صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني
[ocr errors][merged small]

Aus den Trostgedichten in Widerwärtigkeit des Krieges, 1621.

1. Buch. Vers 445–468.

So soll die Welt auch sehn, daß keine Noth und Leiden,
Daß keine Tyrannei Gott und sein Volk kann scheiden,
Und daß ein solcher Mensch, der die Gewissen zwingt,
Vergeblich und umsonst die Müh und Zeit verbringt;
Daß wir für unser Maul kein Blatt nicht dürfen nehmen,
Daß wir für keinem uns nicht scheuen oder schämen,
Er sei auch wer er will; daß unsers Herzen Grund
Nicht falsch, nicht anders sei als etwan Red' und Mund.
Kein Würgen, keine Schlacht, kein Martern und kein Pressen
Zwingt uns der Frömmigkeit und Gottes zu vergessen.
Der Zweck der Christenheit muß Gottes Name sein,
Nicht Eitelkeit der Welt, nicht äußerlicher Schein
Und gleißend' Heuchelei; wir müssen kundbar machen,
Daß Christen Noth und Tod verhöhnen und verlachen ;
Wir müssen lassen sehn ganz richtig, klar und frei,
Daß die Religion kein Räubermantel sei,

Kein falscher Umhang nicht. Was macht doch ihr Tyrannen ?
Was hilft, was nuget euch das Martern, das Verbannen,
Schwert, Feuer, Galgen, Rad? Gezwungen Werk zerbricht,
Gewalt macht keinen fromm, macht keinen Christen nicht.

Es ist ja nichts so frei, nichts also ungedrungen,
Als wol der Gottesdienst: sobald er wird erzwungen,
So ist er nur ein Schein, ein holer falscher Thon.
Gut von sich selber thun, das heißt Religion.

2. Buch. Vers 365-376,

Die Freiheit will gedruckt, gepreßt, bestritten werden,
Will werden aufgeweckt, (wie auch die Schoß der Erden
Nicht ungepflüget trägt,) fie fodert Widerstand,
Ihr Schuß, ihr Leben ist der Degen in der Hand.
Sie trinkt nicht Muttermilch; Blut, Blut muß sie ernähren ;
Nicht Heulen, nicht Geschrei, nicht weiche Kinderzähren,
Die Faust gehört darzu. Gott steht demselben bei,
Der erstlich ihn ersucht, und wehrt sich dann auch frei.
Ist Friede durch das Land, ist niemand zu bestehen,
So streicht man müssig hin; aus vielem Müffiggehen
Kömmt sicher Leben her, und endlich mit der Zeit
Auf gar zu sicher sein erfolget Dienstbarkeit.

2. Buch. Vers 586 - 616.

Laß etwas unser sein, das wir behalten können,
Das nicht verloren wird, das immer eigen bleibt,
Das keine Feuersbrunst, kein Schiffbruch von uns treibt.
Der Feind hat dir dein Schloß, dein Haus hinweg gerissen :
Fleuch in der Mannheit Burg, die wird er nicht beschießen.
Er hat den Tempel dir verwüstet aus und aus:
Gott schleußt sich nirgend ein, sei du sein reines Haus!

Er hat dich von der Lust der Bücher weggetrieben :
Schau, ob du in das Buch des Lebens bist geschrieben.
Er hat den Acker dir verheeret weit und breit:

Der Acker des Gemüths trägt auch bei Winterszeit.
Er hat die Tochter dir durch Noth und Zwang geschändet:
Gut, daß er dies nur nicht mit ihrer Gunst vollendet.
Er hat dein Weib erwürgt: viel wünschen ihnen das.
Er hat dein Kind entleibt: der Mensch ist Heu und Gras.
Er hat das Vich hinweg: das Brot ist doch verblieben.
Er hat das Brot auch fort: der Todt wird keinen Dieben.
Er hat dein Geld geraubt: behalt du nur den Muth!
Er hat dich selbst verwundt: die Tugend giebt kein Blut;
Man mag sie, wie man will, verfolgen, neiden, hassen,
Sie hält ihr großes Wort: sich nicht bewegen laffen!
Ist einer Eichen gleich: je öfter man sie schlägt,
Je mehr man sie behäut, je mehr sie Aeste trägt;
Sie ist wol ausgeübt, sich hoch empor zu schwingen.
Mit Flügeln der Vernunft von diesen schwachen Dingen;
Dient Gott, ehrt ihn allein, thut nur was Ihm behagt,
Ist über alle Macht, wird keines Menschen Magd.
Sie steht und wird auch stehn. Im Herzen liegt verborgen.
Was nicht genommen wird, was frei ist aller Sorgen;
Dies was hier außen ist, was niemand halten kann,
Mag fliehen, wann es will, es geht uns gar nicht an.

3. Buch. Vers 213-232.

Jezt steht die Freiheit selbst wie gleichsam auf der Spigen,
Die schreit uns sehnlich zu, die müssen wir beschüßen.

Es mag das Ende nun verlaufen wie es kann,
So bleibt die Sache gut, um die es ist gethan.
Wann die Religion wird feindlich angetastet,

Da ist es nicht mehr Zeit, daß jemand ruht und rastet ;

Viel lieber mit der Faust wie Christen sich gewehrt,
Als daß sie selbst durch List und Zwang wird umgekehrt.
Es thut zwar nicht sehr wol, sich feindlich laffen jagen,
Verlieren Hab' und Gut: doch die Gewissen plagen,
Das dringt noch weiter durch als nur durch Mark und Bein;
Sie wollen nicht bedrängt, nicht überladen sein.
Der Leib ist unterthan, der Geist ist nicht zu zwingen,
Geht ledig, frei und los, pflegt sicher sich zu schwingen
So weit es ihm gefällt, verläßt sein enges Haus,
Fleugt dieses große Rund auch augenblicklich aus.
Die güldne Freiheit nun läßt kein Mann eher fahren
Als seine Seele selbst; dieselbe zu verwahren,
Derselben Schuß zu thun, ist allzeit gut und recht;
Wer sie verdrücken läßt, wird billig auch ein Knecht.

[ocr errors]

Aus einem Gedichte auf den Tod von J. Hoffmanns Frau, 1627.

Die Ehrbarkeit ist todt; nur der ist ohne Sünden,
Der fündigen nicht kann; die guten Künfte schwinden
Und nehmen täglich ab; die Göttin die ein Schwert
Und eine Wage trägt, hat ihren Weg gekehrt

Von uns dem Himmel zu; jezt herrscht an ihrer Stelle
Mord, Rachgier, Räuberei und Brand, das Bild der Hölle;
Wir äschern ganze Städt' und ihre Kirchen ein,

Daß gleichsam Gott auch selbst nicht mehr kann sicher sein In seinem eignen Haus.

Aus einem Gedichte an J. Seußius, 1629.

was soll dann ich nun machen?

Ich will der falschen Welt mit leichten Versen lachen,
Ein deutscher Juvenal; ich will die Eitelkeit
Des Volkes, das nun lebt, die Sitten dieser Zeit,
So ganz verderbet sind, der künftigen vermelden;
Will singen von der Treu beherzter werther Helden,
Die mehr ihr Vaterland als ihre Haut geliebt,
Und mit Beständigkeit sie haben ausgeübt,
Die jest hoch nöthig ist.

Anfang eines Gedichts auf den Tod Joh. von Lim'burg, 1633.

In dem das ganze Land auf seiner Bahre steht,
In dem uns Freund und Feind bis auf die Seele geht,
Und ädert 1) in den Grund, ists freilich so weit kommen,
Daß eines Menschen Tod kaum wird in Acht genommen,
Der für sich selber stirbt. Denn da die Freiheit liegt,
Da Meineid und Betrug den Namen Hülfe kriegt,
Da Geiz Beschüßung heißt, da Plündern, Raub und Stehlen
Gut evangelisch ist, was wollen wir uns quälen,

Daß einer, welcher nichts von solchen Künsten hält,

Dahin gerathen ist wo Krieg ist eingestellt

Und rechter Friede schwebt? Jedoch, wer will nicht klagen,
Daß die am meisten fast jezt werden förtgetragen,

Die besser lobenswerth und derer Redlichkeit
Als wie ein Aufruck 2) ist den Leuten dieser Zeit,
Bei denen deutsche Treu sich eher noch kann gründen,
Als schwarze Schwanen sich am Oderstrome finden.

1. ädert, quält. 2. Aufruck, Vorwurf.

« السابقةمتابعة »