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8.

Jesus und die Samariterin.

Volk für die Pharisäer-Partei bereits Gegenstand der Aufmerksamkeit und des Argwohns geworden sei, beschloß er, sich nach Galiläa (Spätherbst 780) zurückzuziehen, wo er der Ucberwachung und den Nachstellungen jener Partei weniger ausgesezt war. Sein Weg führte ihn durch Samarien, welches die Strenggeseßlichen unter den Juden bei ihrem Hasse gegen die Samariter lieber durch einen über Peräa genommenen Umweg zu vermeiden pflegten. Bei Sichem ließ Jesus sich mit einem Samaritischen Weibe in ein Gespräch ein, welches ihn darauf führte, einerseits das gute Recht des jüdischen Gottesdienstes gegen den willkürlich ersonnenen Samaritischen zu behaupten, andererseits aber auf das Vergängliche beider Culte und auf den beginnenden neuen, an keine Stätte gebundenen hinzuweisen. Ihr Samariter, sagte er dem Weibe, huldiget Gott durch Opfergebräuche, die ihr eigenmächtig erfunden oder nachgeahmt habt, die für euch, die Verwerfer der Propheten und der ganzen auf den Messias hinweisenden fortschreitenden Offenbarung, keinen Sinn und keinen Inhalt haben. Wir in Judäa dagegen, wir, von denen das messianische Heil kommt, feiern den gesetzlichen vorbildlichen Opferdienst auf Sion. Doch dieser Zank um Garizim oder Sion wird demnächst ein Ende nehmen, denn die Stunde ist gekommen, wo die wahren Anbeter Gottes ihm dienen werden, nicht mit legalen, vorbildlichen, an diesen oder jenen Ort oder Tempel gebundenen Ceremonien, nicht mehr mit dem Blute der Böcke oder Lämmer, sondern mit einem Opfer, das der geistigen Natur Gottes angemessen, selbst Geist und Wahrheit sein wird; denn mit den ganz geistigen Akten des Gebetes, der Anbetung, der Liebe und der Hoffnung wird es als das Eine in seiner Wirklichkeit verhüllte, unblutige Opfer des neuen Bundes, fortan dargebracht werden 1), soweit nur die Gemeinde der Gläubigen reicht.

19. Was Jesus bisher noch nicht gethan, nicht in Jerusalem oder Judäa oder Galiläa, das that er hier in Samarien, er erklärte der Frau unumwunden, er sei der Messias, und schenkte den von ihr herbeigerufenen Bewohnern von Sichem zwei Tage seines Lebens, sie im Glauben an ihn zu befestigen. Dieß konnte er unbedenklich thun unter einem Volke, mit dem die Juden in keinem Verkehr standen, wo es feine lauernden Schriftgelehrten und Pharisäer gab, und wo er nicht fürchten durfte, daß die Anerkennung seiner Messiaswürde sofort eine politische Empörung gegen die Römerherrschaft entzünden würde.

20. Von Samaria gelangte Jesus nach Galiläa, wo er nun

') Joh. 4, 1 sq.

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besser aufgenommen wurde als früher, da die von Jerusalem zurückgekommenen Galiläer den Ruf seiner Thaten und Lehren bereits verbreitet hatten. Von da an brachte er einen großen Theil seines öffentlichen Lebens in diesem fruchtbaren, dichtbevölkerten Lande zu 1). In Jerusalem und in Judäa entwickelte sich schon frühzeitig eine feindselige Stimmung wider Jesus bei den einflußreichen Klassen und den Volksführern. Besonders seitdem er an einem Sabbath des Laubhüttenfestes einen Kranken geheilt, und dann, deßhalb sich vertheidigend, sich als den Sohn Gottes bezeichnet hatte, trachteten sie ihm als einem Sabbathschänder und Gotteslästerer nach dem Leben 2). Darum wollte er lieber in Galiläa als in Jerusalem und der Ju däischen Landschaft, dem eigentlichen Sitz des Pharisäerthums und der Gesezeskundigen, leben und wirken. Dort wohnte, untermischt mit Heiden, der am wenigsten geachtete, aber auch am meisten sich selbst überlassene Theil Israels. Aus Galiläa, hieß es bei den Pharisäern, kann kein Prophet kommen 3). Da er jedoch alle Gerechtig= keit eines Juden erfüllen, sich ganz als treuer, religiös gewissenhafter Sohn seines Volkes zeigen wollte, führten ihn die hohen Feste immer wieder auf kurze Zeit nach Jerusalem *).

21. Von dem Städtchen Kapernaum aus, wohin er vom allzu entfernt liegenden Nazareth, von seiner Familie sich für immer trennend, seine Wohnung verlegt hatte), unternahm Jesus seine Wanderungen, auf denen er allmählig ganz Galiläa durchzog, überall in den Synagogen lehrend. Doch weilte er am häufigsten in den Umgebungen des Sees von Tiberias. Er vermied es, die bedeutenderen Städte des Landes zu betreten, er kam nicht nach Tiberias, der Residenz des Vierfürsten Herodes, nicht nach Sephoris, Gadara, der festen Stadt Giskala. Nur in den kleineren Landstädtchen und Flecken lehrte und wirkte er, auch hierin seinem Plane treu, sich nicht vor zeitig in Gefahr zu bringen, und einen Aufruhr, der sich in den zusammengedrängten Massen größerer Städte leichter entzünden konnte, zu vermeiden. Dabei umging er auch die Mitte des Landes, wo die ächtjüdische Bevölkerung saß, und suchte lieber die Grenzbezirke oder auch abgelegene Gegenden auf, theils um ungestört sich dem Gebete zu überlassen, theils um dem Andringen des wundersüchtigen und nach einem politischen Messias begierigen Volkes zu entgehen, das ihn wirklich einmal zum König auszurufen beabsichtigte 6), wiewohl es

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in raschem Umschlage zu andrer Zeit wieder seine Person preiszugeben bereit war.

22. Zwei Jahre und einige Monate währte seine öffentliche Lehrthätigkeit. Auf seinen Wanderungen pflegten ihm außer den Zwölfen auch einige Frauen, zum Theil Verwandte, zu folgen. Ein weiterer Kreis von siebzig Jüngern scheint nur hie und da in seiner Nähe sich befunden zu haben, sonst aber seinem Gewerbe nachgegangen zu sein. Liebreich sich herablassend zu der Fassungskraft der Geistesarmen und Geistig-Unmündigen, kleidete er seine Lehren in Sprüche, in anschauliche, von der Natur und dem menschlichen Thun entlehnte Gleichnisse und Beispiele. Er schöpfte aus den Büchern des Alten Testaments, er stützte sich auf die allgemein bekannte und herrschende Lehre; aber er behandelte zugleich die heiligen Bücher als ein Herr und Meister, der, ohne von irgend einem menschlichen Lehrer gebildet zu sein, ohne das Geistesgepräge irgend einer Schule oder Partei zu tragen, vielmehr hoch über diesen Schranken stehend, aus einer ihm eigenthümlichen höhern Erkenntniß Licht und Klarheit in jene Bücher hineintrug. Völlig und in jeder Beziehung zeigte er sich als ein ächtes und trenes Glied der Jüdischen Nationalität und des Jüdischen Kirchenthums. Wie er als Kind das National- und Bundeszeichen der Beschneidung empfangen hatte, so beobachtete er auch seit seinem öffentlichen Hervortreten das rituelle Gesetz. Auch die Sabbathfeier verletzte er nicht, obgleich er durch die Ausdehnung, welche man ihr durch spätere willkürliche Satzungen gegeben hatte, sich nicht binden lassen wollte. In der Bergpredigt forderte er bezüglich des Sittengesetzes eine noch strengere Gerechtigkeit, als in dem Buchstaben der Sagung und in dem damaligen Verständnisse und der Uebung der Juden lag; aber die Werke dieses Gesetzes sollten von selbst aus der reinen Wurzel eines geheiligten, ganz an Gott hingegebenen Willens gleich den Früchten eines guten Baumes hervorwachsen. Die Gerechtigkeit in seinem Reiche sollte das Gegentheil sein von jener so scharf von ihm gerügten dünkelhaften, felbstgefälligen und oft heuchlerischen Werkgerechtigkeit der Pharisäer. Dabei sah er wohl voraus, daß die große Mehrheit seines Volkes ihn und seine Lehre zuletzt verwerfen werde. Man nahm Aergerniß an der Niedrigkeit seiner Herkunft '), an seinem Umgange mit Zöllnern und Sündern), und daß er den herrschenden Haß gegen die Römerherrschaft und die Begierde, sie abzuwerfen, nicht theile. Die Pharisäer und Schriftgelehrten aber sahen in ihm

1) Marc. 6, 3. 2) Matth. 9, 11.

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einen gefährlichen, ihr Ansehen und ihren Einfluß auf das Volk beeinträchtigenden Nebenbuhler. Sein ganzes Leben war so, daß er auch seine Feinde herausfordern durfte, ihn einer Sünde oder eines Jrrthums zu zeihen '). Die ihm zulezt überallhin folgenden Späher und Auflauerer vermochten nichts, was auch nur einen Schatten auf ihn geworfen hätte, zu entdecken. Er aber lehrte und wirkte von Anfang an mit dem vollen Bewußtsein, den Haß der Menschen zu wecken oder zu steigern, und als Opfer dieses Hasses sein Leben hingeben zu müssen.

23. Das Himmelreich sei nahe, verkündigte er auf seinen ersten Wanderungen, und die Begründung desselben auf Erden sein Beruf2). Jetzt erst berief er jene vier galiläischen Fischer, die sich ihm früher schon einmal angeschlossen hatten, Andreas und dessen Bruder Simon, dann Johannes und Jakobus, zu lebenslänglicher ungetheilter Thätigkeit in seinem Dienst und Auftrag3). Auch Thomas und Nathanael schloßen sich ihm nun wieder an. Aus der Menge der allmählig um ihn sich sammelnden Schüler und Anhänger wählte Jesus sich einen engern Kreis von Männern, mit denen er eine vertrautere Gemeinschaft, eine Art von Haus- und Tischgenossenschaft errichtete. Diese Zwölf, Alle galiläische Bauern, Fischer und Zöllner, sollten den Grund seiner zu erbauenden Kirche abgeben, sollten, entsprechend den zwölf Stämmen Israels, die zwölf Patriarchen des neuen Israel sein. Zu dem so wichtigen Werke dieser Auswahl hatte er sich eine Nacht im einsamen Gebete vorbereitet ). Apostel, Gesandte, nannte er sie. Sechs von ihnen hatten ihn schon beim Anfange seines Lehramtes begleitet, nämlich die zwei Brüderpaare Petrus und Andreas, Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, nebst Philippus und Bartholomäus (Nathanael). Zu diesen kamen nun noch Thomas (Didymus) und Matthäus (Levi) der Zöllner, ferner zwei Geschwisterkinder (Brüder) Jesu, die Söhne des Alphäus, Jakobus und Judas Thaddäus; endlich Simon, dessen Beiname Zelotes zeigt, daß er früher zur Partei der gegen die Fremdenherrschaft Eifernden gehört habe, und Judas Ischkarioth, der allein kein Galiläer gewesen zu sein scheint.

24. Er also, der arme Zimmermanns-Sohn, und seine galiläischen Fischer und Zöllner das waren die Kräfte, durch welche

2) Matth. 4, 17. Marc. 1, 14 sq.
Luc. 5, 1 sq. - 1) Luc. 6, 12 sq.

1) Joh. 8, 46. 4, 18 sq. Marc. 1, 16 sq. 10, 1 sq. Marc. 3, 13 sq.

3) Matth.

Matth.

12

Jesu Stellung zu dem Volke;

der größte Umschwung, der jemals in der Geschichte des menschlichen Geschlechtes vor sich gegangen, vollbracht werden sollte. Nachdem er sein Lehramt begonnen, konnte er eigentlich nirgends mehr mit Sicherheit wohnen. Als er einmal in seiner Vaterstadt Nazareth lehrend in der Synagoge auftrat, wollten die erbitterten Einwohner ihn von der steilen, an der Stadt sich hinziehenden Felsenwand herabstürzen, und nur durch ein Wunder entzog er sich ihren Händen '). So zog er denn, begleitet von seinem engeren Jüngerkreise und von Frauen, welche aus ihrer Habe die Bedürfnisse des Herrn und seinér Schüler bestritten, in Galiläa von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf2). Ueberall im Volke wurde er als eine bedeutungsvolle und außerordentliche Erscheinung betrachtet, die mit dem zu erwartenden Messias selbst in Verbindung stehe, als dessen Vorläufer auftrete. Da Johannes mittlerweile auf des Herodes Antipas Befehl enthauptet worden war, so sahen die Einen den auferstandenen Täufer in ihm, die Andern den Elias oder sonst einen wiedererweckten Propheten des Alterthums 3). Bei so fleischlichen Erwartungen und Aufruhrgedanken, wie sie sich in dem Wahne und der Sehnsucht des Volkes an den Messias knüpften, konnte Jesus auch nicht einmal wünschen, daß sie jetzt schon, vor seinem Leiden, ihr MessiasPhantom auf ihn übertrügen, so daß er sogar den Jüngern verbot, von seiner Würde zu reden ).

25. Wohl zollte er den Pharisäern und Schriftgelehrten seiner Zeit die Anerkennung, daß sie auf dem Stuhle Mosis säßen und im rechtmäßigen Besitze der Lehrautorität seien 5); aber dabei machte doch der ganze Zustand des Volkes den Eindruck auf ihn, daß es rathlos, sich selbst überlassen, Verführungen preisgegeben, eine Heerde ohne Hirten sei). Das Mitleid mit dem Volke bestimmte ihn, schon eine vorläufige Aussendung der Apostel eintreten zu lassen; zwei und zwei sollten sie im Lande umherziehen, ausgerüstet mit der Kraft der Krankenheilung, um überallhin die Kunde von seiner Erscheinung und von der Nähe des Gottesreiches auszubreiten. Ein anderesmal sandte er auch den weitern Jüngerkreis, den er um sich ge= bildet hatte, die Siebenzig, aus, um in den Orten, wohin er nach ihnen kommen wollte, das Volk auf sein Auftreten und seine Lehre vorzubereiten 7).

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