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7. Mein Auge hing an deinem Angesichte,
An deines Himmels Harmonie mein Ohr;
Verzeih' dem Geiste, der, von deinem Lichte
Berauscht, das Jrdische verlor!"

8. Was thun?" spricht Zeus.

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"

Die Welt ist weggegeben,
Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein!
Willst du in meinem Himmel mit mir leben,

"

So oft du kommst, er soll dir offen sein."

I. Vorbereitung. Schiller schickte dies kleine, heitere Gedicht mit anderen am 16. Oktober 1795 an Goethe nach Eisenach mit dem Begleitschreiben: Hier erhalten Sie einige Schnurren von mir. Die Teilung der Erde hätten Sie billig in Frankfurt auf der Zeile (der reichsten Straße) vom Fenster aus lesen sollen, wo eigentlich das Terrain dazu ist. Wenn sie Ihnen Spaß macht, so lesen Sie sie dem Herzog vor!" Goethe antwortete: „Die Gedichte sind sehr artig, besonders das Teil des Dichters ganz allerliebst, wahr, treffend, tröstlich." Bei seinem Erscheinen in den Horen 1795 fand das kleine Gedicht viel Beifall wegen des heitern Tones, tiefen Gehaltes und schönen Schlusses und wurde von vielen Goethe zugeschrieben.

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II. Vortrag und Erläuterung.

Die Erde soll das Erbe und ewige Lehen der Menschen sein, d. h. ein Geschenk, das Gott den Menschen unwiderruflich zu bleibendem Gebrauche übergab. 1. Mos. 1, 28: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde, machet sie euch unterthan und herrschet über sie."

Zeus von seinen Höhen, dem Olymp, d. h. Gott von seinem Himmel. Birschen bedeutet die Jagd mit Spürhunden im Walde. Firnewein ist eigentlich vorjähriger, abgeklärter, überhaupt alter und guter Wein. Der Poet nennt sich des Höchsten treusten Sohn, weil der Dichter zu ihm sich am meisten erhebt, von ihm Begeisterung empfängt und sein Lob am lautesten und öftesten singt. Jovis ist der Genetiv von Jupiter. Im Lande der Träume verweilen, d. h. den dichterischen Phatasieen nachhängen.

III. Gliederung und Gedankengang. 1. Zeus schenkte die Erde den Menschen zur Benuzung und brüderlichen Teilung. 2. Der Ackersmann, der Edelmann, der Kaufmann, der Geistliche, der König: ein jeder suchte und fand sein Teil. 3. Der Dichter kam zu spät, fand alles verteilt und ließ nun seine Klage erschallen. 4. Auf des Gottes Frage, wo er denn zur Zeit der Teilung gewesen sei, antwortete er: „In seliger Verzückung im Himmel!" 5. Da gab ihm Zeus als Erbe und Teil die Erlaubnis, allzeit den offenen Himmel mitzubenußen.

Grundgedanke: Der Dichter lebt zwar auf der Erde und hat irdische Bedürfnisse, aber die Güter derselben sind ihm meist sehr färglich zugemessen, weil er die Kunst des irdischen Erwerbs nicht versteht.

Als Entschädigung hat ihm Gott die dichterische Begeisterung, die Erhebung des Geistes über irdisches Trachten und Mühen und damit himmlische Seelenfreuden gegeben, welche hoch über allen Erdengütern stehen.

IV. Verwertung in Rede- und Stilübungen. 1. Welchen Anteil an der Erde verschafften sich Landmann, Edelmann (Junker), Kaufmann, Geistlichkeit (Abt) und Fürsten, was aber gab Gott dem Dichter als Ersaß für das versäumte irdische Teil? 2. Welches sind die Freuden und Leiden des Dichters nach der lezten Gedichtsgruppe? Welches ist Wesen und Wirkung der Poesie in diesem Erdenleben? Wie verhält sich die Welt des Wirklichen zu der Welt des Dichters? Wie wirkt die Dichtung verschönernd, beglückend, begeisternd und erziehend? Wie sähe ein Leben ohne den Schmuck der Poesie aus? Welchen Anteil hat Schillers Geschick und Lebensanschauung an jedem Gedichte der lezten Gruppe?

II. Aufgaben des Menschen und der Menschheit im Leben.

In der Zucht der Wahrheit und Liebe wird der Mensch zu einem thätigen Leben erzogen oder gerüstet. Welches sind nun die Aufgaben des thätigen Lebens? Arbeit und Liebe soll sein Inhalt, ein rechtes Thun das beste Genießen sein. Das Leiden als Kehrseite und Schatten der That sowie als Hemmnis der Kraftentfaltung muß duldend überwunden werden. Durch That und Leiden ringt sich der Mensch zur Vollendung empor. Die rechte That entkeimt dem fruchtbaren Gedanken. Das Leiden gewinnt im Thun und Dulden ein Gegengewicht, die Arbeit in der Freude ein unentbehrliches Förderungsmittel. Nur so erblüht das Glück. Und Glück sucht der Mensch im Leben, und Ewigkeitsgehalt möchte er der flüchtigen Zeit verleihen.

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1. Gedanke und That. That und Leiden.
Arbeit und Genuß.

Die zwei Tugendwege.
(1795.)

Zwei sind der Wege, auf welchen der Mensch zur Tugend emporstrebt;
Schließt sich der eine dir zu, thut sich der andre dir auf.

Handelnd erringt der Glückliche sie, der Leidende duldend.
Wohl ihm, den sein Geschick liebend auf beiden geführt!

Tugend ist die Übung des Guten aus innerem Pflichtgebote. Der tugendhafte Mensch hat kein äußeres Pflichtgebot nötig, weil die

Neigung des Herzens und die Stimme der Vernunft immer dem Gebote zuvor oder entgegenkommen. Derjenige Mensch ist glücklich zu preisen, der sein ganzes Thatleben schön nach seinen veredelten Neigungen gestalten kann. „Glücklich nenne ich denjenigen, der, um zu genießen, nicht nötig hat, unrecht zu thun, und, um recht zu handeln, nicht nötig hat, zu entbehren" (Schiller). Der Unglückliche oder Leidende muß entbehren und kann die Forderungen der Pflicht nur mit Überwindung widerstrebender Mächte, besonders auch der eigenen Schwäche erfüllen. Seine Stärke ist das Dulden, d. h. die stille, stete Überwindung alles dessen, was der Erfüllung des Sittengeseßes hemmend in den Weg tritt. Wer die Tugend durch Dulden erwirbt, der genießt den erhabenen Vorzug, unmittelbar mit der göttlichen Majestät des Gesetzes zu verkehren und, da seiner Tugend keine Neigung hilft, die Freiheit des Dämons (d. h. des Genius oder guten Geistes) noch als Mensch zu beweisen." Das Geschick wird den Glücklichen liebend auf seinem Wege zur Tugend führen, wenn es ihm die schöne Ausgestaltung des That- und Genußlebens nach der inneren Neigung gelingen läßt, den Unglücklichen, wenn es ihm zur Überwindung aller Widerwärtigkeiten sieghafte Kraft giebt und ihn trog aller Erschwerungen zum Seelenfrieden gelangen läßt. Hoffmeister erklärt das obige Doppeldistichon so: „Der Glückliche kann sein Leben schön ausbilden; der Leidende kann ihm duldend eine erhabene Gestalt geben."

Zwei Sprüche des Confucius.
(1795 u. 1799.)

Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jezt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.

Keine Ungeduld beflügelt
Ihren Schritt, wenn sie verweilt.
Keine Furcht, kein Zweifel zügelt
Ihren Lauf, wenn sie enteilt.

I.

Keine Reu', kein Zaubersegen
Kann die Stehende bewegen.

Möchtest du beglückt und weise
Endigen des Lebens Reise,
Nimm die Zögernde zum Rat,
Nicht zum Werkzeug deiner That.

Wähle nicht die Fliehende zum Freund,
Nicht die Bleibende zum Feind.

1. Grundgedanke. Der Spruch kann nach seinem Inhalt einer Gnome des alten chinesischen Weisen Confucius (500 Jahre vor Christus) nachgebildet sein. Er will den rechten Gebrauch der Zeit lehren, die Kunst, in ihr glücklich zu leben und sie mit Ewigkeitsgehalt zu erfüllen.

2. Wesen der Zeit. Dreifach erscheint ihr Schritt, d. h. ihre Bewegung, für den Menschen: als Zukunft scheint sie zögernd zu nahen, als Gegenwart oder Jezt ist sie pfeilschnell entflohen, als Vergangenheit steht sie unbeweglich still.

3. Mahnungen. An das Bild der Zeit knüpft der Dichter die Mahnung: 1. Wünsche nicht ungeduldig die säumende (zögernde, weilende, zu lange ausbleibende) Zukunft herbei, denn dadurch ziehst du sie nicht rascher herbei, sondern dehnst nur den Raum zwischen Wunsch

und Erfüllung länger aus. 2. Vergälle dir den kurzen, gegenwärtigen Augenblick, der dir von der rasch enteilenden Zeit nur gegönnt ist, nicht durch furchtsame Bedenken und grüblerische Zweifel, denn dadurch zügelst oder hemmst du den raschen Lauf der Zeit nicht. 3. Versuche nicht, die entflohene Zeit durch Klagen, Reuethränen oder Zaubersprüche zurückzurufen oder aus ihrer Erstarrung zu wecken.

4. Nuzanwendung. Als Lebensregeln und Bürgen einer glücklichen und weisen Lebensreise ergeben sich daraus folgende: 1. Lerne von der zögernden Zukunft ein bedachtsames, überlegtes, aber dann frisch und rasch entschlossenes Handeln, also bedachten Rat und rasche That! 2. Hänge dein Herz nicht an den flüchtigen Augenblick; genieße ihn, nuße ihn und laß ihn dann ohne Reue und Sehnsucht fliehen! 3. Sorge dafür, daß die bleibende, stillstehende Zeit der Vergangenheit nicht dein Ankläger und Feind wird, indem du reuevoll daran gedenken mußt, wie du die Zeit ungenußt und segenlos umgebracht hast!

5. Verwandtes von Goethe (aus dem Faust): „Gebraucht der Zeit, fie geht so schnell von hinnen; doch Ordnung lehrt auch Zeit gewinnen. Der den Augenblick ergreift, der ist der rechte Mann. Werd' ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch; du bist so schön!“

Dreifach ist des Raumes Maß:
Rastlos fort ohn' Unterlaß
Strebt die Länge; fort ins Weite
Endlos gießet sich die Breite;
Grundlos senkt die Tiefe sich.
Dir ein Bild sind sie gegeben:
Rastlos vorwärts mußt du streben,
Nie ermüdet stille stehn,

II.

Willst du die Vollendung sehn; Mußt ins Breite dich entfalten, Soll sich dir die Welt gestalten; In die Tiefe mußt du steigen, Soll sich dir das Wesen zeigen. Nur Beharrung führt zum Ziel, Nur die Fülle führt zur Klarheit, Und im Abgrund wohnt die Wahrheit. Die drei Hauptausdehnungen des Raumes lehren uns als bedeutsame Zeichen die Kunst des Lebens und des Strebens, das Verhältnis des Gedankens zum Thatleben.

1. Grundgedanke.

2. Wesen des Raumes. Die Länge dehnt sich rastlos in derselben Richtung aus. Die Breite gesellt dazu die Weite oder die Ausdehnung nach allen Seiten. Die Tiefe steigt hinab zum Grunde und hinauf zum Ziele.

3. Mahnungen. Die Länge mahne uns zu rastlosem, unermüdlichem Fortstreben nach dem Ziele oder der Vollendung. Die Breite lehre uns, ein richtiges Weltbild durch umsichtige Vergleichung vieler Erscheinungen zu gewinnen, ein vielseitiges, gleichschwebendes Interesse auszubilden. Die Tiefe zeige uns, wie das Wesen der Dinge zu erforschen, dem Grunde der Erscheinungen nachzugehen und die Wahrheit als treibende Lebensmacht zu erkennen ist.

4. Lebensregeln. Durch zähe Beharrlichkeit in einer Richtung und auf geradem Wege gelangt man ans Ziel des Strebens. Durch acht

same Vergleichung der Fülle von Lebenserscheinungen gewinnt man eine klare Anschauung der Weltverhältnisse, eine gerechte Würdigung der verschiedenen Werte und ein Verständnis der eigenen Aufgaben. Die eindringende Erforschung der treibenden Kräfte, der regelnden Geseze, kurz der Wahrheit, die im Verborgenen wohnt (im Abgrunde), lehrt uns menschenwürdig und weise streben und leben, denken und handeln, arbeiten und genießen.

5. Verwandtes. Beschränkung lehrt Goethe in dem „zahmen Xenion": "Wie fruchtbar ist der kleinste Kreis, wenn man ihn wohl zu pflegen weiß." Dagegen Ausdehnung in die Weite fordert er in dem Worte:

Weite Welt und breites Leben,
Langer Jahre redlich Streben,
Stets geforscht und stets gegründet,
Nie geschlossen, oft geründet,
Ältestes bewahrt mit Treue,
Freundlich aufgefaßtes Neue,
Heitern Sinn und reine Zwecke:

Nun, man kommt wohl eine Strecke.

Breite und Tiefe.
(1797.)

Es glänzen viele in der Welt,
Sie wissen von allem zu sagen,
Und wo was reizet, und wo was gefällt,
Man kann es bei ihnen erfragen;
Man dächte, hört man sie reden laut,
Sie hätten wirklich erobert die Braut.

Doch gehn sie aus der Welt ganz still,
Ihr Leben war verloren.
Wer etwas Treffliches leisten will,
Hätt' gern was Großes geboren
Der sammle still und unerschlafst
Im kleinsten Punkte die höchste Kraft.

Der Stamm erhebt sich in die Luft
Mit üppig prangenden Zweigen;
Die Blätter glänzen und hauchen Duft,
Doch können sie Früchte nicht zeugen;
Der Kern allein im schmalen Raum

Verbirgt den Stolz des Waldes, den Baum.

Dieser

Vergleichung mit dem 2. Spruch des Confucius. will ein Schaffen und Wirken in die Weite, Breite und Tiefe, „Breite und Tiefe" aber ein Forschen und Streben im engsten Rahmen, im kleinsten Punkte. Das Leben ist vielgestaltig für jeden Einzelnen, darum muß sein Thun auch vielseitig sein. Das Gebiet der Forschung ist so unendlich, daß ein Menschengeist es nicht umfassen kann. Wollte er es, so würde er seine Kraft zersplittern und sein Wirken verflachen. Der Einzelne kann für das Ganze nur etwas leisten, wenn er sich auf ein Gebiet beschränkt und hier seine ganze, gesammelte, nicht abgehezte Kraft einseht. Der „Spruch“ fordert rastloses Streben, Vielseitigkeit und Gründlichkeit in der Erfassung und Verwertung des Lebens; „Breite und Tiefe" warnt vor prahlerischer Vielwisserei und mahnt zur Gründlichkeit des Forschens. Der „Spruch“ will durch Allseitigkeit der

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