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Suchen geworfen. Das ist unbequem, darf aber in keiner Weise abschrecken. Nicht Willkür oder Zweifelsucht blosser Individuen hat die Krise herbeigeführt, in der wir uns heute befinden. Man kann nicht kleiner von den bewegenden Mächten des geschichtlichen Lebens, im letzten Grunde also unreligiöser denken, als wenn man blosse Meinungen und Affekte der Menschen für fähig hält, so gewaltige Erschütterungen hervorzurufen, so sehr die Bewegung in neue Bahnen zu lenken. Wer in jener Krise vor allem den Ausdruck einer weltgeschichtlichen Notwendigkeit sieht und ehrt, der wird sich inmitten alles Nein den Glauben an ein Ja bewahren und das Vertrauen festhalten, dass die Mächte, welche uns, gegen alles Interesse unseres blossmenschlichen Glückes, in den Konflikt hineinführten, uns auch aus ihm heraus zu überlegener Höhe und innerer Befestigung führen werden.*

Eine weitere Ausführung und tiefere Begründung der hier verfochtenen Ueberzeugungen enthalten folgende meiner Bücher: „Der Wahrheitsgehalt der Religion", 1901, Geistige Strömungen der Gegenwart", 3. Aufl. 1904, Die Lebensanschauungen der grossen Denker". 5. Aufl. 1903 (alle bei Veit & Comp., Leipzig).

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Mit Beiträgen zur Frage der Weiterentwicklung der christlichen Religion ist der Inhalt dieses Buches gefüllt. In ihrer Mitte scheint auf den ersten Blick hin kein Platz zu sein für die Schule. Denn was hat der Jugendunterricht zu tun mit der Weiterentwicklung der christlichen Religion? So wenig wie mit der Fortbildung der Wissenschaften und der Künste.

Was unsere Erziehungsschulen zu leisten haben, ist nichts anderes als Weitergabe all der Kulturgüter an das heranwachsende Geschlecht, die notwendig sind, um die Höhe der erreichten Kultur festzuhalten und ihre Fortführung zu sichern. Die Mündigen sind die Träger der nationalen Arbeit. Dass die Unmündigen sich später, wenn sie reif geworden, eingliedern in die gewaltige Arbeitskette, die durch die Jahrtausende hindurchgeht, als vollwertige, brauchbare Arbeiter, dazu sollen alle die Bildungsanstalten helfen, denen wir die Jugend unseres Volkes anvertrauen. Von ihnen kann man eine erhaltende, aufbauende, vermittelnde Arbeit verlangen, keine schöpferische Tat erwarten.

So hätte die Schule demnach keine Beziehung zur Weiterentwicklung unserer religiösen Ueberzeugungen? Eine direkte, wie wir gesehen haben, nicht, wohl aber eine indirekte.

Das Leben der Unmündigen wächst allmählich in die Arbeit, in das Ringen und Sorgen und Schaffen der Erwachsenen hinein. Es kann nicht gleichgiltig sein, was die Jugend für ihre Lebensaufgabe mitbringt aus Mitteilung von aussen und aus

eigener innerer Verarbeitung. Der Staat erwartet von ihr tüchtige Beamte, die Gemeinde nützliche Arbeiter, die Kirche gläubige Verehrer der Gottheit. Und mit Recht. Denn was sollte aus dem Staat und den Gemeinden werden, wenn die erwachsene Jugend mit destruktiven Tendenzen erfüllt ihre Aufgaben etwa nur im Einreissen sehen und ihre Kräfte in nutzlosen Dingen verbrauchen wollte?

Und was würde das Schicksal der Kirche sein, wenn ein atheistisches Geschlecht nach dem andern aus den Schulen hervorginge?

Man sieht, wie viel auf die Grundlage ankommt, die in den Bildungsanstalten gelegt wird, eine wie grosse Verantwortung diese übernehmen, und wie viel Vertrauen Staat, Gemeinde und Kirche in sie setzen.

Rechtfertigen sie dies Vertrauen? In Bezug auf Staat und Gemeinde können wir diese Frage ruhig bejahen, soviel Wünsche auf Reform des Jugendunterrichts auch aus diesen Kreisen hervorgegangen sein mögen und noch hervorgehen werden. Hinsichtlich der Kirche antworten wir: nein. Denn die Fahnenflucht aus der Kirche wir meinen damit nicht den offiziellen Austritt, sondern die innere und äussere Entfremdung ist unter Gebildeten und Ungebildeten nicht eine Einzel-, sondern eine Massenerscheinung, nicht so sehr vielleicht in der katholischen, als in der evangelischen Kirche. Das liegt vor aller Augen. Die Abendmahlstatistiken der evangelischen Kirche können darüber nicht hinwegtrösten. Es ist Tatsache, dass Millionen nicht mehr im Schatten der Kirche leben wollen, ja dass sie sogar zum Teil mit Hass und Feindschaft gegen die Kirche erfüllt sind.

Aber soll daran die Schule schuld sein? Allein gewiss nicht. Die menschlichen Verhältnisse pflegen überhaupt selten so einfach zu sein, dass sie aus einer Ursache abgeleitet werden können. Auch bei der kirchlichen Fahnenflucht wirken eine Reihe von Motiven zusammen. Unter ihnen spielt die religiöse Unterweisung der Schule allerdings keine untergeordnete Rolle, denn auch hier macht sich die Bedeutung der Grundlegung im Aufbau des persönlichen Innenlebens geltend und hier vielleicht mehr als sonstwo.

Aber vielleicht dürfen wir gar nicht von einer religiösen

Unterweisung sprechen; wir müssen dafür kirchlichen Unterricht einsetzen. Damit stossen wir zugleich mitten in das Problem hinein, das uns hier beschäftigen wird.

Bisher bestand der Religionsunterricht der Schule in der Weitergabe der kirchlichen Lehrschätze, der Dogmen, der christlichen Sittenlehre, der biblischen und der Kirchengeschichte, der Sprüche und Lieder. Vom Standpunkt der Kirche aus wurde dies von der Schule gefordert: Ausrüstung der Jugend mit einem bestimmten Quantum kirchlichen Lehrgutes, so wie der Staat und die Gemeinden immer darauf hielten, dass dem heranwachsenden Geschlecht bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten in der Schule beigebracht würden, die das Leben nötig hat. Gegen letzteres lässt sich auch nichts sagen. Damit die erwachsene Welt an den kulturellen Aufgaben der Gegenwart mit Bewusstsein und Geschick teilnehmen kann, soll die Jugend durch Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten in der Schule tüchtig vorbereitet werden. In gleicher Weise kann man verlangen, dass sie durch den Religionsunterricht zu lebendigen Gliedern der kirchlichen Gemeinschaft herangebildet werde.

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Es kann verlangt werden dem Verlangen ist aber bisher nicht entsprochen worden, konnte nicht entsprochen werden. Wo doch eine Anzahl kirchlich gestimmter Seelen aus den Schulanstalten herauswuchs, ist dies häufig nicht wegen, sondern trotz des Religionsunterrichts geschehen.

Die Hauptschuld lag zunächst darin, dass man den Gegenstand des Religionsunterrichts, trotz der Warnungen der Katechetik, in gleicher Weise behandelte wie die übrigen Stoffe des Schulpensums. Ehrenhalber wurde der Religionsunterricht nur an die Spitze gebracht und die ersten Unterrichtsstunden des Tages ihm zugesprochen, in denen die Schüler noch frisch sind. Aber die tiefen Unterschiede, die in den religiösen und weltlichen Materien liegen, machten wenig Kopfzerbrechen. Allenfalls wurde dem Lehrton in der Religionsstunde eine gewisse Feierlichkeit beigelegt aber eingepaukt musste das vorgeschriebene Pensum werden, genau so, wie das Einmaleins, die Geschichtstabellen, die geographischen Namen und Daten, die Gedichte, die Deklinationen u. a. So verlangten es Vertreter der Kirche, die im Konfirmandenunterricht auf einem gewissen festsitzenden kirchlichen Stoffquantum weiterbauen und der Jugend das nötige theologische

Gepräge verleihen wollten, mit dem versehen sie im 14. Lebensjahr rite abgestempelt nun ins Leben hinaustreten konnte mit dem bekannten Effekt, dass die Konfirmation für die weitaus grösste Zahl der jugendlichen Teilnehmer zu einem Abschiedsfest von der Kirche geworden ist.

Die Ueberschätzung des kirchlichen Lehrstoffes, als seien in ihm wunderbare Kräfte verborgen, die mit der blossen Darbietung von selbst wach würden, hat sich bitter gerächt. Das theologische Wissen allein macht es nicht. Wenn nicht die Hauptsache dazu kommt, von der wir noch zu sprechen haben, dann ist alles umsonst.

Und weiter beging man den grossen Fehler, dass man es mit der Masse des Unterrichtsstoffes zwingen wollte. Möglichst viel kirchlicher Lehrstoff, Biblische Geschichte, Katechismus, Sprüche, Lieder, möglichst viel Religionsstunden in der Woche

dann, so hoffte man, wird die innigste Frömmigkeit sich einstellen. Wiederum dieser blinde Glaube an die Wunderkraft des kirchlichen Wissens! Als ob die Masse es täte; als ob wir es nicht zuweilen erlebt hätten, dass gemeine Verbrecher durch ihr kirchliches Wissen sich geradezu auszeichneten. Dies allein könnte Denkende stutzig und der Masse des Stoffes gegenüber sehr skeptisch gesinnt und auf andere Faktoren aufmerksam machen, die weit wichtiger erscheinen.

Wenn die Eltern fromm sind, entwickelt sich in der Atmosphäre des Hauses von selbst religiöser Sinn und Liebe zum Guten. Wenn Religionslehrer fromm sind, ergriffen im Innersten von den religiösen Wahrheiten, werden sie auch erzieherisch auf die Jugend wirken. Darum forderte der Theologe Rothe: „Sehr wichtig ist auf dem gegenwärtigen Punkt der geschichtlichen Entwicklung, dass in der Schule durch ein recht besonnenes Masshalten mit dem Religionsunterricht die zarte Pflanze der jugendlichen Frömmigkeit in ihrer ersten Entwicklung mit wahrhaft religiöser Vorsicht geschont werde. Lauter recht innig fromme Lehrer und recht wenig Religionsunterricht, das ist nach dieser Seite hin die Aufgabe."

Mit dem Fehler der Massenhaftigkeit der kirchlichen Lehrfracht, mit der die Köpfe beladen wurden, hing weiterhin zusammen, dass man nur ausnahmsweise auf den Gedanken kam, danach zu fragen, ob denn das kirchliche Lehrgut auch für Kinder

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