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welches denn Ihro Hoheit für ihre Person zusagten, und sich kurz darauf nach dem geheimen Rath von Bassewig begaben, dahin fie bloß den Graf Bonde mit sich nahmen. Ich folgte dem Wagen nach, weil ich keine Ruhe des Ges muchs haben konnte, ohne dem Herrn geheimen Rath gratuliret zu haben. Ich traf nun bey demselben eine sehr grosse Gesellschaft an, die theils ben ihm zu. Mittag gespeiset, theils erst nach der Mahlzeit sich eingefunden hatte, und es fehlte von unsern Cavalieren keiner, als der Kammerjunker Hecklau. Sie hat ten ziemlich scharf über der Mahlzeit getrunken, und waren insgesammt (ausser dem General Stenflicht und dem Obrist torch, zwischen welchen bey der Tafel ein Zank entstanden,) lustig und gutes Muths. Die Ursach, daß sich die beyden genannten Herren erzürnet haben, ist folgende. Da sie noch nicht lange bey dem geheimen Rach an der Tafel gesessen, und nur einige groffe Glåser ausge= trunken hatten, fing der Generalmajor Stenflicht, seiner Gewohnheit nach, an, ein groffes Glas zu begehren. Weil aber der Obrist torch ein abgesagter Feind vom Trinken, insonderheit von den groffen Glåfern, ist, so hat er (wie er nachgehends versichert) nur aus Scherz gefaget, es mögte es der General auch selbst austrinken; welches dem General so verdrossen, daß er mit harten Worten gegen ben Obristen aufgefahren, gleich aufgestanden, und weggegangen; er tam zwar, als Ihro Hoheit beym geheimen Rath anlangeten, wieder, ging aber gleich wieder weg. Gegen Abend 'ward eine Tafel für 16 Personen gedeckt, an welche sich die ganze Gesellschaft feßte. Unter der Mahlzeit wurde viel gesungen und getrunken, und nach derselben getanzet. Gegen 11 Uhr begaben sich Ihro königl. Hoheit wieder nach Hause, und umarmten uns allerseits zum Abschied auf das gnädigste. Ich brachte hierauf, nebst dem Kammerrath Negelein, den Envoyé Stamfe, welcher eine gute Ladung hatte, nach seiner Wohnung. Als ich wieder nach Hause kam, ́und mich zu Bette begeben wollte, hörte ich, daß es bey dem geheimen Rath von Baffewiß noch sehr laut war; und begab mich also wieder dahin. Ich fand alle seine Bediente aus dem ganzen Hause versammlet, die lustig herumtrunken, auch schon meistens ihre Ladung hatten. Da wir nun Ursache hatten an diesem Geburtstage recht frolig und gutes Muths zu seyn, auch folches in der That waren: so trunk ich mir auf meine eigene Hand, um die Bedienten zu encouragiren, einen solchen Rausch, wie seit kurzer Zeit nicht gehabt; und die sämmtlis chen Bedienten, sowohl weiblichen als männlichen Geschlechts, trunken dermassen treuherzig einander zu, daß sie nicht viel besser wie ich zu Bette kamen, worüber der geheime Rath seine herzliche Freude hatte. Er schenkte am selbigen Tage efz nem jeden einen Ducaten, und der Kammerbiener bekam fünfe. Auf diese Art nun ward des Herrn geheimen Raths Geburtstag gefegert, an welchem er in das 44ste Jahr seines Alters trat.

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Den 7ten. Des Nachmittags waren Ihro königl. Hoheit auf der Hochzeit des Fürsten Trubetsfon, welcher schon ein alter Mann war, und Kindes - Kins der von 8 bis 9 Jahren hatte. Seine Braut war ungefähr zwanzig Jahr alt, und gewiß eine der allerschönsten und angenehmsten Personen in St. Petersburg; fie war eine Gollowin, und des alten Iwan Michalowitsch leibliche Tochter. Als Ihre Hoheit zum erstenmal nach dem Hochzeitshause gekommen, ist der Bräutigam eben erst hingefahren, um die Braut abzuholen, daher Ihro Hoheit so lange ein wenig in der langen Allee, die nicht weit davon lieget, herum gefahren, und als sie sich nachgehends wieder nach dem Hochzeitshause verfüget, sind sie der Braut und dem Bräutigam begegnet, welche in einem Wagen ber Kaiserin, der mit 6 Pferden bespannet war, geseffen, und von vielen andern Karossen begleitet worden. Vor ihnen her ist der Marschall mit seinem Marschallsstab in einer offenen vierrådrigten Cariol, mit 6 Pferden bespannet, ge fahren, vor welchem hinwieder die zwölf Schaffer unter Trompeten und Pauckenschall geritten. Ihro königl. Hoheit sind dorten wie gewöhnlich empfangen, und haben sich recht wohl divertiret; es ist auch viel ordentlicher und besser zugegangen, wie auf den benden vorigen Hochzeiten. Dazu wird wohl die Tochter vom Hause, ich mehne die Fürstin Tschirlaßin, viel beygetragen haben, denn diese Dame führet fich in garz St. Petersburg am allerlostbarsten, und ihrem Stande gemásfesten auf. Sie hat ihre eigene Kapelle, die aus 10 ziem= lich guten Musicis bestehen soll, einen deutschen, Küchenmeister, welcher ihre Tafel lauf deutsch versiehet, und diesem gemäß alles übrige eingerichtet. Sie ist auch selbst sehr prächtig, und hat eine grosse Menge der schönsten Juwelen, die man sehen mag. Ihr Mann ist Gouverneur von Sibirien, woselbst er auch jest sich aufhält, und da er auch ein ziemlich alter Mann seyn soll, so wird ihr vermuthlich seine Entfernung nicht gar zu empfindlich seyn. An selbigem Tage fing die Gesellschaft an, die unter dem Baron Mardefeld, dem Grafen Kinsky, dem Herrn von Camperdon, und dem geheimen Rath von Bassewiß gestiftet war, die sich alle Woche viermal versammlen, und von Mittag ange= hen soll. Sie sollen des Dienstags ben Mardefeld, des Mittewochs ben KinsÉn, des Donnerstags bey Camperdon, und des Sonntags bey Bassewiß zusam=

menkommen.

Den 8ten. Des Morgens wurden alle Cavaliere und andere Hofbediente, auf Befehl des geheimen Rath von Bassewiß, als Hofmarschalls, nach Hofe gefordert, wo er folgendes durch dem Envoyé Stamken vorlesen ließ, welches Jhro fönigl. Hoheit ihm am selbigen Morgen zugesandt, es auch selbst aufgefeßet, und mit eigener Hand am vorhergehenden Tage geschrieben hatten.

Bon

Von Gottes Gnaden Wir Carl Friderich 2.

Fügen hiermit jedermännlich zu wissen, daß nachdem Wir mit unserm hochften Mißfalien eine Zeit nach der andern erfahren und vernehmen müssen, welchers gestalt allerhand Händel, Dispute und Kritteley ben unserm hiesigen Hofstaat sich eingerissen, sowohl innerhalb desselben mit Einheimischen, als auch ausserhalb desselben mit Fremden: Wir aber dergleichen unordentliches, weitläuftiges, höchst= schädliches, nichtsheissendes, nichtswerthes, und in allen wohlgeordneten Staaten verbotenes und hochsträfliches Wesen, weder långer leiden wollen, noch nach der gefunden Vernunft sowohl als nach unserm Gewissen, um diesem von Gott selber verbotenen Verfahren, und den daraus leicht entstehenden verdammlichen Suites, vorzukommen, långer leiden können. Also haben wir hiermit allen und jeden, Hohen und Niedrigen, Obern und Untern, von Unsern geheimen Råthen an, bis zum allerlegten und geringsten Unserer Domestiken und Bedierten, Unfern allergnädigsten, anben aber allerernstlichsten und unwiderruflichsten Willen, fine refpectu ullarum perfonarum five meritorum, quisquis etiam fit, fund thun wollen, und lautet selbiger also:

Vermeinet jemand Ursach zu haben, sich über den andern zu beschweren, so hat er solches geziemend bay Uns entweder immediate, oder auch bey Unserm geheimen Rath, oder Confeil, anzubringen, da man ihm, nach Befindung der Sachen, alsdenn entweder Satisfaction verschaffen, oder anders bedeuten wird. Wer aber sonsten Håndel, Krakelen oder Kritteleyen, es sey in oder ausser Com= pagnie, ben nüchterm oder vollem Muth, mit Einheimischen oder Fremden, ans fånget, dem versagen Wir hiermit Unsere Gnade, und erklären ihm hingegen Unsere höchste Ungnade. Der aber, der solches mit einem Einheimischen, der auch Unser Bediente ist, anfänget, ist doppelter Strafe werth, und soll daher eo ipfo ohne Pardon und ohne weiteres Examen seines Dienstes und Characters verlustig seyn. Sollte aber jemand den Uns schuldigen Respect fogar vergeffen, und dergleichen Verdrießlichkeit und Unordentlichkeit gar in Unsere Prefence, anfangen, so soll derselbe überdem, daß er seines Dienstes verlustig gehen wird, noch, nachdem er entweder perfona civilis oder militaris ist, vor Unserer Regierungskanzeley, oder einem zu formirenden Generalfriegsrecht, fiscaliter belanget, und von selbigem nach Befindung weiter angesehen werden.

Hiermit wird auch allen und jeben, die in futurum bey dergleichen Krate len, Håndeln oder Kritteleyen seyn sollten, befohlen, folche nicht zu vertuschen, zu verschweigen, noch unter die Bank zu stecken, sondern felbige ben uns gebührend anzuzeigen, bey Verlust von einer halbjährigen Gage. Und wie dieses Unser allerernstlichster Wille, Befeht und unwiederrufliches Gebot ift, fo rathen Wir hiermit nochmals, und schließlich landesväterlich, allen und jeden,

Добе

Hohen und Niedrigen, fine ulla exceptione, fich nicht auf Unsere gewöhnliche Gnade und Milde zu verlassen, und hierwider zu fündigen, sondern solchem Atricte nachzuleben, ben vorbenannter Strafe, und derselben unausbleiblicher prompten Execution. Gegeben St. Petersburg, den 7ten November 1721.

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Deffelbigen Nachmittags fuhren Ihro Hoheit abermal zu dem Fürsten Trubetslon, indem sie gestern Abend auf heute wieder invitiret worden. Sie wurz den wie gewöhnlich unter Trompetenschall, durch den Marschall (welcher wieder der Fürst Gallißin war,) empfangen. Ihro Majeståt der Kaiser und die Kaiserin waren schon vor uns da. Die junge verheirathete Frau war eine von den ersten mit, die mir in die Augen fiel. Sie hatte ein sehr prächtiges von Gold und Silber sehr reiches Stoffenkleid, von weißlicher Farbe an, und einen sehr groffen Schmuck von Juwelen auf dem Kopf und vor der Bruft. Den größten Schmuck aber hatte diese junge Fürstin wohl von ihrer Stieftochter, der Fürstin Tschirkaßin, welche an selbigem Tage nur schlecht gekleidet ging, und wes nige Steine auf dem Kopfe hatte. Die junge Frau fahe über die Massen schön an diesem Tage aus, und schien es wohl, daß sie sehr ruhig mit ihrem alten Furften die erste Nacht zugebracht habe. Der junge Mann ging nur gemein gefleis det, er soll ein sehr verdrießlicher Mann seyn, und beklage ich von Herzen, mit vielen andern, diese gute kleine Frau, die ihre junge Jahre auf solche Weise zubringen foll; allein diese Heirath foll auch ganz gegen ihren Willen ge= schehen seyn. Der alte Fürst hat, wo mir recht, nur drey Kinder, als die Fürstin Tschirlaßin, eine unverheirathete andere artige Tochter, und einen Sohn, wel cher in Moscau mit der jüngsten Fräulein Galoftin sich schon verheirathen soll, so bald die Herrschaft dort ankommen wird. Es ist dieser junge Mensch jetzt nur noch Dentschif beym Kaifer, und ziemlich wohl von ihm gelitten. Er redet deutsch, und ist sonst ein ziemlich manierlicher Mensch. Sein Vater hat den polnischen weissen Ablerorden. Der Kaiser vertrat auch hier, wie allezeit, die Baterstelle vom Bräutigam, und die Kaiserin die Mutterstelle von der Braut. Ich habe an diesem zweyten Hochzeitstage nichts besonders vor dem ersten Tage als dieses, bemerket, daß da sonst am ersten Hochzeitstage nur beym Anfang der Tafel zwen Aufzüge, der erste mit den beyden Brautjungfern, und der zweyte mit den Vorschneidern waren, am zweyten Tage noch einer vor jenen beyden herging, und mit dem jungen Mann geschah. Er kam nemlich, gleich wie die anderen, angegangen mit Trompetern, Schaffern und dem Marschall; es wur den ein Paar Schüsseln, ehe er fam, mitten vor seiner Stelle weggenommen, es ward eine Reihe Teller verkehrt quer über den Tisch geleget, und vor dem Tisch

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stand ein Stuhl, auf welchen er stieg als er fam, und so auf den verkehrten Tellern nach seiner Stelle ging. Als er unter den Kranz kain, der über der Braut Kopf hing, riß er ihn herunter, seßte sich mit demselben auf seine Stelle, hielt ihn der Braut einigemal über den Kopf, lüffete sie darauf, hielt ihr ihr hernach noch einigemal vor die Augen und über den Kopf, (worzu sie sehr spörrisch aussahe;) und da er ihn ihr zum lektenmal überhalten wollte, kam er so niedrig, daß die Bebernadel, welche sie auf dem Kopfe hatte, in dem Kranz fest zu sisen kam, so daß ihre Nebensterin Mühe hatte, sie wieder heraus zu be= kommen, worauf sie ihn einem der Schaffer überreichte. Die Gesundheiten waren allezeit die gewöhnlichen. Es wurde währender Mahlzeit sehr viel gelachet, theils über den Lieutenant von der Garde, der so grausam lachen kann, und von welchem ich schon vormals geredet habe, theils über den alten Iwan Michailos witsch, der Braut leiblichen Vater, welcher dem Kaiser gerade gegen über saß, der viele Possen mit ihm vorhatte. Es ist nicht zu glauben, wenn mans nicht mit angesehen, was dieser alte Mann vor eine grausame Menge Gelé in größter Eile verzehret, denn er hatte, ben meiner Treu, eine grosse Schüssel, die ganz voll von Gläsern und Untertassen war, zu sich genommen. Da nun der Kaiser solches bemerkte, auch ohnedem schon wußte, daß er ein starker Liebhaber davon ware, so mußte dieser Jwan Michailowitsch das Maul aufsperren, und der Kais fer stand auf, lösete mit einem Meffer den Gelé von dem Glase, und goß ihm felbigen auf einmal in den Hals, welches er vielmals wiederholete, und ihm subst den Mund mit seinen Fingern von einander sperrete, wenn er ihn nicht weit. genug von einander hielt. Der arme Vorschneider bey der Kaiserin Tisch hatte auch seine Noth, denn so oft die Kaiserin unvermerkt einen Wink seiner Schwe ster, der Fürstin Tschirlaßin, welche ben der Tafel aufwartete, und hinter ihm stand, gab, fing sie an ihn unter dem Hals zu fikeln, wornach er brüllte, wie ein Kalb, dem die Gurgel abgeschnitten wird, worüber denn die anderen ihre Freude hatten. Nachdem sie nun von der Tafel aufgestanden waren, wurde angefangen zu tanzen, welche erfte Cerimonieltänze eben so, wie am ersten Hochzeitstage, ohne dem geringsten Unterscheid, aeschahen. Nach denselben forderten Ihro Hoheit die Kaiserin zum polnischen Tanz auf, und machten es ziemlich. lange, ehe sie aufhörten. Darauf tanzten Ihro Hoheit mit der jungen Frau eine Menuet, und hernach mit vielen andern Damen, indem sie den Herzog fleißig aufforderten. Ihro Majestät die Kaiserin saß währender Zeit, daß getanzet wurde, unter dem Himmel, unter welchem sie bey der Tafel gesessen hatte. Der Kaiser ging ab und zu, und saß_bald bey seinen Ministern, bald bey der Kaiserin, ben welcher er zur rechten Hand zu siken pflegte, und Ihro tonigl. Hoheit waren, wenn sie nicht tanzten, beständig auf ihrer linken Seite, mit welchen sie denn auch sehr viel (wie sie gemeiniglich zu thun pfleget) sprach. Büschings Magazin XIX. Theil.

Da

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