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Reden bei Johannes aber sind nicht eine Geltendmachung von Wahrheiten, sie sind ein Erguß seines Geistes, ein Ausströmen seiner Person, ein Zwiegespräch mit den Geistern und Gewissen seiner Zuhörer. Er predigt nicht, sondern er handelt. Welche Weichheit und dabei welche Schärfe der Gedankenfolge, welche Schlichtheit und dabei welche Tiefen und Höhen und Weiten. Der lauschende Geist des Johannes hatte gerade diese Reden des Herrn am tiefsten aufgefaßt. So ward er gewürdigt, sie durch seinen Griffel der Kirche zu bewahren. Wie viel ärmer wären wir, wenn wir sie nicht befäßen. Wer diese Reden liest, der liest im Herzen des Sohnes Gottes. Er sieht die Gedankenbewegung im Geiste des Ewigen und darf ihr folgen. Die Synoptiker wagten es durch den heiligen Geist, die Reden wiederzugeben, in denen der Herr seine Weisheit, seine Liebe, sein Erbarmen, seine Reichsgedanken offenbarte. Johannes wagte das größere, die Reden wiederzugeben, die das Geheimnis seiner Person enthüllten.

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Wenn Christus solches aussprach, von dem er wußte, daß es dem natürlichen Denken seiner Zuhörer zuwiderlaufe, so führte er es mit wahrlich" ein. Dieses wahrlich“ muß der Herr mit besonders eindringlicher Betonung gesprochen haben. Nie findet sich bei den Synoptikern ein doppeltes ,,wahrlich", während bei Johannes stets steht: wahrlich, wahrlich ich sage euch." Die Reden, welche Johannes wiedergiebt, waren höheren Tones, und widersprachen der Vernunft in stärkerem Maße, als die Reden des Herrn bei den Synoptikern. Darum hier die stärkere und mächtigere Beteuerung, die nicht etwa nur dem Kolorit der Johanneischen Darstellung entspricht, sondern die von Christus selbst überall da angewendet wurde, wo er übersinnliche Er

kenntnisse dem Widerspruch seiner Zuhörer gegenüber behauptete.

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Die Synoptiker wollten mit Bewußtsein und flarem Entschluß hinter ihren Evangelien zurücktreten. Ihr Bericht sollte keine persönliche Färbung haben. Das ist anders bei dem Johannesevangelium. Es giebt sich als persönliches Zeugnis. Nicht nur daß sich Johannes den Jünger nennt, den der Herr lieb hatte, und daß er in Beziehung auf Einzelheiten sein persönliches Zeugnis hervortreten läßt, besonders bemerklich Joh. 20, 36, sondern schon der Eingang seines Evangeliums ist von Zeugnissen persönlicher Erfahrung durchwoben. Er schlägt den Ton eines persönlichen Zeugen an, der nachher das ganze Evangelium durchklingt. Und das Wort ward Fleisch" sagt er, und schließt daran die Bezeugung der Erfahrung: und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit" (1, 14). Er läßt uns das Zeugnis des Täufers hören: „dieser war es, von dem ich gesagt habe: nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher denn ich." Diesem Zeugnis des Täufers aber antwortet Johannes mit dem Zeugnis der Erfahrung aller derer, denen Christus „Macht gegeben, Gottes Kinder zu werden.“ Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade. Denn das Gesetz ist durch Mosen gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden. Niemand hat Gott je gesehen. Der eingeborne Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat es uns verkündiget."

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So wollte denn der heilige Johannes der Kirche mit seinem Evangelium ein persönliches Zeugnis hinterlassen. Als er schrieb, spielte der Abendsonnenschein der apostolischen

Zeit über seinem Haupt. Er war der lezte Zeuge der großen Zeit. Keine Apostelgestalt hat sich der Kirche so tief eingeprägt, als die Gestalt dieses letzten Zeugen. Es gab keinen irdischen Hohenpriester mehr. Aber Johannes hatte in seiner Weise etwas, das über das Hohepriestertum des Alten Bundes weit hinaus ging. Er opferte, als er seine Erinnerungen niederschrieb, dem ewigen Hohenpriester im Himmel geistliche Opfer eines unvergänglichen Lobes. In seinem Evangelium glühen die Flammen des Opfers, und der Weihrauch der Anbetung steigt darin empor. Den Glauben an den Christus Gottes zu wecken und zu erhalten hat er geschrieben (Joh. 20, 31). Priesterliche Fürsorge für die verwaiste Kirche führte ihm den Griffel.

Wie sehr schon jene Freunde des Apostels, deren Wunsch für die Abfassung des Evangeliums mitgewirkt hatte, darauf Wert legten, daß dies Evangelium das persönliche Zeugnis des Johannes sei, geht aus dem Schluß desselben hervor. Denn jene Freunde mögen die Worte geschrieben haben: „dies ist der Jünger, der von diesen Dingen zeuget; und hat dies geschrieben und wir wissen, daß sein Zeugnis wahrhaftig ist“ (21, 24). Einer aber unter diesen Freunden, der ein Augenzeuge Jesu gewesen sein mag, fügte hinzu: „Es sind auch viele andere Dinge, die Jesus gethan hat; welche, so sie sollten eins nach dem andern geschrieben werden, achte ich, die Welt würde die Bücher nicht begreifen, die zu schreiben wären."

Das Evangelium des Johannes trägt das Zeugnis seiner Echtheit in sich selbst. Es ist von dem Zeugnis des Apostels selbst und seiner Freunde verbrieft und versiegelt. Neben dem Siegel des göttlichen Geistes trägt es das Siegel menschlicher Wahrhaftigkeit. Auch die Zeugnisse aus

der alten Kirche reden so stark für das Evangelium und seine Abfassung durch Johannes, daß wir kühnlich hehaupten dürfen, es sei keine Schrift im ganzen Lauf der Jahrhunderte geschrieben worden, an deren Wert als einer untrüglichen Urkunde der Wahrheit so wenig ein Zweifel möglich ist, als an dem heiligen Evangelium des Johannes.

II. Die evangelischen Berichte über die Jugendgeschichte Jesu.

6. Das Fehlen der Jugendgeschichte Jesu bei St. Markus.

In dem Evangelium St. Marci fehlt die Jugendgeschichte des Herrn. Markus sieht den Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohne Gottes, in der Erfüllung der Weissagung des Propheten Jesaias von dem Engel, der den Weg vor dem Herrn bereitet, und beginnt mit der Schilderung der Wirksamkeit Johannes des Täufers. Also Petrus muß in seinen Mitteilungen auf die Frage nach dem Anfang des Evangeliums die Antwort gegeben haben, das Evangelium des Sohnes Gottes beginne mit der Wirksamkeit Johannis des Täufers. Was jenseits jener Zeit lag, davon hat er geschwiegen. Er hat in jenen Mitteilungen nichts erzählt von der wunderbaren Geburt des Herrn, nichts von der wunderbaren Jugendgeschichte des Mariensohnes. Er erzählte ja nur, was er selbst erlebt hatte, nichts, was er aus Mitteilungen anderer wußte. Wir werden dies für das Verständnis des Markusevangeliums streng festhalten müssen, und unser Vertrauen in die Zuverlässigkeit dieser heiligen Urkunde wird sich dadurch erhöhen, daß Marci Bericht über die Mitteilungen des Petrus und diese über das von ihm selbst Erlebte um keine Linie hinausgehen.

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