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Ich wäre manchmal gerne froh,
Allein Gesellschaft find' ich nicht.

Nun sie alle trauern so,
So ist auch mir zu trauern Pflicht.
Man würd' auf mich mit Fingern
deuten,

Zeigt' ich mich fröhlich bei den Leuten,
Doch sie bleiben mir gewogen, nicht erreg'
ich ihren Neid;

Denn ich lache immerdar,
Wo es einer wird gewahr.

Mich schmerzt es in der Seelen Grund, Denk' ich, wie man vor manchem Tag So froh war auf dem Erdenrund: Weh, daß ich's nicht vergessen mag,

Wie fröhlich da die Leute waren!
Da konnt' ein Froher froh gebaren:
Hoch entgegen schlug sein Herz der wonnig-
lichen Frühlingszeit!

Soll das nimmermehr geschehn,
So schmerzt mich's, daß ich's je gesehn.

Das sonnige Einst und das trübe Jezt erscheinen beide mit gleicher Wahrheit und Wärme in der Seele des Dichters abgespiegelt. Verwandten Klang hat auch nachstehende Strophe aus „Vergängliche Freude". Sie ist zugleich ein wertvolles Zeugnis für den Charakter des Dichters. Mancher trauert, der doch glücklich ist;

Mich sieht man immer wohlgemut,

Ob mein Herz gleich wahre Freude mißt (vermißt),
Das kommt mir eben so zugut;

Herzensfreude hab' ich viel gekannt, doch ach!

Stets war Herzeleid dabei.

Ließen mich Gedanken frei,

So wüßt' ich nichts von Ungemach.

Auf Reinmars des Alten Tod.1)

Oweh, daß Weisheit doch und Jugend,
Daß Mannesschönheit, Mannestugend

Sich nicht vererbt, geht ihm der Leib zu Grabe! 2)
Mit Recht beklagt's ein weiser Mann,

Der den Verlust ermessen kann,

Reinmar, was Kunst an dir verloren habe.3)

Nun solltest du's im Tode noch genießen:4)
Du ließest dich nicht einen Tag verdrießen
Der Frauen Preis und Lobgesang . . .5)

Sie sollten immer danken deiner Zungen.

Und hättest du nichts als das Lied gesungen:

„So wohl dir, Weib, dein Name rein!"6) du hättest so gestritten
Zu ihrem Ruhm, daß jede Frau dir Gnade sollt' erbitten.")

Gewiß, Reinmar, du schmerzest mich

Gar viel härter als ich dich,

Wenn du lebtest und ich wär' gestorben.8)
Ich will aufrichtig sein und sagen,

Dich selber wollt' ich minder klagen

Als deine edle Kunst, daß die verdorben.9)

Du konntest neue Lust der Erde spenden,

Wenn du dein Lied zum Guten wolltest wenden. 10)

Mich schmerzt dein wohlberedter Mund, dein süßer Liedersang,
Daß sie zu meiner Zeit von dannen fliehen.11)

Was mochtest du ein Weilchen nicht verziehen?

So hätt' ich deine Fahrt geteilt; mein Singen währt nicht lang. 12)
Nun habe deine Seele Heil und deine Zunge Dank! 13)

Zur Erläuterung. 1) Reinmar lebte mit Walther an dem Hofe zu Wien, gehörte zu den trefflichsten älteren Minnesängern und war vielfach Walthers Vorbild in der Sangeskunst. Er ist wohl die Nachtigall von Hagenau, deren Tod Gottfried von Straßburg im Tristan so schmerzlich beklagt. Seine zahlreichen Lieder sind einfach und innig; sie atmen eine sanfte Schwermut. „Noch stets sah Minne er in bleicher Farbe." Seines Wertes als Sänger war er sich bewußt und meinte, ,,es werde mancher ihn nach seinem Tode klagen, der seiner jezt gar leicht entbehrte." Walther scheint nicht im besten Einvernehmen mit Reinmar, einem Nebenbuhler, gestanden zu haben, desto ergreifender ist die rührende Klage über den Künstlerwert des heimgegangenen Sangesgenossen. 2) Die Totenklage hebt mit dem Bedauern an, daß sich persönliche Vorzüge nicht vererben. Sehr schön ist die Zusammenstellung von Weisheit und Jugend, Schönheit und Tugend, eine kurze reiche Charak teristik! In Hartmanns Iwan" heißt es: hie vant ich wisheit bî der jugent, grôze schoene und ganze tugent". 3) Wer ein Urteil über Kunstwert hat, weiß, was die Kunst an dir verloren hat. 4) Man sollte dir's übers Grab hinaus Dank wissen durch stete Liebe und Ehre. 5) Das Loblied der Frauen hat er unermüdlich und unerschöpflich gesungen. 6) Dies berühmte Preislied der Frauen von Reinmar ist erhalten. Hier finde ein kurzes Lied Reinmars zur Charakteristik des Sängers Play:

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Ein Herz erkennen soll die Welt,

Das stets der Freude gönnt die Statt.

Wahre Freude mir gefällt:

Ich meide niemand, der sie hat.

Wer also wendet seinen Mut,

Daß er das Beste gerne thut,

Ich will euch meinen Willen sagen:

"

Eh' der nur unsanft sollte gehn, ich wollt' ihn auf den Händen tragen. 7) Jede Frau sollte für das Heil und die Ruhe deiner Seele Fürbitte thun. 8) Mein Tod würde dich weniger geschmerzt haben als mich der deinige. Reinmar muß also Walthern nicht freundlich gesinnt gewesen sein. In schlichter, rührender Aufrichtigkeit bekennt auch Walther, daß er Reinmars Kunst höher als seine Person geschäzt habe, daß er den Verlust der Kunst schmerzlicher als den der Gesellschaft empfinde. 10) Wie viel Freude hätte die Welt noch von dir zu erwarten gehabt, wenn du ihr Geschick im Liede hättest wiederklingen lassen! 11) Daß ich den Verlust mit erleben, mit empfinden muß! Den Ausdruck wol redender munt" braucht auch Wolfram im Parzival. 12) Auch ich bin dem Ziele meines Lebens und Singens nahe. Wären wir doch zusammen, gleichzeitig, von hinnen geschieden! 13) Der Seele Heil zu wünschen, dem liederfüßen Munde Dank zu sagen, darin gipfelt und schließt der herrliche Nachruf, dem keiner von den sonst üblichen Liedern auf den Tod von Sangesgenossen gleicht.

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Nachdem Walther „vierzig Jahre oder mehr“ gesungen, da spricht er noch als Greis am Stabe begeistert vom Beruf und Lohn des Sängers:

Laßt mich an meinem Stabe gehn, So werb' ich noch um Würdigkeit Mit unverzagter Freudigkeit,

Wie schon vom Knaben ist geschehn.

So werd' ich, zwar gering, der Werten
einer sein

Und nicht gemeiner Ehre froh.
Sehr kränkt die Bösen das. Ob dies mir
schade? Nein!

Mich ehrt der Biedre desto mehr.

Der Werten Würde ist so wert,

Das höchste Lob soll man ihr geben:
Es giebt kein lobenswerter Leben,
Als das sich bis zuletzt bewährt.

Bezeichnend für den Charakter des Sängers ist auch sein lezter

Wille:

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1) Der an irdischem Gut fahrender Habe und Grundeigentum So antwortet so arme Dichter kann nur Erfahrungen vererben. König Richard Löwenherz von England auf die Mahnung des Kreuzpredigers Fulk von Neuilly, recht bald seine drei schlimmen Töchter Übermut, Geiz und üppigkeit zu verheiraten, damit sie ihn nicht in Schaden und Schande brächten: Do igitur superbiam meam superbis templariis, et cupiditatem meam monachis de ordine Cisterciensi, et luxuriam meam praelatis ecclesiarum. (Roger von Honveden.) 2) Damit keine Erbstreitigkeiten über meinen Nachlaß entstehen. 3) Den Neidern meines Erfolgs gebühren meine Mißerfolge und Mißgeschicke, an denen sie so fleißig geholfen haben; meinen Hassern bittere Reue über das mir zugefügte Leid. Jedes Gewissen wacht einmal auf und hält Gericht. 4) Durch Lügen und Verleumdungen haben mir die Feinde das Leben schwer gemacht, darum: Mine swaere haben die lügenaere!" 5) Die sinnbethörende Liebesleidenschaft sei das Erbteil derer, die mit Liebesworten und Liebesliedern spielen, von Liebe sprechen, aber im Herzen nichts fühlen. Der falsche Schein werde ihnen zur bittern Wahrheit. 6) „Den Frauen schmerzliche Sehnsucht nach aufrichtiger, edler Minne."

Der Wahlstreit.

1. Die drei Dinge.

Ich saß auf einem Steine und deckte Bein mit Beine.
(Siehe Abt. I, S. 128.)

Die dreie haben Geleites nicht, eh' nicht die zweie worden gesund.

2. Der Waise. 1)

Ich hört ein Wasser dießen2) und sah die Fische fließen,3)

Ich sah, was in der Welte was,4) Feld und Wald, Laub, Rohr und Gras.
Was kriechet und was flieget, was Bein' zur Erde bieget,5)

Das sah ich, und ich sag' euch das: der keines lebet ohne Haß!
Das Wild und das Gewürme, die streiten starke Stürme,6)

So thun die Vögel unter ihn'n,7) nur daß sie haben einen Sinn;8)
(Sie würden sonst zu nichte!) sie schaffen stark Gerichte;9)

Sie wählen Könige und Recht; sie seßen Herren und auch Knecht.
weh dir, deutsche Zunge, 10) wie steht dein' Ordenunge! 11)
Daß nun die Müd' ihren König hat, und deine Ehre so zergat! 12)
Bekehre dich, bekehre! Die Zirkel 13) sind zu hehre;

Die armen Könige 14) drängen dich: Philippen sez den Waisen auf
und heiß sie treten hinter sich! 15)

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Zur Erläuterung. 1) Der Waise war der größte, köstlichste Edelstein der deutschen Kaiserkrone. Weil er einzig in seiner Art war, darum hieß er Waise. Herzog Ernst sollte ihn aus dem hohlen Berge im Morgenlande mitgebracht haben. 2) Dießen brausen, rauschen. 3) Fließen schwimmen. schwimmen. 4) Was = war. 5) Also läuft. 6) Sie führen erbitterte Kämpfe. 7) Unter sich. 8) Sobald sich's um ihre Verteidigung gegen Feinde handelt. 9) Sie haben ihre eigenartige Rechtspflege, die in einem gemeinsamen Oberhaupte gipfelt. 10) Deutsches Volk und Land. 11) Wie mußt du dich mit deiner Unordnung und Verwirrung vor der Ordnung im Reiche der unvernünftigen Geschöpfe schämen! 12) Deine Ehre zergeht, sinkt immer mehr, weil du nicht zur Wahl eines Königs kommen kannst; das Volk der Mücken ist besser dran. 13) Die Zirkel, d. h. die Fürsten mit goldenem Reif oder Zirkel auf dem Haupte als Gegensatz zur Krone, sind zu mächtig und gewaltig. 14) Die armen Könige sind die Mitbewerber um die Kaiserkrone Philipp von Zähringen, Bernhard von Sachsen und Otto von Poitou. Könige heißen sie, weil sie's gern werden möchten, arm, weil sie machtlos und ärmer als Philipp von Schwaben sind. 15) Ermanne dich, Deutschland! Seze dem Könige Philipp die Krone auf und weise alle Thronbewerber und Unruhestifter in ihre Schranken zurück!

3. Der Klausner. 1)

Ich sah mit meinen Augen 2) Mann und Weiber taugen, 3)

Daß ich da hörte und auch sach, was jedes that, was jedes sprach:

Zu Rom da hört' ich lügen, zwei Könige betrügen. 4)

Davon hub sich der meiste Streit, der jemals ward und immer seit,5)
Da Pfaffen sich und Laien begannen zu entzweien.

Das war eine Not vor aller Not; Leib und Seele lag da tot." 6)
Die Pfaffen stritten sehre, doch ward der Laien mehre.
Das Schwert sie legten nieder und griffen zu der Stole wieder:7)
Sie bannten, die sie wollten, und den nicht, den sie sollten; 8)
Man störte manches Gotteshaus. 9) Ich hörte fern in einer Klaus'
Gar großes Ungebäre. 10) Da weint' ein Klausenäre;

Er klagte Gott sein bittres Leid: O weh, der Papst der ist zu jung; 11)
hilf, Herr, deiner Christenheit!
(Wörtliche Übertragung nach Vilmar.)

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Zur Erläuterung. 1) Ein Einsiedler. 2) Es war ein besonderes Sehen in die Weite und die Tiefe; darum ist der Zusaß mit mînen ougen nicht bedeutungslos. 3) tougen heimlich, verborgen. Die Geheimnisse der Welt lagen offen vor mir; niemand merkte, wie ich alles sah und hörte, was die Menschen dachten, sprachen und thaten. 4) Die beiden Könige sind Philipp von Schwaben und Otto von Braunschweig. Der kluge Papst Innocenz III. entschied sich anfänglich für keinen, sondern hielt beide hin. 5) Ein Streit, so groß und einschneidend, wie weder früher noch später einer größer war. 6) Mit Pfaffen und Laien können weltliche und geistliche Fürsten bei der Königswahl, aber auch die welfische und staufische Partei gemeint sein. Die Mehrzahl der Geistlichen stand auf der welfischen Seite. Die weltlichen Waffen töteten die Leiber, die geistlichen die Seele. Walther kann aber auch meinen, daß Geistliche und Laien wie Seele und Leib einen Körper bilden, und daß der Tod eintritt, wenn sich beide scheiden. 7) Schwert und Stole find die Sinnbilder der weltlichen und geistlichen Gewalt. Mit dem Schwerte richtete die päpstliche Partei nichts aus, da griff sie zu den geistlichen Waffen des Bannes und Interdikts. Die Stola gehört zu dem Priestergewande. Es ist eine breite Binde, die über das Chorhemd um den Hals über die Achseln, vorn kreuzweise über einander gelegt ist und bis auf die Kniee herabhängt. Sie wird bei allen wichtigen priesterlichen Amtshandlungen gebraucht. 8) Sie bannten den Staufer und seine Anhänger, nicht aber den Welfen Otto, der es verdient hätte. 9) Durch das Interdikt, welches über alle Orte verhängt wurde, wo der gebannte Philipp oder seine im Bann befindlichen Anhänger waren, wurde der Gottesdienst gänzlich gestört. Doch auch viele Gotteshäuser wurden in den wilden Kämpfen zerstört und Kirchhöfe geschändet. 10) Der Klausner oder Einsiedler erhob große, ungebärdige Wehklage über der Verfall der Kirche und des Vaterlandes. Er als Vertreter der früheren strengsten Frömmigkeit muß die Entartung der Geistlichkeit und den Verfall der Kirche um so schmerzlicher empfinden und um so strenger verurteilen. 11) Papst Innocenz III. war bei seiner Wahl 1198 erst 37 Jahre alt, hatte also für einen Papst ein ungewöhnlich niedriges Alter.

Vergleichung der drei Gesäße. Mit den vorstehenden drei Sprüchen oder Gesäßen betritt Walther das Gebiet der politischen Dichtung und giebt damit das erste Beispiel in deutscher Zunge. Zweifellos hat er alle drei, wenn auch nicht zu gleicher Zeit, doch in vollem

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