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Der Christ hingegen, dessen fides eine fiducia in gratiam seu clementiam Dei ist, hat darin eine Gewißheit, die ihn tausendmat lieber den Tod hinnehmen lassen würde, als daß er sein Vertrauen auf Gottes Gnade sich nehmen ließe. Form. Conc. IV, 12. Dies Vertrauen aber hat sein objectives Princip und seinen objectiven Grund darin, daß Gott seinen Sohn für die Sünder in die Welt gesandt hat; es ist also der Glaube, jene fiducia, darum fest begründet, weil es einer objectiven Vermittlung des durch Christus erworbenen Heils sich bewußt ist," Baur, Lehre von der Versöhnung, p. 288. In dieser seligen Gewißheit erträgt er gern die Leiden dieser Zeit, die ja, wie sie mit dem fündigen Weltzusammenhange gegeben sind, doch ihn selbst durch Trübsal läutern; er weiß, daß er damit seinem Erlöserhaupt immer mehr eingepflanzt wird; er weiß, daß dieser Zeit Leiden wirket eine ewige Herrlichkeit und der Tod dieses Leibes ein ewiges Leben; dieses ewige Leben ist ihm verbürgt grade durch das Zeugniß der Auferstehung des Herrn, εἰδότες, ὅτι ὁ ἐγείρας τὸν κύριον Ἰησοῦν καὶ ἡμᾶς διὰ Ἰησοῦ ἐγερέι, 2 Cor. IV, 13. 14. Er hat dieses Zeugniß einer seligen Lebenshoffnung zudem verbürgt durch das Zeugniß des heiligen Geistes, was er in seinem Herzen trägt, nämlich von seiner Gotteskind[caft, αὐτὸ τὸ πνεῦμα συμμαρτυρεῖ τῷ πνεύματι ἡμῶν, ὅτι ἐσμὲν τέκνα θεοῦ, Röm. VIII, 16 ff.; damit hat er eine Freude, die ein Vorgeschmack ist der ewigen Freude, und die ihn willig warten läßt auf die Erlösung aus dem Leibe dieses Todes; denn er weiß, daß er mit ihr haben wird die Offenbarung der Kinder Gottes. Ueber das Alles darf er mit einstimmen in den apostolischen Zuruf: xaipere èv κυρίῳ πάντοτε πάλιν ἐρῶ, χαίρετε. Sil. IV, 4.

Wir stehen nun vor der dritten Schwierigkeit, von der Kant sagt, sie sei anscheinend die größte, und die hervorgeht aus der Betrachtung des Menschen, resp. seines ganzen Lebenswandels in Beziehung zur Gerechtigkeit Gottes. Denn da sei ja jeder Mensch als verwerflich vorzustellen. Nämlich auch der Mensch, bei dem es zur guten und auch zur beharrlichen Gesinnung gekommen sei, habe doch vom Bösen angefangen, und diese Verschuldung sei nie auszulöschen. „Daß er nach seiner Herzensänderung keine neuen Schulden mehr macht, kann er nicht dafür ansehen, als ob er dadurch die alten bezahlt habe. Auch fann er in einem fernerhin geführten guten Lebenswandel keinen Ueber

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schuß über das, was er jedesmal an sich zu thun schuldig ist, herausbringen; denn es ist jezt seine Pflicht, alles Gute zu thun, was in seinem Vermögen steht.

Das ist in der That der factische Zustand jedes Menschen, wenn man ihn in Beziehung auf die göttliche Gerechtigkeit betrachtet. Aber, weil das so ist, so dürfen wir, genau genommen, nicht sagen, daß dieses zuständliche Verhältniß den Menschen als verwerflich vor einer göttlichen Gerechtigkeit vorstelle; es macht ihn wirklich verwerflich. Wie man auch die göttliche Gerechtigkeit definiren möge, und so wenig man sie auch etwa neben und außer der Liebe Gottes betrachten darf, da Gott kein andrer Einiger Grund zukommt, denn die Liebe, so müssen doch Strafe und Belohnung als zu ihrem Begriff nothwendig gedacht werden. Vergl. Dorner, I. c. p 7. Ohne den Begriff der Vergeltung nimmt man der Gerechtigkeit ihren Inhalt. Ist also der oben angegebene Zustand faktisch, sind wir im allerbesten Falle solche doudou àxperor, so ist das Verwerflichsein nicht als bloß vorgestelltes auszusagen. Man müßte denn Gott selbst als etwas bloß Vorgestelltes sezen. Dann braucht man aber keine Religionslehre zu schreiben. Doch das nebenbei. Kant fährt nun fort und meint, diese ursprüngliche, oder überhaupt vor jedem Guten, das der Mensch immer thun möge, vorhergehende Schuld könne aber auch nicht von einem Andern getilgt werden; denn sie ist keine transmissible Verbindlichkeit, die etwa wie eine Geldschuld, bei der es dem Gläubiger einerlei ist, ob der Schuldner selbst oder ein Andrer für ihn bezahlt, auf einen andern übertragen werden kann, sondern die allerpersönlichste, nämlich eine Sündenschuld, die nur der Strafbare, nicht der Unschuldige, er mag auch noch so großmüthig sein sie für jene übernehmen zu wollen, tragen kann.“ p. 83 f.

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Mit diesen Worten leugnet Kant aufs - Entschiedenste nicht nur die Nothwendigkeit, sondern auch die Möglichkeit eines Erlösers.. Die Kirche hat von je die ganze Heilslehre darauf ge= gründet und muß es, wie sich zeigen wird, fort und fort, daß „diese ursprüngliche oder (es sollte besser heißen: „und“ statt ,,oder;" denn auch der im Stande der Heiligung Begriffene weiß doch, daß er täglich mannichfaltig sündigt, er also außer der ursprünglichen auch tägliche Sünde hat) überhaupt vor jedem Guten,

das der Mensch immer thun mag, vorhergehende. Schuld" von einem Andern getilgt wird. Kant sagt: das geht nicht; denn sie ist keine transmissible Verbindlichkeit, wie etwa eine Geldschuld, die auch von einem Andern bezahlt werden könnte, im Gegentheil, sie ist die allerpersönlichste; nur der Strafbare kann sie tragen, d. h. doch wohl, darf sie nach der Gerechtigkeit Gottes tragen, nie der Unschuldige.

In diesen Kantischen Säßen faßt sich alles zusammen, was der Rationalismus aller Zeiten bisher gegen die Kirchenlehre von der satisfactio Christi vicaria vorgebracht hat, und aller Unglaube hat sich immer und zwar dem gewöhnlichen Bewußtsein gegenüber am glücklichsten, auf Bestreitung dieses Punktes geworfen. Man glaubte, wie Kant, mit der Satisfactionstheorie die Gerechtigkeit Gottes beleidigt und hat unter der Gerechtigkeit Gottes einen das göttliche Wesen nach Analogie eines menschlichen Richters beschränkenden höchst beschränkten Begriff. Man denkt sich den Menschen als einen, der eine Schuld contrahirt habe von Gott, die er ihm wieder bezahlen müsse; das thut auch Kant; er redet von einer Verbindlichkeit, die der Mensch aus der Sündenfchuld habe gegen Gott. Das ist eine weder nach der Lehre der h. Schrift noch der der Kirche erlaubte Einseitigkeit, ja Verkehrung des faktischen Zustandes, und damit der religiösen Begriffe.

Der faktische Zustand als Folge der Sünde ist nicht der, daß wir durch dieselbe eine Verbindlichkeit eingegangen hätten, die nun wieder zu lösen sei etwa dadurch, daß wir uns einer aufzuerlegenden oder auferlegten Strafe unterwerfen, und Gott dies als sein Recht von uns fordern könnte; damit hätten wir eine Art von Verpflichtung, die auf etwas Zukünftiges ginge, eben auf die Gewähr der auferlegten und aufzuerlegenden Strafe: Hier ist die Sache ganz äußerlich betrachtet, abstrahirt von dem Begriffe eines bürgerlichen Rechtsverfahrens. Diese Abstraction zieht die göttliche, höchste Gerechtigkeit herab zu einer bloß demiurgischen, sezt sie darum auch in eine nicht zu lösende Antithese zur Güte Gottes und bringt damit in sein Wesen einen nicht auszugleichenden Dualismus.

Wie dieses falsch gefaßte zuständliche Verhältniß des Menschen und Gottes, das in Folge der Sünde eingetreten sein soll, nämlich das der Verbindlichkeit, den falschen Begriff der Verpflichtung

einer abzubüßenden Strafe Gott gegenüber mit sich bringt, so der richtig gefaßte Zustand den richtigen Begriff.

Der faktische Zustand aber als Folge der Sünde, ist die Trennung von Gott, die Lösung des Gemeinschaftsverhältnisses, damit Herrschaft der Sünde, Knechtschaft des Fleisches, ewiger Tod. Dieser Zustand kann nicht durch eine zu gewährende Strafe verwandelt werden, weil es eine ewige Strafe sein müßte, als solche nie im Stande den Zustand zu wandeln. Der Zustand muß aufgehoben werden und zwar von Seiten Gottes; von Seiten des Menschen geht es schlechterdings nicht, er hat kein Mittel dazu. Was die zeitlichen Strafen anlangt, so sind diese einfache Folgen des Sündenlebens, sowohl des generischen als des individuellen; denn der Sünde folgt auch zeitlich die Strafe und diese Strafen können allerdings nie erlassen werden, Keinem; sie müssen von Jedem übernommen werden, eben weil sie einfache Folge der Uebertretung sind; sie erfolgen nach einer ethischen Naturordnung.

Das ist es aber, was Kant verwechselt, die ewige Strafe und die zeitlichen. Diese Strafen, resp. die Uebernahme derselben, sind das Allerpersönlichste, was es giebt. Aber mit dem Begriff dieser Verpflichtung, die sich übrigens von selbst vollzieht; denn jeder muß sie erfüllen, es macht dies sein Geschick; aber mit diesem Geschick ist die Sache nicht erschöpft, sondern erst mit dem der unendlichen Strafe als Folge der, so weit es am Menschen liegt, gelösten Gottesgemeinschaft. Und .hier eben, im Angesicht dieser unendlichen Strafe, mors.aeterna, fragt es sich: liegt es im Wesen der göttlichen Gerechtigkeit, wie Kant will, daß nur der Strafbare eintrete?

Es liegt so wenig im Wesen derselben, daß wenn nur der Strafbare eintreten soll, es nie eine Versöhnung für ihn geben kann, weil es keine Versühnung durch ihn geben kann. Wir haben schon gesehen, seine Strafe müßte ewig sein, eine nie endigende Versühnung. Wer die unendliche Strafe des Menschen verendlicht, kommt dahin, die endlichen Strafen des Menschen zu verunendlichen. Mit dieser nie endigenden Versühnung ist der Begriff der Erlösung aufgehoben. Kant erkennt das recht gut. Er fährt nach der oben aufgestellten Behauptung von der Sündenschuld als einer nicht transmissiblen Verbindlichkeit, sogleich

also fort: „da nun das sittlich Böse, Uebertretung des moralischen Gesezes als göttlichen Gebotes, Sünde genannt, nicht sowohl wegen der Unendlichkeit des höchsten Gesezgebers, dessen Autorität dadurch verlegt worden,..... sondern als ein Böses in der Ge= sinnung und den Maximen überhaupt..... eine Unendlichkeit von Verlegungen des Gesezes, mithin der Schuld bei sich führt, so würde jeder Mensch sich einer unendlichen Strafe und Verstoßung aus dem Reiche Gottes zu gewärtigen haben." Kant hat bloß die „unendliche Strafe“ unterstrichen, er hätte die „Verstoßung aus dem Reiche Gottes" mit unterstreichen sollen. Denn diese Verstoßung giebt die Einsicht in die Strafe als unendlicher. Aber lassen wir das; die Hauptsache ist, Kant erkennt die Unendlich-. feit der Strafe. Damit muß er, soll überhaupt Erlösung sein, die Unmöglichkeit einer „allerpersönlichsten Verbindlichkeit" anerkennen, außer in Einem Fall, in dem Fall, daß diese Verbindlichkeit transmissibel ist, und nur in diesem. Dann ist die allerpersönlichste Verbindlichkeit möglich; denn dann ist, eben durch die Transmission, die Gerechtigkeit Gottes als legislativa und judicialis gerettet; wir sind dann Gerichtete, Verurtheilte, jeder Einzelne für sich und dieser Gerechtigkeit geschieht doch Genüge, also sie ist nicht bloß Phantom; ein Genüge, zwar nicht durch uns, aber für uns und um unsret willen. "Und grade das ist nun eben der wundersame Rath Gottes, mit welchem er die Welt aus ihrem Laufe hebt und seine arme Creatur gen Himmel trägt, das gottselige Geheimniß, welches verborgen gewesen ist von der Welt her, nun aber geoffenbaret seinen Heiligen, das Geheimniß, welches auch die Engel gelüftet hat zu schauen; denn sie wußten es nicht zuvor, welchen Rath Gott beschließen würde, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

Das ist das wundersame Ding;
Erst scheint es Kindern zu gering;
Und dann zerklaubt ein Mann sich dran,
Und stirbt fast, eh' er's glauben kann.

Nur so, bei der Transmisstbilität, vermag die Gerechtigkeit Gottes auch in ihrer Antithefe zur Liebe Gottes begriffen zu werden. Denn der Eine göttliche Grundwille, die Liebe, bleibt; die

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