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Daß die Zahl der Morgen- und Abendlieder bereits in der alten

lateinischen Kirche nicht unbedeutend gewesen ist, zeigt schon ein Blick in Wackernagel's deutsches Kirchenlied und in den Thesaurus hymnologicus von Daniel; denn alle dort mit der Ueberschrift „hymnus matutinus" (oder ähnlich) versehenen Lieder sind Morgengesänge, die mit dem Titel „,hymnus vespertinus" bezeichneten sind Abendgefänge.

Das erste aller Morgenlieder ist das, aus dem Lobgesange der Engel (Luc. 2, 14) entstandene Gloria*), das die Christen (nebst alttestamentlichen Psalmen) bei ihren täglichen Versammlungen am Morgen sangen, und das insofern die gemeinschaftliche Grundlage aller Morgen- und der eigentlich gottesdienstlichen Lieder geworden ist. Die etwas spätern Morgenhymnen, und ebenso auch die Abendgefänge scheinen besonders der Zeit des Mönchthums ihren Ursprung zu verdanken, indem in den Klöstern für Vigilien und Messen dergleichen Lieder nothwendig waren.

Einige von diesen alten Liedern sind in die deutsche Kirche übergegangen:,,Allein Gott in der Höh' 2c." ist eine Bearbeitung des Gloria, und auch: „Christ, der du bist der helle Tag; Christe, der du bist Tag und Licht; O heilige Dreifaltigkeit“. sind Uebersetzungen aus latein. Liedern. -Von den ursprünglich deutschen Liedern dieser Art zeichnen sich die Morgenlieder vor den übrigen an Werth und Zahl aus.

In neueren Zeiten hat man wohl auf diese Lieder zu wenig Gewicht gelegt, und besonders scheint uns die Schule gegen sie gefehlt und sie zu wenig berücksichtigt zu haben, da doch gerade

*) Vergl. darüber die Einleitung zu Nr. 37.

sie zu den Anfang und Schlußgesängen und Gebeten ihrer be sonders bedarf*) und da sie dafür zu sorgen hat, daß Jeder in ihr sich auch einen Schaß von diesen Liedern einsammle, und ausführen lerne, was der Psalmist sagt: „Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich; wenn ich erwache, so rede ich von dir.“ (Pf. 63, 7.)- Auch die Tischlieder, die fast ganz vernachlässigt und wohl wenig mehr gekannt sind, haben wir, wiewohl unter den bekannten 46 Liedern keins der Art sich findet und auch O. Schulz keins in seine Sammlung aufgenommen hat, — von dieser Sammlung nicht ganz ausschließen mögen.

a) Morgenlieder.

Nr. 1.

* Ein neuer Tag, ein neues Leben.

Benjamin Schmolke.

Der Verfasser, ein so fruchtreicher Liederdichter, später aber zu seinem und seiner Lieder Nachtheile von einer förmlichen Dichtsucht ergriffen, nahm in leßterer jede Gelegenheit wahr, um geistliche Lieder zu schaffen. Er benußte auch die einzelnen Wochentage, um für jeden Morgen und Abend derselben ein besondres Lied zu verfassen. (S: dieselben im Bollhagenschen Gesangbuche von Nr. 88-101.) Vorstehendes nun ist sein Morgenlied „am Montage“, wie er es selbst (— den übrigen entsprechend —) bezeichnet hat.

Dem Gesang fehlt, nach unserer Ansicht, ein recht klarer Zusammenhang in den einzelnen Gedanken, und hie und da ist auch, als für ein geistliches Lied, die Sprache nicht würdig genug. Er schildert die Gefühle und Vorfäße, mit denen wir die neue Woche beginnen sollen. Es beginnt aber (V. 1) mit der neuen Woche in uns ein neues Leben, von Gottes Gnade gegeben. Darum ergreife ich freudig (V. 2) die sorgende Vaterhand Gottes und gebe mich ihm (V. 3) ganz - auch heute zum Opfer hin; bei ihm suche ich) (V. 4), die Sünde fliehend, um seinen Geist bittend, mein wahres Glück und nehme von ihm (V. 5) vertrauensvoll und zufrieden an, was und wieviel er mir beschert. Er wolle (V. 6), unter solchen Vorsäßen, uns Alle auch diesen Tag bewahren!

*) Die Kinder müssen, wenn irgend möglich, zu Anfang und Schluß des Unterrichts ohne Gesangbuch aus dem Kopfe singen können.

In P. fehlt dieser Gesang; B. hat, ganz zweckmäßig, dem Liede durchweg die Anredeform gegeben, zugleich aber auch die jedesmalige Schlußstrophe der Verse verkürzt, so daß das ganze Lied nach einer andern Melodie gesungen werden muß.

V. 1. Ein neuer Tag,' ein neues Leben,
Geht mit der neuen Woche an,

L. S.

Gott will mir heut' aufs Neue geben,2
Was mir sonst Niemand geben kann;
Denn hätt' ich seine Gnade nicht,

3

Wer gäbe sonst mir Trost und Licht? 4

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B. Du wolleft, Gott, auf's N. Denn hab' ich deine Gnade nicht, woher dann Troft und Licht?

Dieser Tag ist eigentlich der Sonntag, mit dem beginnt die neue Woche, mit dem soll ein neues, befferes, heiliges Leben, ein Leben in Gott (Gal. 2, 20), in uns anfangen. Der Dichter scheint mehr das durch den Sonntag (Ruhe und Erbauung) erneute, gestärkte und gekräftigte Leben und die neue Lebensthätigkeit zu meinen.

2 geben

seine Gnade nämlich, vermittelst deren er mir Trøft und Licht in allen Lebensschickungen giebt, auch in den allertrübften. Klagel. 3,

22

3

24.

Wer sonst = wer anders, wer außer ihm? Antwort: Niemand! 4 Beides giebt er uns in seinem Worte. Hast du es geßtern gehört? Bei Licht mag der Verfasser auf sein gestriges Morgenlied d. h. auf das Morgenlied,,am Sonntage“ zurückblicken, das mit den Worten: „Licht vom Licht, erleuchte mich" - anfängt.

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ergänze: kommt mir, oder nehme ich dann Troft

V. 2. Ich grüße diesen lieben Morgen,
Und küsse Gottes Vaterhand,
Die diese Nacht so manche Sorgen 3
In Gnaden von mir abgewandt.
Ach Herr, wer bin ich Armer

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5

doch?

Du sorgst für mich, ich lebe noch.

B. Mich schüßte deine Vaterhand; ich bin getroft, denn tausend Sorgen hast du schon gnädig abgewandt.

leb' ich noch.

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Du sorgft, drum

Morgen = begrüße ihn, gleichsam als einen ankommenden, lieben Gaft, heiße ihn freudig willkommen ; lieben: weil (V. 1) neues Leben bringend und von Gott kommend. Der Gruß gilt insofern ei gentlich Gott.

2

küsse wie ein Kind thut in Freude, Liebe und Dankbarkeit. Auch beim Zusammenkommen von Freunden folgt der Kuß dem Gruße. Ein

Handküssen aber will uns in einem Kirchenliede nicht passend scheinen, und B. (mich schüßte“) scheint derselben Ansicht zu sein.

3 Sorgen: die so leicht über uns hätten kommen können, durch Feuer, Sturm, böse Menschen u. f. w.

--

4 ich Armer a) an mir selbst, der ich jeden Augenblick den Sor gen anheimfallen kann; b) besonders im Verhältniß zu Gott, dessen beständigen Schuß ich nöthig habe! und e) nicht einmal verdiene. (Str. 4 ,,in Gnaden!") Pf. 8, 5.

5 ich lebe noch =,,drum leb' ich noch." Blicke ein Jeder auf seinen eignen Lebensweg zurück, er wird gewiß das Wort an sich selbst erfüllt finden!

V. 3. Nun das erkennet meine Seele

3

Und giebt sich selbst zum Opfer 2 hin;
Doch, weil ich noch in dieser Höhle
Mit Noth und Tod umgeben bin,
So weich' auch heute nicht von mir,
Denn meine Hülfe steht bei dir. *

5

B. Nun das erkenn' ich, Herr, und gebe mich freudig dir zum Opfer hin; doch, weil ich hier, so lang' ich lebe, mit Noth und Tod umfangen bin, so weich' die Hülfe steht bei dir.

--

1 Nun das 2., nämlich (V. 2) die Gnade und das Sorgen Gottes, darum: giebt sie sich selbst d. i. aus eigenem Antriebe 2c.

2 zum Opfer d. i. bringt sich dir selbst ganz dar, daß sie die deine fei. Spr. Sal. 23, 26.

3 Höhle - so wird die Erde genannt, auf der es, gleich wie in einer Höhle, finster, unheimlich und gefahrvoll ist. Die Gefahren, die uns von allen Seiten einschließen und umgeben uud unser Leben beständig (B. „so lang ich lebe") sind Noth und Tod; sie können uns jeden Augenblick treffen.

4

steht bei dir=in deiner Hand.

5 umfangen fagt mehr als umgeben: sie haben mich ganz in ihren Armen und in ihrer Gewalt.

3

V. 4. Mein Glück in dieser neuen Woche
Soll nur in deinem Namen blüh’n.2
Ach, laß mich nicht am Sünden joche
Mit meinem Fleisch und Blute zieh'n;
Gieb deinen Geist, der mich regiert,
Und nur nach deinem Willen führt.

L. S.
B.

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Erlöse mich vom Sündenjoche, und laß mich jedes unrecht regier', auf eb'ner Bahn mich führ’. *)

flieh'n. Gieb

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*) Wir können über B. die Bemerkung nicht unterlassen, wie übel es ist, daß bei Abkürzungen alle Apostrophs weggelassen sind. Das ist unstreitig, namentlich in Bezug

1 Soll mein Glück nur in Gottes Namen (d. i. in Gott, auf ihn sich gründend, in ihm ruhend) blühen, so kann nicht bloß das irdische gemeint sein oder was die Menschen Glück nennen, føndern das, was den ganzen Menschen, auch die Seele, hier und dort, glücklich macht.

=

2,,Sein Glück blüht" (oder lacht) steht in voller Fülle, ist durch Nichts gestört oder getrübt. Aber die Blüthe erreicht auch ihren Gipfelpunkt und fällt ein Mal ab! Wollen wir überhaupt auf Erden Glück finden, so ift Eins nöthig: laß mich nicht ze.

--

"

3 Die Sünde liegt wie ein Joch auf uns und drückt uns; troßdem ziehen Fleisch und Blut, d. i. der natürliche Mensch, so gern an diesem Joche, d. h. sie dienen der Sünde sø gern, sind ihre Knechte und ihr gehorsam (Gal. 5, 1. Joh. 8, 34). Um von solcher Knechtschaft frei zu wer den, bittet der Dichter weiter

4 um Gottes Geißt, daß der ihn regiere und führe. L. S. und B. (Regiert und führt passen zu der Bitte weniger.) Wer diesen Geist hat, nimmt lieber ein anderes Joch auf sich: Matth. 11; 28- 30.

Vergl. zum Schlusse des V. die 3 te Bitte mit Luthers Erklärung.

1

V. 5. Soll ich mein Brot mit Kummer effen,

B.

So laß es doch gesegnet sein;

Und was du sonsten zugemessen,2
Das richte mir zum Besten

Ich bitte keinen Ueberfluß,

5

3 ein.

Nur was ich nöthig haben muß.

und was du sonst mir zugemessen

berfluß, gieb, was ich haben muß.

Ich bitte nicht um e

1 Das tägliche Brot, im weiteren Sinne des Worts, wie Luther es deutet. Sinn: Soll Alles das, was du mir giebst, meine Lebensführung, mein Schicksal auch sein Theil Kreuz und Leid, Sorgen und Kummer haben. Dann ist es oft recht gesegnet!

=

2 und zugemessen was du sonst überhaupt für mich bestimmt und gleichsam abgemessen oder abgewogen (man spricht wohl von einer Schick falswaage) hast, um es mir zuzutheilen.

3 zum Besten d. i. zum Segen. Röm. 8, 28.

4 Vergl. Nr. 44. V. 2, wo diese und die folgende Strophe fast wörtlich vorkommen.

=

5 nöthig haben muß, in solcher Verbindung, sagt eigentlich daffelbe doppelt, oder man muß das nöthig“ als verstärkendes Umstandswort betrachten gieb, was ich nothwendigerweise haben muß. B. richtig:,,was ich haben muß, d. i. was ich nöthig habe. 1 Tim. 6, 6–8. - Der Vers giebt kurz den Inhalt des citirten Gell. Liedes und des täglichen Gebetes" von J. Heermann, Nr. 49 in dieser Sammlung.

auf die Schule, ein großer Fehler an dem Buche und von den Herausgebern eine pädagogische Fahrlässigkeit.

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