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Vorrede.

In meiner Schrift über „Kant's Lehre vom radikalen Bösen" habe ich die Stellung erörtert, welche die Kantische Religionsphilosophie in der Lehre von der Sünde zur Lehre der Kirche einnimmt. Es kam mir darauf an, das Christenthum von der Seite zu zeigen, wo es auf einer Thatsache, der Sünde des Menschen, ruht. Dabei bemerkte ich, daß eine folgerechte philosophische Ausführung dieser Grundthatsache sich in streng formeller Consequenz zu einer christlichen Glaubenslehre hinbewegen könne, die dem empirischen Charakter unserer Zeit entsprechend doch mit Nothwendigkeit zeige, daß das Christenthum Anspruch zu machen hat auf einen eigenthümlichen, nur ihm zustehenden Besitz von Wahrheiten, die die Philosophie nicht zu geben, nicht zu

erfinden vermag, sondern deren Gegebenes sie nur herauszufinden und zum freien Verständniß zu bringen hat.

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Diese Ausführung, die Dialektik einer Glaubenslehre, wie sie sich von der Anerkennung der Sünde des Menschen aus weiter fortbewegt, gebe ich hier, wenn auch nur in dem Einen Stück, der Soteriologie. Und zwar auch hier wieder so, daß die Entwicklung selbst auf Kantischem Grunde und in Kant's Methode vor sich geht. Wie aber die Frage nach der Sünde bei Kant naturgemäß eine ganze Reihe anderer Ideen von speculativer und praktisch religiöser Tiefe enthielt, so enthält die Frage nach dem Heil wiederum eine ganze Reihe der wichtigsten speculativen und praktisch religiösen Gedanken, z. B. die Betrachtung des Begriffs der Freiheit, des sittlichen Gesezes, der Verantwortlichkeit und im Zusammenhang damit, der Hölle; die Frage nach dem Zweck der Weltschöpfung, dem Verhältniß eines persönlichen Gottes zur Welt und speciell zum persönlichen Einzelwesen, die Grundbestimmung dieses Wesens und von da aus die begriffliche Zeichnung des Idealmenschen, die Relation dieses Begriffs zur historischen gottmenschlichen Erscheinung zc.

Es ist natürlich und heutzutage unumgänglich, daß hierbei auch die Kritik dieser Historie ins Auge gefaßt wird. Ich habe das gethan sine ira et studio, wie ich's gewohnt

bin; ich habe mich unbefangen und mit voller Freiheit ihren Resultaten, selbst den destruirendsten, angeschlossen; ich habe lieber von diesen aus operiren wollen, selbst auf die Gefahr hin, daß sie theilweise nur vermeintliche seien, als sie ignoriren und damit meine Schrift aus dem Centrum der geistigen Bewegung rücken. Sicher war der Vortheil dabei, daß auch das Minimum, was selbst die am weitesten gehende Kritik noch am Leben Jesu stehen lassen muß, für die dogmatische Betrachtung hinreicht, um die von der Speculation als nothwendig postulirten Requisite an der Erscheinung des Erlösers, auch als geschichtlich gegebene aufzuzeigen. Habe ich damit Etwas beigetragen zum Umbau des theologischen Haushalts, habe ich vielleicht hie und da eine glückliche Zeichnung ausgeführt für das, was an die Stelle bisheriger aber antiquirter Anschauungen treten darf, habe ich damit der Kirche und der Wissenschaft in Etwas genügt, etwa dem und jenem auch in diesen Zeiten der Zerrissenheit und des Zweifels manch' Wort in die Seele geworfen, was seine Kraft und seinen Glauben stärkt, so will ich mich für meine Arbeit reich belohnt halten.

Gewidmet hab' ich diese Schrift Einem, der es erkannt hatte, daß nur der Mensch frei ist, der die reine Wahrheit berührt hat. Wer da aber zu dieser Erkenntniß gekommen,

deß Glaube steigt empor, gleich viel in welcher Atmosphäre, ob bei dunkelm oder heiterm Himmel, und einerlei in welcher Gestalt, ob in orthodorer oder in heterodorer,

Καθαρῶν ψυχῶν ἐστιν ἡ σωτηρία.

Kiel, den 24. August 1868.

Dr. Ludwig Paul.

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