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Wenn in den Darstellungen der Prosa, welche der Verstand zur Angemessenheit regelt, die phonetischen Figuren dieser Art minder hervortreten, so ist doch auch in ihnen durch den Laut, wie durch den Rhythmus die Symbolik von gröfster Wirkung. Der Gedanke bestimmt, gliedert, dehnt, kürzt, zerreifst, verschlingt, durchflutet, durchzittert den Satzbau. Das Geheimnis des Stils, die Macht des individuellen Ausdrucks ist auch hier zu suchen.

VI. Figuren des Gleichklangs und der Euphonie.

Bei den hierher gehörigen Figuren erscheint das Lautmaterial der Wörter nicht mehr als durch tiefere Analogie von Vorstellung und Wortsinn zu einer natürlichen Einheit verschmolzen, sondern als blofs faktisch mit diesem verbunden, lediglich als Mittel, ihn zu bezeichnen. Der Laut trennt sich nach dieser Auffassung als das musikalische Element der Sprache von dem begrifflichen, und es handelt sich nun für die Figuration darum, auf ihn durch Anschlagen von Konsonanzen, d. h. durch Zuführung gleicher, ähnlicher, verwandter Laute, also durch seine mehr oder minder vollständige Wiederholung, eindringlich als auf den lautenden aufmerksam zu machen. Das natürliche Gefallen an der Wiederkehr der Klänge in der Sprache haben wir oben (Bd. I, p. 384 sq.) besprochen; ebenso auch, dafs Gleichklänge, um ihrer selbst willen herbeigeführt, vom Verstande als störend empfunden werden, weil sie so vom Sinn, dem Zwecke der Rede ablenken.

Sehen wir also zunächst davon ab, dafs eben um dieser Zweckwidrigkeit willen die Komik mit Gleichklängen ihr Spiel zu treiben liebt, so wird die Benutzung derselben in der Rede nur entweder so sich rechtfertigen, dafs das Vordringen des Lautes durch den mit ihm verbundenen Sinn motiviert erscheint, oder dadurch, dafs ihm das Auffällige genommen wird. Motivierung ist es z. B., wenn durch den Gleichklang einzelne Begriffe besonders eng aufeinander bezogen werden, wie wenn Trendelenburg (Gesch. der Kategor.) sagt: „Um den leichten Schein philosophischer Betrachtung zu verdienen, betrat man den Weg der Kategorieen, bis man ihn austrat." Nep. (Cim. 1): habebat in matrimonio sororem germanam suam, nomine Elpinicen, non magis amore quam more ductus. Thuc. (ΙΙ, 62): ἰέναι τοῖς ἐχθροῖς ὁμόσε μὴ φρονήματι μόνον, ἀλλὰ καὶ καταφρονήματι. So ist es auch, wenn eine Entgegensetzung heraustritt, wie wenn es z. B. bei

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Fichte (Best. des Menschen) heifst: „Ich denke diese meine Thatkraft, aber ich erdenke sie nicht"; bei Vell. Pat. (II, 108): Maroboduus, genere nobilis, corpore praevalens, animo ferox, natione magis quam ratione barbarus; Cic. (Lael. 13): Studium semper adsit, cunctatio absit. Andererseits ist den Gleichklängen das Auffallende benommen, wenn ihre Wiederkehr regelmäfsig wird, wie dies bei der rhythmisch oder metrisch oder durch Silbenzählung gebundenen Rede geschehen kann. Allitteration, Assonanz, Reim dienen so den Werken der Poesie, indem sie die rhythmische Gliederung oder Abmessung der Rede bestimmt und gefällig hervortreten lassen, ja als Ersatz für den zurücktretenden Rhythmus z. B. im Italienischen zur Verwendung kommen. Endlich erscheinen vielerlei Gleichklänge der Sprache schon einverleibt, bei denen also die Gewöhnung den Reiz der Konsonanz abgestumpft hat, formelhafte Ausdrücke, welche die naive Freude am Klang zuerst vereinigte und der usus zusammenhält. Auch bei ihrer Bildung war es übrigens der Sprache nicht um blofse Musik zu thun, sondern um enge Beziehung oder Gegenüberstellung von Begriffen, wie in: felix faustumque, dulce et decorum, maria montesque polliceri; sain et sauf, dru et menu; Leib und Leben, lieb und leid; nach Wissen und Gewissen.

Ähnlich, wie hier angedeutet ist, urteilen die Rhetoren der Alten über die notwendige Beschränkung des Gebrauchs von Gleichklängen in der litterarischen Sprache. Des Hermogenes Ansicht darüber gaben wir schon oben an (Bd. I, p. 392 sq.); Demetrius (πεοì ¿qμ. Vol. III, p. 267 Sp.) hält ihre Benutzung für recht bedenklich (χρησις ἐπισφαλής), sie store den Ernst und hebe das Gewicht der Rede auf, wie z. B. an der Anklage gegen die Freunde des Philipp bei Theopompus zu bemerken: άνδροφόνοι δὲ τὴν φύσιν ὄντες, ἀνδροπόρνοι τὸν τρόπον ἦσαν· καὶ ἐκαλοῦντο μὲν ἑταῖροι, ἦσαν δὲ ἑταῖραι. Ausführlich darüber Cornificius (IV, 22 sq.): haec tria proxuma genera exornationum, quorum unum in similiter cadentibus, alterum in similiter desinentibus verbis, tertium in adnominationibus positum est, perraro sumenda sunt, quom in veritate dicimus, propterea quod non haec videntur reperiri posse sine elaboratione et sumptione operae, ejus modi autem studia ad delectationem quam ad veritatem videntur adcommodatiora; qua re fides et gravitas et severitas oratoria minuitur his exornationibus frequenter conlocatis et non modo tollitur auctoritas dicendi, set offenditur quoque in ejus modi oratione, propterea quod est in his lepos et festivitas, non dignitas neque

pulcritudo. qua re quae sunt ampla et pulcra, diu placere possunt, quae lepida sunt et concinna, cito satietate adficiunt aurium sensum fastidiosissimum. quo modo igitur, si crebro his generibus utemur, puerili videbimur elocutione delectari, item, si raro interseremus has exornationes et in causa tota varie dispergemus, commode luminibus distinctis inlustrabimus orationem. Ähnlich Cic. Or. c. 25; Quint. IX, 3, 74; u. a.

Der Gebrauch der Gleichklänge wird als Fehler empfunden, wenn diese dem Dienste der Rede nicht untergeordnet, vielmehr um ihrer selbst willen herbeigeführt scheinen. Würde man dergleichen Lautfiguren also aus ihrem Zusammenhange lösen, sie als selbständige Spiele mit dem Wortklange hinstellen, so wäre der Anstofs gehoben, und man hätte dann eben Wortspiele, genauer: Wortklangspiele, Sprachkunstwerke des Moments. Erinnert

man sich nun, wie wir oben (Bd. I, p. 111 sq., cf. auch p. 393) die rhetorisch-poetische Litteratur der orientalischen Völker, namentlich der Hebräer und Araber, als in dem Begriff der Sprachkunst nahezu aufgehend bezeichneten, so begreift man, wie, was uns in Bezug auf die Verwendung der Lautfiguren als Fehler erscheint, dort zum Vorzug wird, so dafs z. B. die Makamen bei ungebundener Rede den Reiz der Darstellung in möglichster Häufung der Reime suchen. Wir ertragen dergleichen als Scherz, wie z. B. in Schillers Kapuzinerpredigt, aber es wird z. B. A. v. Arnims (Dolores II, p. 58) „Sprache eines tief gekränkten Herzens": „Und von den spielenden Lüften bleibt kühlender Schauer der Trauer des harrenden starrenden greisenden Reisenden" schwerlich als solche empfunden werden. Rückert in seinem Vorwort zu den Makamen des Hariri mag wohl nur von seinem abendländischen Geschmack her die Ansicht haben, dass Hariris Ausdruck, „überkünstlich, voller Wortspiele und Anspielungen, übertrieben" cet. wie er sei, aus dessen „Humor" entspringe, durch den er „frei über dem stehe, was er darstellt" (p. XII). Richtig scheint uns, wie er dies sonst (p. VI) ausdrückt: „Vielleicht sollte ich noch ein Wort sagen zur Entschuldigung der unendlichen Wort- und Klangspiele, der gereimten Prosa - Die Aufgabe war, zu zeigen, dafs auch in dieser ausschweifenden Form ein Geist wohne, und zwar ein solcher, der eben nur in dieser Form sichtbar werden konnte."

Von den Reimen bei den Hebräern handelt u. a. Jordan (Der epische Vers der Germanen und sein Stabreim, p. 6 sq.), der die Reime des Alten Testaments für die ältestesten hält und den Hebräern überhaupt „die erste Entdeckung des Reimes zuschreibt“.

Gesenius (Lehrgeb. der hebräischen Spr. p. 856 sq.) nennt die Gleichklänge „eine Lieblingszierde der hebräischen Rede, sowie der morgenländischen überhaupt" (von Kimchi [zu Micha I, 10] be

d. h. vox coincidens cum alia לשון כופל על לשון דרך צחות :zeichnet als

[sono] elegantiae causa), oft, wie z. B. Jes. 24 allzu künstlich gehäuft. Derart ist z. B. Psalt. 40, 4 (Viele schauen und trauen):

Luther: Glaubet ihr) הַאֲמִינוּ כִּי לֹא הֵאָמֵנוּ: :19 .Jes ;יִרְאוּ רַבִּים וְיִירָאוּ:

nicht, so bleibet ihr nicht); Beispiele von eigentlichen Wortspielen vide 1. c. *)

Handelt es sich nun um nähere Bestimmung der Gleichklänge, so mufs zwischen den sogenannten quantitierenden Sprachen und den accentuierenden unterschieden werden. Man würde die Terminologie der alten Rhetoren nur mit Schiefheit in der Auffassung auf die modernen Sprachen übertragen könnnen. Der Wortaccent vereinigt ein gewisses Lautmaterial zu einem Wortindividuum, wie eine Seele die Glieder ihres Leibes. Es entspricht seinem Wesen, wenn er, wie fast durchgehends im Deutschen, von der Stammsilbe aus der bedeutenden waltet und dieser so das Übergewicht giebt gegen die anderen Silben. Freilich wird seine Herrschaft auch Unterdrückung; nur an dem Volllaut der Stammsilbe ist ihm gelegen, die Endsilben läfst er dahinschwinden und stört die ursprünglichen Quantitätsverhältnisse der Lautbilder u. a. dadurch, dafs er betonte Kürzen dehnt (wie im N. H. Dtsch. gegen M. H. Dtsch.). Hierdurch erklärt sich z. B. die Unveränderlichkeit der Formenbildung der (seit Livius Andronicus durch Einflufs griechischer Metrik quantitierenden) litterarischen lateinischen Sprache, so lange sie lebte, andererseits die Menge der Formen wandlungen, welche die Geschichte der accentuierenden deutschen Sprache aufweist. Die quantitierenden Sprachen, namentlich die griechische, erkennen eine Macht des Wortaccents für die Gestaltung ihrer Rede nicht an; ihnen gilt es, die mehr sinnliche, immer doch geist

*) Beda (de schem. Halm, p. 609), der alle seine Beispiele aus der Bibel nimmt, führt an Ps. XXII, 6: In te confisi sunt et non sunt confusi; Phil. 3. 3; videte concisionem; nos autem sumus circumcisio (ẞhénete tyv κατατομήν. Ἡμεῖς γάρ ἐσμεν ἡ περιτομή; Luther: Zerschneidung Beschneidung); „hanc Esaias propheta (5, 7) figuram elegantissime in sua lingua confecit, ubi ait: Exspectavi ut faceret judicium, et ecce iniquitas, et justitiam, et ecce clamor. Hebraice enim judicium mespath, iniquitas mesphaa, justitia sadaca, clamor appellatur saaca.“ (Augusti übers.: Er wartete auf Recht, siche, da war's Unrecht; auf Gerechtigkeit, siebe, da war's Schlechtigkeit.)

geborene Musik der Sprache zu entfalten, deren Rhythmus mit gleichem Interesse das Lautmafs aller Silben des Wortes bewahrt. Es ergiebt sich hieraus die Entbehrlichkeit besonderer Figuren der Euphonie für diese Sprachen,*) bei denen eine feste Metrik die in ihrem Volllaut unangetasteten Lautkörper umschliefst, bei denen ohnehin die Sprache ihre Musik festhält, und ebenso ist klar, dafs unsere accentuierenden Sprachen, zu einer eigentlichen Metrik nicht mehr fähig, der Unterstützung musikalischer Figuren bedürfen, um für die gebundene Rede eine sinnlich schöne Formierung, für ihre Versabschlüsse Bestimmtheit zu erreichen. Es sind allerdings hierbei Gradunterschiede zwischen den einzelnen Sprachen anzuerkennen. Von der französischen gilt unbedingt, was Voltaire sagt: Nos syllabes ne peuvent produire une harmonie sensible par leurs mesures longues ou brèves; la rime est donc nécessaire aux vers françois; und: nous avons un besoin essentiel du retour des mêmes sons pour que notre Poésie ne soit pas confondue avec la Prose. Die Deutschen konnten schwanken, ob sich ihre Verskunst nicht vollständige Aneignung des antiken Prinzips zur Aufgabe setzen solle, und schon Friedrich der Grofse (Discours sur la litt. allem.) sagte von den Versen eines Anonymus (Goez) „dont j'ai vu les vers non-rimés": „Leur cadence et leur harmonie résultoit d'un mélange de dactyles et de spondées; ils étaient remplis de sens, et mon oreille a été frappée agréablement par des sons sonores, dont je n'aurois pas cru notre langue susseptible. J'ose présumer que ce genre de versification est peut-être celui qui est le plus convenable à notre idiome et qu'il est de plus préférable à la rime. Il est vraisemblable qu'on feroit des progrès, si on se donnoit la peine de le perfectionner." Von der englischen Sprache heifst es bei Blair (Lect. on Rhet. IX): The melody of our versification, its power of supporting poetical numbers without any assistance from rhyme, is alone a sufficient proof that our Language is far from being unmusical. (p. 219): Herein we are infinitely superior to the French cet.

Abgesehen nun von solchen Unterschieden ist im allgemeinen zu sagen, dafs erst im Dienste der Poesie unserer neuen Sprachen die Gleichklänge um ihrer selbst, um ihrer musikalischen Natur

*) Von den Indogermanen des Orients hielten die Inder an ihrer alten quantitierenden Weise fest, die Perser nahmen sie von den Arabern und Griechen auf, beide zeigen dann im Mittelalter und in der Neuzeit eine zugleich quantitierende und reimende Poesie. cf. R. Westphal. Griech. Metrik. (2. Aufl.) Bd. II, p. 16 sq.

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