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wielen Leuten, und gar von seinem eigenem Sohn, mehr als zu viel in seiner Gea genwart von feinen begangenen Diebereyen überzeuget worden; so ist er an demselbigen Tage, als der Zar von hier nach Riga in diesem Jahr gegangen, in beffelben und aller feiner hiesigen grossen Unverwandten Gegenwart, vor des Justiscollegii Fenstern, an einen Kniegalgen gehentet worden, und nachdem er borten eine Zeitlang gehangen, ist er nach dem Ort hin transportiret worden, wo ich ihn an einem rechten groffen Galgen gesehen. Auf diesen groffen Plak standen sehr viele vornehme Köpfe auf Pfählen, unter welchen auch der verwittweten Zarin Bruders und noch vier anderer vornehmer Herren Köpfe, auf einem eigenen dazu aufgemauer: ten Schavot, auf eisernen Stangen steckten. Man saget, daß dieses Fürsten Gagarin Körper noch folle auf der andern Seite des Stroms zum drittenmal aufgehangen werden, um ein so viel grösseres Exempel zu statuiren, und denn solle er nach Sibirien geschickt werden, und daselbst am Galgen verwesen; ich zweifle aber sehr daran, indem er schon meist verweset ist. Er hat zum Zeichen ein Schnupftuch vor dem Gesicht, nach Gewohnheit hiesigen Landes, und Camisol und Hosen von brauner Farbe on, worüber ein weiffes Hemb gezogen war, und an den Füssen ein Paar kleine runde rußische Stiefeln. Er ist ein sehr kleiner Mann von Statur; aber sonst einer der größten und reichsten Herren in ganz Rußland gewesen. Sein Sohn, welchen er nachgelassen, ist mit des Reichs- Vicekanzlers Schaffirof leiblichen Tochter verheyras ther, und berjenige, der vor wenigen Jahren so lange gereiset, und viel Geld verschwendet hat. Unser Kammerjunker Hecklau soll sich eine Zeitlang bey ihm aufgehalten haben, und, wie einige mir versichert, Cavalier ben ihm gewesen seyn, er aber soll sagen, daß er nur zur Gesellschaft sich bey ihm aufgehalten habe. Allein es sey darum wie ihm fen, dieser junge Herr Gagarin ist jetzt in einem ganz andern Stande als er in Deutschland gewesen, indem er nach seines Vaters Lode zum gemeinen Matrosen degradiret ist, und wirklich in der Admiralitat gemeine Dienste thun soll. Er ist auch alles Vermögens beraubet, indem alle groffe Güter und was sein Vater sonsten gehabt, von dem Zaren confifciret worden. Dieses Erempel von dem unglückli chen Gagarin ist so groß, daß sich viele baran spiegeln können, und zeiget der ganzen Welt die Souverainität des Zaren, und seinen Ernst in Strafen ohne Ansehung ber Person.

Den 19ten des Mittags speisete der Cabinetssecretair Makarof bey dem Herjog, welcher in sehr grossen Gnaden beym Zaren ist, groffe Gelder in Händen bat, und alle geheime Sachen des Zaren expediret, auch solche, von weichen der Senat nichts zu wissen bekommt. Gegen Abend war Toftcollegium bey dem geheimen Rath von Hespen, und divertirten sich Ihro Hoheit recht wohl vor der Mahlzeit, indem sie guter humeur waren. Da wir aber zur Tafel gehen wollten, und länger als gewöhnlich mit dem Essen gewartet hatten, indem wir nur schwach waren, und die übrigen von unserm Collegio vergeblich erwarteten, so verging Ihro Hoheit

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endlich die Sebulb, und wir machten uns ans Essen. Kaum aber hatten wir uns niedergesekt, so kam der Herr Generalmajor Stenflicht angestochen, welcher gleich zu Ihro Hoheit ging, und ihnen im Namen des geheimen Raths von Bassewits etwas in das Ohr sagte. Da nun Jhro Hoheit hierauf mit dem Kopfe schüttelten, und sich dessen, was der Generalmajor anbrachte, weigerten; so merkte Herr von Hespen wohl, daß sie müßten etwas vorhaben, weil der General die Worte oft wiederholte: komm min nådige Herre. Er fragte endlich Ihro Hoheit, was man denn doch mit ihnen vorhätte? worauf Ihro Hoheit sagten, daß der geheime Rath von Bassewik ben Makarof sen, und ersuche selbiger sie, auch ein wenig hinüber zu kommen, indem Makarof inständig darum gebeten. Da nun der geheime Rath von Hespen en badinant antwortete, er mögte selbst hierher kommen mit seiner Com pagnie, und ihm seine Fremden nicht abspånstig machen, auch darauf die ganze Gesellschaft fragte, ob nicht billig sen, daß derjenige gestrafet würde, welcher sich unterstünde, so etwas im Toftcollegium proponiren zu lassen? so kam schon wieber ein anderer Bote, welcher der Brigadier von Ranzow war, der Ihro Hoheit ernstlich anflehete, doch zu kommen, weil Makarof so inständig darum bitte, auch geschworen hätte, daß, wofern sie nicht mit den beyden Boten kåmen, er seine Frau persönlich zu ihnen senden wollte, und alsdenn doch versichert wäre, daß sie es ihr nicht abschla= gen würden. Es fragten also Ihro Hoheit diese beyde Herren, wie sie zu ihm ge= kommen wären? worauf sie versicherten, sie wären gefonnen gewesen, gerade hieher zu gehen, da sie aber nicht über die kleinen Brücken kommen können, und also umgekehret wären, über die andere, die besser hinauf liegt, hätten gehen wollen, und um das Hinterhaus des Makarof, als welches schräg gegen des geheimen Raths von Bassewiß Haus über ist, gekommen wåren: so håtte Makarof auf seinem Altan gestanden, ihnen sein Boot, welches gleich bey der Hand gewesen, über den Canal geschickt, und sie ersuchet, erst einen Augenblick ben ihm einzusprechen, welches sie ihm denn nicht recht wohl abschlagen können. Sie wären also zu ihm hingerudert. Als sie aber wieder weggehen wollen, weil sie sich nothwendig ben Ihro Hoheit einfins den müßten, die hier in der Nachbarschaft wären, so hätte er gleich angefangen zu fagen, wie glücklich er sich schäßen würde, wenn er Ihro Hoheit bey sich zu sehen die Gnade haben könnte; und da der Hr. von Bassewiß erwiedert, solches würde ehestens einmal geschehen, so hätte er nicht aufgehört zu plagen, Ihro Hoheit doch zu über reden, daß sie ihm noch diesen Abend die Gnade erzeigen mögten. Da nun Jhro Hoheit sich doch endlich auf der beyden Herren Vorstellung entschlossen, zu Matarof zu gehen, weil sie wußten, daß er einer der größten Favoriten des Zaren sey y úns sich ihm deswegen recht verpflichten wollten: so machten sie sich ganz allein mit den beyden Herren und dem Obristen von der Wache zu Fuffe auf den Weg zu ihm. Als unsere Mahlzeit vorben war, und die andern wieder anfingen Taback zu rauchen, fo ging ich ben Zeiten mit dem Kanzleyassessor Surland nach Hause, und da wir Büschings Magazin XIX. Theil. bey

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bey Matarofs Haus vorbey kamen, merkten wir wohl, daß es daselbst lustig hergehe, benn der Envoyé Stamle feßte sich eben in den Wagen, um nach Hause zu fahren, und hatte seine volle Ladung, indem schon des Mittags bey des Herrn Tafel, wegen bes Gastes, war übergewöhnlich getrunken worden, es kann auch der gute Envoyé ̈jekt nicht sonderlich viel mehr vertragen.

Den 22ften ward bey dem Herrn Generalmajor Stenflicht, der damals noch ben dem Hrn. Envoyé Stamfen logirte, Toftcollegium gehalten, allwo es denn auch nach unsern Gesetzen lustig berging. Man hatte auch nicht so viel Mühe mehr, wie in Anfang unserer Ankunft, zum Tostiriren artiges Frauenzimmer zu finden, indem man immer mehr und mehr bekannt ward, es auch schon nicht mehr fo schwer war, die Namen des hiesigen Frauenzimmers zu behalten.

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Den 23 sten des Morgens kam der Graf Puskin, und meldete, daß Ihro Majeståt - der Zar gesonnen wåren, den Nachmittag mit allen hiesigen Barken und Werrecken ein wenig auf dem Newafluß zum Vergnügen zu fahren, und Ihro Hoheit mit. darzu invitiren liessen. So balb bie Flagge ausgesteckt wäre, wollte er (Graf Puskin), Commen, und Ihro Hoheit abholen. Es ist allhier gewöhnlich, daß, wenn an drep oder vier darzu bestimmten Orten der Stadt eine Flagge ausgestecket wird, sich entweder alle Barken und Werreken, ober alle Jagden, Torscheuten und Boyer, nachdem die Flagge ist, auf der andern Seite ben der Festung einfinden müssen, indem eine grosse Strafe für diejenigen geseket ist, die sich mit ihren Fahrzeugen nicht daselbst alsbenn einfinden. Des Nachmittags, da es nun Zeit war, kam der Graf Puskin, und machten wir uns auf den Weg, sowohl mit der Barke als mit unsere beyden Werrecken. Da wir nun auf den Fluß kamen, sahen wir, daß sie schon weit avanciret waren, daher wir stark zurudern liessen, und sie auch bald einholten. Es fuhr der Admiral von der kleinen Flotte, (denn darunter werden alle diese erwehnte fleine Fahrzeuge gerechnet) welcher zum Zeichen eine grosse Flagge vorn auf seinem Fahrzeuge hat, ganz voran, wornach sich alle die andern richten müssen, indem ihn niemand vorbey rudern darf, sondern jedermann ihm folgen muß. Der Zar fuhr nicht weit hinter ihn, in der Barke der Zarin, und stand hinten beym Steuerruber, Die Zarin aber faß mit den beyden Prinzeßinnen und mit ihrem Frauenzimmer und Cammerjunkern unter dem Verdeck. Da sie nun ziemlich weit gerudert hatten, wendete der Admiral_um, worauf alle die hintersten so lange stillel hielten, bis er wieder ben ihnen vorben gekommen war. Hier kamen wir an des Zaren Barke, worauf Ihro Hoheit hinten aus dem Verbeck stiegen, und dem Zaren die Reverenz machten, mie auch der Zarin und den Prinzeßinnen, welche ihn zum Fenster heraus gruffeten. Wir blieben allezeit auf der rechten Seite von des Zaren Fahrzeug. Es wechselten der Zarin Waldhornisten, die sie von Jagusinsky bekommen hatte, mit den unsrigen ab; die leßten stunden hinten auf der Barke, die zarischen aber vorn. Was nun diese Wasserfahrt vor einen angenehmen Anblick gab, ist nicht zu beschreiben. Es

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waren 50 bis 60 Barken und Werrecken beysammen, auf welchen die Leute alle in weissen Hemben ruderten. Es sind Barken, welche durch 12 Mann fortgerudert werden, und die kleinsten Werrecken haben wenigstens vier Mann. Dieses Vergnügen war nun um so viel gråsser, da fast alle Vornehmen Musik bey sich hatten; und man hörte also eine grosse Menge Waldhörner und Trompeten durch einander. Wir führen nun in dieser Gesellschaft bis ganz nach Cathrinenhof hinunter, und brachten nur wenige Zeit darauf zu, indem es dem Strom abwärts ging, auch überdem nur 4 Werste zu Wasser bis dahin sind. Als Ihro Hoheit die Admiralität paßirten, rief der Zar ihnen zu, daß das neue Schiff sollte am Donnerstag ablaufen. Da wir ju Cathrinenhof ankanten, fuhren wir in den kleinen Hafen, worinn kaum zwen Fahrzeuge neben einander gemächlich wegrudern können. Nachdem alle aus ihren Fahrzeugen gestiegen waren, gingen sie in ein kleines angenehmes Hölzchen, welches gleich vor dem Hause ist, und worinnen eine grosse lange Tafel aufgedecket, und mit kalten Speisen beseßet war, woben sich aber niemand recht seßte, sondern der Zar und unterschiedene andere gingen ab und zu, und nahmen etwas von den Früchten, die darauf stunden. Die Zarin war so gnådig, und pråsentirte mit eigener Hand, allen und jeden von unserer Suite, ein Glas mit excellenten ungarischen Wein, und ihre Cavaliere versäumten auch nicht, uns fleißig zuzutrinken. Da nun die beyden Prin·zeßinnen etwas spazierten, so erbaten sich Ihro Hoheit, auf Anreihen des Generalmajor Jagusinsky, von der Zarin die Erlaubniß, ihnen folgen zu dürfen, welches Fie denn auch gern bewilligten; worauf Ihre Hoheit ihnen folgten, und da sie sich ihnen näherten, so blieben sie stehen, worauf sie ihnen die Reverenz machten, und sie beyderseits, nachdem sie sich gedsnet, bey der Hand führten. Sie hatten einen Cammerjunker von der Zarin vor sich hergehen, und eine grosse Suite von Damen folgte ihnen. Es ward auf dieser Promenade eben nicht viel geredet, indem Ihro Hoheit und die Prinzeßinnen unter sich noch etwas blöde waren, und unsere Cavaliers die hiesigen Damen, aus Mangel der Sprache, wenig entreteniren fonnten. Nachdem sie nun eine kleine Tour gemacht hatten, kehrten sie um, und gingen wieder nach der Zarin, welche denn Ihro Hoheit ben sich auf einer Bank neben den beyden Prinzeßinnen zu fißen nöthigte. Ihnen zur Rechten seßte sich dieälteste, und ben felbiger die jüngste Prinzeßin, zur Linken aber saffen Ihro Hoheit neben der Zarin. · Es war allhier weder die verwittwete Zarin mit ihrer Tochter, noch der Großfürßt mit seiner Schwester zugegen, das übrige Frauenzimmer aber war fast alles mit auf dieser Wasserfahrt. Da nun der Zar sich mit seiner Gesellschaft entretenirte, und die übrige Herrschaft ziemlich stille saß, so lam Jagusinsky, welcher merkte, daß sie mit Attention die Trompeter, welche im Holze stunden und bliesen, anhörten, indem einer darunter ein excellenter Kerl war, und sagte zu der Zarin, Ihro Hoheit hätten hier ein paar Waldhornisten ben sich, die Laum ihres gleichen hätten, und da felbige begierig waren, sie zu hören, so mußten sie hervorkommen, und einige

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Stude

Stücke blasen, welche sie auch recht wohl ausführten. Die Zarin und die beyden Prinzeßinnen hörten sie mit grosser Aufmerksamkeit an, und admirirten sie sehr. Als es anfing etwas spät zu werden, und die Zarin aufstund, um den Zaren zu perfuadiren nach Hause zurück zu kehren, so ließ sie unvermerkt den Waldhore nißten durch den Kammerjunker Mons zwölf Species Ducaten geben, Weil aber der Zar noch nicht lust hatte wegzugehen, so wurden uns noch einige groffe Gläser mit ungarischem Wein gebracht, daher wir denn auch einen ziemlichen Rausch befamen. Endlich machten wir uns wieder auf den Weg. Als Ihro Hoheit die Zarin nach der Barke führen wollten, so wandte sich selbige unvermerkt am, nahm einen andern an die Hand, und gab ihnen dadurch Gelegenheit, die älteste Prinzeßin nach der Barke zu bringen, worauf wir einen ganz andern Beg fuhren, wie wir vorhin gefahren waren, nemlich fast den ganzen Weg durch einen Canal, und kamen hinter des Zaren Sommerhaus wieder hervor, auf dem grossen Strom; und da es schon dankel, auch das Woffer ganz still war, so lieffen wir gegen der Prinzeßinnen Fenster aufhalten zu rudern, und lieffen Ihro Hoheit die beyden Waldhornisten ein schönes Nachtstück blas sen, und fuhren darauf wieder nach Hause. Weil die Botsleute durch das starke Rudern dermassen abgemattet waren, daß sie faum sprechen konnten, so liessen ihnen Ihro Hoheit einige Ducaten Trinkgeld senden, um sich einen gus ten Abend zu machen. Den beyden Waldhornisten liessen sie, weil sie den Tag sehr viel geblasen, zehn Ducaten reichen. Also verdienten sie dieses mal allein 22 Ducaten. Als ich Ihro Hoheit gute Nacht gesagt hatte, und nach Hause gehen wollte, sahe ich im Vorbengehen, daß bey dem Brigadier Ranzau Com, pagnie war, und erinnerte mich, daß Ihro Hoheit diesen Morgen befohlen þåtten, es sollte Tostcollegium ben ihm seyn, aber wegen der spåten Wasserfahrt abgehalten waren, dahin zu kommen. Ich ging hinein, in der Meynung, sie würden bald auseinander gehen, sie waren aber erst an den Tisch gegangen, indem sie uns erwartet hatten, und blieben also noch eine geraume Zeit, bis fpåt in die Nacht beysammen, und trunken luftig herum. Da ich nun schon vorher etwas im Kopfe hatte, so fam ich mit einem halben Rausch nach Hause.

Den 24sten ging ich mit dem Hofprediger, und mit Duwal, nach der Admiralitåt, um daselbst das neue Schiff zu besehen, von welchem der Zar gestern gesprochen hatte, daß es den 27sten vom Stapel ablaufen sollte. Es ist ein Schiff von: 64 Canonen, von einem französischen Schiffsbauer, welcher auf einige Jahre von Frankreich dem Zaren geliehen worden, verfertiget. Da wir nun dieses Schiffbauers Dollmetscher antrafen, den Duwal kannte, so führte er uns allerwärts Ferum im Schiffe, und wir nahmen barauf die Admiralität ein wenig in Augen= 5 fasein. Sie hat inwendig einen grossen Plaß, welcher fast ganz viereckigt, und auf drey n Seiten umher bebauet ist, die 4te Seite aber lieget offen an dem Newa

Strom

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