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an der «Julius-Cäsar»-Aufführung des neuen Intendanten Kritik, die seine innige Vertrautheit mit dem Schaffen des Dichters und seine vornehmen Inszenierungstendenzen erhärtet. Die von ihm kritisierte Aufführung scheint mir freilich keinen Fehler mehr zu haben als unsere Shakespeare-Aufführungen überhaupt, die allesamt nicht viel taugen, aber Kilians scharfes Auge ist das eines modernen Menschen und sieht in die Zukunft des Theaters. So kann jeder Regisseur von ihm lernen, und wir hoffen, den unfreiwillig Feiernden recht bald an einem Orte zu finden, wo er von neuem und mit größerer Resonanz seine Worte in Taten umprägen kann. Ferdinand Gregori.

Wien.

Carl Hermann Kaulfuß-Diesch. Die Inszenierung des deutschen Dramas an der Wende des 16. und 17. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur älteren deutschen Bühnengeschichte. Leipzig, R. Voigtländer 1905. VIII, 236 S. 8°. (Probefahrten, Erstlingsarbeiten aus dem Deutschen Seminar in Leipzig, herausg. von A. Köster, Bd. 7.)

Die Umwälzung, die das Auftreten der englischen Komödianten in der Bühneneinrichtung und schauspielerischen Darstellung Deutschlands hervorrief, ist in dem vorliegenden Werke durch einen Schüler Kösters eingehend und umsichtig dargelegt. Da nur ganz spärliche Nachrichten über die 1605 und 1612 in Cassel und Regensburg erbauten Schauspielhäuser vorliegen, war der Verfasser auf eine genaue Betrachtung der erhaltenen Dramen angewiesen. Er analysiert die zumeist der Green'schen Truppe entstammenden 8 Stücke der Sammlung von 1620, zieht weitere 8 neuerdings gedruckte Stücke aus dem Kreise der englischen Komödianten heran und untersucht endlich die Schauspiele des Herzogs Heinrich Julius und des Nürnbergers Ayrer auf ihre Bühnentechnik hin, während er den Liebeskampf von 1630 als unter italienischem Einflusse stehend beiseite läßt. Das gewonnene Ergebnis stimmt im wesentlichen zu Brodmeiers Shakespearebühne: eine überdachte, mit Teppichen umhängte Hinterbühne, über der hinten ein Balkon sichtbar ist, der für das Orchester und einzelne Auftritte der Handlung dient, und eine unbedeckte, etwas breitere Vorderbühne. Auf jener befindet sich eine Versenkung und zwei Türen in der Rückwand; zwei weitere Türen führen von der Vorderbühne in die seitlich von der Hinterbühne liegenden Gänge. Dagegen findet sich keine Spur eines die Hinterbühne abschließenden Zwischenvorhanges, den Kaulfuß auch für Shakespeare ablehnt (S. 31. 53. 64. 95. 104). Alle drei Bühnenfelder verwendet der Herzog Heinrich Julius, dessen szenische Bemerkungen allerdings nicht immer klar sind (S. 101 soll gehet abe» bedeuten: «kommt auf die Vorderbühne»), der aber die Vorderbühne gewöhnlich «Brücke» tituliert. Ayrer entnimmt dem Engländern den Balkon («Zinne»); er hat aber keine geteilte Bühne, sondern braucht die Ausdrücke «Bühne. und Brücke» für denselben einen Raum, auf dem er verschiedene Standorte annimmt. Gemalte Dekorationen fehlen gänzlich, die Requisiten (Bett, Tisch, Baum, Galgen) werden oft erst während der Aktion hereingeschafft. Für die

S. 235 gegebene Skizze wäre die Beihilfe eines Architekten erwünscht ge

wesen.

Kaulfuß richtet sein Augenmerk ferner auf den naturalistischen Stil der Darstellung, der erst den neuen Stand der Schauspieler begründete, und gibt hübsche Bemerkungen über die komische Figur und den Teufel. Den braunschweigischen Herzog feiert er als den Erfinder der Prosaform des Dramas, stellt gegenüber Robertson die Chronologie von Ayrers Dramen richtig und weist auf den Wert der hsl. Überlieferung Ayrers hin. Für die englische Sprache der ersten englischen Komödianten in Frankfurt (S. 116) hätte er noch dies Jahrbuch 40, 229 anführen können; für die Ausdrücke Palast und Losament, das früheste Erscheinen des Theatervorhanges, die S. 168 wieder einmal spukende dreiteilige Mysterienbühne u. a. gestatte ich mir an meine Zusammenstellungen über die Bühneneinrichtung des 16. Jahrhunderts in Wickrams Werken 6, LXX zu erinnern.

Berlin.

Johannes Bolte.

Ludwig Goldstein. Moses Mendelssohn und die deutsche Ästhetik. Königsberg, Gräfe und Unzer, 1904. (Uhls Teutonia 3.) VIII u. 240 S. In ganz ausgezeichneter und wirklich fesselnder Weise analysiert der Verfasser in dem vorliegenden Buche die ästhetischen Anschauungen Moses Mendelssohns und seinen Einfluß auf die besten seiner Zeitgenossen, besonders Lessing, Herder, Kant und Schiller. In mehrfachem Gegensatz zu dem bisher letzten Versuch, Mendelssohn gerecht zu werden, den Braitmaier in seiner «Geschichte der poetischen Theorie und Kritik von den Diskursen der Maler bis auf Lessing unternahm, wird seine Stellung zu den Hauptproblemen der damaligen Ästhetik (Genie oder Regel, Ästhetik und Moral, Bedeutung der Allegorie, Systematik der Künste, Begriffe des Anmutigen und Erhabenen) auf Grund seiner Schriften und gleichzeitiger brieflicher Äußerungen eingehend dargelegt. Für die Leser des Jahrbuchs am wichtigsten ist das Kapitel Mendelssohns Verdienst um Shakespeare» (S. 174-186), das im einzelnen zeigt, was gern übersehen zu werden pflegt, daß mit und vor Lessing und Herder auch Mendelssohn den großen Briten, der eine Regeneration unserer deutschen Literatur bedeuten sollte, gebührend geschätzt und auf seine Bedeutung hingewiesen hat. Das geschah vor allem in den 1758 erschienenen Betrachtungen über das Erhabene», wo als Muster eines ernsten Monologs der bekannte Hamletmonolog in einer metrischen Übersetzung mitgeteilt wird, die in ihrer späteren verbesserten Form vielleicht auf Schlegel Einfluß übte (vgl. darüber auch Jacoby, Jahrbuch 25, 113 und Fresenius, Jahrbuch 39, 241). Dann ist Mendelssohn in mehreren Stellen der Literaturbriefe auf Shakespeare teils nur hinweisend, teils ausführlicher eingegangen. Auch er gehört zu den großen Wegzeigern, die der ästhetischen Kritik durch Analyse hervorragender Muster eine feste Grundlage zu bauen unternahmen. Das treffliche Buch bestätigt aufs neue eine Erfahrung, die der intimere Kenner der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts auf Schritt und Tritt machen kann: der heutige literargeschichtliche Betrieb, der sich mehr an

die Klassiker und Romantiker anschließt, ignoriert oft nicht zu seinem Vorteil die vielen fruchtbaren Keime, die in der vorklassischen Zeit lebendig werden und deren Studium nicht nur aufs höchste lohnt, sondern auch auf die Betrachtung der jüngeren Epochen nur heilsam wirken kann.

Jena.

Albert Leitzmann.

Erich Kroneberg. George Peele's «Edward the First». Eine literarhistorische Untersuchung. Dissertation. Jena 1903. 74 S.

Diese <<literarhistorische Untersuchung ist fast ausschließlich (58 von 68 Seiten) eine Quellenstudie. Und gerade hierbei hat den Verfasser das Mißgeschick ereilt, daß W. Thiemes «Peele's Edward I und seine Quellen » als unbeabsichtigte Konkurrenzarbeit der seinigen zuvorgekommen ist. Die Ergebnisse der beiden Forscher sind im wesentlichen dieselben. Thieme hat zwar ein paar «historische» Quellen mehr beigebracht, dafür ist es Kroneberg gelungen, ein paar poetische» Quellen mehr nachzuweisen. Vom Standpunkt des Arbeitsfleißes und Arbeitsglückes gleicht sich das also aus. Daß Thieme seine Untersuchung äußerlich nach der szenischen Abfolge des Dramas anlegt, Kroneberg nach den deutlich geschiedenen Materien des Dramas disponiert, ist methodisch ohne Belang. Die Hauptfrage bleibt, wie sich der Dramatiker Peele in der Quellennützung charakterisiert. Darauf hat der Verfasser sicherlich hingearbeitet, nur hat er sein Ergebnis nicht mit genügender Deutlichkeit zusammengefaßt. Der Einwurf scheint äußerlich, ist es aber nicht. Das Ergebnis muß hier zum lebensvollen Bilde werden, sonst bleibt die Arbeit Kleinarbeit oder bloß Materialiensammlung. Kroneberg hat fleißige und geschickte Kleinarbeit geliefert. Eine Fülle von Einzelzügen wird scharf beobachtet und richtig gedeutet, aber zum Schluß geht es einem wie mit einer Stadt, deren Straßen und Plätze man durchlaufen hat, so daß eine Menge von Einzeleindrücken haften bleiben. Doch zum eigenartigen Gesamtbild haben sie sich nicht organisiert, weil man das Ganze nicht im erhöhten Überblick überschaut hat. Solch höherer Standpunkt müßte hier vom Stück zum Dichter führen. Und Peeles Verhalten ist hier von individueller Art.

Er benimmt sich in der Stoffbeschaffung völlig souverän. Er greift nach allen Seiten aus: die verschiedensten Chroniken werden herangezogen, von poetischen Werken, Balladen und Spiele. Nützt er alles, so gibt er sich doch keinem gefangen. Er biegt die Chronologie der Fakten so rücksichtslos wie den Charakter der Figuren, und er wird durch Umbildung volkstümlicher Motive sozusagen Erfinder von Neustoff- alles zum Zweck der größeren Wirksamkeit des Gesamtwerks. Diese Wirkungen holt er sich gleich rücksichtslos wiederum von allen Seiten her. Sie sind ästhetisch und zwar noch grobkörnig, wenn er durch bloße Stofffülle wirken will (dazu hat er sich so viel aus seinen Quellen erlesen), sie werden feiner, wenn er innerhalb der Stofffülle auf Abwechslung ausgeht (dazu gruppiert er statt historisch-nacheinander poetisch-ineinander), sie werden fein, wenn er Stimmungskontrast sucht (dazu erfindet er die komische Zwischenhandlung). Diese Wirkungen werden aber auch durch eine stofffremde Tendenz erreicht

leider in tiefständiger Art, wenn er das Publikum in dessen politischer Tagesstimmung umschmeichelt, indem er historische Personen vergemeinert. So lernt man hier im Dichter auch den Menschen kennen: Peele ist findig, aber nicht stark, sondern nur brutal. Zur Größe fehlt ihm die Wahrheit er verdrechselt seine historischen Fakta und die Einfachheit er verkünstelt sein dichterisches Werk.

Über die Quellenstudie hinaus erwies sich das Stück dem Verfasser nicht besonders dankbar. Er streift im Anhange erst die Komposition. Sie ist lose und Kroneberg findet mit Luick darin den Einfluß der Quellen wiedergespiegelt. Dabei vergißt er freilich, was er früher selbst nachgewiesen, wie frei der Dichter mit seiner Materie schaltet, und beachtet nicht, was er gleich darauf feststellt, daß Peele <sein letztes und bestes Stück> « David and Bethsabe» trotz der Begünstigung durch den Stoff auch nicht besser komponiert. Die Form ist eben persönlicher Niederschlag im Kunstwerk, Formtalent siegt über den spröden Stoff oder erweist sich in der Auswahl des entsprechenden Stoffes. Im weiteren inszeniert der Verfasser das Drama für die altenglische Bühne mit dem Ergebnis, daß es der regulären Konvention entspricht. Für Sprachstil und Metrik wird der dominierende Einfluß Marlowes festgelegt. So rundet sich die Quellenstudie also doch noch zur «literarhistorischen Untersuchung».

Innsbruck.

R. Fischer.

Thomas Coryat. Coryat's Crudities hastily gobled up in five moneths travels in France, Savoy, Saly, Rhetia commonly called the Grisons country, Helvetia alias Switzerland, some parts of High Germany and the Netherlands; newly digested in the hungry air of Oldcombe in the county of Somerset, and now dispersed to the nourishment of the travelling members of this kingdome. Glasgow, MacLehose & Sons, 1905. Vol. I, p. XX, 427; vol. II, p. XI, 435. (25 sh.)

Coryat reiste, während Shakespeare seine letzten Tragödien schrieb (1608-09), und druckte seinen Bericht 1611, kurz bevor sich Shakespeare vom Theater zurückzog; er kommt also nicht mehr als Quelle für ihn in Betracht, wohl aber als Zeuge für damals herrschende Anschauungen und Gepflogenheiten. Daß er dem Kreise angehörte, in dem er sich als Dramatiker bewegte, ergibt sich aus den empfehlenden Prosa- und Versstücken vor den eigentlichen Reisebildern. Da beschreibt zuerst Ben Jonson den eifrigen Wanderer, dessen Schuhe, getragen in Venedig, noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts in Oldcombe Church gezeigt wurden: «He is an engine, wholly consisting of extremes, a head, fingers, and toes the mere superscription

of a letter from Zürich sets him up like a top; Basil or Heidelberg makes him spinne». Drayton bringt ihn mit den Bermudas-Inseln in Zusammenhang, <where not a ship until this time durst touch, Kept as supposed by hels infernal dogs - our fleet found there most honest courteous hogs ». John Davies, der Schreibkünstler, feiert ihn als den britischen Ulysses. Von Coryats eigenen Gedichten beziehen sich drei auf verschiedene Grafen von

Pembroke. Dem Theater stand er allerdings ferne; sein Denken und Schauen war durch humanistische Vorbilder bedingt. Wo eine Universität in der Nähe seines Weges lag, suchte er sie auf; das Haus des Livius zu Padua zu sehen ist ihm eine Wonne; fleißig zitiert er Verse von Scaliger auf rheinische, französische und italienische Städte; deutsche Gelehrte zählt er zu wiederholten Malen auf, und lateinische Briefe, die er mit den Züricher Freunden Waserus, Hospinianus, Bullinger und Bullerus wechselte, sind breit abgedruckt. Pseudogelehrsamkeit läuft ihm spaßhaft mit unter; so folgt er mit Andacht den Spuren Attilas in Lyon, Straßburg, Köln; Teutonia von Tuisco, dem Sohne Noas, herzuleiten, scheint ihm nicht unmöglich (II, 178), und daß Alemannia von «Allman very couragious und valiant», herkommt, ist ihm sogar wahrscheinlich. Auch dürfte er der erste sein, der die Tellsage in England erwähnt (II, 101 ff.). Er war nicht so gescheit, daß er über den Typus des Durchschnittsgebildeten emporgeragt hätte, und er ließ seiner Zunge so freien Lauf, daß er oft mitten in kontinentaler Umgebung sich über das ausspricht, was man in England glaubte oder bestaunte.

Von seinen Äußerungen über Shakespearische Dinge fällt vor allem die große Begeisterung für Venedig auf. Er widmet dieser «glorious citie ein eigenes umfängliches Kapitel voll Lobpreisung und stellt sogar die Tracht. der dortigen Adeligen über die der eigenen Landsleute: «For we weare more phantasticall fashions than any nation under the sunne doth, the French onely excepted; which hath given occasion both to the Venetians and other Italians to brand the Englishman with a notable brand of levity» (I, 398). Wegen solcher Kleidertorheit hat ja auch Shakespeare seine Landsleute öfters gegeißelt. Auf eine wichtige Mittelsperson, durch die man in London viel über Venedig erfahren konnte, macht Coryat aufmerksam, indem er einen Empfehlungsbrief des «plausible Linguist Mr. Richard Martin of the Middle Temple an den englischen Gesandten in der Lagunenstadt, Sir Henry Wotton, zum Abdruck bringt (I, 377 ff.). Auch erfahren wir von einem Italiener namens Sir Horatio Pallavicino, der durch viele Jahre in Cambridgeshire lebte und einen Diener aus Chiavenna bei sich hatte (II, 62). - An Shylock mag erinnern, was Coryat über die venetianischen Juden und Jüdinnen berichtet. Jene fand er «such goodly and proper mens, daß ihn die englische Redeweise <to looke like Jewe (whereby is meant sometimes a weather beaten warp-faced fellow, sometimes a phrenticke and lunaticke person, sometimes one discontented) not true» erschien. «Many Jewish women» aber fand er so reich mit Gold und Juwelen geschmückt, «that some of our English countesses do scarce exceede them, having marvailous long traines like princesses that are borne up by waiting women» (I, 372 f.). Gegenüber der Achtung, die das Franziskanergewand in Venedig genoß, legt Coryat eine ausgesprochen protestantische Gesinnung als die in England herrschende zu Tage (I, 394). — Beim Anblick von Schauspielerinnen in Venedig bemerkt er: «A thing that I never saw before, though I have heard that it hath been sometimes used in London; and they performed it with as good a grace, action, gesture, and whatsoever is convenient for a player, as ever I saw any masculine actors (I, 386). In sprachlicher Hinsicht ist hervorzuheben, daß er lateinisches langes i bei jedem Italiener immer so gesprochen hörte, wie englisches ee; As for example: he pronounceth feedes for fides, veeta for vita, ameecus for

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