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Stilproben und poetischer Formen darbietet. Die Charakteristik der Stilart oder der poet. Form geht in kleinem Druck den Beispielen voran und ist bei allem Streben nach Kürze und Präcision bisweilen fast zu eingehend, besonders mit großem Wohlgefallen am Distribuiren und Rubriciren angelegt. So wird, um gleich am Anfange zu beginnen, innerhalb der Correctheit, die, obwohl das Buch laut Titel „für höhere Lehranstalten und Familien" bestimmt ist, etymologisch erklärt wird, unterschieden: a. Klarheit, Deutlichkeit und Bestimmtheit, b. Reinheit, c. Ordnung, d. Treue, e. Vollständigkeit, f. Kürze. Weiter wird dann die Deutlichkeit von der Klarheit unterschieden, und sub rubro renung finden wir Analyse und Synthese, Definition, Description, Distinction, Deduction oder Exposition, Partition, Division, ein jegliches nach Kräften definirt. Nun weiß man, was man von Definitionen zu halten bat; sie tasten und stückeln am Gegenstande herum, ohne ihn in seiner lebendigen Totalität zu ergreifen; vor Allem aber sind sie eine schlechte Lehrform, weil sie, ohne alle Genesis, ohne alle Entwicklung, des besten Mittels zur Anschaulichkeit entbehren. Wer auf diese Weise seinen Stil lernen soll, den bedauern wir aufrichtig, weil es dem Lernenden gewiß nicht möglich ist, diese abstracten Eigenschaften des Stils und deren zum Theil subtile Unterschiede a priori zu fassen, und weil es viel leichter ist, durch Nebung und Weckung des Sprachgefühls Jemanden zur unbewußten Ausübung eines correcten Stils zu bringen, als durch Definitionen u. dergl. zur theoretischen Erkenntniß der Regeln, welche das gegen den Mittag des Lebens hin sich klärende Gefühl ist.

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Bei aller Theorie und bei allem Systematismus klebt aber jenen Definitionen und Erläuterungen ein gewisser elementarer Charakter an, der zu der Höhe der Verstandesbildung, die anderweitig in diesem Buche gefordert scheint, in scharfem Gegensaß steht. Wir haben beiläufig schon erwähnt, wie es für nöthig gehalten wurde, zu dem Worte Correctbeit in einer Anmerkung hinzuzufügen von corrigere verbessern," da sich doch die Kenntniß dieses Wortes selbst auf ganz unlateinischen „höheren Lehranstalten“ schon aus dem alten Schulterminus „corrigiren“ voraussetzen ließ. Weniger unnöthig als unbegreiflich ist die Erklärung von „Vers", wo es heißt (S. 81.) „von versus = rückwärts stammend." Man weiß in der That nicht, was man davon denken soll. Freilich gingen die Ochsen wieder zurück, wenn die Furche zu Ende gepflügt war, um eine neue zu beginnen, und die Hand, die noch Bovoroogndóv schrieb, that desgleichen, aber ein „rückwärts" findet sich in der ganzen Geschichte des Wortes Vers nicht. Verdächtig erscheint auch die Orthographie in „Gramatisch“ (S. 7.)_und_in „Tyrade“ (S. 21.) wenn das nicht Druckfehler sind, wie deren sich mehr finden.

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Unter den untergeordneten Eigenschaften des schönen Stils" finden wir S. 33 das Romantische." Mag nun der Sprachgebrauch des ganz gewöhnlichen Lebens aus dem Worte romantisch" alles Mögliche und Unmögliche gemacht haben, so sollte doch in einem Lehrbuche, zumal für höhere Lehranstalten, eine Unklarheit nicht, so zu sagen, sanctionirt sein, die schon Vilmar in seiner Literaturgeschichte so nachdrücklich zurückgewiesen hat. Die Erklärung des Romantischen beginnt: ,,Dieser Begriff wird noch sehr willkürlich gebraucht;" ich meine, der Begriff fehlt, wo das Wort willkürlich gebraucht wird. Weiter! Doch scheint das Romantische hauptsächlich in dem mit Lieblichkeit gemischten Großen und Edlen zu bestehen, weswegen der Stoff des Romantischen das Neue, das Unerwartete, das Wunderbare, selbst das Abenteuerliche in der stylistischen Form vergegenwärtigen kann, wenn es nur mit dem Lieblichen und Milden gemischt erscheint." Ich verstehe das nicht. Wie kann der Stoff des Romantischen das Neue u. s. w. in der stilistischen Form vergegenwärtigen? Der Stoff, denk ich, ist das Regungslose, Leidende, das durch die Form erst lebendig und vergegenwärtigt wird. Sollte indessen einem Andern dies Verständniß besser gelingen, so wird er kaum etwas Anderes herausbringen, als daß das Romantische ein Gemisch von Erhabenem und Lieblichem set. Wo man also eine „untergeordnete Eigenschaft“ des schönen Stils erwartet, erhält man ein Gemisch, und ein Gemisch kann nie eine Eigenschaft sein. Die Eigenschaften haben nun einmal die Marotte abstract zu sein, während ein Gemisch nur concret sein kann, in sofern es nur durch die Verschiedenheit seiner

Elemente besteht. Dieser Mißstand kommt aber naturgemäß davon her, daß eine literarhistorische Bezeichnung auf ein fremdes, ein abstractes Gebiet verschleppt ist, wo es nun vor Unruhe nicht zu bleiben weiß.

Ueberhaupt ist es ein durchgängiger Fehler des Buchs, daß Form und Inhalt nicht so auseinandergehalten werden, wie man es nach der systematischen Anlage wohl erwarten darf. Wenn z. B. die Vollständigkeit, als eine Bedingung der Correctheit des Stils, an Matthissons Ideal eines Hauslehrers" angeschaut werden foll, so liegt es auf der Hand, daß diese „Vollständigkeit" nicht ein Verdienst des Stils, der Ausdrucksweise, sondern vielmehr der Inhalt selbst ist. Könnten nicht alle diese lächerlichen Forderungen, die hier an einen Hauslehrer_gestellt werden, etwa um die leidigen Insertionsgebühren zu sparen, in allen möglichen Brevilo quenzen ausgesprochen sein, ohne daß dieser Vollständigkeit, weil sie am Inhalt, nicht an der Form haftet, der geringste Eintrag geschähe? Dies ist übrigens den Herren Verff. selbst fühlbar geworden, denn sie unterscheiden gleich nachher noch eine zweite Vollständigkeit, eine Vollständigkeit in Beziehung auf Säße," die als Forderung der Correctheit des Stils alle fehlerhafte Breviloquenzen ausschließen soll.

Doch genug der Ausstellungen, zu denen ich meist auf den ersten Seiten des Buchs die Anlässe gefunden habe. Ein summarisches Urtheil ist nach dem gleich anfangs Gesagten kaum mehr nöthig, ja ich möchte sagen: die Anlage, das Prin cip selbst spricht dem Buche sein Urtheil. Nach meiner Ansicht heißt es sich an der Literatur und an der Jugend vergehen, wenn man dieser die Erzeugnisse unserer Dichter unter dem Gesichtspunkte stilistischer Regeln und Formen vor Augen bringt, wodurch die versittlichende Wirkung selbst des reinsten Kunstwerkes gebrochen werden muß. Das Unwesentliche ist zum Wesentlichen gemacht, und das Interesse der Schönheit hier auf dem Gebiete der Dichtung so weit aus den Augen gesezt, daß der lieben Vollständigkeit wegen, auch Parodien und Travestien mitgetheilt werden, deren Neiz nur in der Besudelung des reinen Kunstbildes besteht. Und die Gefahr, die durch dergleichen dem ungeläuterten, noch nicht gefestigten Geschmack der Jugend erwächst, scheint keineswegs beseitigt durch die voranstehende Warnung, daß „beide Dichtungsarten (Parodie und Travestie) durch die Herabwürdigung schöner und erhabener Dichtungen leicht ein sehr tadelndes (?) Spiel des Verstandes würden.

Der tüchtige Fleiß, den die Herrn Verff. an dies Buch gewandt haben, kann den Mangel an poetischem Sinn nicht erseßen; ihr Werk ist einem sorgfältigen Herbarium voll gepreßter Blumen vergleichbar; da ist kein Duft mehr, kein Farben glanz, nur genus und species find noch zu erkennen, zumal da sie dabeigeschrieben stehen. Da lobe ich mir Gedichtsammlungen, wie ich fie oben unter c. bezeichnet habe, vor allen die Echtermeyer- Hieckesche; sie ist eine Fülle frischer, glänzender Blumen, und das Band, das diese zum Ganzen, zum Strauß zusammenwindet, ist der glückliche poetische Sinn der Herren Herausgeber; durch diesen geschieht das Wunder, daß bei aller Mannigfaltigkeit und Reichhaltigkeit des Inhalts, ein Geist der Einheit und der Harmonie durch das Buch weht, der an die unmittelbare Vers wandtschaft von Erzeugnissen eines und desselben Geistes erinnert. Dieses je nach ihrer Weise anzustreben, möchten wir schließlich allen denen rathen, die den Wald von deutschen Dichterwäldern noch zu vermehren gedenken.

Kaum hatte ich die vorstehende Beurtheilung bei Seite gelegt, als mir ein anderes Lesebuch zu Gesicht kam, das schon seines Herausgebers wegen in diesen Blättern verdient erwähnt zu werden:

Deutsches Lesebuch für Gymnasten und Realschulen. Eine Auswahl von Profastücken und Dramen von Mar. W. Gözinger. Erster Theil. Für die unteren Klassen. Schaffhausen, Hur tersche Buchhandlung, 1852.

Im Gegensatz zu dem vorbesprochenen ist dies Buch ausschließlich für die Schule und zwar für deren untere Klassen berechnet. Ueber die Art der Verwen

dung in dieser Sphäre giebt die Vorrede einige Winke. Der Herr Herausgeber hat sich nämlich durch zwei Gesichtspunkte bei der Wahl der Lesestücke leiten lassen; einerseits hat er Gelegenheit bieten wollen zur Nebung des ausdrucksvollen Lesens, zum andern aber sollen die gelesenen Stücke auch Stoffe zu schriftlichen Arbeiten herleihen. Letzterer Punkt, so verheißt die Vorrede, soll später in einer Anleitung zu schriftlichen Aufsägen, die besonders auf dieses Lesebuch Bezug nehmen wird, näher erörtert werden. Demnach ist eine eingehende Beurtheilung für jezt noch nicht möglich; man kann den beiden Gesichtspunkten des Verf. nur alle Anerkennung sollen, bei denen dem Inhalt wie der Form ihr Recht geschieht. Denn während jener in veränderter Gestalt und anderen Worten sich aus den Geiste des Schülers wiedergebären soll, wird durch das „ausdrucksvolle Lesen" das Formges fühl geläutert und gebildet. Fragen läßt sich nur, ob nicht jene beiden Gesichtspunkte sich hätten näher rücken, ob nicht beide Zwecke sich mehr an denselben Lesestücken hätten erreichen lassen. Manche Stücke, wie Pfeffels Lebensgeschichte eines Pudels, find laut Vorrede nur als Aufsagstoffe aufgenommen, und von den Gesprächen, Dramen und rhetorischen Stücken hat Manches wohl nicht bloß besonders, wie die Vorrede sagt, sondern ausschließlich die Bestimmung, Leseübung zu sein. Ich nenne nur das Mohnblatt“ von F. L. Schröder und die Standrede über das glückliche Loos des Schneiders von Hebel, deren wahrer Gehalt dem Schüler der unteren Klassen zum Theil kaum faßbar sein dürfte. In den Erzählungen ist die Auswahl im Uebrigen vortrefflich; Grimmsche Sagen, der Pfarrer von Mainau, der rheinische Hausfreund, man braucht nur die Namen zu hören, da freut man sich schon.

Hie und da hat sich Herr Gözinger in den gegebenen Texten Correcturen erlaubt, um fehlerhafte Ausdrücke, Zweideutigkeiten, Mißklänge und Barbarismen zu vermeiden. Wir wollen hier nicht darüber rechten, erklären uns aber für zu pe dantisch, um von den Werken unserer guten Schriftsteller auch nur eine Sonder: barkeit gern zu missen. Roßleben.

A. Steudener.

Zeittafeln der vaterländischen Literatur, unter Vergleichung mit den gleichlaufenden Regenten, Künstlern, ausländischen Schriftstel lern und Weltbegebenheiten, für Schulen und zum Privatgebrauch entworfen von Dr. Traugott Ferdinand Scholl. Schwäbisch Hall. 1852. Nigschke. gr. 4. geh. 27 Sgr.

Die deutsche Literaturgeschichte erfährt in jeßiger Zeit so viele Bearbeitungen, daß es dem Lehrer Mühe macht, mit allen bekannt zu werden. Doch muß er die Sachen ansehen, zumal wenn sie dem speciellen Zweck der Schule zu dienen versprechen; vielleicht findet sich in jeder etwas methodisch Gutes. Auch die genannten Zeittafeln sind für die Schule bestimmt; welchen Nußen sie aber haben, was diese unzähligen Zahlen und Nebendata alle für die Schüler sollen, das bleibt ein Räthsel. Die Einrichtung ist nämlich diese: die erste Columne enthält die Jahreszahlen, die zweite die Regenten und Künstler, die dritte ausländische Schriftsteller, die vierte deutsche Schriftsteller, die fünfte deutsche Schriften, die sechste Weltbegebenheiten, die siebente wieder dieselben Zahlen wie die erste Columne. Die meisten dieser Tafeln bieten vom Standpunkte der Methode aus betrachtet wahre Curiosa dar. Die zweite Tafel z. B., überschrieben: 6. und 7. Jahrhundert, enthält auf Col. I. folgende Zahlen: 515, 526, 534, 550, 561, 580, 590, 595, 601, 613, 627, 650; in Col. II: Theoderich d. G., Chlotar, Gregor d. G. Chlotar II; in Gol. III: Benedicts Ordensregel, Boethius, Jornandes, Ifidor von Sevilla; Col. IV (deutsche Schriftst.) vacat; Col. V (deutsche Schriften) vacat, bis auf: deutsche Uebersetzung von Isidor. de nativ. dom., Zaubersprüche; Col. VI. dagegen: Burgund kommt zum Frankenreich; Cheribert, Guntram, Siegbert, Chilperich theilen das fränkische Reich. Die Greuel Brunehildens und Fredegun

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dens. Columban verbreitet das Christenthum in Deutschland und Schweiz; Gallus seßt sein Werk fort; Gallus stirbt, das Kloster St. Gallen!" Das sind Zeitz tafeln der deutschen Literaturgeschichte! Da wird man doch das allerdings wüste, aber vielfach brauchbare Buch von Guden vorziehen.

Je näher wir dann der Gegenwart kommen, desto mehr drängt sich der Stoff zusammen, Jahr steht bei Jahr, und es muß einem angst und bange werden, wenn man glauben soll, diese Namen bei Namen, Zahlen bei Zahlen solle sich der Schüler merken. Denn diese Anhäufung geht so weit, daß z. B. auf Einer Tafel angeführt wird: 1660 Rist's Seelenparadies, 1663 Buchners Wegweiser zur Dichtkunst, 1665 Filidor's Trauerspiele, 1670 dichterisches Rosen- und Lilienthal, während die vierte Kolumne nur noch immer mehr anschwillt und z. B. unter dem Jahre 1771 es heißt: Lange † zu Laublingen als Pfarrer, Rabener † als Steuerrath zu Dresden, Klog † als Professor zu Halle; Heinrich Zschokke geb. zu Magdeburg, Karl Gottlieb Samuel Heun (Heinrich Clauren) geb. zu Dobrilugk; Rahel (Levin Marcus) geb. zu Berlin. Wenn Claurens u. s. w. Geburts- und Todesjahr aufgeführt sind, da wird uns allerdings kein Name mehr erschrecken können, da wird es uns nicht wundern, daß bei dem Jahre 1813 bemerkt wird: Jobannes Ronge geb. zu Bischofswalde bei Neiße, daß das Ganze mit dem Jahre 1852 schließt Col. IV: Raupach stirbt zu Berlin, Col. V. Menzel gibt wieder ein Literaturblatt heraus." Einzelner Versehen, wie der Geburtsort Bürgers Molmerswende, nicht Wolmerswence, Schillers Geburtstag der 11., nicht 10. November, Prug' Vornamen Robert ist, mögen mehrere vorkommen.

Hölscher.

Vorlesungen über Goethes Tosquato Tasso. Vorgetragen in der Aula der Bremer Hochschule von Ludwig Eckardt. Versuch eines litterarisch- ästhetischen Commentars für Freunde des Dichters und höhere Lehranstalten. gr. 8. Bern, 1852. Chr. Fischer. broch. 1 Thlr. 15 Ngr.

I. Wir haben über den Tasso in neuerer Zeit viele tüchtige Schriften erhalten, die eben beweisen, daß dies herrliche Kunstwerk noch immer nicht in seinen Tiefen ganz erfaßt zu sein scheint. Vorliegender ausführlicher Commentar wird von Prof. Troxler mit den Worten eingeleitet, daß er ein anerkennenswerther Beitrag zum endlichen Abschluß der vielen und ernsten Studien über den Tasso sei. Als einen folchen dürfen wir ihn denn auch mit Recht empfehlen. Die ganze Schrift zeigt, und das gibt ihr schon einen hohen Werth, daß sie aus einer tiefen Begeisterung für das herrliche Gedicht hervorgegangen ist; die Liebe des Verfassers zu seinem Stoffe spiegelt sich überall auf eine erfreuliche Weise wieder. Er bemüht sich tief in die Sache einzudringen, und hat sicherlich die Idee des Gedichts richtig erfaßt, wenn er S. 203. seine Gedanken dahin zusammenfaßt: Erkenne deinen Beruf als Dichter und erfülle ihn in den von der Welt dir gesezten Schranken, oder allges meiner: Der Weise soll sich von dem unklaren und ungebundenen Streben be freien, nach Erkenntniß seines wahren Berufs streben und sich in die sittlichen Kreise der Gesellschaft einfügen." Es ist dieselbe Ansicht, die deutlich in den Schlußwor ten des Drama's ausgesprochen ist, wenn Antonio zu Tasso spricht: „Vergleiche dich! Erkenne was du bist!"

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Diese Liebe zu seinem Gegenstande hat aber, und damit kommen wir zu den Schattenseiten des Buches, den Verf. zu einer ungemessenen Breite verführt. Ja, derjenige, welcher mit der neueren Göthe-Literatur einigermaßen vertraut ist, muß gestehen, daß ziemlich das ganze Buch eine überflüssige Erscheinung ist.

Das Ganze ist in 10 Abschnitte eingetheilt. Der erste schildert Göthe vor und während des Tasso. Dieser ganze Abschnitt bietet nichts was nicht bekannt wäre; klarer ist die Entwicklung Göthes schon von Breitenbach im Wittenberger

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Programm von 1849 dargelegt. Dankenswerth wäre eine Geschichte des Drama's gewesen; diese hat der Verf. ganz übergangen; beiläufig meint er S. 15, die Anfänge des Tasso fielen in das I. 1777, das ist entschieden irrig, fie fallen in 1780. S. Schöll zu den Briefen an Frau von Stein I, 325. Der zweite Abschnitt ist eine historische Skizze: Torquato Tasso. Diese Skizze stüßt sich auf Ruth's Geschichte der italienischen Poesie, gibt die ganze Lebensgeschichte Tafso's, ist also in einem andern Plane angelegt als der treffliche Aufsatz Jacobi's in Prug' literarhist. Taschenbuch für 1848. Da auf das Leben Tasso's einmal so ausführlich eingegangen ist, so verdiente auch wohl die schöne Darstellung der Jugendjahre Lasso's im Scipio Cicala, besonders auch der Urtheile seiner Zeitgenossen über ihn in Tieck's Vittoria Accorombona erwähnt zu werden. Die Grabschrift des unglücklichen Dichters, wonach er 1596 starb, in der Kirche zu Trastevere hat A. Stahr: Ein Jahr in Italien I, 250. mitgetheilt. Als dritter Abschnitt folgt S. 41

47. eine kurze Skizze des Drama's, dann S. 48 118 eine psychologische Entwicklung der Charaktere, und zwar zuerst des Tasso, dann der Leonore von Este, des Antonio, der Gräfin von Sanvitala, des Herzogs. Es ist der umfangreichste, aber nichts Neues bietende Abschnitt. Die Gedanken sind viel zu breit getreten, dazu hat sich der Verf. die Sache auch leicht gemacht, indem er nämlich gegen die falschen Charakteristiken von Lewis fortwährend polemisirt, die schon längst durch Rötscher, Hiecke und besonders durch Gysell in seiner gehaltvollen Abhandlung zu Grabe getragen sind. Diese legtgenannte Schrift enthält alles was der Verf. gibt, aber klarer, übersichtlicher und eleganter, obgleich der Verf. sie nicht anführt; sie hat auch dem Verf. die Parallelstellen aus Göthe's andern Werken geliefert, obgleich der Verf. diese Gutlehnung (die so weit geht, daß selbst nach der Ausgabe von 1827 citirt wird, die Gysell benugt hat) nicht erwähnt. Der Mangel an Eleganz tritt, wie gesagt, schon in diesem Abschnitt hervor, noch mehr frei Lich in den späteren, namentlich in dem letzten; der Mangel an Uebersichtlichkeit aber besonders in diesem Abschnitt, wo man vergeblich nach einer gründlichen Die: position sucht. Hat der Schüler, denn für diesen soll auch das Buch berechnet sein, bis zu Ende gelesen, so hat er so wenig ein klares Charakterbild wie im Anfange. Solche Parallelstellen, wie sie Gysell aus Göthe beigebracht hat, sind sehr interes sant; hätte gerade auf sie der Verf. seinen Blick gewendet, so hätte er noch manche passende Stelle zufügen können. So passen zu der von Gysell und ihm citirten Parallelstelle bei der Charakteristik Tasso's aus Wilhelm Meister: „Ich habe den Menschen bis auf einen gewissen Grad kennen lernen, ohne die Menschen im mindesten zu verstehen“ die Worte aus des Verf. Lieblingsschriftsteller Jean Paul XI, 299: Firmian hatte Kenntniß des Menschen, nicht der Menschen," und VI, 173: „Ich kannte einen großen Dichter, er hatte wenig Welt, aber viel Welten im Kopfe"; und ähnlich wie Meister sagt More in Zschokkes Novelle: der Millionär (Novellen 3. Bd. S. 381): „Ich liebe den Menschen, aber ich verachte von ganzem Herzen die Menschen.“ Und ist nicht in einer andern Stelle Jean Pauls (VI, 172) das Verhältniß zwischen Antonio und Tasso in diesen Worten wiedergegeben: Der Minister sagte: Dichter bekümmern sich, wie die Heiligen, wenig um die Welt und ihr Wissen; sie könyen den Staat besingen, aber nicht belehren. O, du grinzende Mumie, dachte Victor, ein Edelstein den du nicht als einen Staatsbaustein vermauern kannst, ist dir weniger als ein Sandblock.“ In der Charakteristik der Prinzessin ist die philosophische Bildung zu wenig beachtet, sie ist es, die ihr gerade den ernsten Austrich gibt. Ihre Schuld seht der Verf. darin, daß sie die ein ganzes Jugendleben in Entsagung zugebracht, jezt nicht mehr resigniren zu müssen geglaubt habe; richtiger seßt sie Gysell in die Verkennung des Wesens Tafso's. Uebrigens läßt sich mit wenigen Worten ihr Wesen nicht schöner deuten, als es Jean Paul im Titan gesungen hat. Bei der Charakteristik Antonio's ist die überflüssige Polemik gegen Lewig besonders weit getrieben; unrichtig ist auch der allgemeine Ausspruch, daß Antonio einen auf falscher Bahn Gehenden nicht zu leiten verstehe; gibt sich doch ihm endlich Tasso zur Führung hin. Hinsichtlich der Zeichnung der Gräfin verweisen wir den Verf. auf die klare und elegante Darstellung von Kurnik. Im 5. Abschnitt (S. 119 123) gibt der Verf. eine

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