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Noch nie ward einem andern ich so hold als mir.5)

Herr, Vater du und Sohn, dein Geist erleuchte meine Sinne!6)

Wie mach' ich's, den zu minnen, der mir Böses thut?7)

Ich habe den viel lieber, der auch mir ist gut.8)

Vergieb mir sonst all' meine Schuld!9) Noch steht mir so der Mut. 10)

Zur Erläuterung. 1) In diesem Spruche beklagt Walther seine Lauheit und den Mangel an rechter Nächsten- und Feindesliebe. 2) Meine Kunst ist deine Gabe, aber ich brauche sie nicht genugsam in deinem Dienste. 3) Das ist Undank und Frevel an deiner Herrschergewalt. Mit dem Reise kann das Zepter des Regenten und die Rute des Erziehers gemeint sein. 4) Matth. 22, 37-40: „Du sollst lieben Gott, deinen Herrn -“. ‚Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst —“. Gottes- und Nächstenliebe ist des Gesezes Erfüllung. Offb. 3, 15. 16: „Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist —“. Vergleiche aus dem Spruche Allvater":

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Wer ohne Furcht, mein Herr und Gott,

Will sprechen deine zehn Gebot'

Und bricht sie, Ider hat nicht die wahre Minne.

Gar mancher, der dich Vater nennt,

Doch mich als Bruder nimmer kennt,

Der spricht das starke Wort aus krankem Sinne.
Wer kann den Herrn vom Knecht noch unterscheiden,
Wenn Gewürm ihr Fleisch verzehrt?

Ihm dienen Christen, Juden und auch Heiden,
Der alle lebenden Wunder nährt.

5) Die Selbstliebe ist das Grundübel meiner Seele. 6) Nachdrückliche Anrufung des dreieinigen Gottes. Der heilige Geist erleuchtet den dunkeln Sinn. 1. Kor. 2, 14: „Der natürliche Mensch -". Der heilige Geist geht aus von dem Vater und dem Sohne. 7) Christi Gebot der Feindesliebe Matth. 5, 44: „Liebet eure Feinde -". 8) Dagegen Matth. 5, 46: „Denn so ihr liebet, die euch lieben —“. 9) Fünfte Bitte des Vaterunsers. 10) Ich liebe meine Freunde und hasse meine Feinde!" Das ist leider mein Sinn, den ich noch nicht überwunden habe.

Arm und Reich.1)

Du junger Mann, wer du auch bist,
Ich lehre dich, was heilsam ist:

Du mußt zu ängstlich nicht nach Gute ringen;
Doch laß dir's auch nicht unwert sein!

Und folgst du nur der Lehre mein,

So sei gewiß, es wird dir Frommen bringen.
Ich will dir beides leicht bewähren:
Verachtest du's und mußt entbehren,

So ist deine Freude tot.2)

Und willst du allzu sehr den Reichtum minnen,
So verlierst du Seel' und Ehre.3)

Drum folge meiner Lehre:

Leg' auf die Wag' ein rechtes Lot

Und wäg' es ab mit deinen schärfften Sinnen,4)

Wie Maß uns jederzeit gebot.

Zur Erläuterung. 1) Dieser Spruch belehrt den jungen Mann über Wert und Gefahr des irdischen Gutes. Vergl. Spr. 30, 8. 9: „Armut und Reichtum gieb mir nicht -".

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2) Wigalois: wan von grôzem guote stigent diu herzen hô, von armuot wird nieman frô". Besißlosigkeit führt oft zu Mutlosigkeit. 3) Der Reiche verliert die Seele durch Weltsinn und Weltlust (Der reiche Mann lebte alle Tage herrlich und in Freuden), die Ehre durch Übermut oder Kargheit. 4) Prüfe sorgfältig, wie weit das Streben nach irdischem Gut zulässig ist, Ehre und Seelenheil nicht schädigt. Matth. 16, 26: „Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?"

Verwandte Sprüche sind: Habsucht (An nichts ist Weisen mehr gelegen als an Ehr und Gottes Segen) und Abfindung. Lehterer lautet in der Übersetzung von Bruno Obermann (Kollektion Spemann in Stuttgart Bd. 100) folgendermaßen:

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Wie geht's auf Erden wundersam!
Wie mannigfache Gabe kam

Uns doch von dem, der einst aus nichts uns machte! 1)

Dem einen giebt er weisen Sinn,

Dem andern Gut mit dem Gewinn,

Daß Schaden ihm zuleßt sein Gut nur brachte.2)

Armen Mann mit weisen Sinnen

Soll man vor dem reichen minnen,

Der nach Tugend nicht begehrt.3)

Nur Gottes Huld und Ehre sind die Gaben,

Wonach die Welt mit Recht verlanget.4)

Wer so jedoch am Gute hanget,

Daß er die beiden drum entbehrt,

Mag hier und dort vom Lohn nichts weiter haben,
Dem sei sein Teil schon hier gewährt.5)

1) Vergl. die Schöpfungsgeschichte und den 1. Artikel! 2) Der reiche. Mann im Evangelium. 3) Meist wird der Reiche geehrt und der Arme verachtet. Der Mensch siehet, was vor Augen, aber der Herr siehet das Herz an.“ 4) Ehre und Gottes Huld sind die ritterlichen Strebeziele. 5) Wer Geld und Gut so sehr liebt, daß er darüber Ehre und Gottes Huld verachtet und verliert (daz er der beider wirt entwert), der möge hier und dort keinen andern Lohn als eben sein Geld haben. Sie haben ihren Lohn dahin."

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In einem Scheltliede An die Welt" klagt Walther:

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Oweh' dir, Welt, wie schlimm du stehst! Was du für Dinge jest begehst! Vergessen hast du Zucht und Scham; Gott weiß es, ich bin sehr dir gram. Was ist an Ehre dir geblieben?

Niemand sieht dich Freude lieben,
Wie man weiland Freude pflag.
Man lobt jezt nur die reichen Kargen.
Welt, du liegst so sehr im Argen,
Daß ich's nicht beschreiben mag.

Von dieser bösen Welt, in der er sich selbst nicht mehr findet, nimmt der Dichter Abschied in dem folgenden Liede:

Das täuschende Bild.1)

fänd' ich frohe Himmelfahrt! 2)
Ich habe manchem mit Gesang
Das Herz erfreut mein Leben lang;
Hätt' ich dabei mich selbst bewahrt! 3)
Preis' ich des Leibes Minne, ist's der
Seele leid.4)

Sie sagt, erlogen, Wahnsinn sei's.5)
Die wahre Minne lebe fort in Ewigkeit,
Beglücke stets und täusche nie: 6)

Leib, flieh ein Glück so trügerisch,
Nur stäte Minne halte wert! 7)
Mich dünkt, die du bis jezt begehrt,
Sei nicht bis auf die Gräte Fisch.8)

Ich hatt' ein schönes Bild erwählt:
weh, daß ich es je gekannt,

So manches Wort daran gewandt,
Da ihm nun Reiz und Sprache fehlt!9)
Drin wohnt' ein Wunder, 10) das ent-
wich mit einemmal,

Und davon schwieg das Bild sogleich;
Sein lilienrosig Antlig ward so terkerfahl,
Verloren ging ihm Duft und Schein.

Mein Bild, bin ich gekerkert hier 11)
In dich, dann gieb mich frei also,12)
Daß wir uns wiederfinden froh,
Wenn ich einst muß zurück zu dir. 18)

Welt, wie du lohnst, hab' ich gesehn,
Was du mir gabst, das nimmst du mir.
Wir scheiden alle bloß von dir;

Schäm dich, soll mir es so ergehn! 14)

Ich habe Seel' und Leib (das war zu viel!)
Tausendmal gewagt für dich.

Nun bin ich alt; du hast mit mir dein Gaukelspiel,
Und zürn' ich drum, so lachest du.15)

Nun lach' nur eine Weile noch!

Dein Jammertag wird eilig kommen. 16)

Der nimmt dir, was du uns genommen 17),
Und brennt dich dann zur Strafe doch.18)

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Zur Erläuterung. 1) Das täuschende Bild ist weder die besungene geliebte Frau", noch „Frau Welt", sondern der Leib im Gegensatz zur Seele. Der Leib, einst die blühende und sorglich gepflegte Hülle der Seele, ist alt und häßlich geworden und wird bald sein Wunder, die Seele, daraus entfliehen lassen. 2) Luk. 2, 39. Der alte Simeon sprach: „Herr, nun läsfest du deinen Diener in Frieden fahren“. Vergl. die Totenklage um Reinmar S. 92: „so hätt' ich deine Fahrt geteilt“. 3) Hätte ich bei Übung meiner Sangeskunst immer meine Seele vor Schuld bewahrt! Geibel: Gieb deinen Geist zu meinem Liede, daß rein es sei, und daß kein Wort mich einst verklage, sei du mit mir!“ Eichendorff: Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd, um schnöden Sold der Eitelkeit, zerschlag mein Saitenspiel! und schauernd schweig ich vor dir in Ewigkeit." Matth. 12, 36: Wir sollen Rechenschaft von jedem unnüßen Worte geben! 4) Der Welt Freund ist Gottes Feind, Sinnenlust das Hindernis von der Seelen Heiligung. 5) Die Seele hält den Minnegesang für süßen Wahnsinn, für Täuschung und Lüge. 6) Die wahre, d. h. himmlische Minne, ist ewig, göttlich und täuscht nie. Vergl. Mtth. 7, 13. 14: Der breite und der schmale Weg. 7) Fliehe die flüchtige Erdenminne und suche die stäte Gottesminne. 8) Sprichwört

liche Redensart: er ist nit visch unz an den grât", oder: „Ir seid nicht visch bis auf den grad“, d. h. nicht durchweg echt, sondern trügerisch, auf falschen Schein berechnet. Luk. 11, 11: „So der Sohn bittet um einen Fisch, welcher Vater bietet ihm eine Schlange?" 9) Bild wird von den Dichtern nicht selten für Leib gesezt. Vergl. Mannsbild und Weibsbild. Konr. von Würzburg: „Sîn wünneclîchez bilde wart alsam ein tôte bleich, sîn maht und ellen im gesweich und alle sine witze". Der Pflege und Ergözung des Leibes ist so viel Zeit und Mühe gewidmet worden. Nun er alt, ohne Schöne und Sprache, ist alle Arbeit verloren. 10) Das Wunder ist die Seele, die den Leib wunderbar belebte. Ihr Entweichen ist der Tod; er macht das Bild stumm und raubt ihm allen Reiz. 11) Die Seele hält Zwiesprach mit ihrem Bilde, in das sie gleichsam eingekerkert ist. Die Seele, als Gottes Odem himmlischen Ursprungs, sehnt sich nach dem Himmel zurück und fühlt sich im Leibe gefangen, eingekerkert. 12) Laß meinen Tod derart sein, daß wir uns bei der Wiedervereinigung am jüngsten Gerichte selig freuen können. 13) Im Glaubensbekenntnis heißt es: „Ich glaube an eine Auferstehung des Fleisches". Hes. 37: Die verdorrten Gebeine werden. wiederbelebt, wenn der Geist zu ihnen zurückkehrt beim lezten Gericht.

14) Hiob 1, 21: „Ich bin nackend von meiner Mutter Leibe ge= kommen". Paul Gerhard in dem Liede: „Warum sollt' ich mich denn grämen?" Str. 2: „Nackend lag ich auf dem Boden, da ich kam, da ich nahm meinen ersten Odem. Nackend werd' ich auch hinziehen, wenn ich werd' von der Erd' als ein Schatten fliehen." Welt ist hier das Leben als Person gedacht. Was es dem Dichter in der Jugend an Kraft, Schönheit, Beredsamkeit 2c. gegeben, das nimmt es ihm im Alter. 15) In keckem Wagemute hat der Dichter in der Jugend Leib und Seele für die Lust des Lebens eingesezt. Nun giebt es dem müden Leibe keine Freude mehr. Und würde ich mich darüber beklagen, so würde ich zum Spott der Leute. Alte mit Jugendansprüchen an das Leben werden lächerlich. Bürger in dem Sonett an das Herz (Bd. III, S. 163): „Herz, ich wollte, du auch würdest alt“. Wenn das Herz des Greises nach dem verlangt, was Zeit und Natur versagen, dann verfällt er leicht dem Spott. 16) Das jüngste Gericht. Luk. 21, 26: „Auf Erden wird den Leuten bange sein und werden zagen —“. Jak. 4, 9: „Euer Lachen soll in Weinen verkehret werden". 17) Alle Schönheit, Freude und Wonne. 18) 2. Petr. 3, 10: Des Herrn Tag wird. kommen wie ein Dieb in der Nacht, in welchem die Himmel zergehen werden mit großem Krachen" 2c. Das althochdeutsche Gedicht Muspilli beschreibt auch den Weltuntergang durch Feuer. Aus der Feuerwelt Muspelheim werden die Flammen nach Asgard, dem himmlischen Wohnsize der Asen, schlagen und die Weltesche verbrennen.

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Eine Mahnung (nach Matth. 24 und Luk. 21, Mark. 13), uns auf den jüngsten Tag und das Gericht zu rüsten, enthält das folgende Gedicht:

Nun wachet! denn uns naht der Tag,
Vor welchem Angst wohl haben mag
Ein jeder von den Christen, Juden, Heiden.
Wir konnten viel der Zeichen sehn,
Daraus wir seine Ankunft spähn,
Wie uns die Schrift mit Wahrheit will
bescheiden.

Die Sonne hat den Schein verkehret,
Untreu' den Samen ausgeleeret
Jezt auf allen Wegen schier.

Der Vater bei dem Kinde Untreu'
findet,

Der Bruder seinem Bruder lüget,
Die Geistlichkeit in Kutten trüget,
Statt, daß sie uns zum Himmel führ'.
Gewalt steigt auf, Recht vor Gerichte schwindet.
Auf drum! viel ward versäumt schon hier.

(Br. D.)

I. Gottesbotschaft an den Kaiser.1)
Herr Kaiser, als von Gott dem Herrn
Ein Bote, bring' ich Botschaft gern:
Er hat das Himmelreich, ihr habt die Erde.
Euch, den er sich zum Vogt ernannt,
Klagt er, wie in des Sohnes Land
Euch zwei'n der Heide troßig sich gebärde.2)
Drum wollt' dort für ihn richten!3)
Sein Sohn, der da geheißen Christ,
Wie er's vergelten will, läßt er euch sagen:
(Eilt, ihn euch zu verpflichten!)

Er sprech' euch Recht, wo er Vogt ist, 4)
Und solltet ihr den Teufel selbst verklagen.

(Br. Obermann.)

Zur Erläuterung. 1) Dieser Spruch ist eine Mahnung Walthers an Kaiser Otto IV. zu einer Kreuzfahrt. Der Dichter kommt in seiner Eigenschaft als Bote (Fronbote, d. h. Gerichts- oder Herrnbote) Gottes, des Herrn im Himmel, erhebt in seinem Namen Klage gegen die Räuber und Schänder von seines Sohnes Lande, fordert den Kaiser auf, als Gottes Stellvertreter (Vogt) auf Erden Gericht zu halten über die Übelthäter und verheißt ihm dafür die Huld des himmlischen Lehnsherrn.

2) Die Heiden beleidigen durch ihren Unglauben und die Schändung des heiligen Landes den himmlischen König und verlegen die Ehre des irdischen, der Gottes Vogt und Sachwalter auf Erden ist. Palästina heißt des Sohnes Land, weil er's mit seinem Blute geweiht hat. Es ist gleichsam eine Provinz des Himmels auf Erden, das Mittelland zwischen Erde und Himmel. 3) Das göttliche Gericht, das seinem Vogte aufgetragen wird, ist die Bekämpfung der Ungläubigen und die Eroberung des heiligen Landes. 4) Das Recht, das Jesus, der himmlische Vogt, spricht, bedeutet das jüngste Gericht, bei dem der Heiland als Weltenrichter erscheint: „Von dannen er kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten". Wie der Kaiser Jesu Sache auf Erden behandelt, so wird Jesus einst des Kaisers Sache beim lezten Gericht behandeln. Das kaiserliche Gericht über die Feinde Jesu auf Erden soll ein Vorbild des göttlichen Gerichtes über die Seelenfeinde des Kaisers im Jenseits sein.

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