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bis er das ganze Reglement und den Revers, welchen der Herr Obrister als Ordinarius unterschreiben sollte, abgelesen hatte. Nachdem solches geschehen, wurde der Revers unterschrieben, und mußte ich ihm ein Deckelglas mit Wein einschenken, um Ihro lös nigl. Hoheit, und der gesammten ordentlichen und ausserordentlichen Mitglieder, Gesund= heit zu trinken. Darauf nahm Sereniffimus Praefes das Glas, und trant des neuen Herrn Ordinarii Gesundheit, und brachte es dem ältesten Ordinario zu, welches bann die ganze Reihe herum ging. Nachher ward ein Zirkel um ihn geschlagen, und zu dreyenmalen von der ganzen Compagnie mit lauter Stimme ausgerufen, dignus eft intrare in noftram focietatem. Darauf gratulirte ihm die sämmtliche Gesellschaft, und er füssete Ihro königl. Hoheit zur Dankbarkeit die Hand, die übrigen aber embraffirte er allerfeits. Da nun solches alles vorbey war, und es anfing dunkel zu werden, nahm ich nochmals Abschied von Ihro königl. Hoheit, welche mir die Gnade erlaubten, Dero Hand zu küssen, und mir eine glückliche Reise wünschten. Darauf empfahl ich mich den andern allerseits, und begab mich nach dem Hofe, wo die Leute, die schon vor einigen Stunden fertig gewesen, auf mich gewartet hatten. So bald nun der Herr geheime Rath von Bassewiß gesehen, daß alles parat sen, nahm er Abschied von mir, und befahl mir nochmals feine Leute und Pferde an; worauf ich mich in Gottes Namen auf den Weg begab, und bis nach der ersten Postirung ritte, welche nur 20 Werste von Reval war; und blieb da liegen bis den andern Tag gegen Abend, weil ich des Tages wegen der Hiße nicht reisen wollte. Ich hatte mit mir zwey Stallknechte vom Herrn geheimen Rath und meinen Diener, nebst 10 Reitpferden, von welchen dren Ihro Hoheit und sieben dem Herrn geheimen Rath gehörten.

Den 12ten des Abends, als ich aus dem Quartier zu Cahal reiten wollte, wels ches nur zwey Postirungen von Reval ist, arrivirten der Herr geheime Rath von Hespen und der Herr Generalmajor Stenflicht, welche erst denselben Nachmittag von Reval gefahren waren. Sie sagten mir, daß sie den vorigen Tag wåren mit auf dem Ritterhause gewesen, wo die Ritterschaft den ganzen zarischen und den unsrigen Hof auf das prächtigste tractiret hätte, und sollten sich die gnädigen Herrschaften gar wohl divertiret, und bis an den andern hellen Morgen getanzet haben. Es wäre auch so scharf im Trinken hergegangen, daß sie es noch fühleten; worben denn einer von den Herren Landrå:hen, welcher sich des Marschallamts ein wenig sehr stark angenommen, und sich darbey sehr berauschen müssen, das Unglück ge= habt haben soll, daß er einen sehr schweren Fall gethan, als er die Zarin in den Wagen führen wollen.

Den 13ten gegen Mittag holten mich die beyden Herren, Hespen und Stens flicht, auf der dritten Postirung wieder ein, nachdem sie die vorige Nacht stille gelegen. Sie fuhren gleich wieder weg, wie sie die Pferde nur ein wenig füttern lassen, und selbst gegessen hatten. Sie verwunderten sich sehr, daß ich so langsam Büschings Magazin XIX. Theil.

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reisete, indem ich nur eine Postirung des Tages machte, und menneten, ich könnte mit ledigen Pferden doch wenigstens zwey, innerhalb 24 Stunder, machen, weil sie es ja mit einem beladenen Wagen thåten. Worauf ich ihnen antwortete, es wäre ein grosser Unterscheid zwischen ihren und meinen Pferden, indem die erstern des Reisens gewohnt wåren, die leßten aber nicht, auch wäre überdem eines davon, welches der Herr geheime Rath von Bassewiß zu Reval von dem Herrn Obrist Tiesenhausen geschenket bekommen, schon ganz mait, weil es des Reisens gar nicht gewohnt wäre, und dankte also nur Gott, daß ich noch so viel des Tages damit thun konnte, wie ich thäte. Ich traf auf selbiger Postirung den Sohn von dem Herrn Obrist Tiesenhausen an, welcher Capitain in schwedischen Diensten gewesen, und lange gefangen gesessen hat. Es erwies mir selbiger sehr viele Höflichkeiten, weil er meinen feligen Vater sehr wohl gekannt hatte. Denfelbigen Abend spät, um ohngefähr 12 Uhr, rencontrirte zum drittenmal auf der vierten Postirung, die Leyden vorerwehnten Herren, indem ich des Abends ein wenig frühe ausgeritten war, und sie das Unglück gehabt hatten, daß sie sich von des Nachmittags an bis in die spåtc Nacht dorten aufhalten müssen, weil zwey von ihren Pferden auf der Weide verlaus fen gewesen. Sie machten grosse Augen, mich wieder anzutreffen, und machten sich bald auf den Weg; ich aber blieb bis den andern Abend da, und seßte so weiter meine Reise fort.

Den 17ten begegneten mir welche von der Zarin Suite zu Woiwod, 18 Wer= ste von Narwa, und sagten mir, daß Ihro Majestät die Zarin denselben Tag, wie sie wåren weggegangen, hätte gleichfalls aufbrechen wollen, welches aber wäre aufgeschoben worden bis auf dem folgenden Tag, als heute. Man sage auch, daß Ihro tonigl. Hoheit sich noch würden zwey Tage bey Ihro Majestät der Zarin zu Reval aufhalten, um die Vorspannpferde ein wenig wieder ausruhen zu lassen; Ihro Majestät der Zar aber wåre schon den 16ten mit einer Fregatte früh Morgens weggegangen, und låge auch schon das Schiff, worauf Ihro königl. Hoheit Leute und Sachen wären, ganz parat, und wartete nur bloß und allein auf guten Wind. Denselbigen Abend, da ich die Herren des Morgens gesprochen, kam ich zu Narva an, da es aber schon fpåt war, und die Thore långstens geschlossen waren, so blieb ich vor der Stadt in einem Garten, welcher der Burgemeisterin Getten zugehörte. Ich hatte mir ohnedem schon vorgenommen, dort einzuziehen, wenn auch bey meiner Ankunft die Thore noch nicht wären verschloffen gewesen, weil mir unterschiedene von den Cavalieren, welche auf den Postirungen waren, gefaget hatten, daß ich in der ganzen Stadt keinen Stall für 10 Pferde in einem Hause finden würde; da ich nun selbige nicht gerne wollte getrennet wissen, wegen der Unordnungen, so daraus entstehen, auch ohnedem wußte, daß ich nur viele Verdrießlichkeiten mit den Stallfnechten haben würde, weil sie beyde gerne feffen; so zog ich in den Garten ein, wo ein sehr schöner Stall für 10 Pferde war. Es wurde gleich aus der Stadt von

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der Hauptwache ein Solbat zu mir geschicket, (weil man mich das Thor vors ben paßiren gesehen,) und ich gefraget, wer ich wäre? und ob ich einen Paß bey mir hätte? Worauf ich antworten ließ, ich wäre ein Bedienter von Ihro Ho= heit dem Herzog von Holstein, und mit dem benöthigten Paß versehen. Gleich nachdem schickte der Commendant seinen Adjutant zu mir heraus, und ließ mich fragen, ob ich noch verlangte den Abend in die Stadt zu kommen, so sollte gleich bas Thor vor mir aufgemachet werden, imgleichen ob ich nicht wüßte, wie bald Jhro Fönigl. Hoheit nachkommen würden? Worauf ich erwiederte, wie balb Ihro Hoheit da seyn würden, wüßte ich nicht, indem ich schon seit vergangenen Sonnabend von ihren ware; für das erste gütige Anerbieten aber, lieffe ich mich gar sehr bedanken, Indem es schon sehr spåt, und die Pferde schon abgeschirret wären, auch überdem gleich den andern Tag wieder weggehen wollte. Da nun in der ganzen Vorstadt für Geld lein Heu noch Gras zu bekommen war ; ich auch überdem einen Paß von dem Herrn Gouverneur Löwen aus Riga hatte, daß man mir allerwegen auf den Postis rungen frey Hafer und Gras geben sollte, so viel wie ich nur für die bey mir haben= de Pferde verlangte: also wies ich ihm meinen Paß, und bat ihn, den Leuten im Hause zu befehlen, daß sie mir etwas Heu oder Gras zukommen liessen, oder sonst nur Anschläge geben, wo auf die Nacht etwas zu bekommen wäre. Worauf er mir, nachdem er den Paß durchgelesen, durch den Kutscher (als welchen ich zu meinem Dolmetscher gebrauchte) sagen liesse, es wäre selbiger Paß bis auf die lekte Postirung gut gewesen; allein weiter würde er nicht respectiret, indem Narwa unter ei= nem andern Gouvernement låge; er wäre aber ohnedem versichert, daß der Herr Commendant gleich alle Anstalten machen würde, mir in allem benzustehen, und ich mogte nur sagen, wie viel Hafer und Gras vonnöthen hätte, so wollte er selbiges alsobald aus des Zaren Magazin herführen lassen, denn für Geld wüßte er in der ganzen Vorstadt, ja kaum in der Stadt, etwas zu finden. Ich bedankte mich hierauf gar sehr für die gütige Vorsorge, und bat ihn, meine gehorsamste Empfeh lung dem Herrn Commendanten zu machen, und zu sagen, daß es mir sehr leid wäre, daß man meinentwegen ihn so spåt in der Nacht incommodire, würde auch nicht manquiren den andern Tag zu ihm zu kommen, und meine Aufwartung zu ma= chin. So bald ich nun dem Herrn Adjutanten ein Schälchen Brandtewein gegeben hatte, ging er wieder weg, und machte Anstalt, daß mir gleich Fourage gebracht wurde. Des andern Morgens ging ich nach der Stadt, allwo ich gleich anfänglich einen jungen Kaufmann rencontrirte, der aus Riga gebürtig war, und welchen ich sehr wohl in Paris gekannt hatte, indem wir uns zu gleicher Zeit dort aufhielten. Er nöthigte mich gleich) nach seinem Quartier, und wußte nicht, was er mir alle vor Höfl breiten erweisen wollte; und ohne ihn wäre ich wirklich sehr verlegen gewesen, den -Capitain Ramfee, an welchen ich Commißionen harte von dem Herrn Obristlieute nant von Bruckendahl, aufzufinden, auch etwas rechtes zu Essen zu bekommen, wenn

er mich nicht ben sich zu Gaste behalten hätte: denn Narwa war in einem sehr schlechten Stande, fogar daß ich nicht einmal ein bisgen kalte Küche dort bekommen konnte, um sie mit mir zu nehmen. Ich war gezwungen, mich ganz ledig, ohne Proviant, auf den Weg zu begeben, indem man mich in dem einen Wirthshause, auf welches man mich vertröstet hatte, daß etwas darinn zu bekommen wäre, eben so ledig wieder weggehen ließ, als aus dem vorigen, weil man mir antwortete, die Herren Holsteiner, welche neulich durchgereiset wåren, (sie meyneten den Herrn Envoyé · Stamle und den Herrn General Stenflicht, wie auch den Herrn geheimen Rath Hespen,) hätten allen Vorrath mitgenommen, so daß sie nichts mehr hätten als ein Stückgen geräuchert Fleisch und eine Ochsenzunge, welche sie behalten müßten für diejenigen Kostgånger, welche sie täglich hätten. Und ob ich gleich inständig bat, mir selbiges zu überlassen, indem ihnen wohl bewußt wäre, daß auf dem ganzen Weg nach St. Petersburg nichts zu Essen zu bekommen sen, so schlugen sie mir solches doch gänzlich ab, mit der Antwort, ihre Gäste gingen vor, und sie könnten es den= selben unmöglich nehmen, und es mir überlassen. Kurz, Narwa war so arm an Victualien, daß es nicht gnugsam zu beschreiben ist. Man sagte mir, daß solches das her fame, weil alles nach St. Petersburg gebracht würde. Nachdem ich nun An= stalt gemachet hatte, um für Geld Hafer zu bekommen, auch einige andere Sachen angeschaffet hatte, welche zur Reise nöthig waren, so speisete ich mit meinem alten Bekannten, und mit dem Herrn Capitain Ramsee, in guter Ruhe, und wurde recht wohl bewirtet. Nach der Mahlzeit begab ich mich mit dem Herrn Capitain hinauf zu dem Commendanten, welcher mich auf das aller obligeanteste aufnahm, und da er weder deutsch noch französisch reden konnte, so ersuchte ich den Capitain, den Herrn Commendanten zu bitten, daß er von der Güte seyn, und mir eben einen solchen Paß wieder geben mögte, als derjenige war, den ich aus Reval hätte, indem man mir versichert, daß ohne einen solchen kein Mittel wäre, mit den Pferden durchzukommen, weil man kein Gras noch Heu für Geld bekommen fonnte, mit einen solchen aber wäre es sehr leicht, indem auf allen Postirungen eine grosse Menge Fourage in den Magazinen seyn sollte. Worauf er mir ante worten ließ, er könne solches nicht thun, weil in dergleichen Fällen sein Paß oder sein Befehl auf dem Weg nach St. Petersburg nicht respectiret würde, indem solches ein ganz anderes Gouvernement wåre, und könnte er mir versichern, daß wenn es in seinen Kräften wäre, daß er sich nicht weigern. würde, mir solchen gleich zu geben, zumahl da er Ordre hätte, auf alle Art und Weise Ihro königl. Hoheit Suite wohl fortzuschaffen; es müßte aber ein solcher Paß, als ich verlangte, aus St. Petersburg gesandt werden. Er erbot sich aber, mir einen Paß zu geben, so gut wie er fonnte, und nachdem solches willig und gerne ac. ceptiret hatte, schrieb er einen mit eigener Hand, und gab mir solchen. Es hate ten die Russen neulich einen „Einfall in Schweden gethan, und alles gerauber und

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verbrannt, wovon der Herr Commendant erst den vorigen Tag die Nachricht erhalten, und da wir darauf zu sprechen kamen, ließ er die Landcharte holen, und wies uns alle die Oerter, welche durch ihre Armée geplündert wären. Nach dem mich nun eine Zeitlang ben dem Herrn Commendanten aufgehalten, und mit feinem Sohn eine ziemliche Weile französisch geredet hatte, nahm ich von dem Herrn Commendanten Abschied, welcher mich ersuchen ließ, seine Empfehlung bey dem Herrn geheimten Rath von Hespen und bey dem Herrn Generalmajor Sten flicht zu machen, und sie zu bitten, doch ja nicht vorübel zu nehmen, daß er nicht bey ihrer Durchreise durch Narwa ihnen die Reverence gemachet, wie es sich wohl gebühret hätte, allein er wåre selbigesmal gar nicht wohl gewesen, und hätte also unmöglich seine Pflicht beobachten können. Hierauf bedankte ich mich nochmals für alle mir erwiesene gütige Affiftence, und begab mich wieder nach meinem Quartier, von wannen ich bald aus Narwa reisete. Ich traf nicht weit von der Stadt die Bagage des Herrn General Alard an, welche zum wenigsten aus mehr als 60 Pferden bestand. Nachdem einige Werste weiter geritten war, begegnete ich der Kutsche, worinnen die Frau Generalin mit ihrem Prediger saß, welcher ihr ordinairer Reisegefährter war, indem sie nicht ohne die Geistlichkeit einen Augenblick leben kann. Sie fragte mich, wo ich gesonnen wäre, die Nacht zu bleiben? worauf ich ihr antwortete, ich wäre zwar gesonnen gewesen nur bis nach der ersten Postirung zu gehen, indem es schon sehr spät wåre; wenn aber die Frau Generalin gewillet wäre, gleichfalls nicht weiter zu gehen, und sich dorten par hazard nicht Stallraum gnug für alle Pferde finden sollte, so wollte mich gern bequemen, bis nach der andern zu gehen. Sie bedankte sich hierauf gegen mich, und sagte, ich sollte mir ihrenthalben gar keine Ungelegenheit machen, indem sie Ordre von ihrem Herrn hätte, ihre Reise auf das schleunigste fortzusehen, also müßte sie noch die Nacht bis nach der zweyten Station gehen. Wie nun des Abends ins Quartier fam, fand ich einen über die Massen grossen Unterschied zwischen diesem und demjenis gen, welches ich jenseits Narwa gehabt hatte, indem dorten an allem Ueberfluß, allhier aber an allem Mangel hatte; denn als ich mich nach dem Stall erkundigte, wurde mir geantwortet, es wäre dorten gar keiner; wie nach dem Stations hause fragte, so sagte man mir, es wäre zwar nicht weit, man könnte aber nicht hinein fommen, weil es verschlossen sen, indem es erst neulich rein gemachet worden für die Zarin, welche dorten stündlich erwartet wurde. Wie ich mich nach Heu oder Gras erfundigen wollte, so versicherte man mir, daß meine Mühe um dasselbige bis an den andern Morgen würde vergebens seyn, weil alle Leute ihr Heu hätten nach bem Magazin führen müssen, es auch schon zu spåt wäre, Gras zu måhen. Also wurde gezwungen, mich zu behelfen, und aus einer alten Bauerkate' einen Stall zu machen; welches dann auch noch endlich so ziemlich wohl anging, indem noch dorten so viele Schweintröge fand, als Krippen vonnöthen hatte. Wie ungern ich

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