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Heinrich Müller belehrt, die genaueste Uebersetzung dieses Namens. Es darf gewiss als höchst merkwürdig bezeichnet werden, dass genau so auch eine der tiefsinnigsten Upanishaden der Inder das höchste Wesen benennt. Die Kâthaka-Upanishad sagt, vom Atman-Brahman redend (2, 6, 12, 13): „Nicht mit dem Wort, nicht mit dem Denken, nicht mit dem Auge kann man ihn erreichen. Wie kann dies anders erfasst werden, als indem man sagt: „Er ist!" „Er ist" so soll man ihn erfassen! ,,Er ist", wer ihn so erfasst hat, dem wird sein wahres Weser klar." Diese merkwürdige Stelle zeigt uns, wie das indische Denken in einem Augenblicke höchster Steigerung, im leidenschaftlichen Ringen nach der Erkenntnis, dem höchsten Wesen genau dieselbe Bezeichnung gibt, die die Juden ihrem Gott gegeben: „Er ist!" „Jahwe!" Der grosse Unterschied liegt nur darin, dass die zitierten Verse der Upanishad keine erhebliche praktische Folge für die Religion der Inder gehabt haben. „Er ist“ wurde niemals ein wirklich gebrauchter Name des höchsten Wesens bei den Indern, - die Juden aber nannten. und nennen so ihren Gott bis zum heutigen Tage.

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Dieser Name schon sagt uns deutlich genug, dass jene modernen Theorieen, nach welchen Jahwe ursprünglich ein kleiner Stammesgott, wie es viele gab, ein Kriegsgott oder Gewittergott gewesen sein soll, nichts sind als Vermutungen, denen alle Wahrscheinlichkeit mangelt. Diesen Namen konnte naturgemäss, wie in Indien, auch in Palästina nur das höchste Wesen erhalten, dasselbe höchste Wesen, das die ursemitische Zeit El oder I benannte. Dies höchste Wesen erkor sich das Volk Israel zu seinem Gott, dem einzigen, den es verehren wollte, dem einzigen endlich, dessen Existenz es gelten liess. Das höchste Wesen wurde so zum Gotte Israels gemacht, nicht aber wurde ein kleiner jüdischer Nationalgott, wie man wohl meint, in übermässiger Selbstschätzung von den Juden zum höchsten Wesen hinaufgeschraubt. Wenn dieser Gott nun sein kämpfendes Volk Israel schützend begleitete und seine Feinde zerschmetterte, dann nahm er naturgemäss streitbare Züge an, und wenn er als der allmächtige einzige Gott in der ganzen Natur waltete, dann gebot er auch über Gewitter und Sturm. Darum hat man noch keinen Grund, in ihm einen alten Kriegsgott oder Gewittergott zu vermuten und darin die Wurzel seines Wesens zu finden.

Bei germanischen Stämmen ist das höchste Wesen geradezu zum Kriegsgott geworden, wie ich in meinem in Vorbereitung begriffenen Buche über,,Altarische Religion" zu zeigen gedenke, - und auch das höchste Wesen der alten Arier offenbart sich im Gewitter, und solches geschah, obwohl diese Völker noch andre göttliche Helfer im Krieg, und spezielle Gewittergötter daneben besassen, während Israel nur einen Gott hatte, der ihm naturgemäss auch im Kriege helfen, auch des Gewitters walten musste. Jahwe, der allmächtige, ewige Gott der Juden, ist seinem Ursprunge nach kein Naturgott, noch weniger ein Seelengott, sondern die machtvollste und imponierendste Entwicklung jener andern, edelsten Wurzel der Religion, des Glaubens an ein höchstes, gutes, schöpferisches Wesen.

Kein andres Volk hat den Wert dieses Glaubens so früh, so klar und so tief erkannt. Kein andres hat sein ganzes Heil auf ihn allein gesetzt, kein andres sein Geschick mit ihm für immer unlösbar verknüpft. Mochte die Masse des Volkes noch so oft, noch so weit abirren, seine leitenden Geister führten es doch immer wieder zu diesem Born des Heils und der Rettung zurück. Und gerade in dem langen Elend und Jammer seiner Geschichte wuchs das jüdische Volk mit diesem grossen Glauben zusammen und lernte die Wahrheit des Psalmwortes kennen: „Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde!"

Auf dem Grunde dieses Glaubens ist das Christentum erwachsen, dieser Glaube hat auch noch im Islam einen mächtigen Sprössling gezeugt, und unabsehbar ist die Zahl der Völker, deren religiöses Leben er beeinflusst und gefördert, befruchtet und veredelt hat.

Es ist heutzutage Mode geworden, den jüdischen Gottglauben möglichst geringschätzig und feindselig zu behandeln, und es hält nicht schwer, aus der Bibel zahlreiche Züge beizubringen, die uns heute erschrecken und abstossen. Das sind die Flecken und Schatten, die sich dem erhabenen Bilde des grossen Gottes mit Notwendigkeit anhängen und anheften mussten, abgesehen von der allgemein menschlichen Schwäche und dem relativ doch noch nicht hohen Kulturzustand jener Zeiten schon allein aus dem Grunde, weil er Nationalgott geworden war. Von den Leidenschaften, die das Volk be

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wegten, wurde unwillkürlich manches auf den Gott übertragen und sein Bild dadurch entstellt. Aber die grossen leitenden Geister des Volkes arbeiten doch auch wieder fort und fort mit Erfolg an der Läuterung und Reinigung dieses Bildes. Man stelle nur ehrlich vergleichend das Bild des Gottes der Propheten und Psalmen neben alle andern vorchristlichen Göttergestalten, und man wird Ehrfurcht gewinnen vor seiner Grösse und Heiligkeit. Und man soll und darf es nicht verkennen, dass es schon an sich etwas Grosses, eine weltgeschichtliche Tat von der höchsten Bedeutung war, wenn das jüdische Volk zuerst und allein im Unterschiede von allen andern Völkern, die den andern Religionswurzeln breiten und breitesten Spielraum gaben die Verehrung des höchsten guten Wesens allein als die rechte Religion erkannte, diese Idee sich immer mehr zu eigen machte, mit ihr wuchs und verwuchs. Wenn das jüdische Volk mit seinem Jahwe-Glauben und durch denselben sich einer ganz singulären und hohen Stellung unter allen Völkern bewusst war und sich darum das auserwählte Volk Gottes nannte, so hatte es trotz allem und allem ein wohlbegründetes Recht dazu. Dieser Glaube ist sein Adelsbrief und sein unvergänglicher Ruhmestitel, und es ist sehr wohl und sehr tief begründet, dass auch heute noch die Worte der alten jüdischen Propheten und Psalmendichter den religiös gesinnten Menschen der höchststehenden Kulturvölker ein kostbarer, unveräusserlicher Schatz sind, in dem sie Trost und Frieden und höchste religiöse Erhebung finden.

Jesus Christus aber bringt die Vollendung des jüdischen Gottesglaubens, seine höchste Erhebung und Läuterung. Das Bild Gottes und der gottgewollten Nächstenliebe lebt in ihm in vollendeter Reinheit, und so verkündet, so offenbart er beide,

obwohl er selbst darauf hinweist, dass in der Gottes- und Nächstenliebe schon das ganze Gesetz,,hanget", und die Propheten. Er schliesst sich ebenso gewiss an den grossen Gottglauben des alten Testamentes an, wie er andrerseits die alttestamentlichen Lehren und Vorschriften in wichtigen Punkten berichtigt, läutert und auf eine höhere Stufe erhebt. Es war schon ein Grosses, dass das jüdische Volk nur seinen Gott, das höchste, gute, schöpferische Wesen, den allmächtigen, ewigen, heiligen Gott glauben und verehren wollte, nur von ihm sich

abhängig fühlte, nur mit ihm sich in Einklang setzen wollte. Aber ein Grösseres und Grösstes noch brachte Christus, denn er hat der Welt diesen Einklang vorgelebt, bis zum letzten Atemzuge, in fleckenloser Reinheit. Er durfte das grosse Wort sprechen: „Ich und der Vater sind Eins", er hat uns in seinem Leiden und Sterben das Höchste, die erbarmende Liebe Gottes, offenbart.

Haben sich auch im Verlaufe seiner Entwicklung mancherlei Flecken und Schatten dem Christentum angeheftet, so glauben und vertrauen wir doch auf die siegende Kraft, die es in sich trägt, wir glauben und vertrauen auf seine Weiterentwicklung, dass es sich immer wieder neu - und doch das alte, neu und reiner erheben wird und in leuchtender Reinheit strahlen, zum Heile der Menschheit.*)

*) Die hier entwickelten Gedanken sind zum grössten Teil dem ersten Bande eines in der Ausarbeitung begriffenen grösseren Werkes entnommen, meiner,,Altarischen Religion", welche sobald als möglich im Verlage von J. F. Lehmann erscheinen soll. Der erste Band dieses Werkes behandelt Wesen und Ursprung der Religion, sowie den Glauben an ein höchstes Wesen bei den alten Ariern. Der zweite Band enthält die Naturverehrung der arischen Urzeit, der dritte soll dem Seelenkult und den Seelengöttern jener Zeit gewidmet sein. Was ich hier, meiner Aufgabe gemäss, in möglichster Kürze und Knappheit darzulegen versucht habe, wird man dort ausführlicher behandelt und begründet finden. Dort wird auch der eigentümliche Wert und die hohe Bedeutung des arischen (d. h. indogermanischen) Wesens, der arischen Kultur und Religionsentwicklung, die ich hier am Orte nicht entsprechend schildern konnte, deutlich hervortreten.

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Eine neue Zeit, so scheint es, steigt gegenwärtig in unserm Vaterlande für die Religion empor. Das deutsche Volk, dessen Geist nur zu lange von materiellen Interessen beherrscht war, sehnt sich wieder nach Höherem und Edlerem. Da mag wohl mancher wieder nach der Bibel greifen und es versuchen, die alten Eindrücke seiner Kindheit, die er so lange vergessen hatte, wieder in sich zu erwecken. Aber bald legt er das heilige Buch wieder fort. Denn es redet nicht mehr zu ihm; es ist ihm zu fremdartig geworden. Es gibt wohl kein einziges Buch im Alten, geschweige denn im Neuen Testamente, das der moderne Laie in der Lutherschen Uebersetzung von Anfang bis Ende mit vollem Verständnis lesen könnte. Teils stört ihn die gewaltige, aber doch nun eben veraltete Sprache Luthers; teils empfindet er dunkel die Entfernung der Zeiten und die Fremdartigkeit des antiken Wesens. So kommt es, dass die Bibel nach wie vor unter uns trotz ihrer ungeheuren Verbreitung wenig gelesen und noch viel weniger verstanden wird. Wirksam sind unter uns aus der Bibel einzelne Sprüche, Abschnitte, besonders Erzählungen, aber nicht ganze Schriften, geschweige denn das gesamte Buch. Was aber der Laie, auch der gebildete Laie, gewöhnlich nicht weiss, das ist, dass es schon seit lange auf dem Boden der evangelischen Kirche eine Wissenschaft von der Bibel gibt, eine Wissenschaft, die ein wirkliches Verständnis der Schrift,

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