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lichem oder einem mehr ins Leben eingreifenden Wege, in from: mer Gemeinschaft mit Gott, sich zu erhalten sucht; dies war die den Essäern eigenthümliche Geistesrichtung, die bei ihnen aber völlige Zurückgezogenheit von dem öffentlichen Leben zur Folge hatte, daher sie auch nirgends in der evangelischen Ge: schichte vorkommen, indem sie auf der Westseite des todten Meeres in stiller Abgeschiedenheit ein fast mönchisches Leben führten. Von dem größten Einflusse auf das öffentliche Leben waren dagegen die beiden ersten Secten der Pharisåer und Sadducåer, deren Eigenthümliches aus dem N. Test. näher erkannt wird; mit ihnen hatte der Erlöser so viel zu thun, und theils aus den Reden des Herrn, theils aus ihren eig nen Fragen und ihrem Verhalten, zeigt sich das Irrige ihrer religiösen Ansichten, und wie das Christenthum eben so weit davon verschieden ist, wie sie selbst von Moses und den Pro: pheten sich entfernt hatten.

Die Pharisaer, d. h. die Abgesonderten, von dem großen Haufen des Volks durch eine ganz besondere Heiligkeit (nach ihren Begriffen) geschieden und vor ihm ausgezeichnet, hatten in ihren Schulen, außer der ganzen heiligen Schrift, noch eine mündliche Ueberlieferung, Kabbala, gebildet aus einer Vermi: schung der mosaischen Religion mit allerlei Weisheit andrer morgenländischen Religionen, und diese trugen sie durch allego: risirende Auslegung in die heilige Schrift hinein. (Spuren der allegorischen Auslegungsweise finden sich auch bei Paulus, dem ehemaligen Pharisåer, Gal. 4, 21-31., denn er sagt V. 24. ausdrücklich: Die Worte bedeuten etwas, d. h. sie ha: ben noch einen ganz andern, tieferen Sinn als den bloß ge: schichtlichen, sie müssen auch allegorisch verstanden werden, so daß in der Geschichte von Abrahams beiden Söhnen das we: sentlich verschiedene Verhältniß des Judenthums zum Christen: thum bildlich dargelegt wird.) Diese mündliche Ueberlieferung war eine unversiegbare und willkommene Quelle, um eine Menge von außerlichen Vorschriften, Geboten und Gebräuchen neben der von Gott gebotenen Gottesverehrung einzuführen, ́ihnen Werth und Geltung zu verschaffen und ihre Beobachtung als nothwendig zu fordern; wie sich auch etwas sehr Aehnliches in der christlich: katholischen Kirche eingefunden hat. Um dieser menschlichen Auffäße willen wurden häufig die göttlichen Ge:

bote geringgeschäßt und ihre Erfüllung hintenangeseßt, Matth. 15, 1-6., Marc. 7, 3. 4. Die Werthschäßung dieser äußers lichen, gottesdienstlichen Formen stieg um so höher, als man wähnte, durch dieselben sogenannte überflüssige gute Werke zu thun, die Gott eigentlich nicht fordern, und durch die man sich daher bei ihm ein besonderes Verdienst zu erwerben meinte. Bei allen Uebungen der Gottseligkeit sahe der Pharisåer nicht auf den Herzensgrund, aus dem sie entsprangen, sondern er begnügte sich mit dem bloß äußeren Werk des Betens, Fastens und Almosengebens, was der Erlöser strafend rúgt Matth. 6, 1-6. 16-18; was im Geseß an äußeren Werken geboten war, beobachteten sie sorgfältig, aber die in demselben Gesetz geforderte Gesinnung der Liebe suchten sie sich nicht anzueig nen, was ihnen Jesus Matth. 23, 23. strafend vorhält. Die Meisten dieser Pharisåer waren Heuchler, die wissentlich ihr bdses und verderbtes Inneres mit dem guten Scheine einer gewissen Gottesdienstlichkeit zu verhüllen suchten, Luc. 12, 1. 6., und daher straft sie der Erldser so ernst in seiner Strafrede Matth. 23, 5. 14. 24-33. Habsucht, Ehrsucht, Eitelkeit, Herrschsucht, das waren die sie beherrschenden Laster, während fie Gottes Wort und Frömmigkeit zur Schau trugen; dem Christenthum, das Wahrheit verlangt, Einheit des Jumeren und Aeußeren bei dem Menschen, war solche Gemüthsverfaßsung besonders hinderlich, und sie wehrte seinem Eingange ins Herz, wo sie sich vorfand. Indessen auch unter den Pharis fåern fanden sich bessere, wie Nikodemus, Gamaliel (wegen seines billigen und klugen Urtheils über die Angelegenheit Jesu Apoftg. 5, 38. 39.) und Paulus. Diese meinten es gewiß ernstlich mit der Erkenntniß der Wahrheit, mit dem Streben nach Heiligung und mit der Gerechtigkeit vor Gott, die sie sich durch Heiligwerden aus eigner Kraft zu verschaffen such: ten, und wozu sie die gottesdienstlichen Gebräuche ernstlich und gewissenhaft benußten; Erfahrungen und Seelenzustände, wie sie bei solchen sich fanden, schildert der Apostel Paulus Rôm. 7., gesteht aber auch zugleich, daß man das Angestrebte, Heiligung und Gerechtigkeit vor Gott, nur im Glauben an Christus und durch die Gewißheit der Sündenvergebung erlangen könne, und daß der Irrthum solcher Herzen darin licge, daß sie durch ́eig: nes Wollen oder Laufen zu erreichen suchten, was doch allein

eine Wirkung und Frucht der am Herzen erfahrnen Barmhers zigkeit Gottes sei.

Für die väterliche Religion eiferten die Pharisåer auch dadurch, daß sie sich die Bekehrung der Heiden sehr angelegen sein ließen; selbst aber entfremdet von aller wahren Heiligkeit, waren sie sowohl für diese Neubekehrten, wie für den großen Haufen ihrer gebornen Glaubensgenossen nur blinde Leiter der Blinden, und ihre Bekehrungen brachten den Uebergetretenen keinen Segen, deshalb straft der Erlöser auch dies an ihnen Matth. 23, 15. Ein todter Glaube an den einigen Gott ohne Einfluß auf's Leben, Beobachtung des irdischen Ceremoniena wesens, Vertrauen auf selbsterwählten Gottesdienst, das war es fast allein, wozu die Proselyten von ihren blinden Führern angeleitet wurden, und dennoch hat selbst diese Verbreitung eines solchen Judenthums dem Christenthum oft und bei vies len den Weg gebahnt, indem doch Wahrheit, freilich oft nur allzu entstellt gegeben, und Enthaltung von den offenbaren Las stern des Gößendienstes, gefordert wurde. Am geneigtesten zur Annahme des Evangelii waren unter den Uebergetretenen die Proselyten des Thors, welche, ohne sich der Beschneidung zu unterwerfen, nur zur Beobachtung der sogenannten sieben Ges bote Noahs, nämlich zur Entsagung vom Gößendienste, zur Verehrung Eines Gottes, zur Enthaltung von heidnischen La: stern und allem, was mit der Abgötterei in Verbindung stand, verpflichtet wurden. Die wichtigsten Religionswahrheiten und die Verheißung vom zukünftigen Messias wurden diesen Pro selyten bekannt, so wie auch die heiligen Schriften der Juden, und wenn sie sonst Sehnsucht nach Wahrheit und Licht hat? ten, so fand das Christenthum bei ihnen eine günstige Aufnahme, weil sie seiner göttlichen Kraft zugänglich waren. Solche Proselyten sind meistentheils die im N. Test. oft erwähnten Judengenossen, an welche sich die Apostel und besonders Pau lus wandten, wenn ihnen keine Thür zur Wirksamkeit auf die Juden selbst geöffnet wurde. Die Proselyten der Gerechtig keit, welche dem Judenthum vollständig einverleibt wurden und die pharisäischen Irrthümer zugleich mit demselben überkamen, standen dagegen dem Evangelio oft sehr feindselig gegenüber, weil sie sich nur um so schwerer entschließen konnten, allen Stolz auf Werke und alle Selbstgerechtigkeit und alles vers

meinte Verdienst vor Gott daranzugeben, um aus Gnaden selig zu werden, wie es das Christenthum verlangt, da es ihnen einst so viel Mühe gekostet hatte, sich in das schwere Joch und die drückenden Satzungen des Judenthums zu fügen; nach dem sie es aber dahin gebracht hatten, hielt ihr natürlicher Stolz sie ab, das fanfte Joch Christi und seine leichte Last auf fich zu nehmen, und es ging ihnen, wie so vielen geborenen Juden, sie fanden den alten gewohnten Wein äußerer Sahun: gen milder, als die neue Lehre von einer völligen Wiedergeburt, durch welche alle jene sauern Bemühungen für unzureichend erklärt wurden zur Bürgerschaft der Himmelreichs.

Die Hauptlehre und der wahre Mittelpunkt der ganzen Theokratie (des Himmelreichs unter Israel), die Hoffnung auf den Messias, auf Verheißungen Gottes sich stüßend, durch beschreibende Weissagungen genährt, in dem levitischen Gottess dienst sinnbildlich dargestellt, und im davidischen Königreich als einem Typus weiter ausgebildet, war durch die vielfachen Leis den des jüdischen Volkes keineswegs bei demselben in Verges senheit gerathen, sondern diese dienten vielmehr gerade dazu, die sehnsüchtige Erwartung auf den verheißnen Retter desto lebendiger zu erhalten, und die Leidenden mit der Erlösung zu trösten, die von ihm ausgehen sollte, denn man meinte, der Messias werde die gesunkene Theokratie abermals heben,` Js: rael wieder so glücklich machen, wie es zu ́Dayids Zeiten war, ihnen die Heiden unterwerfen und ein bleibendes irdisches Reich errichten. Je mehr der fleischliche Sinn der Pharisåer und der Juden überhaupt nur auf das Aeußere gerichtet war, je mehr man den äußeren Staatsdruck unter fremden Völkern fühlte, und die sichtbare Noth ins Auge faßte: desto politischer dachte man sich den Messias nur als irdischen König, der das Joch der fremden Treiber zerbrechen und Israel frei machen follte. Da nun überdies in den prophetischen Stellen, die vom Messias handeln, Beschreibungen seines Reichs, seiner Macht, seiner Siege vielfach vorhanden sind, so hielt man sich an diese, übersah. die andern Stellen, welche von einem leidenden Mes; sias reden, und setzte sich von ihm ein Bild zusammen, wie es der irdischen Noth und dem irdischen Sinne entsprach, den man besaß, und schmeichelte sich dann mit der Hoffnung, ge: rade so müsse der Messias sein, und ein solcher irdischer Ret:

ter werde gewiß kommen. Und als nun Jesus erschien, diese irdischen politischen. Hoffnungen zerstörte und dennoch erklärte, er sei der Messias, da gebrauchte die List und Bosheit der Pha: risåer und Priester gerade jenes falsche Bild, das sie sich vom Messias entworfen hatten, als Anklagepunkt gegen ihn vor dem römischen Landpfleger, was um so schändlicher war, als sie Je sum gern angenommen haben würden, wenn er nur ihren irdisch: politischen Erwartungen hätte entgegenkommen wollen, denn eben die, welche vor Pilatus so viel Ergebenheit gegen den Kaiser heuchelten, waren zu jeder Empórung gegen das römische Joch so überaus geneigt; um so schändlicher war dieser An: klagepunkt, je ungegründeter er war, um so verwerflicher die Gesinnung der Feinde Jesu, die ihn dessen anklagten, wofür sie ihn so gern anerkannt håtten. Andere, nicht weniger fleisch: lich gesinnt, erwarteten ein ganz sinnliches Wohlleben vom Mes: sias, und schmeichelten sich in ihrem den Lüften der Erde ers gebenen Herzen, er werde in seinem Reiche die ausgesuchtesten Vergnügungen und Ergößlichkeiten den Seinen zu Theil wers den lassen, und auch solche verkehrte Hoffnungen gründetę man auf mißverstandene prophetische Stellen, welche die Glückselig keit des messianischen Reiches schilderten. Bei solchen Vorur: theilen darf es uns nicht wundern, wenn der in Knechtsgestalt erscheinende Messias, der Entsagungen, Kreuztragen und Lebens: aufopferung verlangte, und Haß von Seiten der Welt und Trübsale den Seinen verkündete, von allen so gesinnten Her: zen zurückgestoßen und nicht anerkannt wurde. Zwar wenn er das Volk sättigte, so wollten sie ihn haschen und laut für den Messias erklären und zum Könige ausrufen, aber bald ár: gerten sie sich wieder an ihm, wenn er in der Schule zu Ka: pernaum das Essen und Trinken seines Fleisches und Blutes verlangte, Joh. 6., und wichen von ihm zurück und wandelten nicht mehr mit ihm. Die Pharisaer, deren so viele Schrifts gelehrte waren, håtten wohl eine bessere Erkenntniß haben und verbreiten sollen, aber sie theilten diese Irrthümer; und weil ihr inneres Auge für die viel höhere Seelennoth des Volkes, für das weitverbreitete sittliche Verderben verschlossen war, und sie in diesem nicht die Quelle der anerkannten äußeren Noth und des leiblichen Elends erblickten; weil sie die Bedürf nisse des Herzens nach Licht, Wahrheit und innerm Frieden

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