat sich die deutsche Dichtkunst aus eigenem Drange und eigener Kraft entwickelt. Sie erschuf sich selbst den Wert und erkämpfte ihre ehrenvolle Stellung gegen allerlei Hemmnisse. Darum ist sie frei und nicht durch höfische Regeln und Rücksichten eingeengt und eingezwängt. Der Barden, d. i. der deutschen Dichter, Hochgesang kann darum aus Herzenstiefe quellen und in eigener Fülle schwellen, ohne sich Ziele und Stoffe aufdrängen zu lassen, wie es an dem französischen Hofe Ludwigs XIV. geschah. Die deutsche Dichtkunst ist eine freie, gesunde und kräftige Tochter der deutschen Volksseele. Ihre Blüte verdankt sie ihrer inneren Kraft und der unentwegten Begeisterung ihrer Jünger.

[ocr errors]

Die Teilung der Erde.
(1795.)

1. „Nehmt hin die Welt!" rief Zeus von seinen Höhen
Den Menschen zu. „Nehmt, sie soll euer sein;
Euch schenk' ich sie zum Erb' und ew'gen Lehen;
Doch teilt euch brüderlich darein!"

2. Da eilt, was Hände hat, sich einzurichten,
Es regte sich geschäftig jung und alt.

Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten,
Der Junker birschte durch den Wald.

3. Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen,
Der Abt wählt sich den edeln Firnewein,

Der König sperrt die Brücken und die Straßen
Und spricht: Der Zehente ist mein."

4. Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen,
Naht der Poet, er kam aus weiter Fern;
Ach, da war überall nichts mehr zu sehen,
Und alles hatte seinen Herrn.

[blocks in formation]
« السابقةمتابعة »