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Jesus über sein Reich,

Unter der Hülle dieser Bilder konnte er dann seinen Zuhörern sagen, was sie, unverhüllt ausgesprochen, kaum ertragen hätten: daß er noch andre Schafe habe, als die seines Volkes, daß sie vom Morgen und Abend kommen würden, daß er die Menschen ohne Unterschied wie von der Straße werde einladen lassen, und endlich, daß das Evangelium in der ganzen Welt werde verkündet werden ').

50. Unter dem Himmelreich oder Reich Gottes verstand er überhaupt jene göttliche Ordnung der Dinge, welche zu verwirklichen er gekommen war. Es sei ein Reich nicht von dieser Welt 2), obwohl in der Welt, zu welcher, da sie ihrerseits ein von Gott abgefehrtes, vom Satan beherrschtes Reich sei, das seinige in schroffem Gegensate stehe 3). Darum antwortete er den Pharisäern, als sie fragten, wann das Reich Gottes komme: es sei mitten unter ihnen, die ersten Keime und Anfänge nämlich seien in ihm und seinen Jüngern schon vorhanden ). Er sagte aber auch voraus, daß ein großer Theil seines Volkes keinen Antheil an diesem Reiche erhalten werde, er gab in Gleichnissen zu verstehen, daß das Volk als solches aufhören werde, Träger des Gottesreiches zu sein), daß andre Nationen an dessen Stelle berufen werden würden.

51. Dieses Reich umfaßt übrigens in den Worten Jesu Himmel und Erde und den ganzen Verlauf der Menschengeschichte von Jesus abwärts. Das Wachsthum und die Ausbreitung seines Reiches hob er hervor unter den Bildern des zu hundertfältiger Frucht sich entwickelnden Waizensamens und des kleinen zum hohen schattigen Baume emporwachsenden Senfkorns 6). Eine Schafheerde mit ihrem Hirten, dessen Stimme sie kennt), eine Familie mit dem Hausvater, mit Knechten und Mägden, oder auch eine Stadt, ein Volk, ein Königreich, dessen König er selber seis), diese Bilder machten den organischen Zusammenhang seiner Kirche, die Gewalt und Autorität, welche in diesem seinem Reiche ihm und seinen Stellvertretern zustehe, anschaulich. Auch das Amt, das er in seiner Kirche stiften wollte, dessen Geschäfte und Befugnisse, zeichnete er in solchen Bildern eines Gärtners, eines Fischers, eines Hirten. Die Diener der Kirche sollten seine Haushalter sein, die er über die andern Knechte

') Matth. 8, 11. 13. Luc. 14, 15 24. Joh. 10,

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16.

31. 14, 30. 16, 11.

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6) Matth. 13, 3-8. 8) Matth. 5, 14. Joh.

die Kirche.

29 sezt, und er verhieß seinen Aposteln und ihren Nachfolgern für die rechte Verwaltung dieses Amtes einen besondern Lohn '). Als seine Jünger unter einander stritten, wer von ihnen in seinem Reiche der Größte sein werde, belehrte er sie, daß diejenigen, die in der Kirche die Größten und Vornehmsten sein würden, zugleich die Demüthigsten, die den Andern willig Dienenden sein müßten 2). Dicht daneben steht nun die feierliche Erklärung, die er bei seinem letzten Abschiedsmahle gab, daß für die Treue, mit der sie bisher ihm gefolgt und gedient, er ihnen sein Reich, die Kirche, wie der Vater es ihm verliehen habe, hinterlasse und zutheile, ein Reich, in welchem sie fort und fort ein heiliges Mahl an seinem Tische feiern, auf zwölf Thronen sitzend, als Könige dieses Reiches die Stämme Jfraels richten, über ihre Aufnahme oder Ausschließung entscheiden, also priesterliche und königliche Gewalt besitzen und üben würden. Von Christus war geweissagt worden, daß er auf dem Throne Davids sizen werde. So sollten auch sie, als seine Stellvertreter, in seinem Reiche auf Thronen sizen. Wie er es war, der sie bestellte, so sollte auch ihre Gewalt derjenigen entsprechen, die er selber übte. ,,Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, der nimmt Den auf, Der mich gesandt hat" 3).

52. Jm weitesten Umfange wollte Jesus das Wort wahr machen, daß er gekommen sei, nicht das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen. Seine Kirche war in dem mütterlichen Schooße des jüdischen Staats- und Kirchenwesens, als der Embryo der künftigen Kirche des neuen Bundes, erzeugt und bisher bewahrt worden; die Zeit, in welcher die Tochter dem Schooße der Mutter sich völlig entwinden sollte, war noch nicht gekommen. Er selber bestätigte zulezt noch in Jerusalem vor dem Volke die Autorität der Synagoge. Sie sißen auf dem Stuhle Mosis, sagte er, sie sind die Schriftgelehrten und Pharisäer, nämlich rechtmäßige Inhaber des Lehramtes und der Kirchengewalt, was sie lehren, das haltet, aber ihre Werke ahmet nicht nach. Und doch wußte er, daß die Synagoge in kürzester Frist das Todesurtheil über ihn als Lästerer fällen würde. Aber ihre Autorität war noch nicht abrogirt, der Moment, ihr völlig den Gehorsam aufzukündigen, war noch nicht eingetreten, der Stuhl Mosis bestand noch. Im rechten Zeitpunkte jedoch sollte dieser Stuhl in seine Kirche verpflanzt werden; denn er hatte bereits seine Maß

1) Luc. 12, 42 sq. 16, 1 sq. 2) Luc. 22, 25-30.

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10, 40.

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regeln getroffen, und für die Einsegung einer Autorität Sorge getragen, wie sie der die ganze Menschheit umfassenden Kirche, welche an die Stelle der blos ein Volk begreifenden Synagoge treten sollte, angemessen war. Diese Gewalt sollte Ausfluß und Ersatz der Seinigen sein. In ihm war das alttestamentliche Priesterthum, das Próphetenthum und das Königthum vereinigt. Durch ihn, von ihm in der Mitte seiner Kirche als deren ewiges Centrum und Einheitspunkt hingestellt, sollte der Stuhl Mosis zum Stuhle der Apostel werden.

53. Zwei Jahre lang hatte er seine Apostel mit sorgsamer Pflege zu dem Amte, das er auf ihre Schultern legen wollte, vorbereitet; er hatte sie deßhalb auch schon einmal ausgesandt, zu predigen, und ihnen die Kraft der Wunderheilungen mitgetheilt 1). Er sende sie wie Schafe unter die Wölfe, hatte er gesagt, und ihnen voraus verkündet, was in der künftigen Laufbahn ihres Amtes unter Juden und Heiden ihnen begegnen werde. Mit festem Gottvertrauen suchte er sie zu erfüllen: im entscheidenden Momente vor den Mächtigen der Welt werde das rechte Wort von dem Geiste Gottes auf ihre Lippen gelegt werden 2).

54. Als Petrus in jenem Wendepunkte des zu Ende gehenden Lehramtes Jesu und seines beginnenden Leidens das Bekenntniß abgelegt hatte, daß Jesus Christus der Sohn des lebendigen Gottes sei, da belohnte Jesus ihn durch vier mit einander eng verbundene Verheißungen einer künftig ihm anzuvertrauenden Gewalt und eines Vorzugs in der Kirche. Er sollte erstens der Fels sein, auf welchen Jesus seine Kirche bauen wolle 3); die auf diesem Felsen ruhende Kirche Folle zweitens niemals untergehen; er werde ihm drittens die Schlüssel des Reiches, der Kirche geben, und viertens solle, was er auf Erden binden oder lösen werde, auch im Himmel gebunden oder gelöst sein1).

55. Petrus war es allein, der hier gesprochen; er hatte nicht etwa von den andern Aposteln den Auftrag dazu erhalten, er ragte unter ihnen durch seinen vom himmlischen Vater ihm verliehenen Glauben hervor. Um dieses seines felfenfesten Glaubens willen eignete er sich zum Fundamente der Kirche, die Christus schon früher mit

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') Matth. 10, 7 sq. 2) Matth. 10, 20. 3) Der griechische Uebersetzer des aramäisch geschriebenen Matthäus - Evangeliums sah sich genöthigt, Ilirgos und nirea zu gebrauchen; im Original stand ohne Veränderung des Genus nach einander Kephas: „du bist Stein und auf diesen Stein u. s. w.“, da Kephas zugleich Name und Sachbezeichnung ist. ') Matth. 16, 18. 19.

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einem Hause verglichen hatte. Und jezt erst erfuhr Simon Bar Jona, warum ihm der Herr gleich im Beginne den Namen Kephas, der Fels, gegeben hatte. So hat hier Christus, wie nachher auch Paulus ') die beiden Bilder des Hausbaues und der häuslichen Gemeinschaft mit einander verbunden. Er will sein Haus, die unvergängliche, nie von den Todesmächten zu überwältigende Kirche, auf den glaubenden und bekennenden Simon bauen, und dieser soll in demselben Sinne das Fundament der Kirche werden, in welchem es nach Paulus und Johannes) alle Apostel geworden sind, aber so, daß er auch in seiner Eigenschaft als Grundbaustein allen andern vorgeht. Zugleich aber soll Simon in diesem auf ihm erbauten Hause die Pflichten und Gewalten zwar nicht des Hausherrn dieser ist und bleibt Christus selbst wohl aber des Hausverwalters empfangen; sie werden ihm verheißen in dem Symbol der Schlüssel, mit welchen er die Vorrathsräume des Hauses zu eröffnen, die geistigen Vorräthe und Schäße der Kirche, Lehre und Heilmittel, zu bewahren und auszutheilen befähigt wird.

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56. Was hier dem Petrus nach dem Berichte des Matthäus vorerst nur verheißen wurde, das wurde ihm später nach der Auferstehung verliehen. Es geschah dieß, als Jesus zum drittenmale den Aposteln, und zwar diesesmal drei Aposteln und drei Jüngern nebst Petrus, erschien. Hatte er früher auf das Zeugniß seiner göttlichgewirkten Glaubensstärke hin ihm jene Zusicherung künftiger Erhebung gegeben, so belehrte er ihn nun durch die in feierlicher Weise dreimal an ihn gerichtete Frage, daß er auch in der Liebe zu ihm die andern Apostel übertreffen, ein Felsenmann, wie im Glauben, so in der Liebe, sein müße, veranlaßte ihn hiedurch, seine dreimalige Verläugnung zu widerrufen, und verband hiemit den dreimal wiederholten Auftrag: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe 3). Damit war der gesammten Kirche, die Apostel mit inbegriffen, ein oberster Hirt gegeben, war Petrus zu der Gesammtheit der Gläubigen in dasselbe Verhältniß gesezt, in welchem Christus selber bisher stand, als der „gute Hirt“4), der für seine Heerde sorge aus Liebe und mit Aufopferung, nicht einem Miethlinge gleich um des eignen Vortheils willen.

57. Früher, unmittelbar vor dem Beginne seines Leidens, als Jesus dem Petrus vorhergesagt, daß er ihn noch in derselben Nacht

') Ephes. 2, 19. 20. *) Joh. 10, 12.

2) Apoc. 21, 14.

3) Joh. 21, 15-17. —

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Der Vorrang des Petrus.

dreimal verläugnen werde, da hatte er ihm zugleich die Versicherung gegeben, daß in Kraft eines besondern, für ihn an den Vater gerichteten Gebetes, seine Glaubensschwäche nicht bis zum völligen Abfall, zum entschiedenen Unglauben hinabsinken werde. 1) Daran knüpfte Jesus die Mahnung, daß Petrus, wenn er von seinem Falle sich wiederum erhoben, seinerseits die in ihrem Glauben wankend gewordenen Brüder, die Apostel und übrigen Jünger befestigen, sie in ihrer Entmuthigung aufrichten, sie mit der Hoffnung seiner sicheren und nahen Auferstehung trösten solle.

58. Petrus ist in den Evangelien so gleichmäßig ausgezeichnet, so unmittelbar Jesu an die Seite gestellt, als der ihn stets begleitende Schatten, als der Einzige, der sein volles Vertrauen besaß, der zwischen ihm und den übrigen Jüngern vermittelte, daß kein anderer der Apostel ihm hierin auch nur nahe kommt. Wo nur die Apostel aufgezählt oder erwähnt werden, ist er unveränderlich der erste. Alle bedeutenden Momente im Leben Jesu sind in eine gewisse Beziehung zu Petrus und nur zu ihm gesetzt. Ihm wird die Aufer< stehung Jesu auf dessen Gebot besonders angezeigt; nur seine Fehler und seine Demüthigungen, nicht die der andern Apostel, berichtet die neutestamentliche Geschichte; während sie die Stärke seines Glaubens und seiner Liebe und die ihm dafür zu Theil gewordene Erhebung meldet, malt sie sorgfältig die Tiefe seines Falles; keinem Andern hat aber auch Jesus so viel erziehende, bildende Thätigkeit gewidmet, wie ihm; Vieles und Wichtiges hat er zunächst nur ihm mitgetheilt, keinem Andern, wie diescm, hat er seinen Martyrertod und zwar zugleich mit seiner Erhebung zur höchsten Würde geweissagt. Und noch in seinem Tode sollte er seinem Herrn ähnlich werden.

59. Nur in Gemeinschaft mit den übrigen Aposteln empfing Petrus die anderen Gewalten, welche Christus seiner Kirche hinterließ, die Macht nämlich, auf eine im Himmel wie auf Erden wirksame Weise zu binden und zu lösen, das heißt zu verbieten und zu erlauben, und zulegt nach der Auferstehung des Herrn zugleich mit der Geistesmittheilung die Gewalt, Sünden zu vergeben und zu behalten. Aber drei Vorzüge blieben ihm. Er war vor allen andern Aposteln, und in einem vorzüglicheren Sinne als sie, zum Fundamente der Kirche erkoren; nur ihm waren die Schlüssel im Hause Christi übergeben; nur er sollte als der Hirte der gesammten Heerde walten.

60. Wie Jesus zwei Jahre lang mit nie ermüdender Liebe an

') Luc. 22, 31. 32.

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