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Das heißt aber doch die völlige Dunkelheit von Shakespeares geistiger Werkstatt durch den trügerischen Schein eines Irrlichts erhellen wollen!

Und nicht minder wie diese subjektiven Phantasiegebilde werden auch die bekannten Anekdoten von Shakespeares anfänglichen bescheidenen Dienstleistungen am Theater in der Form von Tatsachen vorgetragen, mit dem charakteristischen Zusatz: «Er ging auf alles bereitwillig ein, denn es kam ihm zunächst darauf an, einen Boden unter sich zu haben, von dem aus er wie er hoffte schon weiter kommen werde>.

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Wenn der Verfasser dieses Verfahren im Vorwort (S. VI) mit den Worten rechtfertigt: <Wenn wir daher bei dem die Jugendzeit des Dichters betreffenden dürftigen biographischen Material genötigt sind, das Bild seines Lebens durch manche Kombinationen einigermaßen zu vervollständigen> so möchte ich diese Notwendigkeit, entschieden leugnen, und den Wunsch aussprechen, daß alle diese Anekdoten und Hypothesen aus den Hauptsälen des geistigen Shakespeare-Museums endgültig verbannt und in das Kuriositätenkabinet> verwiesen würden, in das sie gehören.

Auch vor der Überschätzung der vielen «Anhaltpunkte», welche die <reiche und glänzende Literatur seiner Zeitgenossen gibt, um auf Shakespeares Stellung und Ansehen Schlüsse ziehen zu können», muß m. E. nachdrücklich gewarnt werden. Haben sich doch manche dieser zeitgenössischen Mitteilungen gewissermaßen als Danaergeschenke erwiesen, die anstatt vermehrten Lichts uns nur neue Rätsel über Shakespeares Persönlichkeit gebracht, und manchem Unkraut» überdies den Boden bereitet haben.

In gewissem Sinne als typisch für die Zweischneidigkeit» solcher Zeugnisse können die jüngsten von Sidney Lee unlängst veröffentlichten Shakespeare- «Funde gelten. Während in dem einen derselben Shakespeare ein Jahr vor seinem Tode als Kläger in einem Prozeß erscheint, dessen Gegenstand ein Grundstück in Blackfriars war, finden wir ihn dem anderen zufolge zwei Jahre zuvor gemeinsam mit seinem Kollegen Richard Burbage vom Grafen von Rutland mit der Herstellung eines Wappenschildes für ein Tournier betraut, dessen malerische Ausführung Burbage zufiel, während Shakespeare die Lieferung eines geeigneten Wahlspruches (impreso) übernommen hatte.

Dürfen wir nun wirklich die Zahlung des verhältnismäßig hohen Preises von 44 Shilling an jeden der beiden Beauftragten als einen Beweis für das <hohe Ansehen, betrachten, in welchem Shakespeare bei dem Kavalier gestanden, oder sollen wir nicht vielmehr einem Mr. Hookham beipflichten, der in einem «Eingesandt» an die «Times» (vom 3. Januar 1906) sich folgendermaßen zu der Nachricht äußert: What are we to think? Do we not receive a sort of shock when we hear of Shakespeare, at the end of the most glorious intellectual career ever granted to mortal man, set down to work of this kind at the bidding of a capricious nobleman?

Nach dieser kleinen Abschweifung zu G.'s Buche zurückkehrend, möchte ich für eine etwaige folgende Auflage eine Revision der stellenweise etwas flüchtig geratenen Sprache empfehlen. Wendungen wie «zu mißverstehen (S. 121) und «es bedarf auch kaum hinzugefügt zu werden» (S. 196) wären zu verbessern. Das Gleiche gilt von dem (S. 322 Z. 10 v. u.) mit den Worten <wer aber könnte die Szenen beginnenden Satz, der nach längeren Zwischen

bemerkungen in der veränderten Form «wer könnte Zeuge dieser Szenen sein wieder aufgenommen wird.

Ebenso wäre der Widerspruch auszumerzen, der sich in Bezug auf Shakespeares Richard II» zwischen den Angaben auf S. 191 und S. 270 findet. Während es dort heißt: daß schon vorher, bei dem Aufstande des Grafen Essex, das Stück ausersehen war, dabei eine Rolle zu spielen, wird man später erfahren, meint der Verfasser später (in Übereinstimmung mit der zumeist adoptierten Ansicht): «daß nun das bezeichnete Schauspiel von der Abdankung Richards II. die Shakespeare'sche Tragödie gewesen sei, ist aus verschiedenen Gründen nicht anzunehmen..

Als dankenswerte Beigabe möge neben der dem Buche vorangestellten Reproduktion des Menzel'schen Shakespeare-Bildes (über welches G. im «Anhang, S. 395 ff. einige Erläuterungen gibt) noch das faksimilierte Titelblatt der unlängst entdeckten ersten Ausgabe des «Titus Andronicus» (auf S. 416) speziell erwähnt werden.

Stuttgart.

F. P. v. Westenholz.

Edward Dowden. Shakespeare. Deutsch von Paul Tausig. Leipzig. Max Hesses Volksbücherei 245–47. (60 Pf.)

Dowdens Shakespeare Primer bedarf in Deutschland keiner Empfehlung mehr, so daß die vorliegende Übersetzung mit Freude zu begrüßen ist. Der Übersetzer, aus einzelnen Redewendungen als Österreicher erkennbar, hat hinzugefügt einige Fußnoten, eine Stammtafel, bibliographische Notizen und ein Aussprachewörterbuch für die Eigennamen bei Shakespeare, das allerdings ohne die nötige Kenntnis des Englischen aufgestellt, manche Schnitzer aufweist. Beigegeben ist ferner das Titelblatt der ersten Folio mit Droeshouts Holzschnitt und man sieht nicht recht wozu die Nachbildung einer modernen Shakespeare-Kamee.

Posen.

W. Dibelius.

Emil Mauerhof. Shakespeareprobleme. Kempten und München, Jos. Kösel, 1905. VI u. 311 S. (M. 4.50.)

Mauerhofs Schrift gehört in das Gebiet der Literaturforschung, das ich mit dem Namen « Brandesianismus » bezeichnen möchte. Georg Brandes ist der Begründer jener feuilletonistischen Betrachtungsweise der Literaturgeschichte, die jeder tiefer dringenden gelehrten Forschung von vornherein glaubt entraten zu können. Die Mängel dieser Betrachtungsweise fallen bei ihm nicht so ins Gewicht, da er trotz aller Bizarrerieen ein Mann von Geist ist, der einzelnes Wertvolle gebracht hat. Ganz anders mit den deutschen Nachahmern und Nachtretern des dänischen Ästhetikers, z. B. Eduard Engel, Th. Eichhoff, E. Mauerhof. Sie haben von Brandes nur die völlige Geringschätzung der gelehrten Forschung übernommen; anstatt Geist bieten sie in ihren Werken das beliebte Surrogat, Grobheit. Sie poltern und wettern gegen das ingrimmig gehaßte Gelehrtentum in der Literaturforschung mit dem ganzen

Haß, den der Wildschütz auf den Jäger hat, weil dieser ihn mal nach seinem Jagdschein fragen könnte.

Was Mauerhof in seinen «Shakespeareproblemen» bietet, ist furchtbar: er trägt das platteste Zeug vor mit größter Arroganz, voll galliger, hämischer Angriffe. Nicht einer von den großen Shakespeareforschern entgeht den Invektiven dieses Zwerges. Ich bin kein Freund des knechtischen Autoritätsglaubens und mache vor den Irrtümern der Autorität nicht halt; aber ich halte es nicht minder für eine Pflicht des Kritikers, Namen wie Gervinus, Elze, Werder, Genée usw. anständig zu zitieren. Das tut Mauerhof nicht; er nennt sie zunächst nie anders als Herr Gervinus, Herr Elze usw., bezeichnet sie sodann als «literarisches Gesindel», «verlogene Gauklerbande», schnoddrige Gesellen», spricht von «niederträchtiger Sudelei» (ipsissima verba!). Ein derartiger Ton müßte das geistvollste Werk zu einer unleidlichen Lektüre machen; gewahrt man nun gar beim Lesen die völlige Ohnmacht des Verfassers, so kann man sich des Gefühls der Entrüstung nur schwer erwehren.

Zwei alte Aufsätze und einen neuen hat Mauerhof zu einem Buche von 20 Bogen zusammengestellt. Der erste Aufsatz, Lady Macbeth, erschien Leipzig 1887. Einiges über den Charakter der Lady ist richtig, freilich nicht neu: etwas Tieck, etwas Bodenstedt, etwas Werder. Daß letzterer trotzdem abgestochen wird, ist begreiflich, da durch ihn des Verfassers Ansprüche auf Originalität am schwersten bedroht werden. Der zweite Aufsatz sind die famosen Briefe über Hamlet» (Leipzig 1882). Wenn der Empfänger dieser Briefe identisch ist mit dem Freunde, dessen Andenken das vorliegende Buch gewidmet ist, so würde ich mich an des Verfassers Stelle nicht frei von Gewissensbissen fühlen und mich stets mit Vorwürfen quälen, zum Hinscheiden meines Freundes beigetragen zu haben. Vor der Lektüre der Briefe sei gewarnt. Auf den dritten, meines Wissens bisher noch nicht erschienenen Aufsatz: «Othello, die Tragödie der Eifersucht?» brauche ich Gott sei Dank nicht einzugehen; der Aufsatz hat weder mit «Othello» noch mit einem andern Stücke Shakespeares etwas zu tun, sondern ist eine an den Haaren herbeigezogene Verhunzung Grillparzers.

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Ich habe Charakter und Inhalt des Werkes kurz skizziert, und das soll genügen. Der Verfasser erklärt uns (S. 226) ganz ungeniert, daß man zur Kritik seines Buches doch unfähig sei. Schließlich mag ich auch nicht zu grob werden: ich kann nicht umhin, mit der völligen Impotenz des Verfassers, die aus jeder Seite spricht, Mitleid zu fühlen, und aus dieser Impotenz erklärt sich auch der Hausknechtston des Buches. Man lasse jedem den Trost, der ihn tröstet; und der Trost der Ignoranten war von je die hämische Spottlauge, mit der sie die Größeren übergossen. Die werden es wohl ertragen. Bücher wie das vorliegende werden freilich nicht aussterben, sie finden nicht nur Verleger, sondern auch ein Publikum.

Berlin.

Ernst Kröger.

Stopford A. Brooke, On Ten Plays of Shakespeare. London, A Constable, 1905. 311 S. (7 sh. 6d. net.)

Es kommt Stopford Brooke nicht darauf an, neue Forschung zu bieten, seine Angaben über Entstehungszeit der Dramen, über Quellen, über Bühnenverhältnisse fordern oft zu Widerspruch heraus. Noch werden ihm jene gerecht, die ihn schlankweg als Moralisten einschätzen; hat er doch sehr klare Worte über die Abwesenheit von justice im Geschick des Othello, Lear und Timon, der Cordelia, Desdemona und Ophelia gefunden (S. 66). Sondern er will uns in die poetische Schönheit Shakespearischer Gestalten einführen, weil sie ihn durch ein Leben mannigfacher, reicher Geistesarbeit begleitet und sich ihm dabei ungewöhnlich geoffenbart haben. Er selbst deutet an, wie er einmal durch Leigh Park spazierte mit As You Like It» nicht bloß in der Hand, sondern Vers für Vers im Gedächtnis (S. 163). Indem er durch Kämpfe reif und wohl auch durch Enttäuschungen abgeklärt wurde, fand er im dichterischen Symbol eine Weisheit angedeutet, die den philosophischen Worten direkt zu treffen selten gegönnt ist. Von diesem Standpunkt aus führt er uns an zehn von Shakespeares Dramen heran und leuchtet zwischen die Zeilen. Er beginnt mit «Sommernachtstraum» und «Romeo, wählt als Proben der Königsdramen «Richard II.» und «Richard III.», geht durch die mittleren Komödien «Kaufmann von Venedig» und «Wie es euch gefällt, über zu den zu den zwei schweren Tragödien Macbeth» und «Coriolan» und endet mit den Romanzen Wintermärchen» und «Sturm». Von dem Inhalt seiner Ausführungen einige Proben. Bei Macbeth» verweilt er auf dem Unterschied zwischen männlicher und weiblicher Leidenschaft, denn nur im Geschlecht liege der Charakterunterschied von Held und Heldin. «In a man sagt er, emotion rarely exists without thought being exercised upon it. But in a woman, if her intellect be dominant, it acts and governs her actions alone, without any emotion accompanying it; if her passion dominate, it also acts alone without any thought mixed up with it» (p. 212f.). Das ist wenigstens eine klare Sonderung; wie weit sie wirklich zutrifft, und mit welchen Bewegungen, ist eine interessante Denkaufgabe. Ein ander Mal spricht Stopford Brooke von Shakespeare's realism of the poor (S. 7), und wie viel darüber zu erwägen wäre, zeigt die Shakespeare-Concordanz s. v. poverty, beggary, misery. Wieder an anderer Stelle unterscheidet er zwischen Monologen, die ernstlich für Reden stehen, und solchen, die eigentlich Gedanken zum Ausdruck bringen (S. 69); oder er spricht von Dramen mit too great dominance of the leading characters» z. B. «Richard II.» und «Richard III.» — in reiferen Tragödien habe Shakespeare sie aufgegeben (S. 166). Solcher Beobachtungen ließen sich noch viele aufzählen und dialektisch erörtern. In denen liegt für den alten Shakespearefreund der Wert des Buches. Wer sich in Shakespeare erst einliest, mag an den feinsinnigen Charakteranalysen und Inhaltsangaben noch eine besondere Freude haben.

Berlin.

A. Brandl.

John H. Stotsenburg. An Impartial Study of the Shakespeare Title. Louisville, Kentucky, John P. Morton & Co. 1904. IX u. 530 S.

Auf ausdrücklichen Wunsch der Redaktion will ich den Lesern des Jahrbuches nicht vorenthalten, daß der Verfasser als Autoren der unter Shakespeares Namen gehenden Werke ermittelt hat: Drayton und Dekker in erster Linie; an einigen Dramen haben mitgearbeitet Chettle, Heywood Monday, Webster und noch einige andere; das Ganze wurde revidiert von Bacon, dem Verfasser von Venus und Adonis»; die Sonette sind von Sidney und gerichtet an seinen Freund Dyer (d. h. «Färber» vgl. Son. 20/7 A man in hue, all hues in his controlling). Shakespeare war ein ungebildeter Geldverleiher, der nicht schreiben konnte und dessen Frau nicht Anna Hathaway hieß. Außerdem hat der Verfasser nachgewiesen, daß «learning is acquired by study and not by inspiration»; denn dafür lassen sich 31 Zitate aus der Bibel und der Literatur nachweisen, für das Gegenteil nur eins, die Autorität von Mr. Dogberry, der da meint to be a well-favored man is the gift of fortune; but to write and read comes by nature».

Posen.

W. Dibelius.

Cartae Shakespeare anae. Shakespeare Documents. A chronological catalogue of extant evidence relating to the life and works of William Shakespeare, collated and chronologically arranged by D. H. Lambert, B. A. [Bohn's Libraries.] London. London. George Bell and Sons. 107 S. (3 s. 6 d.)

1904.

Eine äußerst nützliche Publikation ist diese Zusammenstellung aller Originaldokumente, die sich auf Shakespeare beziehen. Von einem Juristen besorgt, bietet sie ohne alle Begleitworte einfach das vorhandene Material in absolut korrekter Form. Es sind 161 Dokumente, und wenn man diese stolze Zahl von Urkunden beisammen sieht, kommt einem die Empfindung, daß wir doch gar nicht so wenig von Shakespeare wissen. Der Herausgeber meint, man könne nicht sagen, ob nicht noch da und dort ein ShakespeareDokument gefunden würde. Seine Ansicht ist auffallend rasch bestätigt worden, denn es sind seither schon wieder zwei neue Urkunden aufgetaucht, die in sein Büchlein nachgetragen werden müssen. Die eine davon ist jedenfalls wichtig, die uns zeigt, wie ein vornehmer Adeliger bei dem Dichterfürsten einen Wappenspruch bestellt zu dem Schild, das der berühmte Schauspieler Burbage zu malen hat, fürwahr ein eigenartiges Bild! Jedenfalls ist dieser Fund ein erfreuliches Zeichen dafür, daß noch manche Schätze zu heben sind. Inzwischen aber gebührt Lambert unser herzlicher Dank, weil er das Vorhandene so fleißig und sorgsam gesammelt hat.

Jena.

Wolfgang Keller.

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