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rigen Geruch machte, daß viele es riechen konnten, als sie noch in einer Nebenallee und über 100 Schritte von ihnen waren. Da ich nun sahe, daß viele Leute sich auf einmal wegschlichen, gleich als wenn sie den Teufel gewahr wors den wåren, und meinen bey mir stehenden Freund fragen wollte, was den Leuten fehlete, daß sie so eilig sich wegmachten? so kriegte er mich schon bey dem Arm, und wieß mir die Kerle, die da kámen, worauf ich gleich Unrecht vermerkte, und mich mit ihm auf das allergeschwindeste retirirte, welches denn auch sehr rathsam war, denn ich rencontrirte furz nachher einige, welche mir ihre Noth sehr klagten, und den Geschmack vom Brandtewein nicht aus dem Halse kriegen fonnten. Und da man mich bereits gewarnet hatte, daß viele Spione wären, welche erforschen müßten, ob schon alle den bittern Kelch bekommen håtten? so trauete ich keinem Menschen, sondern stellete mich noch weit kläglicher an wie sie. Allein ein gottloser Schelm wußte leicht zu probiren, ob ich getrunken oder nicht; denn er bat mich, meinen Other auszus lassen. Ich antwortete ihm, solches sen vergebens, indem ich schon den Mund mit Wasser ausgespühlet habe; worauf er erwiederte, ich mögte ihm solches nicht weiß machen, denn er wüßte, daß das alles nichts hülfe, und könnte inan den Gestank nicht so bald aus dem Halse kriegen, wenn man auch wollte Zimmet und Nelken in den Mund nehmen, denn er håtte wohl eher 24 Stunden nach Brandtewein aus dem Munde gestunken, und den Geschmack noch in fast långe= rer Zeit nicht los werden können; und müßte ich solches auch probiren, um recht von den hiesigen Festins reden zu können. Ich bedankte mich gar sehr, und gab an, daß ich unmöglich Brandtewein trinken könne, welches aber ganze lich wäre vergebens gewesen, wenn mein verstellter Fiscal nicht wäre mein guter Freund gewesen, und solches nur gethan hätte, um mich aufzuziehen. Wenn man aber einmal in die rechten Klauen gefallen ist, so hilft weder Bitten noch Flehen, sondern man muß Bescheid thun, wenn man sich auch auf den Kopf stellte. Denn es werden davon nicht einmal die allerzärtlichsten Damen dispensiret, weil die Zarin es bisweilen selbst mit thut. Es folgten die Majore von der Garde dem Kufen mit Brandtewein überall, um diejenigen, welche nicht in der Güte, durch das Nöthigen der gemeinen Grenadiere, trinken wollten, darzu zu zwingen. Aus der Schale, die einer von den Gemeinen überreichet, und in welche wohl ein gutes Bierglas voll gehet, aber nicht für alle gleich voll ans gefüllet wird, muß man des Zaren Gesundheit trinken, sie wird aber von ihnen ihres Oberstens Gesundheit genannt, welches einerley ist. Als ich mich nachgeHends erkundigte, warum man ein so schlechtes Zeug, als der Brandtewein sen, herum gebe? wurde mir geantwortet, es geschehe wohl zum Theil deswegen, weil die Russen den gemeinen Kornbrandtewein mehr liebten als alle Danziger Aquavite und Franzbrandteweine in der Welt, (welche lehte Sorte aber doch von

den Vornehmen sehr åstimiret wird, die erste aber pflegen sie gleich, so bald als fie dieselbige aur gekostet haben, wieder auszuspenen. Die andere Ursache sen die Liebe zu der Garde, welche der Zar nicht gnugsam zu schmeicheln wisse, denn er soll öfters sagen, daß er nicht glaube, daß unter ihnen ein einziger sen, dem er nicht fren und ohne, Gefahr sein Leben anvertrauen könnte. Da nun immer zwischen Furcht und Aengsten schwebte, den Herren Majoren noch einmal in die Hånde zu fallen, so erschrack ich vor allen Ankommenden, und meynte alle Aus genblick, daß sie mir schon auf den Hacken fäffen. Ich ging also herum wie ein irrender Mensch, bis ich wieder nach dem kleinen Eichhölzchen kam, welches gleich vor des Zaren Sommerhaus stehet. Allein ich ward sehr bestürzet als ich etwas näher fam: denn anstatt des angenehmen Geruchs, welchen die Baume mir vorher gaben, fand ich die Luft dermassen durch den Brandtewein, bey welchen sich die Geistlichkeit sehr lustig nachte, vergiftet, daß ich bald mit ih nen wåre krank geworden. Hier fand man einen stehen der so voll war, daß er hätte plaßen mögen, dort einen andern, der fast lunge und Leber von sich gab, andere wieder, bey welchen Rettig und Zwiebeln einen solchen Effect thaten, daß man ihn auf hundert Schritte hören und riechen konnte, die übrigen von den Priestern aber, welche den Wein und Brandtewein beffer wie die andern vertra= gen konnten, hielten sich noch recht lustig daben. Mit einem Wort, die Geistfichen waren die besoffensten in der ganzen Gesellschaft, welches denn unfern Herrn Hofprediger Remarius sehr fremde vorkam: denn er vermuthete nicht, daß es fo grob und öffentlich geschehe. Da ich nun vernahm, daß in der offenen Gals lerie des Gartens, welche am Wasser slund, getanzet werde, so begab mich dahin, allwo denn endlich das Glück hatte, die beyden Prinzeßinnen tanzen zu se Hen, welches ihnen vortreflich von Statten ging. Der jungstea Prinzeßin Lanzen gefiel mir doch noch in etwas besser, als der Lanz der alte ften, denn sie ist von Natur etwas munterer als die älteste. Da es anfing in etwas dunkel zu werden, retirirten sich die Prinzeßinaen mit ihrem Frauenzimmer, und da der Zar auch etwas abwärts gegangen war, wie auch die Kaiserin, (welche aber ihre Damen zurückgelassen), so machte man uns weiß, daß wir nicht eher als den andern Mittag nach Hause kommen würden, indem der Zar nach seiner ordinairen Gewohnheit, den Thürhktern des Gartens befehlen lassen, daß sie niemanden, ohne seinen expreffen Befehl, auslassen sollten. Die Bache pflege solches dermassen genau zu beobachten, daß sie niemand auspaßiren lasse, er mögte auch seyn wer er wollte, von dem Vornehmsten an bis auf den Ge= ringsten. Es mußten also die allervornehmsten Herren und die gesammten Damen kafeibst wider ihren Willen so lange bleiben als wir. Dieses wäre denn nun¡ noch endlich auszustehen gewesen, wenn es nicht auf einmal so zu regnen angefangen, als wenn es mit Eimern gegossen håtte; welches manchen sehr incommodirte,

indem sich alle Vernehmen in größter Eile nach den Gallerien verfügten, und selbige dermassen einnahmen, daß viele genöthiget waren, in dem Regen stehen zu bleiben, weil sie keinen Plaß mehr unter dem Dach bekommen konnten. Dies Elend währete nun ohngefehr bis um 12 Uhr, da denn endlich Ihro Majestät der Zar in einem braunen gemeinen Ueberrock ankam, welcher so ungefehr gemachet war, als diejenigen zu seyn pflegen, welche die Seeleute im schlechten Wetter tragen; vorher aber hatte er ein braunes Kleid mit silbernen Knöpfen und Knopflöchern, und trug den Hut fast niemals auf dem Kopf, sondern ließ ihn sich durch einen von seinen Dentschicken nachtragen. So bald er in die Gallerie trat, allwo aller Augen auf ihn schon längstens mit Schmerzen gewar= tet hatten, und alle Menschen sich über seine Ankunft sehr freueten, in Hoffnung bald befreyer zu werden, so sprach er etwas mit unterschiedenen von seinen Mis nistern, `und bald darauf ertheilte er an die Wachen Ordre, nun alle Menschen wieder fren paßiren zu lassen. Da aber nur ein einziger Ausgang, und dieser auch ziemlich klein und enge war, so dauerte es lange, ehe die Leßten aus dem Garten fommen konnten; man mußte auch über die fleine Zugbrücke gehen, die nahe am Garten über den kleinen Kanal führete. Als aber diese zurück geteget war, säumete man nicht, sein Haus wieder zu erreichen. Da uns nun der Hunger ziemlich anfing zu plagen, so wåren wir sehr verlegen gewesen ihn zu stillen, wenn wir nicht einen ehrlichen Mann angetroffen hätten, der eben mit seiner Frau nach Hause gehen wollte, und ein Bekannter vom Herrn Kammerrath Negelein war. Denn da dieser unterschiedene andere von unsern Leuten fannte, und uns unsere Krankheit: wohl ansahe, so bat er uns alle auf einen kalten Braten und andere kalte Küche zu sich, und da wir nicht von den allerblödesten waren, so liessen wir uns wenig nöthigen, sondern folgeten ihm mit Freuden nach. Es war dieser mitleidige Menn ein Bedienter aus dem Commerzcollegio, und hieß Golstein. Er hat einen Bruder, welcher Kammerpage bey der Zarin ist, und von welchem der Zar auch ziemlich viel machen soll. Da wir nun des Herrn Assessor Surlands Quartier vorben gehen mußten, welches nicht weit von Golsteins Hause war, ward er uns gleich gewahr, und folgete uns gleich auf dem Fusse nach, aber im Schlafrock. Wir fragten ihn, wie er so bald seine Kleider hätte abwerfen können? indem wir doch mit von den ersten gewesen, die aus dem Garten gelassen wären, hätten uns auch auf dem Wege nicht lange ge= fäumet, noch ihn voraus gehen fehen. Worauf er antwortete, er, wåre schon über eine Stunde zu Hause gewesen; denn er wäre mit dem holländischen Restdenten Wisde, welcher gut Bescheid gewußt, wo mir recht ist, durch des Gärtners Hülfe, der sein Haus am Garten hat, ganz heimlich davon gegangen. Ich mögte aber mit diesem Gärtner das Trinkgeld nicht theilen, wenn es der Zar erführe, wesfalls denn auch der Herr Uffeffor die Discretion hatte, und es damals

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keinem von uns recht offenbarete, um seinen Gutthäter in keine Weitläuftigkeit zu bringen. Nachdem wir nun bey den ehrlichen Mann wohl gegessen und getrunken hatten, begab sich ein jeder wieder nach seinem Hause, von welchen allen ich armer Schelm aber am weitesten zu gehen hatte, indem ich noch in der Nachbarschaft des Herrn Envoyé vors erste wohl eine Zeitlang noch zu bleiben hatte. Denn ob mir der Herr geheime Rath von Bass wih gleich in Reval die Hofnung gemacht, ich sollte hier ben ihm im Hause mit Surlanden zu wohnen kommen, und hätte er desfalls auch schon Ordre an den Kammerjunker Hecklau gegeben, der die Quartiere machen sollte: so wurden wir bende doch gezwungen, aus Mangel des Raums, in dem kleinew schlechten hölzernen Hause, welches für den Herrn geheimen Rath war angewiesen worden, und worinnen es für ihn nicht möglich war zu bleiben; diejenigen kleiner und schlechten Quartiere, die uns beyde noch angewiesen wurden, mit Freuden anzunehmen, in Hoffnung es würde der Herr geheime Rath bald anders logiret werden, indem der Herr Assessor nur aus Pråcaution dieses Haus für den Herrn geheimen Rach vors erste angenommen, auf daß er zum wenigsten wo abzutre= ten hätte, wenn er kåme, und seine Sachen wo unterbringen könnte. Denn wenn es nach unsers Quartiermeisters Anstalt gegangen wäre, so hätte der Herr geheime Nath, der Premier-Miniftre, auf der Straffe vors erste liegen müssen; denn ob derselbe gleich eine geraume Zeit vorausgefandt war, um die Quartiere zu bereiten, so war doch noch kein einziges fertig, wenn die Leute kamen, indem nicht eher daran gedacht wurde, bis daß sie selbst kamen, und es antrieben.

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Den 26sten, nachdem in meinem neuen Quartier aufgeftanden war, und beym Herrn Envoyé nachgehends Thee getrunken, wie auch dem Herrn Obristlieutenant von Saldern, als welcher gleich wieder denselbigen Abend, wie ich ausgezogen, mein Zimmer und Bett in dès Herrn Envoyé Hause bezog, bie Visite auf dem Bette gegeben hatte, so machte Anstalt, ins Werk zu richten, was mir der Herr geheime Rath in seinem Briefe aufgetragen, und fing für mich an, unterschiedene Sachen einzulaufen, welche zu meiner neuen Haushaltung vonnöthen erachtete, denn ich fand in meinem Quartier nichts mehr als einen alten Tisch, einen alten Stuhl, und die vier blossen weissen Wände. Unter dem einen Zimmer war ein Eisteller, aber ganz ledig, und unter meinem Schlafzimmer war ein bloffer Morast. Die Diehlen, worauf ich ging, wurden daher niemals trocken, sondern die Rigen behielten zum wenigsten, mitten im Sommer, einen Rand von drey Finger breit auf benden Seiten, welcher so schwarz von Feuchtigkeit war, als wenn er angestrichen wäre. Zu allem Glück war ich mir keine Visiten von Frauenzimmera vermuthen, welche spiße Abfäge unter ihren Schuhen trügen, denn ich hâtte sonst befürchtet, daß ihre Schuhe wären in den vielfältigen groffen Löchern, welche in denen Brettern waren, tecken geblieben. Nun fann man leicht erachten, wie ungefund ich vorten logiret war, und wie schlimm ich wäre daran gewe

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#sen, wenn ich einen Winter darinnen zu bleiben gehabt hätte, infonderhelt da ich nicht einmal einen Ofen hatte, welcher geheißet werben konnte. Da bann nun wegen eines Bettes sehr verlegen war, fo geschahe mir ein groffer Dienst von Stamlens Kammerdiener, welcher mir endlich für Geld und gute Worte eine Madraße zukommen ließ, und mir vors erste auch eine von seines Herrn Ueberbecken, nebst ein Paar Bettlacken liehe, und von meiner Wirthin bes Cam ich ein Küffen; also konnte ich mich fürs erste behelfen. Da mich des Mittags um 11 Uhr eben in des Herrn Haus befand, so sahe die Wache aufmárschiren, welche schon seit dem 24ften angefangen, indem sie alle Augenblick Ihro Hoheit Ankunft vermucheren. Die Wache nun bestand aus einem Capitainlieutenant und Fähnrich, mit samme ber Fahne, nebst 6 Unterofficiers, zwen Tamhours, 80 Mann Grenadiers und Gemeinen, nebst einer ganzen Bande Hautbois sten, die aus 8 Mann bestund, worunter auch zwey Waldhornisten waren, welche alle, sowohl als die Soldaten, 24 Stunden auf der Wache mit bleiben muß. ten. Diese Wache war nur bloß und allein von den beyden Garderegimentern, welche sie alle dren Tage umgehen lieffen. Da wir des Mittags ben dem Herrn Envoyé Stampen zu Tische sassen, erfuhren wir, daß Ihro Majestät der Zar ben vorigen Abend aus dem Garten einen Courir an Ihre königl. Hoheit abgefer= tiger hätten, um sie zu bitten, daß sie sich doch gegen Morgen, als den 27ften, mögs *ten hier zum Fest der pultawischen Schlacht sich einfinden, und desfalls die Reise in etwas beschleunigen; welcher dann auch, wie ich hernachmals vernommen, Ihro Tonigl. Hoheit zu Narwa angetroffen, und fein Compliment angebracht, das her Ihro Hoheit denn allen Fleiß anzuwenden befohlen, um des Zaren Willen ein Snuge zu thun. Da wir uns nun leicht vorstellen fonnten, daß Ihro tỏnigl. Hoheit solches nicht evitiren fönnten, indem sie sich hier sonsten würden das von allerhand Gedanken gemacht haben, insonderheit wegen dieses hohen Festes, als welches sie am meisten zu feyern pflegen, so fäumte der Herr Envoyé nicht, einen Paß zu verschaffen für den Obristlieutenant von Salvern, als welcher Or= dre hatte, Ihro Hoheit wieder entgegen zu kommen: weil aber ein solcher hier sehr schwer zu bekommen, so lam der Herr Obristlieutenant nicht eher, als gegen Abend weg, und mußte doch noch mit unseren eigenen Pferden bis nach der JemtShifen Slabode reiten, welches 5 Werfte von der Stadt ist, denn es waren Teine Pferde hier, weil sie erst müssen allezeit daher geholet werden, indem auf der •Post keine bereit stehen, und würde sehr lange gebauret haben, wenn mán håtte warten sollen, bis daß erst welche wären geholet worden. Inzwischen · wurden der geheime Rath Hespen, der Herr Generalmajor Stenflicht und ber. Herr Envoyé Stamke burch einen Canzleybedienten auf den andern Tag invitis ret, sich um 4 Uhr in des Zaren Garten einzufinden; denn solches Ceremoniel geschiehet gemeiniglich ben den fremben Ministern durch die Canzleybedienten. Büschings Magazin XIX. Theil.

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