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net*), ¡und, unterstüzte gewiss eben deswegen jene Berechnung, Sicherheit und Planmässigkeit, die wir in dem Vorschreiten und Handeln dieses merkwürdigen Staates unwillkürlich bewundern, weil alles, was er thut und beschliesst, eine grosse und gewaltige, nie vergessene Idee im Kerne birgt.

1.

Der Gedanke aber, auch die äussere Geschichte gleichsam in einem organischen Körper zu fesseln, pragmatische Urkundenbücher aus dem Schrein der Kanzlei nach bestimmten Ordnungen zusammenzustellen und so, wie in den modernen Recueils, Collections, - Monumenten und Archiven, die ehrwürdigen Zeugnisse der Vergangenheit dem späteren Geschlecht als Quelle der Wahrheit oder als Spiegel der Grösse und Thatkraft zu übergeben dieser schöne und grosse Gedanke gehört vor allen dem berühmten Annalisten Venedigs, dem Dogen ANDREAS DANDOLO (1342 — 1354).

Seine Chronik gilt mit Recht noch heute für eine vorzügliche Quelle der Geschichte Venedigs bis zum Ende des dreizehnten Jahrhunderts. So verdient sich MURATORI durch die Herausgabe dieses Chronicon, namentlich durch Beifügung der Additamenta aus dem codex Ambrosianus gemacht hat, so entbehrt der ganze Text doch einer sicheren und lauteren Grundlage, die nun einmal das vorige Jahrhundert, jenseits der Berge zumal, weder zu schaffen vermochte, noch zu geben dachte. Noch die Klagen eines ANGELO MAI über die arge Verkommnis wissenschaftlichen Sinnes und strengen schulmässigen Urtheils im damaligen Italien überheben uns einer weiteren Rüge. Es ist seitdem viel anders geworden; das bezeugen die schönen und reichen litterarhistorischen

*) Ueber die Vervielfältigung einzelner Documente vgl. FOSCARINI letter. veneziana p. 167 ff. in der bezeichneten Ausgabe.

Werke, die in den lezten Jahrzehnten von Einzelnen wir nennen nur honoris causa EMMANUELE CICOGNA, den hochverdienten Herausgeber der Venezianischen Inschriften oder von gelehrten Bündnissen in Italien veröffentlicht worden sind. Es wäre nun eine der Gegenwart würdige Aufgabe, das Chronicon des Dandolo nach den Gesezen philologischer Kritik, mit Benuzung alter und neuer Hilfsmittel, zu recensieren, das Verhältnis desselben zu älteren Quellen, wie z. B. zur Cronaca Altinate, zur Chronik des Martin da Canale (vgl. Archivio storico italiano T. VIII. 1845), zu Marino Sanudo u. dgl. neu zu untersuchen, und dieses Werk in einer handsamen Ausgabe den Freunden exacter Geschichtsforschung darzubieten.

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Bekanntlich hat Andreas Dandolo ausser diesem grösseren Chronicon noch ein compendiöses, ein Chronicon abbreviatum, geschrieben, was jedoch ungedruckt geblieben ist. Eben dieser Auszug findet sich, um dies anzumerken, im Münchner codex Lat. 14,621 (cod. Emmeram. G. V. in 4.) fol. 33 65 mit dem Titel: incipit Cronica compilata per illustrissimum dominum dominum Andream Dandulo inclitum Veneciarum Ducem etc. Aehnlich am Schluss: explicit Cronica compendiose et elleganter edita per serenissimum dom. dom. A. D. incl. V. Ducem.

Mehrfache und belehrende Bemerkungen über die historischen Arbeiten unseres Dogen finden sich in FOSCARINI'S letteratura veneziana mit neuen Notizen in der Ausgabe v. J. 1854, 4. Venedig.

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Dandolo ist aber zugleich der Schöpfer jener zwei herrlichen Sammlungen von Documenten, welche unter den Namen „LIBER ALBUS“ und LIBER BLANCUS“ erst in jüngster Zeit mehr an das Licht gezogen, und für einzelne wichtige historische Perioden zum Theil ausgebeutet worden sind.

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Der Liber Albus sollte, wie der Doge in der Vorrede erklärt, jene Staats-Rechts- und Handelsverträge in sachgemässer Ordnung, mit prüfender Rücksicht auf Zeit und Ort enthalten, welche mit Romanien, Syrien, Armenien und den Provinzen Cyperns waren geschlossen worden: d. h. er sollte die staatsrechtlichen und politischen Beziehungen Venedigs nach dem Osten hin, mit Byzanz sogut wie mit den asiatischen Staatengruppen und den moslimischen Reichen in Afrika, urkundlich beleuchten. und erhärten. Der Liber Blancus dagegen hatte die gleiche Bestimmung für die Verhältnisse Venedigs zur Lombardie, zu Toscana, zur Romagna, zur Mark (Ancona) und zu Sicilien, d. h. er sollte jene Staatsdocumente in sich aufnehmen, welche der Politik Venedigs zu den Staaten der italischen Zunge als Grundlage dienten.

Was unter diesen summarischen Namen alles mitinbegriffen sei, wird die Einschau in die Original-Indices am besten beweisen.

Andreas Dandolo vereinte mit den Vorzügen eines mässigen und doch kraftvollen Fürsten eine reiche Begabung und hohe Bildung des Geistes. Er war nach allen Zeugnissen ein Pfleger der schönen Wissenschaften, ein Freund und Verehrer alter und neuer Litteratur, wolredend und sorgsam im eigenen Ausdruck. „Vir doctissimus et sapientissimus" nennt ihn der alte LAURENTIUS DE MONACIS in seinem Chronicon p. 310, und MURATORI hat in der praefatio zum Chronicon des Dogen (Rerum Italicarum Script. XII. p. 3) sein Lob in dieser Beziehung mit mehreren Zeugen bekräftigt. Er vindiciert ihm den Beinamen „il Cortesin", statt des anderen allerdings fast albernen „Contesin“, gewiss mit gutem Recht, wenn nicht schon Belege, wie der Chronist in einem codex Esthensis: questo fu un sapientissimo homo e cortese a tutti comunemente, e perciò al vegniva dillo il Cortese di sopranome oder in einem anderen: Andrea Dandolo, detto il Cortese, jenes Praedicat verlangten. Dieser Beiname findet seine Begründung auch in

Abh. d. III. Cl. d. k. Ak. d. Wiss. VIII. Bd. I. Abth.

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einem Urtheile des damaligen Kanzlers von Venedig BENINTENDI, wenn er in einem nachher folgenden Actenstück von seinem Dogen rühmt: divina quadam providentia sic feliciter gubernavit, ut, quod antea inauditum, nunc publice notum sit, nobili et plebeio pariter gratus existat.

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Nicht minder bezeichnend ist eine Stelle aus einer Cronica Jadetrina, die uns in einem codex Latin. der Marciana (class. X. cod CCC. 4.) schicklich in den Weg kam. Dort heisst es ab initio : decet acta strenua in cronicis hystoriographo sermone recondere, non solum, ut preteritorum habeatur memoria, sed etiam, ut magnifica virtus in moderno principe digne laudata exemplum praebeat probitatis ad posteros, reddanturque subditi per aliena pericula cautiores, ut sciant in fidelitate perpetua suis dominis obedire. Nam, ut inquit phylosophus 2o Ethicorum*), opus morale suscipimus non contemplationis gratia, neque ut sciamus, set ut boni fiamus etc. ..... Presumpsit (sc. Jadra a. 1345) enim ab eius vero domino et a tam gratioso Duce recedere, cui servire potius regnare est" etc.

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Voll des Lobes ist auch der Continuator der Chronica des Andreas Dandolo, RAPHAYNUS CARESINUS (vgl. Murat. 1. 1. p. 417 sq.). Er zeichnet ihn also: Andreas Dandulo Dux, aetate iuvenis, erat enim annorum XXXIII, sed cunctarum virtutum et strenuissima morum gravitate senior, ad Ducatus apicem dignissime sublimatur anno ab incarnatione domini MCCCXLII, die IV. Januarii. Hic mirabilis facundiae fuit, divinae et humanae scientiae peritissimus, iustitiae et reipublicae amantissimus."

Seine geistige Richtung und rege wissenschaftliche Strebsamkeit zeigt, neben den grossen Denkmalen, die er für die Geschichte seiner ruhmwürdigen Vaterstadt zurückgelassen hat, sein Verkehr mit den ersten

*) Aristot. Ethic. Nicomach. II, 2.

seiner Zeitgenossen, mit den Männern, die damals das glänzendste Jahrhundert Italiens vorbereiteten und heraufführten, vor allen mit FRANCISCO PETRARCHA. Es ist uns noch der Briefwechsel zwischen den beiden berühmten Männern erhalten, der theils die innige Beziehung beurkundet, welche zwischen ihnen statt hatte, theils für den Edelmut und feinen Sinn des Dogen den offensten Beweis ablegt 1). Die bisher bekannten Briefe fallen in die lezte Zeit der Regierung des Dandolo, welche durch einen neuen und unglücklichen Krieg mit Genua arg getrübt war: ja der verhältnismässig frühe Tod des Fürsten mag in dem Unstern des Geschickes mit Anlass gefunden haben 2).

Es mag gestattet sein, jene Stellen dieser Briefe hier auszuheben, welche unser Urtheil über Dandolo als eines homo litteratus stüzen: es

1) MURATORI a. a. O. p. 4: literatorum hominum amantissimus fuit, et prae ceteris Franciscum Petrarcham carum habuit. Auf dieses Verhältnis hat auch BLANC hingewiesen in seiner umsichtigen Biographie Petrarcha's, in der Encyclopaedie von Ersch und Gruber XIX. 3 Sect. p. 236. In Betreff dieses Briefwechsels ist eine wichtige Notiz unter den Bemerkungen von BANDURI zu Constant. Porphyr. de admin. imperio p. 335 ed. Bonn.: Andreas Dandulus quarto decimo seculo florebat, unus ex primis rerum Venelarum scriptoribus, vir probus et literis et armis conspicuus, uti testatur Franciscus Petrarcha, qui eodem aevo florebat, in suis epistolis cum edilis, tum ineditis, quae in bibliotheca Regia el Colbertina asservantur; ex quibus sane quam plurimas eidem Dandulo Petrarcha conscripserat."

2) LAUR. DE MONACIS: Dux Andreas XXII. die ab expugnatione Parentii, morbo, ut creditur, ex dolore contracto, fato concessit. Vgl. MARIN storia civile e politica VI. p. 123. Im allgemeinen über den Dogat dieses Fürsten LEBRET, Staatsgeschichte von Venedig, II. 1. p. 4-37. Die vier Briefe, welche herausgegeben sind, tragen folgende Data: von Petrarcha an Dandolo 15. Kal. April. 1351. Antwort Dandolo's XXII. Mai. Ferner von Petrarcha an Dandolo V. Kal. Jun. 1354. Antwort des Dandolo XIII Jun.

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