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Hieraus ergiebt sich denn aber im Allgemeinen, daß die Moral Jesu von den Flecken und Fehlern frey war, welche die Moral der jüdischen Secten zu seiner Zeit hatten; daß sie weit vollkommner ist, und daß er mit Wahrheit ein Reformator der Sittenlehre und Sitten seiner Zeit genannt werden fann.

§. 41.

V) Verhältniß der Moral Jesu zur Dogmatik.

Bekanntlich hat man sonst gelehrt, daß die theos retischen Religionswahrheiten der Grund der moraliz fchen seyen, daß diese ohne erstere keine Festigkeit und Haltbarkeit hatten. Daher hat man auch die Moral sonst in Verbindung mit der Dogmatik vorgetragen, weil sie nur Folgerungen aus den Religionslehren ents halte, die mit ihr in der engsten Verbindung stünden.

Die neuere kritische Philosophie hat diesen Sag umgekehrt. Sie macht die Moral zum Fundament der Religionslehre, und zeigt, oder bemüht sich, zu zeigen, daß nur aus der Anerkenntniß des Sittengeses hes der Bernunft der vernünftige Glaube an Gott, Vorsehung und Unsterblichkeit hervorgehe, daß es also eigentlich nur eine Moraltheologie gebe.

Hier fragt sich nun, was lehrt Jesus über das Verhältniß, welches sich zwischen der Dogmatik und Moral findet ?

Daß das Christenthum auch hierin mit der kritis schen Philosophie übereinstimme, hat Schmidt über den Geist der Sittenlehre Jesu, der Verfasser des einzig möglichen Zwecks Jesu und der Kris tik aller religiösen Dogmatik, behauptet.

Uns dunkt aber offenbar zu seyn, daß, nach den Aussprüchen Jesu,

1) die Moral von der Religionslehre abs hängig sey. Denn er trägt die Moralgeseke als Gebote Gottes vor, sein Verpflichtungsgrund ist der Wille Gottes. Daben wird denn aber das Daseyn und die Erkenntniß Gottes vorausgesetzt, und aus der rechten Erkenntniß Gottes das Sittengesek abges leitet. Auch sehen wir nicht ein, wie es bey einer geoffenbarten Moral, welche die christliche nach der eigenen Versicherung ihres Urhebers ist, anders seyn könne. Die Pflicht der geistigen Verehrung Gottes leitet er daraus ab, weil Gott ein Geist ist, Joh. 4, 20. Er gebietet Matth. 5, 48.: Send vollkoms men, wie auch euer himmlischer Vater vollkommen ist; und beym Johannes, daß wir mit Gott eins wers den sollen. Das sekt denn aber doch eine Erkenntniß der Eigenschaften Gottes voraus.

Ueberbies leitet Jesus seine Motive aus der Religionslehre her, z. B. aus der Allwissenheit Gottes, Matth. 6, 6.: Dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dirs vergelten öffentlich. Joh. 4, 20. aus

der Vaterliebe Gottes: Gott hat uns zuerst geliebt,. darum sollen wir ihn wieder lieben. Von den Verans staltungen, welche Gott zum Besten der Menschen durch Jesum getroffen hat: Bessert euch, denn das: Messiasreich ist da, Mark. 1, 15. Er fordert Glaus ben an sich und an seine Lehre, Joh. 3, 16. 36., und seht darauf einen großen Werth, Luf. 9, 48.; wels ches noch dazu ein positives Gebot ist. Richtig scheint. mir daher Reinhard. in seiner Moral, Th. I. §. 9%. zu urtheilen, in der Anmerkung:,,Es ist unleugbar, daß das N. Test, die Sittenlehre häufig von religiösen. Borstellungen und. Wahrheiten abhängig macht. Es trägt die Vorschriften der Moral als. Geseze Gottes vor; es feßt den Willen, die Endzwecke, die Unstals ten Gottes überall ben denselben voraus; und läßt man es nach seinem ganzen Umfang gelten, so lehrt. es manchen theoretischen. Sak, der sich aus keinem Moralprincip ableiten, und durch praktische Gründe nicht befestigen läßt, wenn er gleich auf praktische Fols gen führen kann. Die Urt zu schließen, welche man Joh. 4, 24, oder 1 Petr. 1, 15. 16. und 1 Joh. 3, 16. findet, kommt überall vor, und es ist eine bes kannte Gewohnheit Pauli, seine Briefe mit einer Reihe von Glaubenslehren anzufangen, und von ihnen zu moralischen Anweisungen überzugehen.“

Schwerlich hätte auch die Meinung von der Abs hängigkeit der Moral von der Religionstheorie so Lange Zeit allgemein herrschend seyn können, wenn sie

nicht in deutlichen Vorstellungen des N. Teft. ihren guten Grund gehabt hätte.

2) Doch leitet er die Sittenlehre nicht ganz und allein aus der Religion ab, sondern gesteht ihr auch Unabhängigkeit und Selbstståndigkeit zu. Matth. 7, 12 ist die Hauptstelle hierüber: Alles, was ihr wollt, daß euch die Leute thun sollen, bas thue ihr ihnen auch. Hier leitet er die Erkenntniß der Pflichten gegen andere nicht aus der Religion ab, fons aus der Regel, welche die Vernunft giebt: Thue ans dern, was du wünschest, daß sie dir thun mögen. Da Schmidt diese Regel mit dem Kantischen Princip der Moral für einerley gehalten hat: so war es natürlich, daß er auch annahm, Jesus baue feine Moral niche auf Religion, fondern behandle sie unabhängig davon, welchem aber obige Aeußerungen Jesu geradezu wis dersprechen. Uber Jesus erkannte, daß das Gesels Gottes auch in unsere Vernunft geschrieben sen, unb daß folglich die Moralgesehe auch aus der Vernunft deducirt werden können. Darum redet er oft genug von Gefeßen und Pflichten, ohne daben auf die Res ligion zurück zu weifen. Er appellirt an die Vernunft des Menschen, an den schlichten und unverdorbenen Menschenverstand, an das Herz, um seiner Lehre Eins fluß und Beyfall zu verschaffen. Luk. 10,36. 18, 14. Joh. 7, 17.: Wer den Willen Gottes thut, der wird erkennen, ob diese Lehre von Gott sen, oder ob ich von mir selber rede. Dieses kann doch nichts anders heis

Ben, als: daraus, daß er die Gebote Gottes mit den Geboten seiner Vernunft einstimmig findet, wird er die Göttlichkeit meiner Lehre erkennen,

3) Die Moral ist der wichtigste Theil der Religionslehre, und nicht die Erkenntniß der theos retischen Lehren, sondern die Ausübung der praktischen macht seelig.

Jesus trägt weit mehr Moral vor, als Dogmas sil, und selbst da, wo er über dogmatische Materien fpricht, betrachtet er sie von moralischer Seite, Matth. 6, 24-34. Joh. 4, 20. Ueberhaupt find der dogs matischen Sätze sehr wenige, die er vorträgt, und wäre man nur bey seinen Erklärungen stehen geblies ben, wie klein würden die dogmatischen Lehrbücher feyn. Aber die meisten seiner Vorträge sind moralis schen Inhalts in den drey Evangelisten.

Sie ist nach seiner Erklärung der vornehmste Theil der Religion, Matth. 22, 34-40.

Und er lehrt, daß Uebung der Moral seelig mas de, nicht Erkenntniß der Religionstheorie, Matth. 7, 21-23. Welche Menschenliebe geübt, nicht diejenigen, welche den rechten Glauben gehabt haben, ererben das Reich Gottes, Matth. 25, 31-46. Nur derjenige ist der kluge Mann, der auf einen fes ften und unerschütterlichen Grund bauet, welcher die Lehren Jesu hört und thut, Matth. 7, 24—27.

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