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die Fähigkeit griechisch zu schreiben verbreitet war. Auch durch Kraft und Gedankenreichthum, durch die sententiöse, bilderreiche, oft poetisch sich steigernde Sprache, durch eine sehr sichtbare, vielfache Berührung mit der Bergrede Jesu zeichnet das Schreiben sich aus. Es ist theils der Widerlegung eines dogmatischen Irrthums (der mißverstandenen und übel angewandten Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben) theils und hauptsächlich der Rüge und Verbesserung sittlicher Gebrechen, namentlich des schroffen Gegensatzes zwischen Reichen und Armen und der Bevorzugung der erstern in den Gemeindeversammlungen gewidmet. Das Christenthum bezeichnet der Apostel als das Gesetz der Freiheit, das königliche Gesetz der Liebe, welches Gott dem Menschen durch den Glauben ins Herz schreibe; sonst aber werden die wichtigsten, neutestamentlichen Lehren nicht einmal berührt. Und doch enthält dieser Brief mehr Anklänge an Reden Jesu und Wiederholungen von Worten des Herrn, als alle andern apostolischen Briefe zusammengenommen.

161. In den beiden ersten Jahrhunderten wurde der Brief Jakobi nur selten angeführt, doch hat ihn Hermas gekannt; in der Syrischen Peschito hatte er bereits seine Stelle, ') und Clemens von Alexandrien hatte ihn mit den übrigen erläutert.2) Origines3) aber ist der erste, der ihn ausdrücklich dem Jakobus beilegt. In der Abendländischen Kirche wurde er, so viel wir sehen, erst am Schlusse des vierten Jahrhunderts gebraucht. Eusebius seht ihn unter die bestrittenen Stücke, bemerkt aber, daß er in sehr vielen Kirchen öffentlich vorgelesen wurde1), und gibt als Grund zum Zweifel an der kanonischen Berechtigung des Briefes nur an, daß derselbe bei den frühern Kirchenschriftstellern seltener angeführt werde. Nur allmählig, im Laufe der Zeit, sagt Hieronymus, 5) habe der Brief Autorität erlangt; der Verdacht, dessen er zugleich gedenkt, daß der Brief von einem Andern unter dem Namen des Jakobus verbreitet worden sei, mag im Occident eine Zeitlang bestanden haben; im Orient findet sich nichts davon, auch ist nie ein anderer Verfasser desselben ge= nannt worden.

162. Ein anderer Bruder, d. h. Vetter Jeju, war Judas, der Bruder des Jakobus, gleich diesem Sohn des Klopas, des Oheims Jesu, und der Maria, unter dem Namen Thaddäus oder Lebbäus unter den Aposteln mitgezählt. Der Ausdruck des Hegesippus, er sei

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dem Fleische nach" Bruder des Herrn') genannt worden, will fagen, das Verwandtschaftsverhältniß zwischen ihm und Jesu habe sich blos auf den Menschen Jesus bezogen, der als Sohn Gottes feine Verwandten hatte.) Sein kurzer Brief, mit einer allgemein lautenden Aufschrift, ist gleichwohl speziell an die Gemeinden von Kleinasien gerichtet, und wohl erst nach dem Tode des Petrus, Paulus und Jakobus verfaßt, um den dortigen gnostisch-antinomistischen Irrlehrern das Zeugniß eines noch überlebenden Apostels entgegen zu setzen. Mit der Schilderung dieser Irrlehrer und Verführer, ihres fleischlichen Sinnes, ihres Mißbrauches der christlichen Agapen, ihrer Lästerungen, beschäftigt sich der Brief vorzugsweise; er sucht die Christen durch Erinnerung an die nun eingetroffenen Weissagungen der Apostel, daß solche Menschen kommen und die Kirche verwüsten würden, gegen ihre Lockungen zu verwahren. Und hier trifft er häufig in den Gedanken und selbst in den Worten mit dem zweiten Briefe Petri zusammen; nur daß er die allgemeiner gehaltenen Andeutungen des Petrus, durch die Erfahrung belehrt, näher ausführt. Der Brief ist stets in der Kirche als ächt betrachtet, auch frühzeitig schon (von Tertullian, Clemens, Origenes) namentlich angeführt worden, und wenn Eusebius ihn zu den bestrittenen zählt, und auch sonst einzelne Bedenken gegen ihn laut wurden, so hatte dieß seinen Grund blos in dem Gebrauche, welchen der Verfasser von zwei apokryphischen jüdischen Schriften späterer Zeit, dem Buche Henoch und der Anabasis des Moses 3) gemacht hat.

163. Es schien als ob der Märtyrertod des Jakobus das Ziel gewesen sei, mit welchem die der jüdischen Nation gesezte Frist der Bekehrung abgelaufen war. Es war nun klar, daß, so lange Jerusalem und der Tempel stand, so lange das jüdische Staatswesen mit seinem theokratischen Charakter sich erhielt, die Masse der Juden nicht zum Glauben an ihren wahren Messias gebracht werden könne. In der That wurde seit der Hinrichtung des Jakobus in Jerusalem ·

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Ap. Eus. 3, 20. 2) Wenn der Apostel Judas (Luc. 6, 16. 11. Act. 1. 13.) 'lovdas 'Tazóßov genannt wird, so heißt das gewiß nicht: „Sohn des Jakobus" wonach dann der Verfasser des Briefes ein anderer als der Apostel sein müßte, sondern es ist eben άðɛgós zu suppliren, was kein Bedenken haben kann, wenn es, wie aus der Ueberschrift des Briefes selbst sich ergibt, unter den ersten Christen gebräuchlich war, den Judas zur Unterscheidung von andern Judas als Bruder des so gefeierten und allgemein bekannten Jakobus zu bezeichnen. ) Aus dieser Schrift ist nach Orig. de princip. 3, 2 die Angabe über den Erzengel Michael und den Satan geflossen.

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Die Zerstörung Jerusalems.

die Lage der Christen immer unerträglicher. Schon der Brief an die Hebräer schildert einen Zustand, in welchem nicht wenige, den Anfeindungen der Volksgenossen erliegend, wieder abfielen. Jene religiöse Begeisterung, jenes Hervortreten des pharisäischen Zelotenthums, durch welches endlich das ganze Volk in den Kampf gegen die Römer, ja gegen alle Nichtjuden verwickelt und mit fortgerissen wurde, machte ein ruhiges Fortbestehen der Christengemeinde in Judäa und Galiläa unmöglich, wenn auch die Mitglieder derselben fortwährend durch Beobachtung des Ritualgesetes ihre Zugehörigkeit zum jüdischen Staats- und Kirchenwesen bezeugten. Die Verehrer eines in Armuth und Niedrigkeit gekommenen und am Kreuze gestorbenen Messias konnten nicht mehr neben denen bestehen, welche eben jezt mit grenzenloser Zuversicht und Ungeduld einen mit dem Schwerte bewaffneten, sie zum Siege über die Römer führenden Messias erwarteten noch unter den über ihnen zusammenschlagenden Flammen des Tempels erwarteten. 164. Denn nunmehr übernahm die Jüdische Nation selbst die Vollstreckung des höheren Rathschlusses und Gerichtes an sich. Im J. 66 brach der Aufruhr gegen die Römerherrschaft aus, welcher die Belagerung und Eroberung Jerusalems zur Folge hatte. Von dieser großen Katastrophe wurde die dortige christliche Gemeinde nicht mitbetroffen. Schon Christus hatte seine Jünger gewarnt, wenn sie den Gräuel der Verwüstung an heiliger Stätte, Jerusalem von feindlichen Lagern umringt sähen, sollten sie die Stadt verlassen und nach den Bergen flichen. ') Dazu kam noch kurz vor der Einschließung der Stadt, nach dem Berichte des Eusebius, eine besondere Offenbarung, die durch den Mund der Bewährtesten in der Gemeinde den Christen Jerusalem zu verlassen und zu Pella in Peräa sich niederzulassen gebot. Dem Beispiele der Christen in der Hauptstadt folgten wahrscheinlich die Christen aus den Landschaften Judäa und Galiläa. Pella war eine griechische Coloniestadt; dort mögen also die ersten heidenchristlichen Einflüsse auf die bisher so abgeschlossene judenchristliche Gemeinde von Jerusalem stattgefunden haben. 2)

165. Der Fall des Tempels war für die junge Kirche ein Ereigniß von entscheidender Bedeutung. Das Judenthum bedurfte zu seiner gottesdienstlichen Thätigkeit, zu seinem religiösen Leben überhaupt nothwendig eines Tempels, und dieser Tempel durfte nur ein einziger sein, durfte auf der ganzen Erde nur an Einem bestimmten Orte sich befinden. Als der Tempel in Flammen aufging, war die Uebung

') Matth. 24, 16. 2) Euseb. 3, 5. Epiph. de pond. et mens. c. 5.

und ihre Folgen für die Kirche.

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des rituellen Gesetzes in seinen wesentlichsten Bestandtheilen unmöglich geworden, die Opfer, welche in der Jüdischen Religion das Heiligste waren, mußten aufhören, das Priesterthum war zu einem müssigen Vorzug, einem leeren Titel herabgefunken. Den Wahn, an welchen damals so viele Juden sich anklammerten, daß Gott den Tempel plötzlich durch ein Wunder wiederherstellen würde, theilten die Christen nicht; sie erkannten in dessen Zerstörung die göttliche Fügung und das Zeichen, daß nunmehr das Ende des Ceremonialgeseßes gekommen, daß die volle Lösung und Entlassung der christlichen Lehre aus dem mütterlichen Schooße der Jüdischen hiemit vollzogen sei. Dem Jüdischen Volke war nun Alles genommen, was ehemals zu seinen Vorzügen gehört hatte. Die letzten Reste des nationalpolitischen Gemeinwesens, der staatlichen Existenz waren vernichtet, es hatte keinen Mittelpunkt, keine Hauptstadt mehr; es hatte zwar noch seine Gesetze, aber ein Gesetz, das gewissermaßen sich selbst verbot, dessen rituelle Bestandtheile, eben nach dem Gesetze selbst von keinem einzigen Israeliten mehr geübt werden konnten. Allen Christen und sicher auch vielen Juden mußte dieß als eine feierliche, von Gott thatsächlich vollzogene Verstoßung des ehemals aus den übrigen Nationen auserwählten Volkes erscheinen.

166. Die Mehrzahl des Volkes blieb auch nach der Zerstörung der Stadt und des Tempels entschlossen, in dem gewohnten Kreise von Hoffnungen und Vorstellungen zu verharren. Das Ereigniß wurde wohl im Allgemeinen als ein schweres, von Gott über die Nation verhängtes Strafgericht aufgefaßt, aber die rechte Schuld wurde nicht gefunden. Daß die Katastrophe die Erfüllung des Urtheils sei, das sie über sich selbst gesprochen, als sie riefen:,,Sein Blut komme über uns und unsere Kinder" das faßten sie nicht. Ihre Lehrer beredeten sie, darum, weil es am Eifer für das Gesetz, an der Genauigkeit in dessen Erfüllung gemangelt, sei dieses Unheil über sie gekommen. Der Masse der Juden konnte eine Religion nicht gefallen, die gleich auf der Schwelle ihnen mit der Zumuthung entgegentrat, allen ihren Vorrechten und Vorzügen zu entsagen, und den Heiden, den Unbeschnittenen sich demüthig gleichzustellen, anzuerkennen, daß sie bei all ihrer gesetzlichen Gerechtigkeit Sünder seien, und der vergebenden Gnade so gut wie die Heiden bedürften. Fast überall hatten die Heiden seit dem Beginne des großen Kampfes einen glühenden Haß gegen die Juden kund gegeben, in vielen Städten waren sie das Opfer dieses blutdürstigen Hasses geworden, und zu Hunderten, ja zu Tausenden hingeschlachtet worden. Um so tiefer

112 Jüdische Abneigung gegen das Christenthum.

und unaustilgbarer loderte nun auch in ihnen das Gefühl der Rachgier und des Hasses gegen alle Unbeschnittenen, und ein Glaube, der ihnen das Gebot allgemeiner Liebe als erste Bedingung vorhielt, der ihnen zumuthete, etwa auch einem Unbeschnittenen als Bischof oder Presbyter sich unterzuordnen, war ihnen unerträglich. Das Wort: ,,ein Unbeschnittener soll ausgerottet werden aus Gottes Volfe" schwebte ihnen stets vor, und mit einem Nichtjuden zusammen zu essen, galt fortwährend für befleckend. Wohl waren ihre Feste und ein Theil ihrer Ceremonien durch das Verschwinden des Tempels, durch das Aufhören der Opfer zur leeren Schale ohne Kern geworden, aber sie erwarteten noch lange, von einem Jahre zum andern, die wunderbare Wiederaufrichtung des gefallenen Tempels; die ihnen gebliebenen Trümmer des Ceremonialgesetes wurden unterdeß mit um so zäherer Anhänglichkeit festgehalten, sie waren das Vollwerk, hinter das ihre Nationalität sich verschanzte, und diese war durch die gemeinsame Hoffnung, durch den Dünkel und Hochmuth der Abrahamiden, durch ihre geschichtlichen Erinnerungen so fest verkittet, daß alle Keulenschläge der römischen Macht, das ganze beispiellos einzige Verfahren, welches die Römer nur gegen sie und sonst gegen keine andere überwundene Nation anwandten, das Herausreißen dieses Volkes aus seinem Boden, die Zerstreuung über alle Länder, der demüthigende Tribut an den Jupiter-Tempel des Capitolium, daß Alles dieß fie nicht zu zerbröckeln im Stande war.

167. Alle, die fortan zu dem christlichen Glauben sich bekannten, verloren damit ihre Zugehörigkeit zur Nation, sie waren in den Augen der Masse Blätter und Zweige, die vom Volksbaume herabgefallen waren, der Baum aber blieb lebenskräftig. Die unverwüstliche Fruchtbarkeit dieses Volkes ersetzte stets reichlich alle solche Verluste, und in ihrem Sanhedrin, der nun seit der Zerstörung Jerusalems in Jamnia saß, hatten sie einen festen religiösen Vereinigungspunkt. Und dabei entwickelte sich jetzt jene Leichtgläubigkeit, jene Bereitwilligkeit, fraßenhafte, immer aber der Eitelkeit, dem Dünkel und dem fleischlichen Sinne der Juden schmeichelnde Fabeln zu erfinden und anzunehmen, wovon die allmälig sich bildende Talmud-Literatur so reichlich Zeugniß gibt. Diese Sucht war natürlich bei einem Volke, das eine so reiche und wunderbare Geschichte hatte, dessen Gegenwart aber so arm und leer war, das immer beflissen sein mußte, den Widerspruch zu verdecken, daß es sich fortwährend für das einzige und auserwählte Volk Gottes hielt, und daß doch auf diesem Liebling der Gottheit unter den Nationen alle Zeichen göttlicher Verwerfung

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