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Von Werken des Geseßes und von der Gerechtigkeit der aus dem Gefeß.

Wenn, wie erwiesen, die Liebe des ganzen Gesetzes und aller einzelnen Gebote oder Verbote Hauptforderung ist, so ist es deutlich, daß sich das Gesetz zuerst auf das Innere des Menschen erstreckt, denn Liebe ist eine Empfindung, ein wohl wollender Trieb des Herzens; in sofern aber als des Menschen Wille und Gesinnung entweder in Worten oder in Werken sich äußert und aus der Verborgenheit des innern Lebens an den Tag kommt, so schreibt das Gefeß auch eine gewisse Handlungs; weise, ein Verhalten in Worten und Werken vor; allein diese können nur dann der Forderung des Gesetzes entsprechen, wenn sie wirklich aus jener liebevollen Gesinnung herfließen, welche die Quelle unseres ganzen åußerlichen Verhaltens sein soll. Nur die gute Gesinnung macht das Werk gut, wie der Baum, so die Frucht; wie die Quelle, so ihr Wasser; der Schein kann hier die Menschen täuschen und ihr Urtheil berhören, aber vor den Herzenskündiger gilt als gutes Werk und Gefeßescrfüllung nur die Liebe und das Werk aus Liebe. Im höchsten Grade verwirrt waren über diesen Gegenstand die Begriffe der Phas risåer und Schriftgelehrten zur Zeit Jesu, und dieselbe Ver: wirrung, sei es aus Unwissenheit oder aus Bosheit, kehrt noch immer wieder, sobald man sich vom Lichte des göttlichen Wortes entfernt, und fich den Weg zur Seligkeit leicht ma chen will.

Der Apostel Paulus, der die verkehrte Richtung des menschlichen Herzens und den Selbstbetrug, in den es sich so leicht versenkt, aus eigner früherer Erfahrung, als er noch im Judenthum lebte und zu Gamaliels Füßen saß, sehr wohl kannte, und dieselbe Verkehrtheit, mit äußeren Werken und äußers lichem Gehorsam zufrieden zu sein, bei seinen ehemalis gen Glaubensgenossen überall und immer wieder antraf, eifert in seinen Briefen besonders stark gegen diesen Wahn, verwirft die Gesetzes Werke, erklärt die Gerechtigkeit aus dem Gesek für durchaus ungenügend vor Gott, und dringt darauf, daß der Mensch vom Geiste Gottes regiert werden müsse, wenn er anders ein Bürger des Himmelreichs sein und als solcher von seinem Heilande anerkannt werden wolle. Er sagt Röm. 3

20: Kein Fleisch mag durch des Geseßes Werke vor Gott ge: recht sein, und V. 28: So halten wir es nun, daß der Mensch gerecht werde, ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glaus ben. Es frågt sich hier zunächst, was unter Werken des Ge: sehes im Sinne des Apostels zu verstehen ist? Da der heilige Paulus die Werke schlechthin nicht verwirft, sondern sie als Früchte und Kennzeichen des Glaubens, des göttlichen Lebens in uns, fordert; da er überall Liebe, Heiligung, Barmherzigkeit, Gehorsam gegen Gott und alles, was man christliche Tugen: den zu nennen pflegt, verlangt, also dieselben Werke, welche auch das Gesetz vorschreibt: so sind die Geseßes Werke rück sichtlich auf ihren Gehalt von den Glaubenswerken nicht ver: schieden, und es bleibt keine andre Verschiedenheit zwischen bei: den als die, daß Geseßes Werke aus einer ganz andern Quelle entspringen als Glaubenswerke. In der Verschiedenheit dieser Quelle, der Triebfedern oder Beweggründe beider Arten von Werken ist aber eben ihre Werthlosigkeit oder ihr Werth vor Gott begründet. Ein Werk des Gesetzes ist ein solches, wel ches das Gesetz in mir hervorbringt, zu dessen Verrichtung ich durch nichts anders, als nur allein durch die Strafandrohung des Gesetzes oder durch die Verheißung des dem Gehorsam zugesagten Lohnes bestimmt werde; wäre das Gesetz weder mit Drohung noch mit Verheißung verknüpft, so würde kein Ges setzeswerk zu Stande gekommen sein, das Gebot oder Verbot håtte dann gar keinen Einfluß auf das Verhalten des Men schen gehabt, und sich als ganz wirkungslos erwiesen. Weil aber durch Drohung und Verheißung des Gesetzes die Emp; findungen der Fürcht und Hoffnung in dem menschlichen Hers zen erregt werden, welches nach Wohlergehen sich sehnt und vor dem Schmerzlichen sich scheut: so bringt es das Gesetz kraft dieser an' dasselbe geknüpften Zusage dahin, daß der Mensch seinen dem Geseß zuwiderlaufenden Willen wenigstens nicht" zur That oder zum Wort werden läßt, sondern sein ganzes äußeres Verhalten gesetzmäßig einrichtet. Aber dessenungeach tet bleibt im Herzen der dem Gesetz widerstrebende Wille, die verkehrte Neigung, sie wird nicht im Geringsten angetastet oder geändert, und daher geschieht es denn auch, daß bei solcher Ges müthsverfassung, wenn Lohn oder Strafe des Gesetzes nicht Behörig erwogen werden, oder sich eine leise Hoffnung zeigt,

dem angedrohten Uebel durch List zu entgehen, das Gefeß als: bald verhöhnt und durch Ungehorsam mit Füßen getreten wird. Wenn ihm indessen auch äußerlich in Wort und Werk ein Ges nüge geschieht, so ist es dennoch nicht erfüllt, nicht vollkommen gehalten, weil es zuerst und vor allem andern Liebe gebietet, die ein also beschaffenes Herz nicht in sich findet. Geseßes Werke sind daher diejenigen, welche ohne Lust und Liebe zum Gesetz, allein aus Selbstliebe oder Eigennut verrichtet, mit widerstrebendem Herzen gethan werden. Feindschaft gegen Gott, Lust und Freude an der Sünde, Abneigung gegen das Gute, den Willen Gottes, finden sich auch da, wo nur Geseßes Werke geschehen. Es liegt aber am Tage, daß der Herzens: kündiger, der ins Verborgne schaut und unsre Gedanken von ferne versteht, mit einem solchen Gehorsam, der eigentlich keis ner ist und diesen Namen gar nicht verdient, unmöglich zu frieden sein, einem solchen Menschen sein Wohlgefallen nicht schenken kann; und daher ist dann, wo nur Geseßes Werke sind, keine Gerechtigkeit, wenigstens nicht die åchte und vor Gott geltende, sondern nur eine selbstersonnene, eingebildete, unzureichende Gerechtigkeit, deren, Besiß uns den Besitz des Himmelreichs, der Seligkeit nicht sichert, weil diese nur da ist, wo wir der Gnade Gottes 'gewiß sind.

Die Gerechtigkeit aus dem Geseß kann nach 3 Mose 18, 5., welche Stelle Paulus Róm. 10, 5. als eine Beschreibung des Wesens der Gesches: Gerechtigkeit anführt, in nichts anderem bestehen, als in dem ganz vollkommenen und vollständigen Ges horsam gegen das ganze Gesetz, abgesehen davon, ob das, was es gebietet, sittliche Vorschrift oder Verordnung über den Gots tesdienst ist, denn da beides göttlichen Ursprung hat, so ist nas türlich kein Theil des Geseßes heiliger und unverleßlicher als der andre, und die Gesetzes: Gerechtigkeit besteht nur in der treuen Erfüllung aller göttlichen Gebote. Indem aber der fleischliche und unerleuchtete Sinn das Gesetz Moses mißver: stand, kam es dahin, daß man eine solche Gerechtigkeit aus dem Gesetz zu besißen meinte, die doch kein Mensch je gelei: stet hat noch leisten kann; denn es findet sich nirgends ein ganz vollkommner Gehorsam gegen das göttliche Geseß, weil bei allen Gefeßeswerken Vertrauen und Liebe zu Gott dem mensch: lichen Herzen fehlen, die es aus eigner Vernunft oder Kraft

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sich nicht verschaffen kann. Und eben so wenig ist unser Ge: horsam vollständig, der heilige Jakobus sagt Cap. 2, 10. 11: Denn so jemand das ganze Gesetz hålt und sündigt an einem, der ist's ganz schuldig; denn der da gesaget hat: Du sollst nicht ehebrechen! der hat auch gesagt: Du sollst nicht tödten! so du nun nicht ehebrichst, tödtest aber, bist du ein Uebertreter des Gesetzes; und Gal. 3, 10. heißt es: Die mit des Geseßes: werken umgehen (dadurch gerecht werden wollen), die sind un ter dem Fluch, denn es stehet geschrieben: Verflucht sei jeders mann, der nicht bleibet in alle dem, das geschrieben steht in' dem Buche des Geseķes, daß er's thue. Es ist ja mit dem Gehorsam gegen ein und das andere Gebot nicht genug, wir dürfen uns nicht beliebig einzelne Theile des göttlichen Ge seßes auswählen, um sie zu befolgen und wiederum andere nach unserm Belieben übertreten; Gott fordert einen vollståndigen Gehorsam; der unvollständige ist vor ihm durchaus 'ungenů: gend, und daraus wird es klar, daß niemand Gesekesgerechtig: keit besißt, indem ein jeder mehr oder weniger in Worten und Werken, innerlich oder äußerlich, einzelne Gebote, und somit allemal zugleich auch das höchste und vornehmste von der Liebe zu Gott übertreten hat. Weil indessen das stolze menschliche Herz so gern etwas sein und vor Gott gelten will, so über: redete man sich, es komme vorzugsweise auf die Beobachtung des Ceremonialgeseßes an, und deren befleißigte man sich mit einer solchen Pünktlichkeit, Genauigkeit und gewissenhaften Aengstlichkeit, wie es nur irgend möglich war. Je mehr im Verlaufe der Jahrhunderte dieser fleischliche Sinn überhand nahm, desto eigenmächtiger fügten Rabbinen und Schriftgelehrte in eitler Willkühr eine Menge von Aufsäßen, Geboten und Ver: ordnungen hinzu, die alle nur den äußeren Gottesdienst betras fen, machten diese zur Hauptsache in der Gottesverehrung und wähnten, in ihrer pünktlichen Erfüllung bestehe die vor Gott geltehde Gerechtigkeit. Eine solche Verkehrtheit, die Uebungen der Gottseligkeit und die Hülfsmittel, durch welche das geists liche Leben der Seele theils gefördert wird, theils sich äußert, für die Gottseligkeit selbst zu halten, ihnen einen übertriebenen Werth beizumessen, ihre bloß mechanische Vollziehung für we sentliche Frömmigkeit anzusehen, dabei die sittlichen Forderun gen des Gesetzes hintenanzustellen und ihren Werth herabzus

sehen, hatte zur Zeit Jesu bei den Pharisäern den höchsten Grad erreicht, deren ganzer Gottesdienst nur in åußern Fors men bestand und die eben deshalb sich selbst für vollkommen gerecht hielten und auch nach dem Urtheil des großen Haus fens vor Gott gerecht waren. Es hat sich aber diese Verwir rung aus sittlicher Schlaffheit, die es mit Gottes Geboten nicht so gar genau nimmt, aus thörichter Verblendung, die durch äußeres Wesen Gottes Beifall zu erlangen wähnt, und aus Sündenliebe, die lieber die schwersten äußeren Werke thut, als eine Schooßsünde aus dem Herzen ausrottet, sehr häufig auch in der Kirche des Herrn wiederholt. Fasten und Allmos sen, Gebete plappern und Wallfahrten, Selbstpeinigungen und äußere Bußübungen haben oft die Stelle wahrer Gottseligkeit eingenommen und ihren Mangel ersehen sollen, und das Herz hat sich mit einer falschen Gerechtigkeit geschmeichelt, die dess halb auch die eigne heißt, weil der Mensch mit eigner Kraft und durch seine Werke vor Gott gerecht sein will. Die Strafs reden des Herrn gegen die Pharisåer, deren Heuchelei er aufs deckt, und alle die Stellen der heiligen Schrift, wo eine in: nere Erneuerung und Wiedergeburt verlangt wird, bezeugen das Ungenügende der Gerechtigkeit aus dem Geseß, und es ist von der größten Wichtigkeit, dies im hellsten Lichte zu erken: nen, damit man durch eine höchst gefährliche und seelenverderb liche Selbsttäuschung in eigner Gerechtigkeit nicht des von Gott uns zugedachten Heils verlustig gehn. Weil Hochmuth und Eitelkeit eine Gerechtigkeit aus dem Gesetz zu haben vermeinten, so mußten schon die heiligen Propheten auf diesen Irr thum aufmerksam machen; daher heißt es bei Jef. 64, 6: Alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein unflåtig Kleid; David preist die Seligkeit dessen, dem Sündenvergebung zu Theil wird, worauf Paulus Róm. 4, 6—8. den Beweis gründet, daß auch während der Periode des Gesches die Gerechtigkeit vor Gott nicht aus den Werken hergerührt habe. `Also nicht durch seine Werke, sondern als er sich vor Gott demüthigte und im Glaus ben Vergebung suchte, und sie fand, da der Prophet Nathan zu ihm sprach: Der Herr hat deine Sünde weggenommen, du wirst nicht sterben; so erlangte David Gerechtigkeit, und bei Habak. 2, 4. heißt es: Der Gerechte wird seines Glaubens leben, d. h. durch Glauben wird er gerecht und selig werden.

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