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diu zwei sint êre und varnde guot, 15 daz dicke ein ander schaden tuot: daz dritte ist gotes hulde,

der zweier übergulde.

die wolte ich gerne in einen schrîn.

jâ leider des enmac niht sîn,

20 daz guot und weltlich êre

und gotes hulde mêre

zesamene in ein herze komen.

stîg unde wege sint in benomen:
untriuwe ist in der sâze,

25 gewalt vert ûf der strâze:

fride unde reht sint sêre wunt.

diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden ê gesunt.

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ziehen, vor einfachen oder verdoppelten Konsonanten aber ü zu schreiben sei, wenngleich sich auch bei Hartmann vünde, würde finden. Weinhold § 48. 14. varnde unflektierte Form. Wenn Walther drei Dinge nennt, liebt er es erst zwei zusammenzufassen und das dritte ihnen gegenüberzustellen (Einl. S. 74), auch wenn nicht, wie hier, das dritte zu den beiden andern seiner Natur nach in Gegensatz steht. Der grundlegende Gegensatz ist hier der von Welt und Gott; das weltliche Streben ist teils auf Ebre, teils auf Gut gerichtet. Gut, Ehre, Gottes Huld werden auch sonst nicht selten als Ziele menschlichen Strebens genannt; Walthers Versen auffallend ähnlich ist eine Stelle des Wernher von Elmendorf; Leb. III, 447. Andere sind abhängig von Walther. Lachmann vergleicht Lichtenstein 587, 31 ietwederz dem andern schaden tuot (gotes hulde, êre, gemach und guot); Müllenhoff den Pleier im Garel 85a (Germ. 3, 29) mit guote man verdienen sol werltlich êre und gotes hulde, daz ist alles guotes übergulde. übergulde stn. Übergoldung; übergülte, übergulde stf. was etwas übergiltet, mehr wert ist als alles andere. Das letztere wird hier gemeint sein. s. Lexer Mhd. Wb.

2, 1621. Haupt zu Erec2 11133. 21. mêre entweder 'noch dazu' ('dass Gut und Ehre, die sich schon häufig entgegen stehen (v. 15), und Gottes Huld noch aufserdem') oder zeitlich "künftig wieder'. Lachmann vergleicht Titurel 6, 4 ich mein daz mîn her Walther kunde sprechen, hulde gotes und guot und weltlich êre mitsamt wær nieman habende, nach andern daz hulde gotes in einen schrin iht möhte. 22. in ein herze komen ist durch Zeugma auch Prädikat zu guot und weltlich êre; vgl. 9, 6. 23. stig und wec formelhaft verbunden wie v. 26 fride und reht. Die Betonung des unde zwischen zwei koordinierten Wörtern im Eingang des Verses ist sehr gewöhnlich: 4, 2. 8, 26. 9, 27. 13, 6. 26, 20. 31, 25. 26. 31. 35, 29. 59, 15. 83, 33. 90, 29. 102, 8. 24. Untreue und Gewalt werden als Wegelagerer und Strassenräuber aufgefafst (vgl. 26, 15 f.), die Friede und Recht tödlich verwundet haben. Ehe ihre Wunden nicht heilen, haben auch Gut, Ehre und Gotteshuld kein sicheres Geleit. Vgl. Konrad von Würzburg MSH. 2, 313 gewalt ist ûf der strâze michel, gerihtes hat man sich verschamt, diu reht stant krumber danne ein sichel, vride unt genâde sint erlamt.

DER WAHLSTREIT.

Auch dieser Spruch beginnt wie der erste mit einer anschaulichen Schilderung. Aber während der Dichter dort, mit seinem eignen Sinnen beschäftigt, sich selbst in den Mittelpunkt des Gemäldes stellt, führt er hier die Gedanken der Zuhörer vom Rande der murmelnden Quelle alsbald durch das weite Reich der Natur, um der festen und unabänderlichen Ordnung der Schöpfung die Verwirrung und Zerrissenheit des Vaterlandes gegenüber zu stellen. Der Grundgedanke ist in der Bibel gegeben, Ecclic. 16, 25 f. In der deutschen Poesie begegnet er mehrfach. In poetischer Ausführlichkeit im Annoliede v. 37 f., kürzer im Freidank 5, 11 f., später im wälschen Gast, im Renner u. a. s. Grimm zu Freidank 5, 14. Strauch zu Marner XIV, 44 f. und Anmerkung zu Simrocks Übers. 2, 125. Walther eigentümlich und charakteristisch für den ritterlichen Sänger ist es, dass er auch den Kampf in die gesetzmäfsige Ordnung der Natur mit aufnimmt. Ich hôrte ein wazzer diezen

und sach die vische fliezen,

30 ich sach swaz in der welte was,

velt walt loup rôr unde gras. swaz kriuchet unde fliuget

und bein zer erde biuget,

daz sach ich, unde sage iu daz:

35 der keinez lebet âne haz.

daz wilt und daz gewürme die strîtent starke stürme, sam tuont die vogel under in; wan daz si habent einen sin: si endûhten sich ze nihte, 5 si schüefen starc gerihte.

si kiesent künege unde reht,

si setzent hêrren unde kneht.
sô wê dir, tiuschiu zunge,

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bein biegen vgl. bein krümben 82, 36 f. Alliteration, s. Einl. S. 96. 9, 3 aber in einer Beziehung sind sie verständig'. - 4. dûhten Conj. praet. Weinhold § 369. 5. si schüefen oder enschüefen s. zu 42, 11. 6. kiesent ist durch Zeugma mit reht verbunden. 8. die tiuschiu zunge ist das deutsche Volk; ein tieferer Sinn ist darin nicht zu

wie stêt dîn ordenunge!

10 daz nû diu mugge ir künec hât,

und daz dîn êre alsô zergât.

bekêrâ dich, bekêre.

die cirkel sint ze hêre,

die armen künege dringent dich:

15 Philippe setze en weisen ûf, und heiz si treten hinder sich.

ROM UND DAS REICH.

In diesem dritten Spruche läfst Walther die Ereignisse der Jahre 1198 -1201 an seinen Augen vorüberziehen, um die Schuld des Papstes ans Licht zu stellen. Er schliefst, ähnlich wie im vorhergehenden Spruch, mit lautem Wehruf; aber er äussert ihn nicht als seine Empfindung, sondern legt ihn höchst wirkungsvoll einem Klausner in den Mund. Einl. S. 68. Ich sach mit mînen ougen

mann unde wîbe tougen,

suchen; vgl. 12, 20. 9. ordenunge, Einrichtung, Lebensweise. Vgl. Neidhart XII Anm. wê dir tiuschez lant! sol in dîner ordenunge minne alsô verderben. 10. mugge, schon im Ahd. hat gg und cc in diesem Worte Platz.

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Eine ganz ähnliche Betrachtung stellt im Jahre 1242, als die Kardinäle nicht zu einer neuen Papstwahl schritten, ein Anhänger Friedrichs II an (Huillard - Bréholles, hist. dipl. Friderici VI, 72): Proh pudor, minima reptilium animalium in prudentia vos præcedunt, nam aves sine ductrice non volant, apes absque rege non vivunt. vos autem sine rectoris gubernaculo fluctuatos, matrem ecclesiam fortuitis casibus relinquentes etc. Schwerlich hat er den Vergleich aus Walthers Dichtung. Minucius Felix (Octavius 18, 7) folgert aus der Einrichtung der Natur die Existenz éines Gottes: rex unus apibus, dux unus in gregibus, in armentis rector unus: tu in caelo summam potestatem dividi credas? 12. Die Partikel - wird zur Verstärkung an laut ausgerufene Wörter gehängt, Substantive, Imperative, Interjektionen. Der Imp. wird dann oft noch einmal wiederholt. neinâ 14, 18, 41, 8. 73, 28. snîâ snî

76, 1. hæra 119, 11. Gr. 3, 290 f.
Zingerle, Germ. 7, 257. - 267.
13. cirkel (1. circulus), der goldne
Fürstenreif, im Gegensatz zur Krone
des Königs. Vgl. Arnold von Lübek
(citiert von Roth von Schreckenstein,
Gesch. d. Reichsrittersch. 1, 22 Anm.)
regina regio diademate non tamen co-
ronata sed circulata processit.
einem Fürstenhofe kann der Spruch
nicht vorgetragen sein. 14. Damit
sind Philipps Gegenkandidaten ge-
meint. Walther konnte sie recht wohl
in dem Ausdruck die armen künege
zusammenfassen, auch wenn sie nicht
gleichzeitig auf der Wahl standen.

-

An

15. Philippe ist hier Dativ, 16, 36 Vokativ. Der weise: lapis qui in corona Romani imperatoris est, neque umquam alibi visus est: propter quod etiam orphanus vocatur. Albertus Magnus. Herzog Ernst soll ihn aus dem Morgenlande mitgebracht haben. Leb. III, 608. hinder sich, zurück; ganz adverbial, Gr. 4, 327. Mhd. Wb. 2,2, 291b.

16. mit minen ougen, oft ohne Nachdruck zu sehen gesetzt; z. B. MF. 12, 33 in sach mit mînen ougen nie baz gebaren ein wîp. Kudrun | 1257, 4 man lât uns deheine niemer

daz ich gehôrte und gesach

swaz iemen tet, swaz iemen sprach. 20 ze Rôme hôrte ich liegen,

und zwêne künege triegen.

dâ von huop sich der meiste strît

der ê was oder iemer sît,

dô sich begunden zweien

25 die pfaffen unde leien.

daz was ein nôt vor aller nôt:

lîp unde sêle lac dâ tôt.

die pfaffen striten sêre:

doch wart der leien mêre.

30 diu swert diu leiten si dernider, und griffen zuo der stôle wider :

mêr gesehen mit unsern ougen. (Neid- | stimme ne vernam. Eilh. 881 daz hart) XIX, 8 wir suln spehen mit den ougen. XLIII, 21 ez kan mit ougen blicken. Aber hier, wo es sich um wunderbare Gesichte handelt, ist der Zusatz nicht bedeutungslos. Ebenso Alex. 5175 diz wunder ih alliz sah selbe mit mînen ougen. Gudrun 466, 2.

18. Der Satz mit daz hebt nur nachdrücklich hervor, was schon in den beiden ersten Zeilen ausgesprochen ist. Dieselbe antithetische Verbindung im Iwein v. 3093 er überhôrte und übersah swaz man da tete unde sprach. 21. Die beiden Könige sind Philipp und Friedrich. Leb. S. 96. 23. dient zur Steigerung des Superlativs: 'ein Streit, dass weder früher noch später ein gröfserer statt gefunden hat.' Mit dem iemer sit darf man es nicht zu genau nehmen, denn der Streit dauert eigentlich noch fort; Walther braucht eine überkommene Wendung, die er als Ganzes, aber nicht in ihren einzelnen Bestandteilen deutlich empfunden hat. Roland 1731 wether sît noch ê ne thorfte nie grôzer klage werthen. Alex. 4868 daz grûwelichste tier, daz sint oder er ieman mohte schouwen, daz sah ich mit mînen ougen. 5132 daz ê noch sint nehein man sô sûze

was die herteste strît, die bevorn adir
sit von zwên mannen i wart; Lichten-
stein S. CLIII. Iwein 6436 daz er
ê noch sit deheinen schonern nie ge-
sach u. a.
24. zweien, sich ent-
zweien; sonst auch: sich paaren.
25. Mit Pfaffen und Leien bezeichnet
Walther die Parteien Ottos und Phi-
lipps, obwohl auch zu dem letzteren
nicht wenige Geistliche standen. Leb.
S. 96. 26. nôt vor aller nôt, be-
liebte Art den Superlativ auszudrücken.
Einl. S. 85. 27. Bezeichnet wohl
die Wirkungen der irdischen und
geistlichen Waffen. Winsb. 53 Sun,
fliuch daz dich iht binde ein bant,
daz ist gestricket in der maht daz dû
gebunden bist ze hant vor gote in
krefteclîcher âht. daz bant ist der ge-
diente ban: der klemmet in der helle
also daz Júdas nie solch klam gewan.

31. stôle (gr. oτoln) 'das gottesdienstliche Hauptgewand der Priester, eine breite Binde, die ihnen bei Amtsverrichtungen um den Hals über die Achseln und kreuzweis über den Leib bis auf die Knie über das Chorhemde herabhängt.' stôle und swert, häufig als Sinnbilder der geistlichen und weltlichen Gewalt; s. Lexer Mhd.Wb. 2, 1209.'sie griffen auf die Stole

si bienen die si wolten,

und niuwet den si solten.

dô stôrte man diu goteshûs. 35 ich hôrte verre in einer klûs vil michel ungebære:

dâ weinte ein klôsenære,

er klagete gote sîniu leit,

'owê der bâbest ist ze junc: hilf, hêrre, dîner kristenheit.'

3.

Die fünf in den Hss. auf einander folgenden Sprüche mag Walther in der überlieferten Ordnung vorgetragen haben. An die Betrachtung über die Unerforschlichkeit Gottes reihen sich Mahnungen zur Kreuzfahrt und zum Kampf gegen die Papisten. Leb. II, 297. Andere Sprüche desselben Tones 84, 14.

GOTT IST UNERFORSCHLICH. Mehtiger got, dû bist sô lanc und bist sô breit, gedæht wir dâ nâch, daz wir unser arebeit verlüren! dir sint ungemezzen maht und êwekeit.

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zurück'. 32. bannen stv., ist wie viele andere Verba dieser Klasse im Nhd. in die schwache Conj. übergetreten. Weinhold § 340. 33. Otto

ist gemeint. Leb. II, 168.- 34. Lachmann erinnert an die Schandthaten des Bischofs Liupold von Worms, der in dem wilden Kriege weder Kirchen noch Kirchhöfe schonte. Aber das kann der Dichter nicht gemeint haben, denn Liupold gehörte wie er selbst zu Philipps Anhängern. Überhaupt wird nicht an eine Zerstörung der Kirchen, sondern an die Störung des Gottesdienstes, an das Interdikt zu denken sein, das alle Orte traf, wo der gebannte Philipp und seine Anhänger sich befanden.

10, 1. Betrachtungen über die Unfassbarkeit und Unerforschlichkeit Gottes kehren in der mhd. Litteratur nicht selten wieder. Vgl. Hartmanns Credo (Mafsmann, Deutsche Gedichte

S. 10.

S. zu 10, 35 f. 35. Prachtvoller Gegensatz: hier der tobende Streit, wie er von Rom aus genährt wird, dort der fromme Klausner in stiller Weltabgeschiedenheit, der seine Klage Gott anheim giebt. Der Klausner ist für Walther das Bild der wahren christlichen Kirche; an eine bestimmte Person ist nicht zu denken. Leb. II, 167. Walther hat nie klôse, immer klus, aber nie klûsenære, immer klô39. bâbest: domnus Innocentius, vir sicut iuvenis et in utroque iure doctissimus, ita et immobiliter tenax sui propositi (MG. SS. 17, 709). Als er auf Coelestin III († 8 Januar 1198) folgte, war er erst siebenunddreifsig Jahr alt.

senære.

des 12 Jahrh. S. 2) v. 105 — 149. Freidank 13, 23 f. Vorrede zu Boners Edelstein, und ziemlich viele Stellen, die Strauch zu Marner I, 20 f. anführt. Die Quelle für Walthers Ge

!

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