صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

wornach als ultima ratio immer nur der Sprachgebrauch gelten soll, statt einer innern, lebenswarmen Anschauung vom Wesen der Sprache und statt der Ueberzeugung von der innern Nothwendigkeit der Sprachgeseze nur fruchtlose Spißfindigkeiten dargeboten werden. Mit großem Nachdruck wird auch in der Abhandlung (1. c. 211): „Ueber den Bildungsgang der französischen Begriffswörter aus ihren lateinischen Wurzeln“, das Princip des Wohllauts und der Verkürzung hervorgehoben; es ist zwar nur einseitig der Wohllaut für das Ohr, doch ist im Weitern auch der Einfluß des Bequemlauts geltend gemacht und das Streben, manche Härte zu erweichen oder zu mildern und ein ungefüges Zusammentreffen irgendwie zu vermitteln.

Wenn es nun schon zufolge dieser Grundsäge für ein lebendiges und rationelles Sprachstudium, namentlich in Beziehung auf die englische Aussprache, ganz unbefriedigend erscheint, eine Unzahl von Regeln und Ausnahmen, die blos in zufälliger Laune des Sprachgebrauchs ihren Grund haben sollten, mechanisch hinzunehmen: so muß wohl auch ein sicheres und klares Verständniß der nothwendigen organischen Geseze, die in der Sprache walten, von Wichtigkeit sein und selbst zur Erleichterung des Erlernens und des Unterrichts dienen. Manches, was sonst schwierig und räthselhaft, wird darnach unschwer sich lösen.

Im Intereffe der Wissenschaft dürfte es liegen, wenn die Anwendung der phonologischen Grundsäge auf diesen Theil des Sprachlebens in dieser Zeitschrift für neuere Sprachen zur Erörterung kommt; vielleicht gelingt es mir, die Ueberzeugung anzubahnen, daß wir auf solchem Weg wichtige Sprachgefeße erkennen, die namentlich im Englischen und anderen neueren Sprachen eine tiefgehende Anwendung finden.

§. 1. Im Voraus wird man anerkennen müssen, als in der Natur der Sache begründet, daß hier vor Allem die natürliche Ordnung und Einrichtung des Sprachorgans und die thatsächliche Geltung der Geseze des Mund sprachgefühls in Betracht kommt, daß das Mund sprachgefühl weit mehr fühlbaren Einfluß haben mußte in aller Sprachbildung als der Wohllaut für das Ohr, der überhaupt viel mehr Unsicheres und Schwieriges in der Anwendung hat. Wenn es sich hierbei von selbst versteht, daß es das geistige Princip ist, welches die Sprache schafft und in

allen Theilen durchdringt; so ist doch das lautliche Element ein so fühlbares und kräftiges, daß in aller Sprachbildung auch die Gefeße desselben nicht wohl zu umgehen waren, vielmehr unbewußt und unwillkürlich in Anwendung kommen mußten. In dem unendlich mannigfaltigen geistigen Verkehr und Austausch eines Volkes, worin die Sprache ihre Bildungsstätte fand und im Lauf der Zeiten ihre eigenthümliche Entwicklung und Fortbildung erhielt, konnte auch der heimliche Zug der Lautgeseße überall durchdringen und ihr Recht behaupten, so daß wir in ausgebildeten Sprachen wohl im Voraus die organische Ausgleichung aller merklichen Härten und Unebenheiten vermuthen dürfen. Insofern hierin das geistige Princip als ein der menschlichen Beschränktheit und Unvollkommenheit unterworfenes in Betracht kommt, dürfte man freilich, zumal in allen Einzelheiten, eine absolute, so zu sagen göttliche Vollkommenheit nicht voraussezen; aber es ist das auch gar nicht „im Sinne der Phonologie"; wir übersehen gar nicht, daß verschiedene Sprachen in Hinsicht auf Schönheit und Wohllaut, wie in logischer Vollendung bes deutend verschieden sind und daß auch die Handhabung der Sprache bei den Individuen, wie namentlich in Kunst und Literatur, immerhin an Vollkommenheit verschieden sein mag. Die logischen wie phonetischen Bedingungen und Principien aller Sprachentwicklung sind schon in m. Allgem. Phonologie SS. 66 und 68, dann SS. 10, 38, 53 der Neuern Phonol. und §. 6 der im 16. Suppl. Bd. d. N. Jbb. f. Philol. aufgenommenen phonologischen Erläuterungen" auseinandergesezt; an leßterm Orte nur kurz mit Bezug auf die wunderliche Annahme, die das in aller Sprache waltende lebendige Princip, den Geist, verkennt, als ob in den späteren Perioden der Sprachentwicklung der ächte organische Bildungstrieb so weit erstorben oder entartet sei, daß eine Menge unorganischer" Bildungen eingedrungen seien. So sind freilich die romanischen Sprachen aus einer Zertrümmerung der lateinischen Muttersprache hervors gegangen; aber aus einer Periode vorübergehender Störungen sind fie doch, wenn man es nur wahrnehmen will, zu herrlichen Organismen erwachsen, jede von solcher eigenthümlichen Durchbildung, daß man nicht ohne merkliche Störung des Wohl- und Bequemlauts ihre Bestandtheile gegenseitig willkürlich verwechseln und untereinanders werfen dürfte; z. B. una belle forma me plait, toute cosa est come on la stima, ober: ogni chose è come se stima (die Cursivschrift

[ocr errors]

soll die französischen Wörter andeuten in Mischung mit italienischen). Vgl. Neuere Phonologie S. 55. Man wird dem Sprachgeist die Kraft der Neugestaltung und der Wiedergeburt nicht so geradehin absprechen können; viel Beachtenswerthes über diesen Punkt giebt Förfter, Gefeß der deutschen Sprachentwicklung, Berl. 1851.

"

S. 2. Da das logische Princip (auch das Psychologische und die Eigenthümlichkeiten im Charakter und Sinn der Völker umfassend), zum lautlichen im innigsten Verhältniß steht und die Sprache von der einen Seite als „begriffliche Lautbildung", von der andern als „verlautbarte Begriffsbildung" zu betrachten ist, so umfaßt die Allgemeine Phonologie" *), wie sie als eine besondere Disciplin mir vorschwebte, auch als eigentliche Logophonik das ganze Sprachleben von der einen und andern Seite; und die dazu gehörige Phonetik oder Lautlehre konnte nur ein kleiner Theil des größern Ganzen werden. Doch war diesem wichtigen Theil, und besonders den sich ergebenden Geseßen des Mundsprachgefühls und ihrer mannigfaltigen Veranschaulichung und Begründung, um so mehr Aufmerksamkeit zu widmen, als gerade diese Seite der Sprache noch so fehr vernachlässigt und so schwierig zum Verständniß zu bringen war. So kam es, daß Manche dann beim Erscheinen der „Neuern (auf neuere Sprachen noch ausführlicher angewandten) Phonologie"**), wo mit Beziehung auf das größere Werk - die logische Seite nur kurze Erwähnung fand, den Ausdruck mit Phonetik oder Lautlehre verwechselten und das Wichtigste, die Beziehung zum logischen Element, übersahen. Wie soll und kann aber das Lautliche und die darauf bezüglichen Sprachgeseze behandelt werden? Bedürfen wir eine so ausführliche und umfassende rein physiologische Untersuchung aller möglichen Sprachlaute, wie sie das Werk von Bindseil giebt (in den „Abh. zur Allg. vergl. Sprachkunde“, S. 1-492)? Gewiß wird man den hohen Werth der so gründlichen und das Eigenthümliche so vieler Völker umfassenden physiologischen Nachweisungen, die besonders in Hinsicht der Consonanten und ihres Verhältnisses zu den Vocalen sehr lehrreich sind, immer zu

[ocr errors]

*) Allg. Phonol. od. natürliche Gramm. der menschl. Sprache. Stuttgart, Cotta 1841.

**) Neuere Phonologie für das Englische, Italienische und Französische : als Theorie vom Naturleben der Sprache, wie es in Wortbildung, Aussprache, Wortbiegung, Wort- und Saßgefüg sich wahrnehmen läßt. Ulm 1846.

schäßen haben und im Wesentlichen die Ergebnisse solcher Untersuchungen im Gebiet der Phonologie als Grundlegung des phonetischen Theils betrachten müssen; wer sich mit dem Physiologischen der Sprache näher vertraut macht und weiß, wie die verschiedenen Theile des Stimmapparats (1. Knochenhöhle, 2. Mundhöhle, — mit Gaumensegel, Zäpfchen, Gaumen, Zunge, Mandeln, Zähnen, Lippen und Unterkiefer -, 3. Nasenhöhle) mit ihren Muskeln und Verhältnissen zur Hervorbringung von Sprachschällen dienen und mitwirken müssen, der wird um so mehr auch geneigt sein, die durchgreifende organische Gebundenheit und Wechselwirkung der in den Sprachen ausgeprägten Laute anzuerkennen. Die Phonologie, sofern fie weit mehr als Phonetik ist, kann und muß das vorausseßen und, mit Beziehung auf die vorhandenen physiologischen Untersuchungen und Beobachtungen, sich auf das Nothwendigste beschränken; so weit es möglich und thunlich, darf wohl auch die physiologische Begründung nicht fehlen, alle Wahrnehmung des feinern Mundsprachgefühls und der darin liegenden Lautgeseße ist nur die Anwendung dessen, was jene Untersuchungen und Beobachtungen ergeben.

§. 3. Die „Neuere Phonologie" hat zum Theil recht wunderliche Beurtheilungen erfahren *). Ein Recensent hat gemeint, es sei „kein halb Dugend feste Regeln, die ich aufweisen könne". Aber ich bin genügsam und würde es für eine reichliche Belohnung mancher schwierigen Forschung ansehen, wenn es mir gelungen wäre, auch nur zwei oder drei feste Grundsäge zu ermitteln, die für die Sprachwissenschaft von tiefeingreifender Wichtigkeit sein könnten. Und über solche Grundsäße, ohne deren unbefangene Würdigung alles weitere Verständniß unmöglich wäre, sollte man sich doch verständigen können.

*) Verschiedene Bedenken und Ausstellungen, die gemacht worden, sind in den „phonolog. Erläuterungen" (XVI. Suppl. Bd. zu den N. Jbb. f. Philol.), so weit es thunlich war, besprochen. Von anderer Seite hat gerade der phonetische Theil der Phonologie doch ganz andere Würdigung und Anerkennung gefunden. Dem Rec. in den Heidelberger Jahrbb. bin ich auf besondere Weise wahren Dank schuldig, da er als Grundlage der Phonologie (die er freilich ganz beschränkt nur als Phonetik auffaßt) die Entwerfung ganzer Verzeichnisse von Sprachwurzeln postulirt: er hat damit das schwierige Unternehmen einer nach physiologischen Wahrnehmungen entworfenen Grundlegung, wo eine Reihe von Sprachwurzeln nach quantitativen Unterschieden tabellarisch zusammengeordnet erscheint, auch von seinem Standpunkt, wie mir scheint, gerechtfertigt.

I. Nach dem, was die specielle Physiologie der Sprachschälle ergiebt, muß es für jedes einzelne Lautgefüg (sei es eine Sylbe oder ein einsylbiges Wort), und besonders für das mehr bewegliche, vocalische Element darin, eine bestimmte physische Gebundenheit geben, so daß für das möglichst leichte und bequeme Aussprechen, wenn dasselbe Lautgefüg bald mit dem einen, bald mit dem andern möglichen Vocal gesprochen wird, mehr oder weniger feine Differenzen wahrnehmbar sein werden. Wenn wir auch sehr Hartes und Rauhes wohl auszusprechen noch im Stande sind, was hier nicht in Frage kommt, so kann doch in Hinsicht auf relative Leichtigkeit und Bequemlichkeit für das Mundsprachgefühl die eine oder andere Lautform überwiegen, weil beim Hervorbringen die betreffenden Mundstellungen geschickter in einander greifen. So hätten wir damit ein Gesez für die Qualität jedes einzelnen Lautgefügs anzuerkennen. Daffelbe wird sich bei härteren Lautgefügen freilich fühlbarer machen, aber auch die feineren Wahrnehmungen des Wohl- und Bequemlauts bestimmen. Dabei muß sehr viel auf die verschiedenen Modificationen der Consonanten und die Art ihrer Aussprache ankommen; darum auch auf die verschiedene Gewöhnung des Sprachorgans.

II. Von größtem Belang ist ein anderes Sprachgeseß, das man in der Physiologie der Sprachlaute wenig beachtet findet und welches die Wahrnehmung des ersten wesentlich bedingt und bestimmt; nämlich das Gefeß der Quantität: daß der verschiedene Grad von Kürze oder Dehnung der Aussprache besonders auf die Wahl der Vocale und deren organisches Verhältniß zum Consonanten - Bestand wichtigen Einfluß hat, und namentlich in großer Gedehntheit ganz andere Vocale überwiegen als bei flüchtiger Kürze. Die unten folgende organische Tabelle wird dies veranschaulichen. Aehnliche Wirkung wie die Sylbendehnung kann theilweise auch der Accent haben, wenn ein Vocal auch bei ziemlicher Kürze mit einem verstärkten Stoß der Stimme (Ictus) hervorgehoben wird. Vgl. eminens eloquentia und im Englischen: èminent éloquence, wo das e sich hielt, während es sich in tonlosen Sylben in i abschwächt. Es ist die Quantität der Stärke, die zur Quantität der Dauer in naher Beziehung steht.

[ocr errors]

--

III. Zugleich aber waltet ein weiteres, ungemein wichtiges Sprachgeseß, das in der lebendigen organischen Wechselwirkung der

« السابقةمتابعة »