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Rezensionen.

Laudahn, Hermann. Über Inhalt und Gebiet der Geometrie. Annalen der Naturphilosophie, herausgegeben von Wilhelm Ostwald, II. Jahrgang, Heft 2. S. 145-200.

Der Verfasser weist die logische Unmöglichkeit nichteuklidischer sowohl als mehrdimensionaler Geometrien nach. Zu diesem Zweck wird in den ersten vier Abteilungen der Parallelensatz bewiesen, in weiteren vier Abteilungen aus der Annahme mehrerer Senkrechten auf einer Ebene in ein und demselben Punkte dieser Ebene ein Widerspruch hergeleitet.

1. Den Parallelensatz beweist der Verfasser nach einem altbekannten Rezept, indem er zwischen Form und Größe einer Figur unterscheidet. Warum diese Methode bei Fachleuten als unzulässig gilt, war dem Verfasser wohl unbekannt, sonst hätte er die Begriffstrennung wenigstens zu rechtfertigen gesucht und nicht stillschweigend von Anfang an verwandt. Die Einführung der Ähnlichkeit gestaltet sich folgendermaßen (§ 14, S. 164): ,,Sind räumliche Gebilde formal gleich, aber extensiv verschieden, so nennt man sie «ähnlich». Einander ähnliche räumliche Gebilde sind nun in jeder möglichen Größe logisch möglich. Denn - ist eine bestimmte räumliche Form überhaupt logisch möglich, dann kann auch eine Idee, in der diese Form in irgend welcher möglichen Größe gemeint ist, nicht widersinnig sein, weil eine Formbestimmung an sich noch keine Größenbestimmung, eine Größenbestimmung an sich noch keine Formbestimmung einschließt."

Angenommen, der Gedankengang des Verfassers wäre schlußkräftig, so wäre wohl die logische Möglichkeit der Ähnlichkeit, aber nicht die logische Unmöglichkeit einer entgegengesetzten Annahme dargetan. Und gesetzt, die logische Unmöglichkeit einer Geometrie ohne Ähnlichkeit folgte aus dem Beweise (sit venia verbo) des Verfassers, so wären die Ähnlichkeitssätze auch für die Kugel gültig, da in den Entwicklungen des Verfassers nur von der konstanten Krümmung (die er als Homogenität bezeichnet), nicht aber von der Dimensionszahl Gebrauch gemacht wird.

2. Die Unmöglichkeit eines Raumes von mehr als drei Dimensionen wird folgendermaßen erwiesen: Es seien im Schnittpunkt zweier Geraden G, G1 zwei Senkrechte G2 und G, auf der Ebene GG, möglich. Die Richtungen derselben seien so festgelegt, daß G, G1 mit Gg ein Rechtssystem, mit G3 ein Linkssystem bilden. Die Winkelhalbierende von G und G bildet alsdann mit G, G1, ein System, das zugleich ein Rechts- und ein Linkssystem ist, aus Symmetriegründen. (Der Beweis ist beim Verfasser über zwei Druckseiten lang, S. 197-199).

Der ganze Schluß hängt an der Voraussetzung, daß Kongruenz und

Symmetrie an dreidimensionalen Gebilden auch im mehrdimensionalen Raum unterscheidbar sind. Dies trifft nicht zu, und damit fällt bereits der Ausgangspunkt des Beweisverfahrens.

Es ist nun auffallend, daß dieser Angelpunkt, die Gültigkeit der Unterscheidung,links“ und „rechts", beim Verfasser auch nicht mit einem Wort erwähnt wird, so daß die Annahme gerechtfertigt erscheint, er habe die Achillesferse seines Schlusses gar nicht bemerkt. Auch die Tatsache, daß auf S. 196 in einer Fußnote behauptet wird, der Beweis für die Nichtkongruenz symmetrischer dreidimensionaler Figuren gelte auch im Raume von mehr als drei Dimensionen, ändert daran nichts; denn es ist doch nicht üblich, den Kernpunkt eines Beweises einige Seiten vorher in einer Fußnote abzuhandeln, im Beweise selbst aber unerwähnt zu lassen.

Der Beweis für die Nichtkongruenz symmetrischer Figuren ist aber beim Verfasser folgender: Zwei symmetrische Tetraeder APB C und APB C1 seien mit den Flächen APB zur Deckung gebracht. Dann ist die Innenseite von APB in bezug auf das eine Tetraeder die Außenseite in bezug auf das andere. Die Innenseite einer geschlossenen Grenze kann aber nicht zur Außenseite werden.

Wenn der „Beweis" schlüssig wäre für mehr als drei Dimensionen, so wäre analog die Nichtkongruenz ebener symmetrischer Figuren im Raume von drei Dimensionen zu erweisen. Zugleich erkennt man hierbei die Lücke1) im Schluß. Eine zweidimensionale Figur hat in drei Dimensionen außer innen und außen auch noch zwei Seiten, rechts und links, die ihrer Fläche angehören. Nach des Verfassers eigenen Definitionen muß ebenso Raum von drei Dimensionen im mehrdimensionalen Raum zwei Seiten haben, so daß Innen- und Außenseite nicht die einzigen Instanzen sind, die zu entscheiden haben.

3. Daß der Verfasser kein Mathematiker, auch keiner „vom Fach“. ist, scheint mir zweifellos. Ich vermute, daß er Philosoph ist, wenigstens einer ,,vom Fach". Wenn diese Vermutung zutrifft, so darf man ja heutzutage leider für die Mangelhaftigkeit, vielleicht auch für die Überschätzung) seiner mathematischen Kenntnisse auf mildernde Umstände plädieren. Aber in der Logik dürfte man doch wohl Sattelfestigkeit verlangen.

Auf S. 163 beweist der Verfasser folgenden Satz: „Sind zwei räumliche Gebilde formell und extensiv gleich, so sind sie auch geeignet, lokalidentisch zu sein." Er nimmt zwei aufeinanderliegende kongruente Strecken an, trennt sie sodann, findet, daß sie formell und extensiv nach wie vor übereinstimmen, und folgert: „Diese einander wesensgleichen Strecken sind nun zuerst in der einen Grenze AB vereinigt gewesen, sind also geeignet, lokalidentisch zu sein. Für Strecken haben wir so unsern eingangs auf

1) Besser wohl ,,eine der Lücken“.

2) Diese zeigt sich unter anderem in dem Gebrauch zahlloser, ebenso häßlicher wie überflüssiger, in der Mathematik unbekannter Kunstausdrücke wie: antieuklidisch, total kongruent, partiell kongruent vom ersten, zweiten, dritten Grade, potentiell und aktuell kongruent, lokalidentisch, formal und informal homogen, total formal homogen etc. Auch läßt der Verfasser Euklid gegen Helmholtz auftreten und eine Rede halten, die mit den Worten beginnt: ,,Sonderbar, höchst sonderbar!"

gestellten Satz bewiesen." Das Verbot, vorauszusetzen, was man beweisen will, ist meines Wissens logischen Ursprungs und nicht eine pedantische Verordnung der Mathematiker.

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Die Geometrie definiert der Verfasser S. 145 als Wissenschaft von der Beschaffenheit des logisch möglichen rein Räumlichen." Von dem ,,Räumlichen" wird weiter (S. 154, § 6) gesagt:,,Dieser Begriff ist undefinierbar." Hier wäre zunächst die Frage berechtigt, wie dann über seine logische Möglichkeit etwas ausgemacht werden könne. Aber weiter (ebenda): ,,Man muß Räumliches erfahren haben, um wissen zu können, wie etwas ist, wenn es räumlich ist." Angenommen. Aber damit ist bereits entschieden, daß nur die Euklidische Geometrie unter den Begriff des Räumlichen paßt; sie ist ja die einzige, die wir „,erfahren" (um in der Terminologie des Verfassers zu bleiben). Der Verf. weist also die logische Unmöglichkeit eines gewissen Räumlichen nach, von dem bereits feststeht, daß es unräumlich und logisch möglich ist.

4. Der wissenschaftliche Ernst, mit dem der Verfasser an seine Aufgabe herangetreten ist, wird charakterisiert durch eine vollständige Ignorierung sämtlicher fundamentalen Arbeiten, die bisher auf dem behandelten Gebiete geleistet worden sind. Zu Gunsten des Verfassers mag man annehmen, er habe sie nicht gekannt; doch wird dadurch der Vorwurf mangelnden Ernstes nicht entkräftet. Der Verfasser kennt überhaupt die Problemstellung nicht, was schon aus seiner Definition der Geometrie hervorgeht. Weitere Stellen, die dies erweisen, finden sich besonders in dem einleitenden Teil, so auf S. 147: „Die Euklidische Geometrie beweist nicht, daß ihre Axiome unbeweisbar sind", und ebenda: „So lange die Axiome nicht bewiesen sind, sind sie eben des Beweises bedürftig." Dasselbe in einem speziellen Falle S. 149:,,so muß entweder das Parallelenaxiom bewiesen werden, oder es muß bewiesen werden, daß jenes ,,Axiom" nicht wahr ist." Zu umfangreich, um angeführt zu werden, aber von einer durch keine Sachkenntnis getrübten Unbefangenheit zeugend sind die Ausführungen über die analytische Behandlung auf S. 150f. Seine ganzen Kenntnisse hat der Verfasser anscheinend aus Helmholtz' populären Vorträgen geschöpft. Bemerkenswert ist noch folgender Passus S. 149: „Dies wird auch von nichteuklidischer Seite zugegeben." Der Verfasser denkt sich anscheinend nach philosophischem Vorbild die Mathematiker in zwei Heerlager gespalten, die mit dem Schlachtruf,,Hie Euklid", „Hie Lobatschefsky" gegeneinander zu Felde ziehen.

5. Zum Schlusse ein Wort der Rechtfertigung für die Ausführlichkeit des Referates: Die besprochene Arbeit ist in einer Zeitschrift erschienen, die, von einem Gelehrten in autoritativer Stellung geleitet, den Anspruch erhebt, ernst genommen zu werden. Der Verfasser der vorliegenden Arbeit wird mithin von irgend einer Seite ernst genommen, entweder von der Redaktion der Annalen der Naturphilosophie oder von einer wissenschaftlichen Autorität, die der Redaktion die Arbeit zur Aufnahme empfohlen hat. Dies ist Anlaß genug, das Erscheinen der Arbeit ernst zu nehmen. auch wenn die Arbeit selbst nicht der Beachtung wert ist. Gegenüber solcher Sonntagsjägerei in unseren Jagdgründen aber, die weder Wild noch Waffe kennt, heißt es für uns Mathematiker: principiis obsta!

Endlich kann folgende Bemerkung nicht unterdrückt werden: Man wird zwar von einer Redaktion nicht Allwissenheit verlangen, als dürften nur

So löchrich

erstklassige Arbeiten in ihrer Zeitschrift erscheinen und müßte die Fehlerlosigkeit aller Resultate über jeden Zweifel erhaben sein. aber darf das redaktionelle Sieb nicht sein, daß Arbeiten durchschlüpfen können, die jedes wissenschaftlichen Ernstes bar sind.

Charlottenburg, 20. Oktober 1903.

GERHARD HESSENBERG.

Systematisches Ver

Ernst Wölffing. Mathematischer Bücherschatz. zeichnis der wichtigsten deutschen und ausländischen Lehrbücher und Monographien des 19. Jahrhunderts auf dem Gebiete der mathematischen Wissenschaften. In zwei Teilen. I. Teil: Reine Mathematik. Mit einer Einleitung: Kritische Übersicht über die bibliographischen Hilfsmittel der Mathematik. (Abhandlungen zur Geschichte der mathematischen Wissenschaften. Heft XVI, 1). Leipzig, B. G. Teubner. 36 u. 416 S. 1903.

Ein jedes literarische Unternehmen, durch welches das Studium der Mathematik erleichtert wird, ist mit Freuden zu begrüßen. Ganz besonders dankbar aber müssen wir sein für ein Werk, das den Zweck verfolgt, den Studierenden wie den gelehrten Forscher in dem weiten Gebiete der mathematischen Literatur zu orientieren. Ein solches Werk ist der ,,Mathematische Bücherschatz" des Herrn Wölffing. Die wichtigsten mathematischen Erscheinungen des 19. Jahrhunderts, mit Ausschluß der periodischen Literatur, werden hier in systematischer Anordnung verzeichnet. Wer die bisherigen bibliographischen Hilfsmittel, über welche in der Einleitung eine kritische Übersicht gegeben wird, kennt und wiederholt benutzt hat, wird gern zugeben, daß ein Werk, wie es hier Herr Wölffing zu liefern unternommen hat, je länger je mehr zu einem dringenden Bedürfnis geworden war.

Daß die Aufgabe, welche sich Herr Wölffing gestellt hat, eine außerordentlich mühsame und schwierige ist, weiß ein jeder, der sich mit historisch-literarischen Arbeiten beschäftigt hat. Schwierig und mühevoll ist die Sammlung des einschlägigen Materials aus den soeben erwähnten bibliographischen Hilfsmitteln. Mehrfache Lücken sind unvermeidlich, zumal solange die große mathematische Bibliographie des Herrn Valentin noch nicht erschienen ist. Schwierig ist die Prüfung der bibliographischen Quellen in bezug auf ihre Zuverlässigkeit. Schwierig ist ferner die kritische Sichtung des herbeigebrachten Materials, die erforderlich, wenn man die „wichtigsten“ Erscheinungen berücksichtigen will; schwierig die systematische Anordnung. Kritische Sichtung und systematische Einordnung sind eigentlich nur möglich, wenn man nicht bloß den Titel kennt, sondern auch über den Inhalt, entweder durch Einsicht des Buches selbst oder durch Lesen von Referaten über dasselbe, sich unterrichtet hat. Schwierig ist endlich die Herstellung eines brauchbaren und zuverlässigen Sach- und Namenregisters. Alles dies erfordert unendliche Mühe und Geduld. Ja, nach langjähriger Beschäftigung mit ähnlichen historisch-literarischen Arbeiten ist Referent sogar zu der Überzeugung gelangt, daß die korrekte Durchführung eines derartigen sich über ein ganzes Jahrhundert erstreckenden bibliographischen Unternehmens, selbst wenn man sich auf die nicht periodische Literatur beschränkt, die Kräfte eines Einzelnen übersteigt. Herr Wölffing scheint sich, obwohl er hofft, daß der Leser wenigstens nichts Wichtiges vermissen dürfte",

an,

dennoch der hervorgehobenen großen Schwierigkeiten bewußt geworden zu sein, denn er richtet an alle Leser die Bitte, ihn von allen Lücken und Unrichtigkeiten unterrichten zu wollen. Lediglich um dieser Bitte gerecht zu werden, führt Referent im folgenden eine Reihe von Werken die er bei Anstellung von Stichproben vermißt hat, und knüpft daran einige persönliche Wünsche für eine neue Ausgabe des „Mathematischen Bücherschatzes".

Der vorliegende I. Teil des Werkes enthält die Einzelwerke der „Reinen Mathematik". Nicht aufgenommen sind, aus uns unerfindlichen Gründen,

Werke der Mathematik im allgemeinen, ebenso geschichtliche und biographische Schriften, die sich auf einzelne Orte und Personen beziehen, sowie Gesamtausgaben der Werke von Mathematikern. Werke über Mathematik im allgemeinen hätten sehr wohl in einem besonderen Abschnitt zusammengestellt werden können, so die Wörterbücher von Klügel, Hoffmann-Natani, Montferrier u. a., die Repertorien von Hagen, Carr, Pascal, die Handbücher von Schlömilch, R. Wolf u. a. Auch die Biographien bedeutender Mathematiker vermissen wir ungern, da sie für die Geschichte unserer Wissenschaft von großem Werte sind. Dasselbe gilt von den Briefen, z. B. Fuß, Correspondance mathématique et physique de quelques célèbres géomètres du XVIII. siècle etc. 1843; Commercium epistolicum Joh. Collins et aliorum de analysi promota, ed. Biot et Lefort, Paris 1856; C. Pfaff, Sammlung von Briefen J. F. Pfaffs etc. Hoffentlich nimmt der Herr Verf. die gesammelten Werke noch in den II. Teil auf. Bilden doch gerade die Werke eines Jacobi, Abel, Gauß, Riemann, Möbius, Steiner, Graßmann, Lejeune-Dirichlet, Kronecker, Weierstraß, eines Lagrange, Laplace, Cauchy, Fourier, Verdet, Cayley, Brioschi, eines Galilei, Koppernikus, Kepler, Huygens, Descartes, Leibniz, Fermat, Arago u. a. im eigentlichen Sinne einen Bücherschatz unserer Bibliotheken. Desgleichen die gesammelten wissenschaftlichen Abhandlungen von Ch. Hutton, Plücker, Stokes, Helmholtz, Thomson, Schwarz u. a. Ferner vermissen wir mit Bedauern die Neuausgaben oder Übersetzungen einzelner Werke oder der ,,Opera" älterer Mathematiker, wie Euklid, Pappus, Apollonius, Archimedes, Aristoteles, Diophant, Proklus, Autolykus, Boetius, Leonardo Pisano, Jordanus Nemorarius u. v. a. In Abschnitt 120 (Logarithmen) sind prinzipiell die Logarithmentafeln fortgelassen, selbst wenn sie eine ausführliche Theorie der Logarithmen enthalten, wie Callet 1827, Briggs, Vlacq, Vega, Babbage, Bremiker, Hoüel u. a. Werden sie im II. Teil unter „Numerisches Rechnen" angeführt? Die englische Übersetzung (1881) und die Reproduktion (1885) des Neperschen Hauptwerkes über Logarithmen fehlen.

Wir lassen hier das Verzeichnis einiger Werke folgen, die wir in dem I. Teil des Wölffing schen Buches vergeblich gesucht haben. Die vollständigen Titel geben wir nur bei denjenigen an, die in unserem „Jahrbuch für die Fortschritte der Mathematik" fehlen, also bei denen vor 1868; bei den übrigen nur den Namen des Verfassers und das Jahr.

W. Whewell, History of the inductive sciences from the earliest to the present time. 3 v. London 1837-38, 2. ed. 1842, 3. ed. 1847. Dtsch. v. J. J. v. Littrow. 2 Bde. Stuttgart 1840 u 1841.

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