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4. Abschnitt.

Die theoretische Nationalökonomie der österreichischen Schule oder der sogenannten psychologischen Richtung. (Menger, v. Wieser, v. Böhm-Bawerk.)

Grundgedanke.

Die Wohlfahrt der Menschen hängt von der Verfügung über bestimmte Güter ab. Da ein großer Teil dieser Güter nur in beschränkter Quantität den Menschen zur Verfügung steht, ergeben sich gewisse Abhängigkeitsverhältnisse zwischen diesen Gütermengen und den menschlichen Bedürfnissen. Die Gesetzmäßigkeit der Zusammenhänge zwischen den menschlichen Bedürfnissen und den beschränkt vorhandenen Güterquantitäten festzustellen, ist Sache der theoretischen Ökonomie.

A. Die grundlegenden Gesichtspunkte der österreichischen Schule oder der sogenannten psychologischen Richtung.

Wenn ich hier von der österreichischen Schule spreche, will ich keineswegs verkennen, daß wesentliche Vertreter dieser Gedankengänge sich auch unter den Nationalökonomen anderer Länder finden, z. B. Jevons und Walras, die unabhängig von den hier genannten österreichischen Gelehrten ihre Theorie entwickelt haben. Aber die österreichischen Autoren haben in besonders großem Maße Schule gemacht; ihre Anschauungen haben nicht nur in Österreich, sondern darüber hinaus in vielen anderen Ländern, namentlich in Amerika, zu lebhaften wissenschaftlichen Diskussionen Anlaß gegeben. Wenn ich weiter von der sogenannten psychologischen Richtung spreche, so geschieht es um deswillen, weil die Vertreter dieser Theorie sich auf gewisse psychologische Grundwahrheiten zu stützen pflegen, aber, wie ich glaube, mit Unrecht.

Meiner Darstellung der leitenden Ideen dieser Richtung lege ich in erster Linie die Anschauungen Karl Mengers zugrunde, weil er als erster unter den Autoren deutscher Sprache in seinem 1871 erschienenen Buche,,Grundsätze der Volkswirtschaftslehre" die Fundamente dieser Theorie gelegt hat. — Nachdem ich bereits im ersten Abschnitt dieses Kapitels die allgemeinen methodologischen Anschauungen Mengers dargelegt habe, will ich jetzt zeigen, wie er auf Grund dieser Methode einen systematischen Aufbau der Volkswirtschaftslehre versucht hat. Gerade diese,,Grundsätze“ sollten zeigen, ob es Menger gelungen sei, darzutun, daß die Anschauungen des wirtschaftlichen Lebens sich streng nach Gesetzen regeln, gleich jenen der Natur. Wenn ich hierbei besonders ausführlich die Wertlehre behandle, so geschieht es um deswillen, weil gerade diese Lehre einen guten Prüfstein für die Haltbarkeit der ganzen Methode darstellt. Menger selbst sagt drüber:,,Eine besondere Aufmerksamkeit haben wir der Erforschung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen den wirtschaftlichen Erscheinungen an den Produkten und den bezüglichen Produktionselementen zugewandt und zwar nicht nur wegen der Feststellung einer der Natur der Dinge entsprechenden, alle Preiserscheinungen (somit auch den Kapitalzins, den Arbeitslohn, den Grundzins usw.) unter einem einheitlichen Gesichtspunkte

zusammenfassenden Preistheorie, sondern auch wegen der wichtigen Aufschlüsse, welche wir hierdurch über manche andere bisher völlig unbegriffene wirtschaftliche Vorgänge erhalten"17). Menger meint, daß gerade dieses Gebiet dasjenige sei, auf welchem die Gesetzmäßigkeit der Erscheinungen des wirtschaftlichen Lebens am deutlichsten zutage trete. In eine nähere kritische Betrachtung der Wertlehre soll nicht eingetreten werden; dies ist Sache eines späteren Teiles des Werkes, in welchem diese Theorie behandelt wird; hier sollen nur die methodischen Wege behandelt werden. Dabei stoßen wir gleich auf das Wort,,gesetzmäßig" und fragen, ob man hier überhaupt von Gesetzmäßigkeit reden kann, da es sich doch bei den Wert- und Preiserscheinungen um Dinge handelt, bei denen die Willensfreiheit der Wirtschaftssubjekte entscheidet. Gerade diese Gesetzmäßigkeit wird von Menger bejaht:,,Ob und unter welchen Bedingungen ein Ding mir nützlich, ob und unter welchen Bedingungen es ein Gut, ob und unter welchen Bedingungen es ein wirtschaftliches Gut ist; ob und unter welchen Bedingungen dasselbe Wert für mich hat und wie groß das Maß dieses Wertes für mich ist; ob und unter welchen Bedingungen ein ökonomischer Austausch von Gütern zwischen zwei wirtschaftenden Subjekten statthaben, und die Grenzen, innerhalb welcher die Preisbildung hierbei erfolgen kann usw., all dies ist von meinem Willen ebenso unabhängig wie ein Gesetz der Chemie von dem Willen des praktischen Chemikers"18). Sehen wir zu, welche Bedingungen es sind, unter welchen die Menschen und zwar nach gesetzmäßiger Weise die auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerichtete Tätigkeit entfalten. Damit wäre die wichtigste Aufgabe der theoretischen Volkswirtschaftslehre erfüllt.

Die menschliche Wohlfahrt hängt nach Menger von der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse ab, diese Bedürfnisse entspringen den menschlichen Trieben, wurzeln in der menschlichen Natur. Bei allen Kulturvölkern sehen wir daher ein System der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Damit diese erfolgreich sei, müssen wir eine doppelte Erkenntnis haben:

a) über unsern Bedarf, d. i. über die Güterquantitäten, die wir in jenen Zeiträumen, auf welche sich unsere Vorsorge erstreckt, zur Befriedigung unserer Bedürfnisse benötigen werden und

b) über die Güterquantitäten, die uns für diese Zwecke zur Verfügung stehen.

Menger geht vom Einzelindividuum aus und zeigt, wie es darauf bedacht ist, seinen Bedarf möglichst vollständig zu befriedigen. Er sucht dann zu zeigen, daß dieselben Erscheinungen sich bei den durch den Verkehr verbundenen Bewohnern ganzer Länder und Ländergruppen finden; überall würde sich ergeben, daß die Menschen bei der auf die möglichst vollständige Befriedigung ihrer Bedürfnisse gerichteten Tätigkeit bemüht sind:

I. jene Teilquantitäten der Güter, nach denen ihr Bedarf größer ist als die zur Verfügung stehende Quantität, in ihrer Verfügung zu erhalten;

2. dieselben in ihren nützlichen Eigenschaften zu konservieren; 3. eine Wahl zu treffen zwischen den wichtigeren Bedürfnissen, welche sie mit den ihnen verfügbaren Quantitäten der in Rede stehenden Güter befriedigen und jenen, welche unbefriedigt zu lassen sie sich bescheiden werden;

4. mit jeder gegebenen Teilquantität der im obigen Quantitätsverhältnisse stehenden Güter durch zweckmäßige Verwendung einen möglichst großen Erfolg und einen bestimmten Erfolg mit einer möglichst geringen Quantität zu erzielen, oder mit anderen Worten, die ihnen verfügbaren Quantitäten von Genußmitteln, zumal aber die ihnen verfügbaren Quantitäten von Produktionsmitteln in zweckmäßigster Weise der Befriedigung ihrer Bedürfnisse zuzuführen.

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Wenn wir Menger bis hierher gefolgt sind, so sahen wir, daß immer nur von von Menschen", die gemäß ihrem individuellen Interesse ihre Bedürfnisse" befriedigen, gesprochen wird; aber wir haben noch kein Wort über das soziale Band gehört, welches die Menschen zusammenhält. Menger geht in einer für seine Lehre sehr charakteristischen Weise auf diese wichtige Grundfrage ein. Da nämlich, wie er selbst sagt, es unmöglich sei, daß die Bedürfnisse aller Individuen, aus welchen die Gesellschaft zusammengesetzt sei, ihre vollständige Befriedigung fänden, sei nichts sicherer, als daß die Bedürfnisse eines Teils der Mitglieder der Gesellschaft nicht oder doch nur in unvollständiger Weise zur Befriedigung gelangen werden:,,Da findet denn der menschliche Egoismus einen Antrieb, sich geltend zu machen, und es wird jedes Individuum bemüht sein, dort, wo die verfügbare Quantität nicht für alle ausreicht, seinen eigenen Bedarf mit Ausschluß der anderen möglichst vollständig zu decken"19). Damit sei auch die Notwendigkeit ausgesprochen, daß die einzelnen Individuen in dem Besitz der im obigen Quantumsverhältnis stehenden Güter durch die Gesellschaft gegen allfällige Gewalttätigkeit anderer Individuen geschützt werden, und so gelange man zum ökonomischen Ursprung unserer gegenwärtigen Rechtsordnung und zur Grundlage des Eigentums. Eigentum und menschliche Wirtschaft haben nach seiner Anschauung ganz denselben wirtschaftlichen Ursprung; beide hätten ihren letzten Grund darin, daß es Güter gebe, deren verfügbare Quantität geringer sei als der Bedarf der Menschen. Das Eigentum ist sonach eine notwendige Bedingung des Wirtschaftens überhaupt. ,,Das Eigentum ist wie die Wirtschaft des Menschen keine willkürliche Erfindung, sondern vielmehr die einzige praktische Lösung jenes Problems, das uns die Natur der Dinge, das obige Mißverhältnis zwischen Bedarf und verfügbarer Gütermenge aufdrängt." Kommunismus sei daher nur da möglich, wo es sich um Güter handle, deren verfügbare Quantität unbegrenzt sei; übrigens sei es ganz unmöglich, die Institution des Eigentums zu beseitigen, ohne die Ursachen aufzuheben, die mit Notwendigkeit dazu führten, d. h. ohne zugleich die verfügbare Quantität sämtlicher ökonomischer Güter so weit zu vermehren, daß der Bedarf aller Mitglieder der Gesellschaft vollständig gedeckt sei, oder aber die Bedürfnisse der Menschen soweit zu verringern, daß die ihnen verfügbaren Güter zur vollständigen Befriedigung ihrer Bedürfnisse ausreichen würden. Gerade wie der ökonomische Charakter der Güter, so soll auch der Wert der Güter gänzlich unabhängig von der menschlichen Wirtschaft in ihrer sozialen Erscheinung sein, unabhängig auch von der Rechtsordnung, ja, vom Bestand der Gesellschaft. Der Wert sei auch in der isolierten Wirtschaft zu beobachten und könne demnach nicht in der Rechtsordnung wurzeln. Was ist aber Wert nach Menger?,,Die Bedeutung, welche konkrete Güter oder Güterquantitäten für uns dadurch er

langen, daß wir in der Befriedigung unserer Bedürfnisse von der Verfügung über dieselben abhängig zu sein, uns bewußt sind"). Der Güterwert sei also nichts Willkürliches, sondern überall die notwendige Folge der Erkenntnis des Menschen, daß von der Verfügung über ein Gut oder eine Güterquantität die Aufrechterhaltung seines Lebens, seiner Wohlfahrt oder doch eines, wenn auch noch so geringfügigen Teiles der Unabhängigkeit abhängt. Auch das Maß des Wertes soll streng determiniert sein, weil die Menschen bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse sich gewohnheitsmäßig an fest bestimmte Regeln hielten. Es sei eine Tatsache der gewöhnlichsten Erfahrung, daß jene Bedürfnisbefriedigungen für die Menschen von der höchsten Bedeutung zu sein pflegten, von welchen die Erhaltung ihres Lebens abhingen und daß das Maß der Bedeutung der übrigen Bedürfnisbefriedigungen sich für dieselben je nach dem Grad der Wohlfahrt abstufe, welche von denselben abhängig sei:,,Sind demnach wirtschaftende Menschen in der Lage, eine Wahl treffen zu müssen, zwischen der Befriedigung eines Bedürfnisses, von welcher die Erhaltung ihres Lebens und einer anderen, von welcher lediglich größeres oder geringeres Wohlbefinden abhängt, so pflegen sie der ersteren den Vorzug einzuräumen, und nicht minder Bedürfnisbefriedigungen, von welchen ein höherer Grad ihres Wohlbefindens, also bei gleicher Intensität ein länger andauerndes, bei gleicher Dauer ein intensiveres Wohlbefinden abhängig ist, solchen vorzuziehen, bei welchen das entgegengesetzte Verhältnis obwaltet"21). Ähnliche Beobachtungen fänden sich, wenn es sich um die mehr oder minder vollständige Befriedigung eines Bedürfnisses handle. Menger stellt mehrere Skalen auf, um die Bedeutung der verschiedenen Bedürfnisse der Menschen darzustellen. Wir bringen diese Skala hier zum Abdruck, weil sie nicht nur für die Mengersche Werttheorie, sondern für die ganze Forschungsweise dieser Richtung charakteristisch ist. Die römischen Ziffern I-X bedeuten die verschiedenen menschlichen Bedürfnisse nach ihrer Wichtigkeit, z. B. I das Nahrungsbedürfnis, V das Tabakbedürfnis. Die arabischen Ziffern stellen die Bedeutung der verschiedenen Bedürfnisbefriedigung innerhalb der betreffenden Bedürfnisart dar, so daß die höchste Ziffer 10 die wichtigste Bedürfnisbefriedigung darstellt, etwa die, von welcher bis zu einem gewissen Grade unser Leben abhängt, die übrigen Ziffern die minder wichtigen Bedürfnisbefriedigungen.

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An diesen Skalen soll man ablesen können, wie hoch die Wichtigkeit des Bedürfnisses, das von einem Gute abhängt, im einzelnen

Falle ist und dies soll für die Wertgröße entscheidend sein. Menger gibt ein Beispiel:,,Nehmen wir an, Skala I drücke die sich je nach dem Grad der bereits erfolgten Befriedigung herabmindernde Bedeutung der Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses, Skala V aber des Bedürfnisses nach dem Tabakgenusse bei irgend einem Individuum aus, so ist klar, daß die Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses bis zu einem gewissen Grade der Vollständigkeit eine entschieden höhere Bedeutung für jenes Individuum hat als die Befriedigung des Bedürfnisses nach dem Tabakgenusse. Wofern aber das Nahrungsbedürfnis bereits bis zu einem gewissen Grade der Vollständigkeit befriedigt ist, so zwar, daß z. B. die weitere Befriedigung desselben für jenes Individuum lediglich jene Bedeutung hat, welche wir durch die Zahl 6 ziffernmäßig bezeichnet haben, so beginnt der Tabakgenuß bereits dieselbe Bedeutung für dieses Individuum zu gewinnen, wie die fernere Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses, und dasselbe wird daher bemüht sein, von da ab die Befriedigung seines Bedürfnisses nach Tabak mit jenem nach Nahrungsmitteln in das Gleichgewicht zu bringen. Obzwar nämlich die Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses im allgemeinen eine ungleich höhere Bedeutung als die Befriedigung des Bedürfnisses nach dem Tabakgenusse für das in Rede stehende Individuum hat, so tritt doch bei fortgesetzter Befriedigung des ersteren wie in der obigen Tabelle veranschaulicht ist, ein Stadium ein, wo die weiteren Akte der Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses doch für jenes Individuum eine geringere Bedeutung besitzen, als die ersten Akte der Befriedigung des im allgemeinen minder wichtigen, aber noch gänzlich unbefriedigten Bedürfnisses nach dem Tabakgenusse“).

Auf den Grundlagen der Mengerschen Theorie hat Friedrich von Wieser23) weitergebaut. Wie für Menger ist für Wieser der Wert eine allgemeine wirtschaftliche Erscheinung und nicht an die privatwirtschaftliche Produktionsweise gebunden: „Die Beobachtungen hinsichtlich der Mengenverhältnisse der Güter lassen sich in einigen Hauptsätzen zusammenfassen; fast möchte ich sie Gesetze nennen, wirtschaftliche Naturgesetze. Daß sich in der Anlage der natürlichen Bedingungen der Erhaltung und des Gedeihens der Menschen große Gesetze offenbaren, kann nicht zweifelhaft sein; die Wirtschaft ist so, wie sie ist, weil sie sich in feste Ordnungen der Dinge einfügen muß. Es ist von nicht minderer Wichtigkeit, diese Ordnungen zu bestimmen, als diejenigen Ordnungen, die die Tatsachen der Natur zeigen, wenn man sie ohne Beziehung auf das menschliche Befinden, als Facta für sich betrachtet "24). Auch in einer sozialistischen Wirtschaftsordnung stünden die Grundsätze der Werttheorie in voller Geltung:,,Welche Wirtschaftsordnung auch gelten möge, ob diejenige, unter der wir gegenwärtig leben, ob eine sozialistische, immer wird der Wert der Grenzwert seine hervorragende Rolle in der Wirtschaft beibehalten. Auch wenn es dereinst kein Privateigentum, keinen Tausch, keinen Preis, keinen Tauschwert mehr geben sollte, wird doch die Hauptmasse der wirtschaftlichen Geschäfte nicht unmittelbar durch die Rücksichtnahme auf den Güternutzen, sondern durch die Rücksichtnahme auf den Güterwert geleitet werden, und man wird sich der direkten Erwägung des Nutzens, ebenso wie jetzt, nur nebenher zur Ergänzung, zur Motivierung dessen, was das Große, das Ganze, das Allgemeine

K. Diehl, Nationalökonomie I. 2. Aufl.

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