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3. Muttersprache und Sängerwort.

Muttersprache.

M. v. Schenkendorf. (B. II, S. 652, 5. Aufl.)

„Muttersprache, Mutterlaut, wie so wonnesam und traut!" 2c.

Das Lied preist in herrlicher Weise die Schönheit, Kraft und Innigkeit, die historische, nationale und religiöse Bedeutung der Muttersprache. Sie ist der Herzensklang an der Wiege, der Sehnsuchtsruf in der Fremde, der Väter Stimme aus der Vergangenheit, der Hoffnungsträger der Zukunft, das Mittel des Herzensverkehrs mit Gott und den Lieben und das stärkste Einheitsband zwischen allen deutschen Stämmen. An unsere Sprache.

Friedr. Rückert. (Bd. II, S. 655, 5. Aufl.)

Reine Jungfrau, ewig schöne,
Geift'ge Mutter deiner Söhne,
Mächtige von Zauberbann,

Du, in der ich leb' und brenne,
Meine Brüder tenn' und nenne
Und dich selber preisen kann! 2c.

Nie ist beredter und tiefsinniger Wert und Weise der Muttersprache besungen worden. Sie ist das geistige Gefäß aller unserer nationalen Schäße. Sie wird mit einer Jungfrau verglichen, die in ewiger Schönheit blüht. Zaubermächtig entriegelt sie verborgene Schäße, zeugt neues Geistesleben, weckt Begeisterung, ist das Verständigungsmittel zwischen den Kindern eines Volkes, das Gefäß der Gedanken, die Waffe der geistigen Welteroberung, der Schlüssel zu aller Rätseldeutung, die Brücke zwischen Himmel und Erde, Höhe und Tiefe, das unzerreißbare Band zwischen den verschiedenen Zeiten und Ständen, die vieltönige Zunge des Geistes und eine fortwährende Mahnerin zu starker, unermüdlicher Geistesarbeit.

Die deutsche Sprachgesellschaft.
Ludw. Uhland. Gedichte und Dramen I, 93.

Gelehrte deutsche Männer,
Der deutschen Rede Kenner,
Sie reichen sich die Hand,
Die Sprache zu ergründen,
Zu regeln und zu ründen
In emsigem Verband.
Indes nun diese walten,
Bestimmen und gestalten
Der Sprache Form und Zier:
So schaffe du inwendig
Thatkräftig und lebendig,
Gesamtes Volk, an ihr!

Ja, gieb ihr du die Reinheit,
Die Klarheit und die Feinheit,
Die aus dem Herzen stammt!
Gieb ihr den Schwung, die Stärke,
Die Glut, an der man merke,
Daß sie vom Geiste stammt!

An deiner Sprache rüge

Du schärfer nichts denn Lüge,
Die Wahrheit sei ihr Hort!
Verpflanz' auf deine Jugend
Die deutsche Treu' und Tugend
Zugleich mit deutschem Wort!
Zu buhlerischem Girren
Laß du ihn niemals kirren,
Der ernsten Sprache Klang!
Sie sei dir Wort der Treue,
Sei Stimme zarter Scheue,
Sei echter Minne Sang!
Sie diene nie am Hofe
Als Gauklerin, als Zofe!
Das Lispeln taugt ihr nicht.
Sie töne stolz; sie weihe

Sich dahin, wo der Freie
Für Recht, für Freiheit spricht!

Wenn so der Sprache Mehrung,
Verbesserung und Klärung
Bei dir von statten geht,
So wird man sagen müssen,
Daß, wo sich Deutsche grüßen,
Der Atem Gottes weht.

Sprachergründung, Sprachreinigung und Sprachausbildung hatte sich eine Gesellschaft deutscher Gelehrten zum Ziel gesezt. Uhland billigte ihr Unternehmen, mahnte aber das ganze Volk zur Mitarbeit. Die Sprache als organisches Geistesgewächs kann nur durch gesundes Wachstum des Volksgeistes sich entwickeln und gedeihen. Während die Gelehrten die Formen der Sprache ergründen und runden, soll das ganze Volk durch ein rechtes Leben den Formen Inhalt, der Sprache Wärme, Stärke und Schwung geben. Das deutsche Wort soll sich mit den deutschen Tugenden der Wahrheit und Treue decken und sie fortpflanzen, nicht buhlerisch und leichtfertig girren, sondern Ernst und Zucht, Liebe und Treue atmen. Sie tänzle und lispele nicht, sondern schreite stolz und ehrenhaft fürbaß. Der rechte Geist schaffe die rechten Sprachformen. Dann wird ein Gruß in solcher Sprache wie der Ödem Gottes von oben uns anwehen.

Freie Kunst.

Ludwig Uhland. (Bd. II, S. 617; 5. Aufl.)

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2C.

„Singe, wem Gesang gegeben in dem deutschen Dichterwald“ Dichter sind die Helden des Wortes, welche die Muttersprache als Gefäß und Waffe des Geistes brauchen sollen. Die deutsche Dichtkunst ist kein Vorrecht einzelner, sondern ein Volksrecht und ein Volksbesit. Nur in der Freiheit, im innigen Verkehr mit der Natur und in lebendiger Gemeinschaft mit Gott treibt sie ihre schönsten Blüten.

Des Sängers Fluch.

Ludwig Uhland. (Bd. III, S. 28.)

„Es stand in alten Zeiten ein Schloß so hoch und hehr“

2C.

Diese Ballade zeigt in schönster Weise die Aufgabe der Poesie und die Pflicht des Sängers. Die Poesie hat mehr als jede andere Kunst den göttlichen Beruf, das Gute und Schöne zu besingen, Unrecht und Frevel zu geißeln, mutig die Freiheit zu verteidigen, das Gemüt zu rühren und zu edler That zu begeistern. Wer sie verachtet, der verachtet die Stimme und den Segen des Himmels. Wer die Sänger verfolgt, der ruft den Fluch des Himmels auf sich und sein Thun herab, weiht sein Werk der Vernichtung und seinen Namen der Vergessenheit.

Lied eines deutschen Sängers.
Ludwig Uhland.

1. Ich sang in vor'gen Tagen
Der Lieder mancherlei
Von alten frommen Sagen,
Von Minne, Wein und Mai.

Gedichte und Dramen I, 87.

Nun ist es ausgesungen,
Es dünkt mir alles Tand;
Der Heerschild ist erklungen,
Der Ruf „Fürs Vaterland!"

2. Man sagt wohl von den Katten:

Sie legten Erzring' an,
Bis sie gelöst sich hatten

Mit einem erschlagenen Mann.
Ich schlag' den Geist in Bande

Und werf' an den Mund ein Schloß,
Bis ich dem Vaterlande
Gedient als Schwertgenoß.

3. Und bin ich nicht geboren
Zu hohem Heldentum,
Ist mir das Lied erkoren
Zu Lust und schlichtem Ruhm,
Doch möcht' ich eins erringen
In diesem heil'gen Krieg:
Das edle Recht, zu singen
Des deutschen Volkes Sieg.

Erst sang der Dichter von dem Glück der Gegenwart und den Ehren der Vergangenheit. Jezt begeistert ihn eine höhere Aufgabe: der Heerschild erklingt, und das bedrohte Vaterland ruft seine Söhne zum Kampfe. Mit seinem Liede tritt der Sänger in die Reihen der Kämpfer. Gleich den alten Kattenkriegern legt er sich den Erzring des Schweigens an, bis er die Pflicht fürs Vaterland erfüllt, sein Gelübde gelöst hat. Und ist sein Lied keine schneidige Waffe, welche die Feinde niedermäht, so möchte es doch als Jubelklang des deutschen Volkes Sieg im heiligen Kriege verkünden.

Wie jede andere Pflicht hinter die fürs Vaterland zurücktreten muß, wie sich der milde Harfenklang in schneidigen Schwertklang umstimmt, wie der Kriegsruf zur Siegeshymne wird: das alles sagt das Lied ebenso schlicht wie schön.

Das Vaterland.

Ludwig Uhland. (Bd. II, S. 19; 2. Aufl. Nr. 218.)

2C.

„Dir möcht' ich diese Lieder weihen, geliebtes deutsches Vaterland“ Dem neuerstandenen deutschen Vaterlande möchte der Dichter seine Lieder als Dankesgabe weihen, aber er zagt und hält die Gabe für zu klein und unwert gegenüber den Opfern, die andere gebracht haben. Die Helden haben ihr Blut, die Jugend hat ihr Leben auf dem Altar des Vaterlandes geopfert, und er hat nichts als klingende Worte; was können sie gelten? Das bescheidene Zagen des Dichters ist der beredteste Preisgesang der Helden.

Zueignung.

Theodor Körner. Leier u. Schwert S. 1.
Euch allen, die Ihr noch mit Freundestreue
An den verweg'nen Zitherspieler denkt,
Und deren Bild, so oft ich es erneue,
Mir stillen Frieden in die Seele senkt,
Euch gilt dies Lied! — O daß es Euch erfreue!
Zwar hat Euch oft mein wildes Herz gekränkt,
Hat stürmisch manche Stunde Euch verbittert,
Doch Eure Treu' und Liebe nicht erschüttert.
So bleibt mir hold! Des Vaterlandes Fahnen,
Hoch flattern sie am deutschen Freiheitsport.
Es ruft die heil'ge Sprache unsrer Ahnen:

Ihr Sänger vor! und schüßt das deutsche Wort!“
Das kühne Herz läßt sich nicht länger mahnen,
Der Sturm der Schlachten trägt es brausend fort;
Die Leier schweigt, die blanken Schwerter klingen:
Heraus, mein Schwert! magst auch dein Liedchen singen.

Laut tobt der Kampf! Lebt wohl, Ihr treuen Seelen;
Euch bringt dies Blatt des Freundes Gruß zurück.
Es mag Euch oft, recht oft von ihm erzählen,
Es trage sanft sein Bild vor Euren Blid.
Und sout' ich einst im Siegesheimzug fehlen:
Weint nicht um mich, beneidet mir mein Glück!
Denn was, berauscht, die Leier vorgesungen,
Das hat des Schwertes freie That errungen.

Den Freunden weiht der Dichter als Dankesgabe für ihre Güte und Nachsicht die Liedersammlung „Leier und Schwert“. Das Vaterland ruft den Sänger. Mit seinem Liede will er die bedrohte Muttersprache, mit seinem Schwerte die bedrohte Freiheit schüßen helfen. Das Lied verkündet, was das Schwert vollbringt. Der Sänger glaubt an den Sieg und will ihn gern mit seinem Blut und Leben erkaufen helfen. Der Tod für Freiheit und Vaterland scheint ihm ein beneidenswertes Glück.

Das Geschickt des Dichters und des Vaterlandes, die Leier und das Schwert, das Wort und die That, der Tod und unsterblicher Ruhm: das sind Gegenfäße, die der Dichter durch Lied und That versöhnt hat. Aufgabe der geharnischten Sonette.

Friedr. Rückert. Gedichte E. 148.

Der Mann ist wacker, der, sein Pfund benußend,
Zum Dienst des Vaterlands kehrt seine Kräfte:
Nun denn, mein Geist, geh' auch an dein Geschäfte,
Den Arm mit den dir eignen Waffen pußend!
Wie kühne Krieger jeßt, mit Glutblick_trußend,
In Reih'n sich stellend, heben ihre Schäfte;
So ftell' auch Krieger, zwar nur nachgeäffte,
Geharnischter Sonette ein paar Dußend.
Auf denn, die ihr aus meines Busens Ader
Aufquellt wie Riesen aus des Stromes Bette,
Stellt euch in eure rauschenden Geschwader!
Schließt eure Glieder zu vereinter Kette

Und ruft, mithadernd in dem großen Hader,
Erst: Waffen! Waffen! und dann: Rette! Rette!

Alles rüstet sich und stellt seine Kräfte in den Dienst des Vaterlandes. Jeder bringt das Eigenste und Beste. Auch der Dichter rüstet die ihm eigene Waffe des Wortes. Wie trußige Reiter stellt er seine geharnischten Sonette auf. Sie sind Kinder seines Geistes, tragen sein Herzblut und brausen wie ein verheerend Geschwader heran. Sie sollen die Glieder des Vaterlandes einen, Waffen verteilen und zum Rettungswerke treiben.

Wer soll der Hüter sein?

E. M. Arndt. Gedichte S. 62. (Mar von Schenkendorfs Denkmal.)

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„Wer soll dein Hüter sein? Sprich, Vater Rhein!" 2c.

Vater Rhein fordert als Hort Übermut das beste deutsche Herz.

und Wall gegen fremden Trug und

Darum muß der edle Sängerheld

Max von Schenkendorf in der Blüte seines Lebens, 33 Jahr alt, in Koblenz 1817 sterben. Sein Herz wird an der Landespforte, am Rhein, als beste Gabe des deutschen Volkes zum Schuß der Landesmark eingesenkt.

6. Wohl dir des Hüters dein!
Er hat vom Rhein,
Er hat vom deutschen Land,
Er hat vom welschen Tand
Mächtig geklungen,
Daß Ehre auferstand,
Wo er gesungen.

Bei dir, wonach er rang,
Sang er den Schwanensang:
Hier sollt' er Zeichen sein,
Hier sollt' er Hüter sein!

7. Wohl dir des Hüters dein!
Jauchze nun, Rhein!
Brause in Wonne fort,
Heilige Landespfort'!
Klinge in Freuden,

Klinge des Sängers Wort

Künftigen Zeiten!

Und in dem grünen Glanz
Liege sein Grab als Schanz!
Liege als Ehrenwall

Vor deiner Wogen Schwall!

Rückblick: Worin liegt die Bedeutung der Muttersprache? Warum ist sie ein Gefäß des Geistes und ein Spiegel der Volksart? Wie wird sie rein und kraftvoll erhalten? Wie verhält sich das Lied zur Muttersprache? Was ist des Sängers Beruf im Frieden? Wie dient er in Gefahr dem Vaterlande? Warum ist des Sängers Wort ein scharfes Schwert? Wie sind die Sänger Wächter ihres Volkes? Wie lohnt das Vaterland dem Sänger?

4. Seimische Sitte und Sittlichkeit.

Zimmerspruch.

Ludwig Uhland. (Bd. I, 373.)

Das neue Haus ist aufgericht't,
Gedeckt, gemauert ist es nicht; 2c.

Der Zimmerspruch" erinnert an die alte, schöne Sitte des „Richtefestes". Oben auf dem neu gerichteten Hause steht der Obergesell der Zimmerleute und hält die „Richtepredigt“ oder den „Zimmerspruch“, nachdem unten die Werkleute „Nun danket alle Gott" gesungen haben. Nach Beendigung seines Spruches befestigt der Gesell einen großen Strauß oder Kranz an der Giebelspize, bringt dem Bauherrn ein Hoch aus, trinkt auf dessen Wohl und wirst dann das Glas zur Erde. Hierauf folgt der Richteschmaus. Die Zimmerpredigten enthalten wie alle Volkssitten in ihren Wünschen und Wendungen etwas Feststehendes, Eingewurzeltes. Nur zuweilen schmuggelt ein geschickter Gesell von seiner eigenen, oft losen Weisheit dies und das ein. Uhland mit seinem feinen Sinne für Volkstümliches hat in seinem Zimmerspruche die volksmäßige Form und den edlen Inhalt der landläufigen Zimmersprüche festgehalten, alle Auswüchse aber beseitigt. Der Zimmerspruch soll schon beim Bau das Haus, die Arbeit und das Familienleben weihen und in die rechte Beziehung zu Gott seßen.

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