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Ausdrücklich bezeugt der Erlöser Matth. 5, 20: Es sei denn eure Gerechtigkeit besser, als der Pharisåer und Schriftgelehr: ten, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen; er ge steht mit diesen Worten den Pharisåern und Schriftgelehrten zwar eine Gerechtigkeit zu, aber nur eine solche, die nicht hin: reichend ist, um in das Himmelreich einzugehen, um in einer wahrhaft beseligenden Verbindung mit Gott zu stehen, und von seinen Jüngern verlangt er deshalb eine bessere Gerechtigkeit. Paulus erklärt, wie ungenügend und verwerflich ihm alle eigne Gerechtigkeit erscheine, auf die er einst so stolz gewesen sei, Phil. 3, 4-9. Gal. 3, 11. Es ist also unmöglich, auf diese Weise gerecht zu werden, das versichert abermals Paulus mit den deutlichsten und bestimmtesten Worten, wenn er sagt Gal. 2, 16: Doch, weil wir wissen, daß der Mensch durch des Ges seßes Werke nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesum Christum, so glauben wir auch an Jesum Christum, auf daß wir gerecht werden durch den Glauben an Christum, und nicht durch des Gesetzes Werke, denn durch des Geseßes Werke wird kein Fleisch gerecht. Indem nun Israel hartnåk: fig darauf beharrte, durch Geseßes Werke vor Gott gerecht wers den zu wollen, und deshalb die Gnade Gottes in Christo ver: schmähte, so ging es gänzlich des göttlichen Beifalls und der Seligkeit verlustig, die es nicht als Geschenk freier göttlicher Gnade im Glauben annehmen, sondern als wohlerworbnes Ver: dienst und gerechten Lohn für seine Werke erlangen wollte, das sagt Paulus Róm. 9, 31. 32. und 10, 2, 3. Israels Schick: sal ist allezeit noch derer Loos, die in thörichter Verblendung und fleischlicher Auffassung des Gesches eine Geseßesgerechtig: keit, eine genügende menschliche Tugend, eine hinreichende Sitt: lichkeit, sich das ewige Leben zu verdienen, für möglich halten und nicht aus Gnaden selig werden wollen, sie erlangen, in: dem sie sich nicht in die göttliche Ordnung fügen, nimmermehr fein Wohlgefallen *).

Von dem eigentlichen Zweck des Gesezes.

Wenn es nun nicht möglich ist, dem Geseze mit Werken ein Genüge zu leisten, nicht möglich, durch dasselbe vor Gott *) Siebe Luthers Vorrede zum Brief an die Römer über das Gesetz.

gerecht zu werden, und das verderbte Herz die in demselben gebotene Liebe zu Gott und dem Nächsten durch das Geseß nicht erlangt, so fragt es sich, warum denn Gott überhaupt ein Gesetz gegeben habe, von dem er, der Herzenskündiger, im Voraus wußte, daß es nicht gehalten werden könne noch würde? Das auf Sinai gegebene Sittengesetz war eine neue, öffent liche und feierliche Kundmachung des Gesezes, welches der Heilige dem Menschen ins Herz geschrieben hat, denn ein ge wisses Gefühl von Recht und Unrecht, ein gewisses Bewußt: sein von Gut und Böse behielt auch der gefallene Mensch; `aber wie unerleuchtet der Verstand des natürlichen Menschen ist, der gar nichts von der Offenbarung Gottes weiß, wie das sitt: liche Gefühl durch sündliches Leben immer mehr abgeftumpft und ertödtet wird, wie die Begriffe immer verwirrter, das Herz immer verderbter, und Gottlosigkeit und Unwissenheit über Gut und Böse immer schrecklicher wird, das bezeugt der heilige Paulus Róm. 1, indem er an den Heiden V. 18-24. darthut, wie ihr fündliches Leben eine furchtbare Verblendung über das, was recht und unrecht sei, zur Folge gehabt habe; und wie durch solches Versinken in Unwissenheit ein noch ties feres Versinken in Sünden und Lafter hervorgerufen worden sei, V. 24-32. Die Erfahrung bestätigt die Offenbarung als wahr. Der Zustand aller heidnischen Völker, die das Evans gelium nicht kennen, bietet ein Entseßen erregendes Bild dar, wie weit sich der Mensch verirren, und in welche unglaubliche Unwissenheit über die Forderungen des Sittengesehes er geras then kann. Die Heidenwelt früherer Zeiten und die der Ges genwart ist sich hierin völlig gleich, aber wie groß auch die Verblendung sein mag, welche oft das Schändlichste für er: laubt und recht hält, so ist doch der Begriff von Recht und Unrecht, von Gut und Böse nie ganz in der menschlichen Brust erloschen; und wenn der natürliche Mensch, ohne alle Offen: barung, dies ihm eingepflanzte Bewußtsein durch Gehorsam geehrt und genährt hätte, so würde er über Recht und Un recht, über Gut und Böse manches zu erkennen im Stande gewesen sein, wie denn auch die Edleren und Nachdenkenderen unter den Heiden auf diesem Gebiete manches geleistet haben, was ihre Schriften bezeugen. Die dem natürlichen Menschen mögliche Erkenntniß des Sittengesehes, die freilich nur höchst

mangelhaft und unvollständig bleiben wird, håtte ihn alsdann, bei einer unpartheiischen Vergleichung seines Lebens mit diesem Gesetze, zur Erkenntniß seines sittlichen Verderbens und Elends hinführen können, und somit auch zur Sehnsucht nach Rets tung aus diesem Elende, nach Befreiung von diesem Verders ben, Röm. 2, 14. 15. Hier macht Paulus aufmerksam, wie die Heiden aus den Anklagen ihres Gewissens und aus dem innern Streit ihrer Gedanken, der dann entsteht, wenn der Mensch sich vor dem Sittengeset wegen seiner Uebertretungen rechtfertigen will, ihr sittliches Verderben sehr wohl hätten er: kennen können. Und daß das innere, dem Herzen eingeschries bene Gesetz bei den Heiden zum Theil diese seine Bestimmung erreicht hat, und noch immer für viele ein Mittel der Selbsts erkenntniß ist, kann nicht geleugnet werden, da sich bei Einzels nen in der Heidenwelt auch jetzt noch eine gewisse Sehnsucht nach Frieden und Ruhe findet, welche allemal erzeugt wird, wenn das Gesetz sein Geschäft an uns ausrichtet, uns zur Selbsterkenntniß, d. h. zur Erkenntniß der Sünde hinzuführen. Von dem Grade der Erkenntniß des Sittengeseßes hängt auch der Grad der Selbsterkenntniß ab, je vollständiger und klarer jenes erkannt wird, desto lebhafter wird auch das Gefühl und Bewußtsein der eignen Sünde und Verschuldung, desto heißer auch, bei dem unauslöschlichen Verlangen nach Wohlergehen, die Sehnsucht nach einem bessern, seligeren Zustande, und dars aus entwickeln sich denn alle die mannigfachen Versuche, die sich auch unter Heiden finden, von der Sünde und ihrem Elende erlöst zu werden, was sie aber allezeit, wie die man: nigfachen Religionen der Heiden zeigen, nur durch äußerliche Mittel zu erreichen gedacht haben,

Nachdem seit dem Sündenfall und durch ihn ein großes und allgemeines sittliches Verderben über das ganze Menschen; geschlecht sich verbreitet hatte und die Erkenntniß des göttli: chen Willens, seines ins Herz geschriebenen Gefeßes, unter den Sündern durch ihre Gottlosigkeit immer mehr abnahm, so offenbarte Gott auf Sinai abermals sein Gesetz auf eine so deutliche und bestimmte Weise, daß zunächst bei Israel über Gut und Böse, über Recht und Unrecht, die Begriffe wieder festgestellt, erweitert und bestimmt wurden, damit fortan sich keiner unter ihnen mehr mit Unwissenheit sollte entschuldigen

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können, und damit für alle Zeiten und Geschlechter jenes ins Herz geschriebene Gesetz eine neue Bestätigung an dem auf Sinai gegebenen Gesetz hätte. So wie diese beiden Gesetze denselben Inhalt haben, so ist ihnen auch ein und derselbe Zweck gemeinsam, nåmlich der, den Menschen zur Erkenntniß seiner Sünde und zur Sehnsucht nach Erlösung hinzuführen; nur wird dieser Zweck sichrer durch das äußerlich gegebene Ges setz der zwei Tafeln erreicht, weil es weniger überhört noch gemißdeutet werden kann; und indem beide den Menschen von seiner Sünde überzeugen können und sollen, da sie ihm Got: tes heiligen Willen vorhalten, so sind sie zugleich auch eine Offenbarung der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes. Wenn Paulus Rom. 3, 20. sagt: Durch das Gesetz kommit Erkennt: niß der Sünde, so spricht er es deutlich aus, daß der Zweck der Gesetzgebung kein andrer gewesen sei, als zunächst Israel und einst alle, die dies Gesetz kennen lernen würden, zur Er: kenntniß ihrer Verschuldungen und Strafbarkeit hinzuführey, weil es allemal, wo das Geseß recht verstanden und gebraucht wird, durch dasselbe zur Erkenntniß der Sünde kommt. ist gewiß, daß das göttliche Geseß auch die allervollkommenste Anweisung zur Seligkeit ist, wie geschrieben steht: wer es thut, wird dadurch leben; würde ihm der erforderliche Gehorsam ge leistet, so würde es, wie der Baum der Erkenntniß des Gus ten und Bösen, den Menschen erfahren lassen, wie selig es macht, Gott zu gehorchen, da aber jeder das Gescß übertritt, so wird es jedem zur Erkenntniß des Bösen, macht es jedem fühlbar, wie böse er als Uebertreter ist und handelt, und wie strafbar er ist. An und für sich betrachtet ist also das Sitten: gesetz allerdings der Weg zur Seligkeit, wie denn auch der Er: löser sagt: Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote, Matth. 19, 17., allein bei der vorhandenen sündlichen Beschaf fenheit des Menschen, bei seiner überwiegenden Luft zum Bd: sen und seiner mächtigen Abneigung gegen das Gute, richtet eben dies Gefeß nichts anders aus, als daß es uns ein Spie: gel wird, in welchem wir beides erkennen, wie wir sein sollen, aber nicht sind, und der uns daher die Mißgestalt und Flecken unseres inwendigen Menschen vorhält, wenn wir uns sorgfäl tig in demselben betrachten. Die Lehre von dem Grundvers derben des Menschen, welche die heil. Schrift für jeden, der nur

sehen will, so deutlich enthält, bekommt ihre Bestätigung durch das Gesetz; denn wenn der Einzelne im Allgemeinen sein sünd: liches Verderben aus dem Worte der heil. Schrift: Hier ist kein Unterschied, sie sind allzumal Sünder, und aus andern åhnlichen Aussprüchen erkennt, so wird er genauer mit seiner Sünde bekannt, wenn er im Gesetze die einzelnen Gebote be trachtet, sein Leben, inneres und äußeres, damit vergleicht, und sieht, wie er alle Gebote Gottes übertreten hat. Durch solche an der Richtschnur des göttlichen Geseßes und in diesem Spie: gel der Wahrheit angestellte Selbstprüfung wird die Erkennt niß der Sünde eine recht gründliche, genaue und umfassende, und der Mensch sieht die Aussprüche des göttlichen Wortes' von seinem Grundverderben an sich bestätigt. Wie sich Got: tes heiliges Gesetz zu den verkehrten Willensrichtungen des menschlichen Herzens verhalte, wie es den inneren Zwiespalt des Menschen und sein sündliches Verderben aufdecke, ihn aber keinesweges zum kindlichen Gehorsam bringe, das seķßt der hei: lige Paulus Róm. 7, 7–25. aus einander, wo er an seiner Person den Zustand eines solchen beschreibt, der unter dem Ge: seze steht, ihm gehorchen will, aber nicht zum Gehorsam kommt, sondern nur immer lebhafter und schmerzlicher die in ihm woh: nende Sünde erkennt. Obwohl aber der Apostel von sich redet, so war doch damals der hier von ihm beschriebene Zustand nicht mehr der seinige, wie sich aus V. 25. ergibt, wo er Gott Dank sagt durch Jesum Christum, nåmlich dafür, daß (Cap. 8, 2.) das Gesetz des Geistes, der da lebendig machet in Christo Jesu, auch ihn frei gemacht habe von dem Gesetz der Sünde und des Todes (welches dem Menschen seine Sünde und den wohlverdienten Tod, das ganze Sündenelend, offenbart). Zu: vörderst weist der Apostel, welcher zeigen will, wie das Gesetz die Sünde offenbart, im Voraus den Einwand zurück, daß man sagen mögte, das Gesetz selbst habe die Sünde hervorge rufen oder erzeugt, es heißt V. 7: Was wollen wir denn nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? an sich selbst böse und daher Quelle des Bösen, der Sünde? Das sei ferne, antwor tet er darauf, aber die Sünde erkannte ich nicht, ohne durch's Geseh; denn ich wußte nichts von der Lust (daß sie böse und dem Willen Gottes zuwider sei), wo das Gesetz nicht hätte gesagt: Laß dich nicht gelüften. Als mir aber dies Gebot ge:

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